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Um den 1.Mai ist in diesem Jahr eine heftige Auseinandersetzung zwischen der gewerkschaftlichen, politischen und sozialen Linken Italiens einerseits und den Spitzen der drei wichtigsten Gewerkschaftsbünde CGIL-CISL-UIL andererseits entbrannt. Letztere haben angesichts der 2000 Jahr-Feier des Papstes in Rom auf jegliche eigene Veranstaltung verzichtet und dazu aufgerufen, an der Messe des Papstes teilzunehmen. Das ist sozusagen das Sahnehäubchen auf den von ihnen praktizierten Kapitulantenkurs und auch kulturell ein unerhörter Akt, denn der italienischen Linken ist die (in Italien immer stramm rechts positionierte) katholische Kirche und der Papst seit jeher verhaßt !  Die linke Tageszeitung "il manifesto" faßte die Ausgangslage am 21.4.2000 so zusammen:

1.Mai Rom

Der symbolträchtige Kungebungsort des Campo dei Fiori verweigert.

Carla Casalini

Die Wahl der piazza Campo die Fiori, um den Tag des 1.Mai in Rom zu "feiern", der dieses Jahr von CGIL-CISL-UIL (denen gewöhnlich die Organisation der Manifestation übertragen worden war, deren Eigentümer Arbeiterinnen und Arbeiter sind) gecancelt und an den Papst verschenkt worden ist, ist kein Zufall. Die piazza mit der Statur von Giordano Bruno, dem Symbol der Freiheit des Denkens, eignet sich in der Tat für diese Wiederaneignung des Festes und deshalb haben Arbeiter und außer-konföderale Gewerkschaftsorganisationen1, Subjekte militanter2 und sozialer Vereinigungen und auch Delegierte und Gewerkschafter der CGIL-Gewerkschaftslinken von Rom ihn gewählt.

Gesammelt durch eine Einladung, die über "il manifesto" an alle gerichtet war, geben die Militanten der CGIL-Gewerkschaftslinken zusammen mit Carta, Legambiente3 und dem ARCI4-Regionalverband Lazio, den Termin aus: am 1.Mai um 10 Uhr am Campo die Fiori. In einem Aufruf, der sich auf die Rechte bei der <Lohn- /d.Ü.>Arbeit konzentriert und gegen die antisozialen Referenden, gegen die Kündigungs"freiheit" kämpft und auf die Rechte der Migranten pocht sowie für den Kampf bis zur Schließung des mittlerweile berüchtigten römischen <Migranten- /d.Ü.>Lagers an der Ponte Galeria mobilisiert.

Dieselbe Piazza ist als Endpunkt des Demonstrationszuges gewählt worden, der am 1.Mai um 10 Uhr von der piazza Esedra startet und zu dem ein anderer Aufruf mobilisiert, der von RSU’en und außer-konföderalen Gewerkschaften und Vereinigungen initiiert worden ist5 und ebenfalls auf den Rechten von Migranten und Einheimischen insistiert. Der symbolische Faden zieht sich "vom freien Denken Giordano Brunos bis zum kritischen Denken gegen das kapitalistische Einheitsdenken". Das ist das von den Initiatoren der Demonstration - die im Unterschied zum lokalen Charakter des ersten Aufrufes – hingegen auf eine nationale Mobilisierung abzielen, gestern in in der Pressekonferenz gebrauchte Bild.

Sie sind dabei mit der Eisenbahn über die Kosten der Züge zu verhandeln (damit auch einige Immigrante sie besteigen können) und sehen Sonderzüge von Palermo, von Turin und Mailand (mit weiteren Waggons ab Florenz) sowie ab Venedig vor. Außerdem mehr als 150 Reisebusse. Unterdessen ist gestern nachmittag die Verhandlung mit der <mitte-links-regierten /d.Ü.> Stadtverwaltung beendet worden. Aus technischen Gründen verweigert diese die Nutzung des Campo die Fiori, der der idelle Mittelpunkt bleibt, während den Demonstranten als Alternative die piazza Navona angeboten wird.

RSU’en, Aktivisten-Vereinigungen und außer-konföderale Gewerkschaften organisieren die Manifestation in Verbindung mit anderen internationalen Aktionen von Seattle bis nach Europa, die den "1.Mai 2000" zum "Tag gegen den Kapitalismus" erklärt haben. Der Demonstrationszug wird von dem Spruchband "1.Mai des Kampfes und der Solidarität" angeführt werden und von einem weiteren, das an den Rumänen Ion erinnert, "dem letzten von einem padrone in der Lombardei getöteten Arbeiter", der in Gallarate zusammengeschlagen und dann verbrannt worden ist und dem die Manifestation gewidmet ist.

Das bedeutsamste Element am Vorabend des 1.Mai ist gerade das Zusammenfließen der verscheidenen Subjekte die die beiden Aufrufe in dem Willen lanciert haben, sich einen Tag wieder anzueignen, den die nationalen Sekretarien von CGIL-CISL-UIL stattdessen gecancelt und beschlossen haben "an dem Ereignis teilzunehmen, das vom Heiligen Stuhl im Rahmen der 'Jubiläumsfeierlichkeiten' organisiert wird" und (im Rundschreiben vom 20.März) von den nachgeordneten Strukturen fordern, sich dieser Entscheidung anzuschließen.

Bemerkenswert ist auch, daß der Tag der von den verschiedenen Organisatoren geplanten Manifestationen auch einer für die gemeinsamen Ziele der "Freiheit und Würde auf der Arbeit und im Leben für Migranten und Bemerkenswert ist a ist. Und sie charakterisieren diese Ziele als heute noch bedeutungsvoller, wenn die regierende Mitte-Linke uns wissen läßt, daß die neue Exekutive, die sie <nach der Schlappe bei den Regionalwahlen am 16.4.2000 /d.Ü.> bilden werden, die Aktionen "für die Sicherheit" (was übersetzt heißt: gegen Immigranten und 'Irreguläre' jeder Art) und für "die Flexibilisierung" der Arbeit intenbsivieren wird. Und die weder geheime noch schändliche, sondern sogar reklamierte Motivation ist: "Dem bei den Regionalwahlen zum Ausdruck gebrachten Votum" zugunsten der Rechten entgegenzutreten.

Sicher, dieser 1.Mai in Rom kann diese trostlose Situation nicht umkehren, aber er kann ein Signal sein. Das müßte eine Linke, die existieren will, aufnehmen !  Deshalb erstaunen einige feindselige Reaktionen in den konföderalen Gewerkschaften. Gefällt ihnen das von der neuen Regierung angekündigte Programm, das aus dem Wahlergebnis die Lehre zieht, weiter nach rechts zu gehen ?  Das Beste, was wir allesamt tun können, ist am 1.Mai dabei zu sein – das Manifest dazu gibt es – die Aufforderungen der beiden Appelle aufzugreifen und die Stadt nach dem Sieg von Storace6 und 20 Tage vor den antisozialen Referenden zu überfüllen.

Übersetzung & Fußnoten:  Antifa-AG der Uni Hannover und Gewerkschaftsforum Hannover



1 Das heißt außerhalb von CGIL-CISL-UIL stehende Basisgewerkschaften.

2 Der Begriff militant wird in Italien vor allem im Sinne von aktiv und kämpferisch gebraucht.

3 Umweltliga = die größte und bedeutendste italienweite (linke) Umweltschutzorganisation.

4 Einst aus der sozialistischen und kommunistischen Bewegung Italiens hervorgegangene große landesweite Assoziation linker Kulturklubs, wozu auch die linken Schwulen- und Lesbenorganisationen gehören.

5  Der erste Aufruf dieses Kreises, der im Kern aus linken CGIL-RSU-Delegierten (die sich im Coordinamento Nazionale RSU zusammengeschlossen haben) und der kleinen trotzkistischen Basisgewerkschaft Sin.Cobas besteht, ist nebenstehend dokumentiert.

6 Storace ist der zum rechten Flügel von Alleanza Nazionale gehörende zukünftige Regionalpräsident des Lazio.


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