Streik bei Lehrers
Ein Erfolg war der Streik der französischen Lehrerschaft am vorigen Donnerstag
(17. Oktober 2002), fünf Tage vor der parlamentarischen Debatte über
den Bildungshaushalt, die am Dienstag dieser Woche beginnt. 60 Prozent des schulischen
Personals (Lehrer wie Verstaltungsangestellte) befanden sich nach gewerkschaftlichen
Angaben im Ausstand, das Bildungsministerium räumte 44 Prozent Streikbeteiligung
ein. Es handelte sich in jedem Fall um die stärkste Mobilisierung seit
dem Lehrerstreik, der im März 2000 den rechtssozialdemokratischen Minister
Claude Allègre zum Rücktritt zwang. Allègre war wegen seiner
arroganten Sprüche - er bezeichnete das Bildungsressort als "Mammut, das
man entfetten muss" - bei den LehrerInnen unbeliebt, aber seine Unpopularität
wird weit übertroffen von jener des jetzigen neokonservativen Bildungsministers
Luc Ferry, eines arroganten Schnösels, der sich gern einbildet, er sei
Philosoph.
Die Streikenden prangerten einerseits die Sparpolitik im Bildungsbereich an,
wobei sie oftmals Parallelen zum gestiegenen Rüstungshaushalt zogen. In
Paris, wo 15.000 Lehrer auf die Straße gingen, richteten Demoparolen sich
etwa gegen den Bau des zweiten französischen Flugzeugträgers. Im kommenden
Jahr sollen 25.600 Stellen von jungen Aufsichts- und Aushilfskräften -
meist Studierende, die sich so finanzieren - in den Schulen gestrichen werden.
Im Gegenzug sollen bis zu 11.000 Hausfrauen und Rentner eingestellt werden,
die schlechter bezahlt und eine andere Mentalität mitbringen werden. Daneben
richteten die Streikenden sich gegen die repressiven Pläne der Regierung
im Jugendbereich, die auch auf die Schulen ihre Auswirkungen hätten - etwa
die Strafdrohung von 6 Monaten Haft bei ³Beleidigung einer Lehrperson², oder
allgemein das erheblich verschärfte Jugendstrafrecht und die Haftandrohung
ab 13 Jahren. Schließlich protestierten die Lehrergewerkschaften auch
gegen den Gesetzentwurf der Regierung zur Dezentralisierung, der am vorigen
Mittwoch vom Kabinett verabschiedet wurde. Sie fürchten eine verstärkte
Ungleichheit zwischen ärmeren und reicheren Regionen gerade im Bildungsbereich,
und in vielen Fällen eine versteckte Privatisierung im Rahmen der geplanten
Regionalisierung..
Bernard Schmid