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Updated: 18.12.2012 15:51 |
Rassistische Hetzjagden: "The winner takes it all" Der neue Berlusconi - den gibt es vor allem in den Medien, nicht zuletzt in seinen eigenen. Kabinett-Sitzung im krisengeschüttelten Neapel: Show kann er. Er will nicht mehr, wie beide Male bisher, die Hälfte der Bevölkerung gegen sich haben. Und dabei macht er Fortschritte: Sein Halali zur Migrantenjagd wird, im Prinzip jedenfalls, von der Opposition unterstützt - das hatte Veltroni schon früher deutlich gemacht und jetzt unterstrichen. Und: Neapel wird nicht nur von profitablen Müllgeschäften zugedeckt, sondern dort wird auch mit Molotowcocktails gegen "Zigeuner" Krieg geführt - die ansonsten stets beschimpften jugendlichen Rollerfahrer als rassistische Guerilla in Dienst genommen. Eine Nachforschung nach gewerkschaftlichen und linken Reaktionen in der kurzen Linksammlung "Rassismus all Arrabiata" vom 21. Mai 2008. Rassismus all` Arrabiata "Man kann der neuen italienischen Regierung nicht vorwerfen, sie kümmere sich nicht um ihre Wahlversprechen. Im Wahlkampf hatte Silvio Berlusconi in ganz Italien Plakate mit der Aufschrift "Nie mehr illegale Einwanderer vor der Haustür" aufhängen lassen. Nun macht die Regierung Ernst. In den vergangenen Tagen haben italienische Sicherheitskräfte mehr als 400 Personen festgenommen, davon mehr als die Hälfte Ausländer, meist ohne Aufenthaltsberechtigung..." ein Auszug aus den Nachrichten von AOL/Welt Online die Meldung "Italien geht hart gegen illegale Einwanderer vor" aktualisiert am 21. Mai 2008 - die die gesamte politische Atmosphäre aktuell widerspiegelt. "Je höher die Flammen schlagen und schwarze Rauchwolken sich über der Barackensiedlung auftürmen, desto stärker ist der Applaus einer aufgebrachten Menschenmenge am Rand des brennenden Nomadencamps in der Via Argine in Ponticelli, im Osten von Neapel. Die Feuerwehr ist angerückt und wird von der johlenden Menge ausgepfiffen. "Ihr könnt den Brand löschen, wir zünden das Feuer wieder an, sobald Ihr weg seid", drohen die Bürger. Ihre Absicht ist klar: die Siedlung soll dem Erdboden gleichgemacht werden. Nur so ist sichergestellt, glauben sie, dass die Roma und Sinti nie wieder nach Ponticelli zurückkehren..." - das ist einer der Aspekte in dem Bericht "Flammende Wut gegen Immigranten" im South Tyrol Blog vom 15. Mai 2008 - einer von vielen Berichten, die eine ähnliche mörderische Stimmung widerspiegeln: Im konkreten Fall Neapels ausgelöst durch eine versuchte Kindesentführung. In dem Bericht "Italien: Roma flüchten nach Übergriffen aus Siedlung" vom 15. Mai 2008 in der Wiener Zeitung sind es die Diebstähle, die für die Menschenjagd verantwortlich gemacht werden - man könne sich (in der guten alten Camorrastadt) ja nicht mehr sicher fühlen wird eine Passantin zitiert. "Italiens Rechte stellt seit wenigen Wochen auch Roms Bürgermeister; der Postfaschist Gianni Alemanno gewann die Wahl nicht zuletzt mit dem Versprechen, unter anderem 20.000 Rumänen auszuweisen. Am liebsten würde die Berlusconi-Koalition gleich das Schengen-Abkommen aussetzen. Das geht zwar nicht - aber alles, was an nationalen Abschreckungsinstrumenten zur Verfügung steht, wird bald zum Einsatz kommen..." - ob das (Festungs)Schengen-Abkommen unter den Attacken der Horden jetzt zur Wertfreiheit mutiert ist mag man sich fragen, dennoch weits der zitierte Kommentar "Wenn auch die Linke rassistisch ist" von Michael Braun in der taz vom 15. Mai 2008 die Tatsache heraus, dass von der (zumindest restlichen parlamentarischen) Linken keine Opposition zu erwarten ist. Unter den vielen Möglichkeiten, nachzuweisen, dass die Menschenhatz keineswegs eine neapolitanische oder römische Spezialität sind sei der Artikel "I bravi cittadini di Verona" vom 20. Mai 2008 beim Portal bellaciao erwähnt, in dem darüber argumentiert wird, dass die braven BürgerInnen mit 60% den Faschisten Flavio Tosi zum Bürgermeister gewählt haben... In den Kommentaren zu diesem Artikel wird aber auch von der antirassistischen Demonstration am 17. Mai 2008 in Verona berichtet, an der nach verschiedenen Berichten mehr als 10.000 Menschen teilgenommen haben: Sie galt der Erinnerung an Nicola Tommasoli, der in der Nacht zum 1. Mai von einer Faschogruppe ermordet wurde. Nicht nur verschiedene Organisationen der außerparlamentarischen Linken hatten zur Demonstration aufgerufen - es gab auch eine erste Demonstration, die von einer Koordination von MigrantInnen organisiert wurde. Dazu lesenswert der Beitrag "Jagd auf Zigeuner" von Peter Nowak am 19. Mai 2008 bei telepolis. Einigen Hintergrund, vor allem zur Situation der geschätzten etwa 1 Million Menschen, die ohne die nötigen Stempel in Italien leben, liefert der Beitrag "Servono percorsi di regolarizzazione" von Piero Soldini von der Migrationsabteilung des Gewerkschaftsbundes CGIL vom 18. Mai 2008 bei Stranieri in Italia. Auch wenn da viel defensive Argumentation geliefert wird, ist es wichtig zu wissen, welche gesellschaftliche Rolle die klandestine migration insgesamt spielt. "Si tratta di un'offensiva razzista senza precedenti" - es handelt sich um eine noch nicht dagewesene rassistische Offensive: so werden die verkündeten Maßnahmen der Regierung (Erleichterung der Abschiebung, Lagersystem, DNA-Zwangstests usw) und die Verfolgungsjagden in Neapel, Turin und Mailand zusammengefasst in dem Aufruf "Fermiamo i nuovi pogrom prima che sia troppo tardi" vom 17. Mai 2008 der Basisgewerkschaften der CUB. (Zusammengestellt von hrw) |