Eine der interessantesten Hintergrundinformationen zu den gewerkschaftlichen und politischen Geschehnissen in Italien ist sicherlich die Größe, Zusammensetzung und Mitgliederentwicklung der wichtigsten italienischen Gewerkschaften sowie der Organisationsgrad. Was den größten Gewerkschaftsbund, die CGIL, angeht, findet sich dazu im nachfolgenden Artikel, der in der unabhängigen linken Tageszeitung "il manifesto" vom 25.2.2000 erschien, eine recht gute Zusammenfassung, die von Übersetzerseite in einem Nachspann noch etwas ergänzt wird.

Die CGIL zählt die Mitgliedsbücher

Historischer Mitgliederrekord

Seit 20 Jahren ging es der CGIL nicht so gut: Die Mitgliederzahl hat in 1999 ein historisches Maximum erreicht (5,287 Millionen) und die Jungen unter 30 Jahren stellen ein Viertel der Mitglieder bei den aktiven Arbeitern. "Mit Punkten" – hat Carlo Ghezzi, Mitglied des konföderalen Sekretariats (1) und Organisationsverantwortlicher unterstrichen – "von 60% in einigen Bereichen Italiens." Auch wenn sich ihr Wachstum verlangsamt (+0,2%) sind es noch die Rentner, die mit 2,897 Millionen die Mehrheit der Mitglieder stellen. Unter den dynamischsten Sektoren sind die Schule, PA, Beschäftigte im tertiären Sektor und die Bauarbeiter. Bei den halbuntergeordneten Beschäftigten (2) und den Zeitarbeitern haben sich die Beitritte verglichen mit 1998 geradewegs verdreifacht. Negative Nachrichten gibt es von einigen historischen Berufsgruppen: Metallarbeiter –0,7%, Chemiearbeiter –0,9% und Textilarbeiter –1,2%. Desweiteren ergibt sich, daß bei der CGIL über 80 000 Nicht-EU-Ausländer und 5135 Arbeiter der Polizei Mitglied sind.

 

Ergänzende Anmerkung des Übersetzers:

Insgesamt stieg die Zahl der berufstätigen CGIL-Mitglieder von 1997-99 um 53 000 und die der in Rente befindlichen um 22 000. Die Gesamt-Mitgliederzahl der CGIL nahm im 11-Jahres-Zeitraum 1986 – 97 von 4,647 Millionen auf 5,212 Millionen zu Dies aber nur aufgrund des massiven Anstiegs der Rentner-Mitglieder um satte 1,092 Millionen, während bei den Berufstätigen die Zahl parallel dazu um 524 146 abnahm. Eine ähnliche Entwicklung war auch beim zweitgrößten italienischen Gewerkschaftsbund, (links)christdemokratischen CISL, zu beobachten: Anstieg der in Rente befindlichen Mitglieder von 1986-97 um 1,067 Millionen bei gleichzeitiger Reduzierung der berufstätigen um 186 437. (Gesamtmitgliedschaft der CISL 1997: 3,856 Millionen.) Neuere Zahlen liegen uns hier leider nicht vor.

Beim kleinsten und am weitesten rechts stehenden der 3 großen Gewerkschaftsbünde, der ehemals PSI-nahen UIL, die sich seit Anfang der 90er Jahre als "Bürgergewerkschaft" versteht, sieht die Lage etwas anders aus. Auch hier gab es einen massiven Anstieg der organisierten Rentner (1986-97: +257 650 und damit fast eine Verdreifachung !), aber zugleich nahm auch die Zahl der berufstätigen Mitglieder um 25 000 zu und anders als bei CGIL und CISL stellten diese bei der UIL 1997 mit 1,17 Millionen gegenüber 418 437 Rentnern auch noch klar die Mehrheit.

Insgesamt betrug die Mitgliedschaft von CGIL-CISL-UIL 1997 10 659 892 (davon knapp die Hälfte Rentner). Der gewerkschaftliche Organisationsgrad insgesamt (in Italien gibt es von links bis rechts noch jede Menge andere, kleinere Gewerkschaften und Gewerkschaftsbünde !) betrug in 1997 noch 36%.

(Die Zahlen in dieser Anmerkung stammen sämtlich aus der großen linksliberalen italienischen Tageszeitung "la Repubblica" vom 25.7.99.)

Übersetzung, Fußnoten und ergänzende Anmerkung: Antifa-AG der Uni Hannover und Gewerkschaftsforum Hannover

Anmerkungen:

1) Vergleichbar dem Geschäftsführenden Bundesvorstand des DGB.
2) In der BRD würde man sagen: Scheinselbstständige


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