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Updated: 18.12.2012 15:51 |
Zugeständnisse der vorbereiteten Art - Protest soll weitergehen "Es war ein spannender Schlagabtausch versprochen worden, es wurde ein müdes Abfrageinterview. Am gestrigen Donnerstag Abend befragte die TV-Moderatorin Arlette Chabot im öffentlich-rechtlichen Fernsehen den Premierminister François Fillon zur Renten"reform", die derzeit in der französischen Nationalversammlung debattiert wird. Fillon erklärte, er schlösse "weitere Zugeständnisse" nach jenen, die am Vortag durch Präsident Nicolas Sarkozy verkündet worden waren (s.u.), kategorisch aus. Chabot, die bislang im Visier von Sarkozys Medienpolitik stand - er wollte sie aus der Sendeanstalt verdrängen -, stellte keine einzige halbwegs kritische Nachfrage. Sie scheint sich die Beibehaltung ihres Plätzchens redlich verdienen zu wollen. Am Mittwoch, vorgestern, hatte Sarkozy nach der wöchentlichen Kabinettssitzung seine - seit längerem vorbereiteten - "Zugeständnisse" an die Protestierenden verkündet. Diese sind dreierlei Art..." so beginnt der Beitrag "Premierminister François Fillon verweigert « weitere Zugeständnisse » bei der Renten« reform » - 62 % der Französinnen und Franzosen wünschen lt. Umfrage einen Fortgang der Protestmobilisierung" von Bernard Schmid vom 10. September 2010. Premierminister François Fillon verweigert « weitere Zugeständnisse » bei der Renten« reform » - 62 % der Französinnen und Franzosen wünschen lt. Umfrage einen Fortgang der Protestmobilisierung Es war ein spannender Schlagabtausch versprochen worden, es wurde ein müdes Abfrageinterview. Am gestrigen Donnerstag Abend befragte die TV-Moderatorin Arlette Chabot im öffentlich-rechtlichen Fernsehen den Premierminister François Fillon zur Renten"reform", die derzeit in der französischen Nationalversammlung debattiert wird. Fillon erklärte, er schlösse "weitere Zugeständnisse" nach jenen, die am Vortag durch Präsident Nicolas Sarkozy verkündet worden waren (s.u.), kategorisch aus. Chabot, die bislang im Visier von Sarkozys Medienpolitik stand - er wollte sie aus der Sendeanstalt verdrängen -, stellte keine einzige halbwegs kritische Nachfrage. Sie scheint sich die Beibehaltung ihres Plätzchens redlich verdienen zu wollen. Am Mittwoch, vorgestern, hatte Sarkozy nach der wöchentlichen Kabinettssitzung seine - seit längerem vorbereiteten - "Zugeständnisse" an die Protestierenden verkündet. Diese sind dreierlei Art: 1./ Es soll Ausnahmeregelungen für Pensionierungen schon vor dem gesetzlichen Alter geben. Letzteres beträgt bislang 60 und künftig 62 Jahre für diejenigen, die dann schon die nötigen Beitragsjahre (bislang 40, künftig 41,5) beisammen haben. Und für alle anderen bislang 65 und künftig 67 Jahre; es sei denn, sie sind bereit und in der finanziellen Lage, Strafabzüge in Höhe von 5 bis 6 Prozent (an der gesamten Rente) für jedes fehlende Beitragsjahre in Kauf zu nehmen. Seit längerem läuft eine Debatte über "Erschwernisse", also Berufsgruppe mit besonderen körperlichen und/oder psychischen Anforderungen - ähnlich dem Auftauchen des inzwischen sprichwörtlichen Dachdeckers in der deutschen Rentendiskussion. Statt aber die geforderten Pensionsregeln für eine Arbeit mit besonderen Anforderungen zu akzeptieren, bricht Sarkozy das Ganze erneut auf eine Frage der ärztlich attestierten, individuellen Arbeitsunfähigkeit herunter. Wer eine Invaliditätsrate von mindestens 20 Prozent aufweist, darf künftig schon vor Erreichen der 67 in Rente gehen; dieser Grenzwert kann auf zehn Prozent abgesenkt werden, wenn besondere Faktoren (etwa: der o. die Lohnabhängige ist krebserregenden Substanzen bei seiner Tätigkeit ausgesetzt oder riskiert chronische Haltungsschäden) dafür sprechen u n d eine spezielle Branchenkommission dies im individuellen Fall billigt. 2./ Es wird auch künftig eine, zynisch ausgedrückt, "Altfallregelung" für jene Jahrgänge geben, in denen Menschen schon mit 14 oder 16 Jahren in die Lohnarbeit gingen. Diese Lohnabhängigen werden auch künftig schon vor Erreichen der 60 respektive 62 (bislang frühestens mit 56, künftig mit 58) pensioniert werden können - wobei die Nachweisregeln (früher galten einmal zwei Zeugen-Aussagen, inzwischen benötigt man eindeutige Dokumente) vor rund zwei Jahren erheblich verschärft worden sind. Die Regeln werden nunmehr um einen Jahrgang ausgeweitet auf jene, die mit spätestens 17 (statt bisher 16) zu arbeiten anfingen. Diese Regel betraf ursprünglich bei erstmaligem Inkrafttreten knapp 100.000 Lohnabhängige pro Jahr, derzeit sind es nur noch 10.000, künftig sollen es wieder rund 30.000 werden. Erwartet wird, dass sie "in den kommenden acht Jahren" rund 350 Millionen Euro jährlich "kostet". Danach werden die Jahrgänge, die in ihrem Erwerbsleben derart früh zu arbeiten anfingen, allmählich vom Arbeitsmarkt verschwunden sein. Aktuell gehen grobe Teile des Abitur-Jahrgangs 1968 in Rente - wer in jenem Jahr volljährig wurde, wird i.d.R. in diesem Jahr 60. Ab jenem Jahr, dem "Einschnitt" von 1968, stieg die Einschulungsdauer der Heranwachsenden systematisch an. 3./ Es soll Erleichterungen für jene geben, die aufgrund einer Crossover-Erwerbsbiographie mehrere unterschiedliche Rentenansprüche erworben haben. Lohnabhängige, die einen Teil ihres Arbeitslebens hindurch im öffentlichen Dienst arbeiteten, konnten den Rentenanspruch aus dem Staatsdienst bislang nur bei mindestens 15 Jahren Dienstdauer geltend machen - künftig werden es zwei Jahre sein. Allgemein werden diese Regeln jedoch als Ausnahmeregelungen betrachtet, die das (laut einer Formulierung von François Fillon selbst) "Herzstück der Reform" - die generelle Anhebung des Renten-Eintrittsalters - nicht antasten. 62 Prozent der befragten Französinnen und Franzosen wünschten in einer Erhebung, deren Ergebnisse am gestrigen Donnerstag veröffentlicht wurden, eine Fortsetzung der Protestmobilisierung. Am Mittwoch, den 23. September findet der nächste gewerkschaftliche "Aktionstag" mit Streiks und Demonstrationen stattfinden. Die linken Basisgewerkschaften SUD/Union syndicales Solidaires vertreten die Auffassung, dieses Datum sei im Prinzip schon zu spät: "Die Zeit arbeitet gegen uns" (vgl. */ http://www.lejdd.fr/Societe/Social/Actualite/SUD-Le-temps-joue-contre-nous-219276/ /*). Dennoch haben sie sich nunmehr dem Aufruf zur Mobilisierung am 23. September angeschlossen. Bei der Bahngesellschaft SNCF haben die verschiedenen Gewerkschaften für diesen Tag bereits einen Streik angemeldet. B. Schmid, 10.9.2010 |