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23. April 2002
Hier eben schnell drei Überlegungen, und zwar zum ersten Wahlgang der französischen Präsidentschaftswahlen; mit Blick auf den zweiten Wahlgang; und mit Blick auf das, was man den dritten Wahlgang nennt: die Parlamentswahlen im Juni. Es sind Überlegungen eines Nichtwählers beim ersten Wahlgang. Sie sind folglich verbunden mit Selbstkritik, ich sage aber nicht Zerknirschung: Ich habe mich nicht recht bemüht, die Vollmacht zur Stimmabgabe am Ferienort zu bekommen... ohnehin hätte ich wahrscheinlich für Christine Taubira gestimmt, was am Wahlausgang nichts geändert hätte.
1. Vom Anstand, vom Mut der Erklärung Lionel Jospins wird gesprochen und von seiner Entscheidung, "sich aus dem politischen Leben zurückzuziehen", um "Schlüsse zu ziehen" aus dem Scheitern. Ich bin wenig beeindruckt von diesem angeblichen Anstand. Ich sehe darin ein Sich-Wegstehlen.
Vom politischen Kopf der "pluralen Linken", und sogar der Linken ansich mit ihren Meinungsunerschieden hätten die völlig verwirrten Wähler das Recht gehabt, nicht einen Rücktritt zu erhalten, sondern eine erste Überlegung zu den Ursachen der Niederlage - selbst wenn nicht allein seine Regierung sie zu verantworten hat (die natürlich auch); und einen Hinweis darauf, was zu tun ist, um sofort von dieser Niederlage wegzukommen, die nicht "die seine", sondern unsere ist. Welchen Sinn kann man einer Wahl für Chirac geben? Hat Jospin der Name Chirac die Lippen verbrannt? Auf welcher Grundlage und mit welchen Themen ist im zweiten Wahlgang die Kampagne zu führen - um nicht im Duell der beiden Rechten den "Sekundanten" zu spielen? Wie hat man sich eine Neuauflage der Kohabitation (rechter Präsident, linke Regierung, Anm. d. Übers.) vorzustellen - die unvermeidlich wird, wenn, wie zu wünschen ist, die soziologisch mehrheitliche Linke nach den Parlamentswahlen auch wahltechnisch die Mehrheit bildet?
Unser Mini-de-Gaulle dagegen, verletzt weil unverstanden in seinem Wirken, zieht sich zurück und läßt die Manschaft in der Mitte der Furt stehen, während die Nachfolger sich in den Haaren liegen, und er macht nicht die geringste Anstrengung, um Wähler und Anhänger zu mobilisieren, die Perspektiven zu überdenken und die Widersprüche zu lösen, kurz, um dem "Volk der Linken" (und dem Volk als solchem) zu dienen, wie er es immer zu tun sich gerühmt hat, persönliche Bestrebungen und Gefühle dem Notwendigen opfernd. Eine Schlacht verlieren beschämt nicht, wenn der Kampf fortwährt. Um die Schmach zu tilgen, falls überhaupt Schmach zugefügt wurde, muß Lionel Jospin seinen Rückzug bis nach den Parlamentswahlen verschieben und sich bis dahin, in welcher Funktion er auch mag, aber an vorderster Stelle, für den Sieg der Linken einsetzen.
2. Es versteht sich von selbst, daß Chirac die Präsidentschaftswahl mit der höchstmöglichen Stimmenzahl gewinnen muß, so daß, wie Dominique Strauss-Kahn sehr treffend gesagt hat, Le Pen im zweiten Wahlgang das schwächstmögliche Ergebnis erzielt. Aber dafür muß Le Pen geschlagen werden und nicht ignoriert oder verachtet, wobei auf den arithmetischen Vorsprung zu setzen ist, der dann den Unterschied macht. Er muß Stimmen verlieren. Also muß debattiert werden, also muß die repräsentative Demokratie funktionieren. Im Falle daß die repräsentative Demokratie nicht funktioniert, wenn sie in ihrem eigenen Schoß mit Antidemokraten zu tun hat, mit Antiparlamentaristen (mit dem "Volke der Dämonen", wie etwa der Philosoph Kant gesagt hat), dann ist sie schon kaputt.
Aber - und das scheint nur paradox - in dieser Debatte muß Le Pen der politischen Klasse so weh tun wie möglich, wenn sie sich darin regenerieren soll. Besonders an den beiden Punkten, die er zu Recht anspricht, das heißt wo seine Redeweise und sein Einfluß Symptome sind für wirkliche Probleme der Gesellschaft und des Staats, so abwegig, gefährlich, schändlich auch die "Lösungen" sein mögen, die er dafür vorschlägt. Eines dieser Probleme betrifft besonders die Rechte, vor allem Jacques Chirac (aber nicht nur...): es ist die individuelle und institutionelle (polit-ökonomoische) Korruption des politischen Lebens. Sprechen wir nicht von Affären, sprechen wir von einem System, oder einer Struktur.
Das andere berifft besonders die Linke, vor allem Lionel Jospin ( aber nicht nur... oder genauer liegt ex definitione der Skandal bei der Linken): es ist das Problem der Mißachtung des Volkes und der tatsächlichen Gleichgültigkeit gegenüber seinem materiellen und seelischen Leid, gegenüber der Verschärfung seiner Lebensbedingungen. Die "Unsicherheit" ist Teil davon, aber sie ist nur ein Aspekt. Die dritte Generation Langzeitarbeitsloser "trifft ein" (sic) auf dem "Arbeitsmarkt"! Zusammenbruch der kommunalen Einrichtungen in den Ghetto-Vorstädten! Umkehr der Schul- und Kulturpolitik fast ausschließlich zugunsten der Generation der "Erben", wie Bourdieu sagte! Möge also uns alle Le Pen mit der Nase in die Sch... tunken, so sehr er selber auch stinken mag.
3. Die Fragen internationaler und vor allem europäischer Politik müssen einen entscheidenden Platz in der Kampagne einnehmen... Schon kündigt sich ein niedriges Niveau an... Übrigens ist Hubert Védrine (Außenminister unter Jospin, Anm. d. Übers.) vielleicht der einzige Minister, der bei der Kohabitation sein Schäfchen ins Trockene gebracht hat, besonders mit seinen Reden und seinen mutigen Initiativen zur Frage des Nahen Ostens, seinen Versuchen, Europa auf der internationalen Bühne in Richtung Unabhängigkeit und Verantwortung in Gang zu setzen, hin zu europäisch-mediterraner Partnerschaft... Ja, aber die Franzosen warten immer noch darauf, daß man ihnen erklärt, wozu und wem der Euro dient (den sie nicht abgeleht haben, wie man weiß).
Der nationale Sozialstaat ist tot, unwiederbringlich, und das soziale Europa ist immer noch nicht mehr als ein Spruch auf Glanzpapier. Nach dem "Kriegt die dran, die jetzt dran sind " poujadistischen Angedenkens ist nun besagte republikanische Herrschaftlichkeit ihrerseits dabei, "Weder rechts, noch links" zu predigen, Stimmenthaltung nahezulegen oder sogar bestimmte Wähler nach rechts ziehen zu lassen, die sie hinter rückwärts gewandten Prahlereien zusammengeführt hat. In ihrer Mehrheit ist die Linke nicht gespalten über die Notwendigkeit, die soziale Frage und die gemeinsame Aktion auf supranationaler Ebene wieder aufzugreifen und damit - endlich - dem europäischen Bauwerk einen politischen Sinn zu geben. Nur über die Mittel ist sie uneins: die einen wollen "den Klassenkampf", die andern "die Reformen". Oder über die Worte: die einen sind "gegen" die Globalisierung, die andern wollen eine "andere" Globalisierung.
Sie haben zwei Monate vor sich - wir haben zwei Monate vor uns - nicht, um eine magische Kompromißformel zu finden, sondern eine konkrete öffentliche Diskussionsbasis, die auch, in aller Dringlichkeit, das Zusammengehen mit den andern linken Kräften in Europa gestattet. Denn - hat man es bemerkt? - der Aufstieg der Rechten ist nicht das Privileg von uns Franzosen (die nie etwas so machen wie alle andern...). Es ist ein europäisches Phänomen. Von Kopenhagen nach Rom, über Wien, Bukarest, Budapest, Antwerpen, Den Haag, Bern, Paris und Sachsen marschiert dieses Phänomen, und zwar schnell, sehr schnell.
23 avril 2002. Trois réflexions à chaud sur le premier tour des élections présidentielles françaises, dans la perspective du deuxième et de ce quon appelle le « troisième » (les législatives de juin). Ces réflexions sont celles dun abstentionniste du premier tour, et par conséquent inséparables dune autocritique, je ne dis pas dune contrition (en vacances scolaires, je nai pas eu la persévérance de demander la fameuse procuration de toute façon jaurais probablement voté pour Christiane Taubira, ce qui naurait rien changé au résultat).
1) On parle de la noblesse, du courage de la déclaration de Lionel Jospin et de sa décision de « se retirer de la vie politique » pour « tirer les conclusions » de son échec. Je suis peu impressionné par cette prétendue noblesse. Jy vois une dérobade.
Du chef politique de la « gauche plurielle », et même de la gauche tout court, avec ses dissidences, les électeurs en plein désarroi étaient en droit dattendre non pas une démission mais une première réflexion sur les causes de la défaite même si elles ne se résument pas à la responsabilité de son gouvernement (quelles incluent évidemment), et une indication de ce quil faut faire pour en appeler immédiatement de cette défaite, qui nest pas « la sienne » mais la nôtre. Quel sens donner au vote pour Chirac ? Ce nom lui brûlait-il les lèvres ? Sur quelles bases et sur quels thèmes mener activement campagne au deuxième tour (et non pas « assister » au duel des droites) ? Comment penser une relance de la cohabitation inéluctable si, comme on peut le souhaiter, la gauche sociologiquement majoritaire le redevient aussi électoralement après les législatives?
Au lieu de cela, notre De Gaulle au petit pied, blessé dêtre demeuré incompris dans son action, se retire en laissant les troupes au milieu du gué, aux prises avec le combat des successeurs, et sans faire le moindre effort pour mobiliser les électeurs et les militants, repenser les perspectives et résoudre les contradictions, bref pour servir le « peuple de gauche » (et le peuple tout court), comme il sest vanté de lavoir toujours fait, en sacrifiant au besoin ses ambitions et ses sentiments personnels. Perdre une bataille nest pas infamant, si la lutte continue. Pour laver laffront, si affront il y a, il faut que Lionel Jospin diffère son retrait jusquau lendemain des législatives, et que dici là, au rang quil voudra mais en première ligne, il semploie à les faire gagner par la gauche.
2) Il va de soi que Chirac doit emporter lélection présidentielle avec un maximum de voix, en sorte que comme la très bien dit Dominique Strauss-Kahn Le Pen fasse le plus petit score possible au deuxième tour. Mais pour cela il faut que Le Pen soit battu, et non pas ignoré ou méprisé, en comptant sur lavance arithmétique pour faire la différence. Il faut quil perde des voix. Et donc il faut quil y ait débat, il faut que la démocratie représentative fonctionne. Si la démocratie représentative ne fonctionne pas lorsquelle a affaire en son propre sein aux anti-démocrates, aux anti-parlementaristes (au « peuple des démons », comme disait à peu près le philosophe Kant), elle est déjà foutue.
Mais il faut aussi et le paradoxe nest quapparent - que dans ce débat Le Pen fasse le plus mal possible à la classe politique, si elle doit sy régénérer. En particulier sur les deux points où il touche juste, cest-à-dire où son discours et son influence constituent les symptômes de problèmes réels de la société et de lEtat, si aberrantes, dangereuses, ignobles que soient les « solutions » quil en propose. Lun de ces problèmes touche plus particulièrement la droite, et notamment Jacques Chirac (mais pas seulement ) : cest celui de la corruption personnelle et institutionnelle (politico-économique) de la vie politique. Ne parlons pas daffaires, parlons de système, ou de structure.
Lautre touche plus particulièrement la gauche, et notamment Lionel Jospin (mais pas seulement ou plus exactement cest à gauche que, par définition, il y a scandale) : cest le problème du mépris du peuple, et de lindifférence pratique pour ses souffrances matérielles et morales, pour laggravation de ses conditions dexistence. « Linsécurité » en fait partie, mais elle nest quun aspect. Troisième génération de chômeurs de longue durée qui « arrive » (sic) sur le « marché du travail » ! Effondrement des services publics dans les banlieues-ghettos ! Renversement de la politique scolaire et culturelle au profit quasi-exclusif des « héritiers », comme disait Bourdieu ! Vivement donc que Le Pen nous mette à tous le nez dans la m , si puant quil soit lui-même.
3) Il faut que les questions de politique internationale et notamment européenne occupent une place déterminante dans la campagne.. On voit déjà venir le profil bas Or Hubert Védrine est peut-être le seul ministre à avoir vraiment tiré son épingle du jeu de la « cohabitation », en particulier par ses discours et ses initiatives courageuses sur la question du Proche-Orient, ses tentatives pour faire marcher lEurope sur la scène internationale dans le sens de lindépendance et de la responsabilité, du partenariat euro-méditerranéen.. Oui, mais les Français attendent toujours quon leur explique à quoi sert, à qui sert leuro (quils nont pas refusé, on le sait).
LEtat national social est mort, irréversiblement, et lEurope sociale nest toujours quun slogan sur papier glacé. Après le « sortez les sortants » de poujadiste mémoire, ledit souverainisme républicain sapprête à son tour à prêcher le « ni droite ni gauche », à suggérer labstention, voire à laisser passer à lextrême droite certains des électeurs quil a ralliés sur des rodomontades passéistes. La gauche dans sa majorité nest pas divisée sur la nécessité de relancer la question sociale et laction collective au niveau supra-national, et de donner ainsi enfin un sens politique à la construction européenne. Elle nest divisée que sur les moyens : les uns veulent « la lutte des classes », les autres veulent « les réformes ». Ou sur les mots : les uns sont « contre » la mondialisation, les autres veulent une « autre » mondialisation
Ils ont deux mois devant eux nous avons deux mois devant nous - pour trouver, non pas une formule magique de compromis, mais une base de discussion publique concrète, qui permette aussi la convergence, de toute urgence, avec les autres forces de gauche européennes. Car (la-t-on remarqué ?) la montée des droites nest pas notre privilège, à nous les Français (qui ne faisons jamais rien comme tout le monde ). Cest un phénomène européen. Et qui, de Copenhague à Rome en passant par Vienne, Bucarest, Budapest, Anvers, La Haye, Berne, Paris, et la Saxe, va vite, très vite. E.B.
* Professeur de Philosophie, Université de Paris X Nanterr
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