Der folgende Artikel über das Ergebnis der Kampfabstimmung bei der Wahl des neuen Präsidenten des wichtigsten italienischen "Unternehmer"verbandes Confindustria erschien in der unabhängigen linken italienischen Tageszeitung "il manifesto" vom 10.3.2000.

 

Sie haben Antonio gewählt

D’Amato ist der neue Präsident der Confindustria

Guglielmo Ragozzino – Rom

Wähl‘ Antonio in der Confindustria. Antonio D’Amato, Industrieller für Lebensmittelverpackungen ist vom Confindustria-Vorstand als zukünftiger Präsident der Unternehmerorganisation designiert worden. Er hat in geheimer Abstimmung 96 Stimmen erhalten gegenüber 58, die an Callieri gegangen sind. Dieser hat sich enthalten, während D’Amato nicht stimmberechtigt war. Der Vorstand wird gegenwärtig von 161 Personen gebildet, von denen 156 anwesend waren und 154 abstimmten (eine ungültige Stimme). Im Vorstand gibt es einen Block von bekannten Persönlichkeiten / Honoratioren und dann die Repräsentanten der regionalen und Branchenorganisationen mit einer komplizierten Regel und gebunden an die Zahl der Beschäftigten, die es in den in der Confindustria vereinigten Unternehmen gibt. Dann sind da 20 Repräsentanten der Kleinunternehmen und 8 Repräsentanten der Jungen Unternehmer. Desweiteren gibt es 20 von den Präsidenten von Vereinigungen und Branchenverbänden von einer Liste mit 40 vom amtierenden und ehemaligen Präsidenten der Confindustria benannten Honoratioren Ausgewählte.

Fossa, der ausscheidende Präsident hat in der Pressekonferenz sichtbar gequält gesagt, daß D’Amato so tüchtig ist, daß er nicht als süditalienisch zu betrachten sei. Giorgio Fossa und der Confindustria-Apparat bevorzugten jedenfalls Carlo Callieri als neuen Präsidenten, um sich ein paar Jahre ohne Erschütterungen zu sichern – sogar in Form einer schwierigen konzertierten Aktion mit den anderen sozialen Kräften und mit der Regierung. In diesem Klima, in dem jede Neuerung wie ein Einfall von Attila <und seinen Hunnen /d.Ü.> gefürchtet wird, geht auch D’Amato als Erneuerer durch. So richten sich Wünsche und Erwartungen der Unzufriedenen innerhalb und außerhalb der Confindustria auf ihn.

D’Amato hat einen gewaltigen Aufstieg geschafft. Unter den Kandidaten für die Präsidentschaft war er nach der Eliminierung der als Favoriten angesehenen kreuzweisen Kandidaten (Cesare Romiti gegen Marco Tronchetti Provera) unter den 3 verbliebenen gegenüber Callieri und Benito Benedini (Präsident der Assolombarda) der am wenigsten beachtete. Der Erste hatte die Unterstützung der technischen Struktur der Confindustria, der Zweite die stärkste Armee hinter sich (die Lombarden auf dem x’ten Kreuzzug und fast nie in der Vorauswahl besiegt). D’Amato hatte nur ein Telefon.

Es ist sicher, daß er es gut genutzt hat, indem er allein die Zeitpunkte und die Art und Weise wählte, um mit der Basis des Confindustria-Vorstandes zu reden, zu diskutieren, sie zu treffen und zu überzeugen. Man sagt, daß bei den vorangegangenen Gelegenheiten die großen Unternehmen (lies: FIAT, lies: Montedison), vor dem verhängnisvollen Entscheid des Vorstandes Abgesandte mit Koffern voller Verträge und Versprechungen auf Tour schickten, um die Kandidaten von unkontrollierter Herkunft zu beseitigen. So fanden sich die Moratti oder die Fumagalli bei den Malen plötzlich ohne Basisvotum wieder und zogen sich aus dem Rennen zurück, indem sie kurz zusammengefaßt erklärten, genug zu tun zu haben. Und es siegte Fossa.

In den gestern zuende gegangenen langen Monaten hat sich D’Amato allein bewegt und hat die Zustimmung erhalten, indem er – sagen sie in der Confindustria – mit jedem redete und einen Wahlkampf auf amerikanische Art machte, wie man bei uns zu sagen pflegt. Es muß ein für allemal gesagt werden, daß D’Amato kein Kleinindustrieller ist. Er hat 2000 Beschäftigte und viele Werke in Neapel, Mailand, Bologna und in Deutschland, Belgien, Großbritannien und Portugal. Die Hauptkunden sind Coca Cola und Mac Donald`s. In der Pressekonferenz hat D’Amato auf die Paradoxie hingewiesen, daß sich in einem Land, das sehr viele Unternehmer von hoher Qualität hat, zuwenige internationale Großunternehmen finden. Aber das Paradoxe ist, daß viele glauben, daß D’Amato die Ersteren repräsentiert, während es wahrscheinlich ist, daß er vielmehr die Zweiten repräsentiert. Und dies sicher besser als der arme Callieri, ein Industriekapitän ohne Industrie, der das große Verdienst hat, den unbändigen Fossa eingedämmt zu haben, allerdings ein Funktionär ist und in den Kasten der Confindustria gerademal ein bißchen über den Süditalienern und den Frauen steht. Und Callieri wäre auch kein Gendarm. Er verspricht Treue zur Institution und Loyalität gegenüber den Personen. Aber er geht.

Bei seinem Ausscheiden sagen die Industriellen viel Gutes über die Confindustria, die er fest zusammengehalten habe. Aber auch ein so vorhersehbarer Diskurs enthält unterschiedliche Akzente. Unter allen ist De Benedetti (1) zufrieden über den Abstand bei der Stimmenzahl, da "die Confindustria sich objektiv entzweit hat. Es ist unnütz das zu verbergen." Dann läßt er sich gehen – vielleicht spricht er auch für seinen neuen Teilhaber Callieri, mit dem er gestern E-Way, eine Datenautobahn, lanciert hat – und spricht von der Notwendigkeit zu verhindern, daß die Confindustria sich, wie die Gewerkschaft oder wie die Politik, "dem wirklichen ökonomischen Leben des Landes immer mehr entfremdet".

 

Übersetzung und erläuternde Fußnote: Antifa-AG der Uni Hannover und Gewerkschaftsforum Hannover

1) Der Haupteigentümer des Olivetti-Konzerns und der (seit der Privatisierung) von diesem weitgehend kontrollierten Telecom Italia.

 


Home
LabourNet Germany Archiv: Aktuelle Meldungen im neuen LabourNet: http://www.labournet.de/
LabourNet Germany: Treffpunkt für Ungehorsame, mit und ohne Job, basisnah, gesellschaftskritisch
The virtual meeting place of the left in the unions and in the workplace
Datei:
Datum: