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Updated: 18.12.2012 15:51 |
Adieu: Träume, Tiger, Trade Unions... Nun muss Irland also doch EU-Gelder nehmen. Mitten in die Aufschwungpropaganda platzt der nächste Staatshaushalt, Banken müssen gerettet werden. Die irische Regierung wollte nicht so recht: Nicht, weil keine Krise da war, sondern weil bekannt ist, dass die Menschen der grünen Insel reichlich EU-kritisch eingestellt sind. Das EU-Referendum konnte nur dank der tätigen Mithilfe des Gewerkschaftsbundes ICTU gewonnen werden - der deswegen naheliegenderweise ähnlich mobilisierungskräftig ist wie jene, die im kalten Deutschland einen heissen Herbst entdeckten. Nach Griechenland und Spanien nun auch zu Irland eine aktuelle kommentierte Materialsammlung "Irische Regierungschefin wohnt in Berlin" vom 25. November 2010. Wohnt die irische Regierungschefin in Berlin? Das war die Frage, die eine irische Zeitung auf der Titelseite stellte - realpolitisch könnte man kurz einfach mit Ja antworten und zum nächsten Thema übergehen. Aber da gibt es eine ganze Reihe von Gründen, weshalb es wichtig ist, sich näher mit der Entwicklung in Irland zu befassen: Zum einen - und dies im Unterschied etwa zu Griechenland oder auch Portugal - galt Irland als Beispiel einer allseits gelobten Entwicklung, der keltische Tiger hatte es geschafft, den Sprung aus einem der Armenhäuser Europas zu einem wichtigen Standort der globalen Wirtschaft zu machen. Ein Lob also - nicht zuletzt von denen, die jetzt keifend die Überschuldung geisseln. Zum anderen hat Irland einige politische Besonderheiten: Der lange Kampf um die Unabhängigkeit von der britischen Krone hat dazu geführt, dass sehr genau diskutiert wird, wenn das Land in eine neue Abhängigkeit geraten könnte. Das Referendum über die EU konnte schliesslich nur deshalb gewonnen werden, weil die Gewerkschaften ihre staatstragende Rolle bis zum bitteren Ende spielten. Und schliesslich kennt kein europäisches kollektives Gedächtnis die Not so gut wie das irische: The Great Hunger hat sich eingeprägt, als um 1845 fast ein Drittel der Bevölkerung verhungerte. Warum nicht Pleite gehen? Das alles gehört zum Hintergrund, wenn man schnell feststellt, dass auch bürgerliche Kreise in Irland keineswegs ohne weiteres in den üblichen Sermon europäischer Gedankenblässe einfallen. In dem Kommentar "Bust Is Better Than a Bailout for Irish Patient" In dem Beitrag "Workers on €15,300 to start paying income tax" Solche Verwerfungen waren bereits im Vorfeld der jetzt beschlossenen Programme deutlich geworden, als das Thema war, dass die irische Regierung "sich nicht helfen lassen will" - was ja lediglich ein Hinweis darauf war, dass diese Regierung sowohl den Charakter dieser hilfe kannte, als auch etwaige Reaktionen der eigenen Bevölkerung. Dieser Teil der Vorgeschichte wird etwa in dem Artikel "Zwangshilfe für Irland?" Dass der besonders niedrige Steuersatz und verschiedenste staatliche Garantien - die jetzt fällig wurden - einen wesentlichen Baustein des "irischen Wirtschaftswunders" darstellten wusste nicht nur jeder, dafür wurde die Regierung von sogenannten Fachleuten und anderen Regierungen gelobt: "Warum aber hat die EU nie etwas gegen dieses schwarze Steuer- und Regulierungsloch auf der grünen Insel getan? Vor der Krise galt Irland nicht etwa als Hasardeur, sondern erstaunlicherweise als Vorbild. Das Handelsblatt lobte die "kontaktfreudige und serviceorientierte" irische Bankenaufsicht, die FDP verwies immer wieder auf den Vorbildcharakter der niedrigen Körperschaftssteuer und die Heritage Foundation erklärte Irland sogar zu einem der wirtschaftlich "freisten Länder der Welt". Heute will natürlich niemand mehr etwas von seinem Geschwätz von gestern wissen. Das Kasino, in das Irland verwandelt wurde, ist zusammengebrochen und am Ende gewinnt - wie immer - die Bank. In diesem Falle sind die Gewinner unter anderem deutsche und britische Banken, die massiv Kredite an irische Zockerbuden vergeben haben, die nun zu Lasten des irischen Steuerzahlers inklusive der Verluste verstaatlicht werden mussten. Das Modell war so einfach wie genial: Nicht realisierbare Forderungen aus dem Finanzsektor wurden an den irischen Staat weitergereicht und dafür leiht man ihm nun das Geld - das Geld also, das der irische Staat und die EU durch die Übernahme der Forderungen retten" - aus dem Beitrag "Sieg für die Lobby: Brüssel knickt bei Irland-Hilfen ein" Das Programm Der "New Statesmen" bringt es am 25. November 2010 auf die ebenso einfach wie zutreffende Formulierung "Ordinary workers will pay the price for Ireland's humiliation" Der Umfang der Geldbeschaffung nimmt Konturen an, wie in dem Beitrag "Ireland applies for €90bn bail-out as eurozone trembles" Das gesamte Sparprogramm skizziert wird in dem Beitrag "Irlands Regierung legt drastisches Sparpaket vor" Der Londoner Professor George Irvine stellt in dem Beitrag "Ireland and the euro" Der Widerstand? "Der irische Gewerkschaftsverbund ICTU (Irish Congress of Trade Unions) erwartet, dass die Regierung im Rahmen dieser Auflagen sehr bald ein Belastungspaket im Umfang von 6 Milliarden schnüren wird, das innerhalb kurzer Zeit über 90.000 Jobs kosten könnte" - so heisst es in der kurzen Meldung "Gewerkschaften rüsten sich zum Widerstand gegen IWF-Kürzungen" Der erste massive Protest kam auch in Irland von den Studenten - "25,000 protest against fees increase" "Aus diesen Kämpfen hat sich eins klar herausgeschält: die Notwendigkeit der linken Einheit und einer engen Zusammenarbeit von Sozialisten unterschiedlichster Tradition bei Wahlen und dem Aufbau einer Bewegung gegen die Kürzungen. Die Kampagne »Recht auf Arbeit« hat für diesen Monat erneut zu Protesten aufgerufen. Angesichts der fehlenden Mobilisierung der Gewerkschaften könnten sie zu einem echten Anziehungspunkt für die Opposition gegen den Regierungshaushalt werden" - das ist die Hoffnung von
Marnie Holborow in dem Artikel "Boom, Bankrott, Beschwerde" Den Versuch, eine systeminterne alternative Lösung vorzuschlagen macht etwa die Sinn Fein: "Morgan launches Sinn Féin pre-budget submission" Ausser ihrer oft kritisierten EU-Freundlichkeit haben die irischen Gewerkschaften aber auch noch weitere Probleme mit der Mobilisierung. Bereits vor der aktuellen Notprogrammatik war etwa der staatliche Gesundheitssektor ein Hauptziel der Sparmaßnahmen. "HSE to lose up to 6,000 jobs in massive budget cutbacks" Im übrigen: Die meisten jüngeren Menschen in Irland wenden sich anscheinend zur Tradition hin - die Auswanderung ist in den letzten Monaten wieder massiv gewachsen.. Zusammengestellt von hrw |