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Updated: 18.12.2012 16:07 |
Europäische Verhältnisse: Streikrecht soll eingeschränkt werden Nur nach Voranmeldung soll künftig im Flugverkehr gestreikt werden dürfen - begrenztes Streikrecht wie im öffentlichen Dienst also auch in der Privatwirtschaft. Der aktuelle Beitrag "Gesetz zur faktischen Einschränkung des Streikrechts an Flughäfen verabschiedet. Auch Sozi-Kandidat François Hollande möchte es, im Falle seines Wahlsiegs, beibehalten" von Bernard Schmid vom 27. Januar 2012. Gesetz zur faktischen Einschränkung des Streikrechts an Flughäfen verabschiedet. Auch Sozi-Kandidat François Hollande möchte es, im Falle seines Wahlsiegs, beibehalten Wir kündigten es an dieser Stelle im Labournet zu Anfang des Monats an (vgl. http://labournet.de/internationales/fr/flughafen_bs2.html ): In dieser Woche debattierte die französische Nationalversammlung, das "Unterhaus" des Parlaments, über eine Einschränkung des Streikrechts im Luftverkehr. Diese Einschränkung erfolgt de facto, wenngleich nicht de iure, steht also als solche nicht offiziell im Gesetz. Wie wir berichteten, geht es darum, künftig auch im Luftverkehr und an den Flughäfen eine Voranmeldungspflicht für Streikwillige einzuführen. Bislang besteht in allen öffentlichen Diensten (öffentliche Transportmittel, Krankenhäuser, Schulen...) seit dem Jahr 1963 eine gesetzliche Vorwarnungspflicht - wenn ein Streik ansteht, muss er fünf Tage zuvor angemeldet werden. Dagegen besteht im privaten Wirtschaftssektor, zu dem der Flugverkehr inzwischen zählt, keine solche Anmeldepflicht. In den öffentlichen Transportmitteln der SNCF (französische Bahngesellschaft) und RATP (Pariser Bus- und Métro-Betriebe) hat ein am 02. August 2007, zu Beginn der Amtszeit von Präsident Nicolas Sarkozy, verabschiedetes Gesetz zusätzlich einen so genannten ,Service minimum' eingeführt. Es handelt sich dabei darum, dass die Betriebe dazu angehalten werden, vorab verlässliche Informationen über die voraussichtlichen Streikfolgen anzubieten; ferner müssen sie eine Mindest-Dienstleistung auch während eines Arbeitskampfs anbieten. Ansonsten müssen die Betriebe, SNCF und RATP, eine Geldstrafe bezahlen. Eine zwangsweise Dienstverpflichtung eventuell streikwilliger Beschäftigter enthält die Regelung nicht. Allerdings reichen die betroffenen Unternehmen nunmehr den ihnen auferlegten Druck nach innen hin (d.h. in die Belegschaft) weiter, indem sie ihre Lohnabhängigen dazu verpflichten, einige Tage vor Streikausbruch vorab ihre Streikabsicht oder aber Dienstwilligkeit zu bekunden. Dies erlaubt es den Unternehmen, rechtzeitig intern für Ersatz für streikwillige Teile des Personals zu sorgen. (Natürlich funktioniert es dann nicht mehr richtig, falls 80 % oder 90 % einer Belegschaft geschlossen streiken möchten.) Diese "Neuerung" durch das Gesetz vom 02. August 2007 wird durch das neue Gesetz nunmehr auch auf den Luftverkehr, und auf die Aktivitäten des Bodenpersonals in den Flughäfen (Sicherheitsüberprüfungen, .) ausgedehnt. Der Entwurf dazu wurde in der Nacht vom Dienstag zum Mittwoch dieser Woche verabschiedet. Er war bereits vor dem Ausbruch des Streiks an mehreren französischen Flughäfen zwischen dem 15. Dezember und dem 26./27. Dezember - dem Datum, an dem er in Paris-Roissy zu Ende ging - durch einen Abgeordneten vom rechten Flügel der Regierungspartei UMP, Eric Diard, eingebracht worden. (Vgl. http://www.lemonde.fr/politique/article/2012/01/25/l-assemblee-vote-la-limitation-du-droit-de-greve-dans-le-transport-aerien_1634033_823448.html und http://www.lefigaro.fr/flash-eco/2012/01/25/97002-20120125FILWWW00333-service-minimumaerien-texte-vote.php ) Nach der Nationalversammlung muss nun auch noch der Senat, das parlamentarische "Oberhaus", dem Gesetz zustimmen, bevor es in Kraft treten kann; im Falle eines dauerhaften Uneinverständnisses zwischen beiden Kammern muss zunächst ein Vermittlungsausschuss eingeschaltet werden, bei anhaltendem Streit hat dann die Nationalversammlung das letzte Wort. Im Senat hat allerdings seit dessen teilweiser Neuwahl vom 25. September 11 zum allerersten Mal (seit dessen Bestehen) die französische Sozialdemokratie die Mehrheit inne. In der Nationalversammlung - welche am 10. und 17. Juni 2012 neu gewählt wird, und Ende Februar d.J. ihre Sitzungsperiode beendet - hatte die Parlamentsopposition, Sozialdemokratie wie französische KP, gegen den Entwurf gestimmt. Im Namen der Opposition sprach KP-Abgeordneter Pierre Gosnat von einem "neuen schwerwiegenden Eingriff in das Streikrecht". Allerdings hat der Präsidentschaftskandidat der französischen Sozialdemokratie, François Hollande, sich nun in der Sache anders positioniert. Auf eine Frage danach, ob er im Falle (s)eines Wahlsieges das Gesetz vom 02. August 2007 antasten möge, antwortete er am Donnerstag Abend: "Ich werde nicht meine Zeit verlieren. Es gibt ein Gesetz, das funktioniert." Vgl. http://www.lemonde.fr/election-presidentielle-2012/article/2012/01/27/m-hollande-maintiendra-le-service-minimum-dans-les-transports_1635322_1471069.html - (Auch) auf diesem Feld wird also voraussichtlich wenig Veränderung von ihm zu erwarten sein. (Bernhard Schmid, Paris, 27.01.2012) |