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Updated: 18.12.2012 15:51
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Der so genannte "Solidaritätstag für die Pflegebedürftigen" (der nach dem Konzept der Raffarin-Regierung kostenlose Mehrarbeit für die Lohnabhängigen und das Abführen zusätzlicher Abgaben an die Sozialversicherung durch die Arbeitgeber bedeuten soll) wird aus den Unternehmensprofiten von Total allein bezahlt" - das ist eines der Ergebisse der Streiks in 5 von 6 Total-Raffinerien in Frankreich. Der Bericht "Total-Streik endet mit Erfolg" von Bernard Schmid vom 24.Mai 2005

Total-Streik endet mit Erfolg

Hohe Druckanfälligkeit eine Woche vor dem Referendum

Der Streik beim größten französischen Konzern, dem Erdöl-Giganten Total, ist zu Ende. Am Montag begann das Anfahren der letzten bestreikten Raffinerie, des Komplexes La Mède bei Martigues (50 Kilometer westlich von Marseille).

In 4 von 5 bestreikten Raffinerien war ab dem Wochenende sukzessive die Arbeit wieder aufgenommen worden, nachdem die Konzernleitung in der Nacht vom Freitag zum Samstag ein Abkommen mit den drei wichtigsten Gewerkschaften bei Total (CGT, FO und CFDT) unterzeichnet hatte. Es wird jedoch Tage benötigen, bis der reguläre "Normalbetrieb" wieder erreicht wird.

Der Streik war am Pfingstmontag begonnen worden, nachdem dieser Tag erstmals in diesem Jahr als "normaler Arbeitstag" gelten sollte. Die Regierung Raffarin hat den bisherigen gesetzlichen Feiertag in einem Gesetz, das am 30. Juni 2004 durch die konservative Parlamentsmehrheit angenommen wurde, streichen lassen. Sechs Tage lang waren 5 der 6 Raffinerien, die Total in Frankreich besitzt, bestreikt worden. Zwei von ihnen waren am vorigen Freitag besetzt bzw. vollständig blockiert: Die Raffinerie von Donges (im westfranzösischen Bezirk von Nantes, Loire-Atlantique) und jene von Gonfreville-lŒOrcher (bei Le Havre, am Ärmelkanal). Auch in der Raffinerie von Feyzin (bei Lyon) hatte ein Abschaltmanöver eingesetzt, das die Raffinerie in den Ruhezustand versetzt - um wieder produktionsfähig zu werden, benötigt sie mehrere Tage.

Die Gewerkschaften sprechen von einem "historischen Sieg"

Erreicht wurden konkret:
- Die Konzernleitung von Total verzichtet künftig auf die Arbeit ihrer abhängig Beschäftigten am Pfingstmontag. Der so genannte "Solidaritätstag für die Pflegebedürftigen" (der nach dem Konzept der Raffarin-Regierung kostenlose Mehrarbeit für die Lohnabhängigen und das Abführen zusätzlicher Abgaben an die Sozialversicherung durch die Arbeitgeber bedeuten soll) wird aus den Unternehmensprofiten von Total allein bezahlt. Der Konzern hat die Mittel dafür: Total machte im Vorjahr 2004 insgesamt 9 Milliarden Euro Reingewinn, und in jedem Monat des Jahres 2005 bisher je eine Milliarde Profit.

- Für das laufende Jahr, in dem es dafür nun "zu spät" ist, erhalten alle abhängig Beschäftigten einen zusätzlichen Urlaubstag (als Ausgleich für den verlorenen Pfingstmontag), den sie frei platzieren können.

- Vier von fünf vollständig bestreikten Arbeitstagen, an denen die Streikteilnehmer normalerweise ihren Lohn einbüßen würden (es gibt in Frankreich keine Bezahlung der Teilnehmer aus gewerkschaftlichen Streikkassen), werden durch den Konzern bezahlt.

- Der Konzern verpflichtet sich ferner, die Mehrkosten für die Krankenversicherung, die den Beschäftigten aus der so genannten"Gesundheitsreform" der Raffarin-Regierung vom Juli 2004 erwachsen, auszugleichen. Es sollen Verhandlungen über die Beschäftigungspolitik geführt werden. Dabei soll studiert werden, wie Arbeitsplätze, die bisher bei Zulieferer- und Subfirmen (oft zu prekären Bedingungen) aufgebaut werden, in Festarbeitsplätze bei Total umgewandelt werden können. Untersucht werden sollen auch Maßnahmen zur Einstellung von Behinderten sowie zum besseren Respekt des Prinzips der Lohngleichheit von Männern und Frauen.Druck der Regierung Ohne Zweifel hat die Regierung unter Premierminister Jean-Pierre Raffarin ihrerseits erheblichen Druck auf den größten französischen Konzern (er repräsentiert 65 Prozent des französischen Erdöl- und Petrochimie-Sektors) ausgeübt. Eine Woche vor dem Referendum über den EU-Verfassungsvertrag, das die Regierung - so sieht es derzeit aus - zu verlieren droht, wollte das Raffarin-Kabinett wirklich alles, nur keinen "sozialen Saustall". Am Wochenende kündigte sich der Beginn einer drohenden Treibstoffknappheit an vielen Tankstellen an, einige Tage später wären die öffentlichen Transportbetriebe in Mitleidenschaft gezogen worden. "Es ist klar, dass die Regierung eine Woche vor dem Referendum über die EU-Verfassung nicht wenig dafür kann, dass die Verhandlungen wieder aufgenommen wurden" sagt denn auch Charles Foulard, Koordinator der stärksten Gewerkschaft CGT bei Total (zitiert nach der Wirtschaftszeitung "Les Echos" vom Montag, 23. Mai).

Reaktionen der Beschäftigten

Nach der Unterzeichnung wollte die CGT noch die Beschäftigten in Streikversammlungen konsultieren. In den Raffinerien von Feyzin und Gonfreville stimmten diese am Samstag einstimmig der Wiederaufnahme der Arbeit zu. Im westfranzösischen Donges wurde der Wiederaufnahme der Arbeit ebenfalls zugestimmt, aber erst für Montag früh ab 5 Uhr.

Im südfranzösischen La Mède wurde unterdessen noch weiter gestreikt. Dort verlangten die Beschäftigten konkretere Selbstverpflichtungen des Konzerns für die Einstellung von Personal und für die Umwandlung prekärer in Fest-Arbeitsplätze an ihrem Produktionsstandort. Die örtlichen Verhandlungen endeten am späteren Samstag abend mit einem lokalen Abkommen für den Standort in der Provence. Daraufhin wurde dort ab Sonntag morgen die Produktion "schrittweise" wieder aufgenommen.


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