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Updated: 18.12.2012 15:51
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Französischer Eisenbahner-Streik vom 2.6.05: Moderater Erfolg, unmittelbare Bedrohungen

Ein Erfolg, ohne ein enormer Triumph zu sein: So lässt sich das Ergebnis des Streiks der französischen Eisenbahner vom gestrigen Donnerstag zusammenfassen, der am Freitag noch in einigen Landesteilen weiterging.

Landesweit waren am Donnerstag zwischen 25 % (laut der Direktion) und, nach gewerkschaftlichen Angaben, knapp 30 Prozent der Angestellten der Bahngesellschaft SNCF im Streik. Wenn man die White Collor-Angestellten in den Büros abzieht, so beträgt der Anteil der Streikenden (laut FO-Eisenbahn) 40 Prozent. In Südfrankreich lag er etwas höher als in den übrigen Landesteilen.

Von Mittwoch abend 20 Uhr bis Freitag früh 8 Uhr verkehrten rund 60 Prozent der TGV-Hochgeschwindigkeitszüge, aber nur 35 der Züge auf den "normalen" überregionalen Verbindungen und gut 25 Prozent der Nahverkehrszüge.

Zur Arbeitsniederlegung hatten die Gewerkschaften CGT (Mehrheitsgewerkschaft), FO (eher populistisch), SUD-Rail (eher linke Basisgewerkschaft) sowie die CFE-CGC (Gewerkschaft der leitenden Angestellten) aufgerufen. Nicht aufgerufen hatte hingegen die rechtssozialdemokratische CFDT.

Als einzige Gewerkschaft rief SUD-Rail zu einer Verlängerung des Ausstand über den Freitag früh hinaus auf. Laut Angaben der Gewerkschaft ("SUD Schiene") wurde an etwa 10 Standorten durch Vollversammlungen beschlossen, den Streik fürs Erste fortzusetzen. Dazu gehören Marseille, Toulouse, Rouen und einige Bahnhöfe in Paris.

Am Freitag war der Verkehr noch in einigen Landesteilen, vor allem in Südwestfrankreich (zwischen Toulouse und Bordeaux), stärker beeinträchtigt. In Paris dagegen waren nur an einem Bahnhof, der Gare Saint-Lazare, stärkere "Störungen" des Verkehrs zu verzeichnen. Dort fielen rund ein Drittel der Züge aus. - Am Samstag blieb der Bahnverkehr vor allem im Raum Marseille noch längere Zeit beeinträchtigt.

Thema der Streikbewegung waren bzw. sind:

  • Die Beschäftigungspolitik: Die Bahngesellschaft SNCF hat für das laufende Jahr den Abbau von 3.200 Arbeitsplätzen im Güterbereich programmiert. Der Beschluss wird durch die Gewerkschaften bekämpft. Zu Anfang der Woche hatte die SNCF-Direktion "im Gegenzug" die Neueinstellung von 500 Beschäftigten in anderen Sparten angekündigt. Das konnte jedoch den Ausstand vom Donnerstag nicht verhindern.
  • Die Lohnpolitik: Für das laufende Jahr hat die SNCF-Leitung eine Lohnerhöhung um 1 Prozent angekündigt. Diese läge unterhalb der Inflationsrate (in diesem Jahr werden 1,8 Prozent Teuerung prognostiziert).
  • Die drohende "Liberalisierung" und Öffnung zur Konkurrenz: In Brüssel steht eine künftige EU-Richtlinie zur Beratung an, die nach dem Gütertransport nunmehr auch noch den Personentransport zur künftigen "Öffnung" für private Konkurrenz freigeben soll.
  • Die drohende Einrichtung eines "service minimum", also einer Dienstverpflichtung im Streikfalle: Bisher hatte die bis zu Wochenbeginn amtierende Raffarin-Regierung angekündigt, zuerst auf "sozialpartnerschaftliche Verhandlungen" zur Einführung einer solchen "Notbelegschaft" auch für Streikzeiten setzen zu wollen. Am 28. Oktober 2004 hatten sich einige Gewerkschaften und die SNCF-Direktion auf einen längeren Vorwarnmechanismus vor dem Ausbruch eines Streiks geeinigt. Dieser sieht jedoch keine Dienstverpflichtungen vor; damit hat auch die CGT ihre Unterschrift begründet. (Labournet berichtete)

In den letzten Wochen hat die Pariser Regierung jedoch ihre Gangart beschleunigt. Für Mitte Juni ist dieses Jahres wurde der Regionalpräfekt (der juristische Vertreter des Zentralstaats auf der Ebene einer Region) für die Region Ile-de-France, also den Großraum Paris, angewiesen, eine Verordnung zu verabschieden.

Demnach soll der Staat bzw. die Region sowohl die Bahngesellschaft SNCF als auch die Pariser Nahverkehrsbetriebe der RATP "vertraglich" dazu verpflichten, im Streikfall mindestens ein Drittel des Normalverkehrs aufrecht zu erhalten. Im Falle eines Zuwiderhandels soll der Staat bzw. (für die regionalisierten Zugstrecken, die TER), die Region Ile-de-France Geldstrafen gegenüber der SNCF oder der RATP verhängen dürfen. Die "links" (nämlich durch eine Koalition aus Sozialisten, Grünen und KP) regierte Region Ile-de-France droht damit in eine Zwickmühle befördert zu werden.

Die Einführung einer solchen "Vertragsstrafe" in Höhe von mehreren hunderttausend Euro für die SNCF bzw. die RATP würde zwar noch keine juristische Dienstverpflichtung für streikwillige Eisenbahner, Métro- oder Busfahrer beinhalten. Jedoch würde der auf ihnen seitens des Betriebes lastende Druck beträchtlich erhöht werden.

Labournet wird in näherer Zukunft über diesen anstehenden Konflikt ausführlich berichten.

Bernhard Schmid (Paris), 3.6.05


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