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Updated: 18.12.2012 15:51 |
Der Generalstreik im französischen Überseebezirk Guadeloupe ging, weitgehend erfolgreich, zu Ende. Im französischen Überseebezirk La Réunion beginnt der Generalstreik am heutigen Tag Auf der als "Überseebezirk" (DOM, département d'outre-mer ) zu Frankreich gehörenden Karibikinsel Guadeloupe ist am heutigen Donnerstag früh der Generalstreik an seinem 44. Tag zu Ende gegangen. Gegen 20 Uhr Ortszeit am Mittwoch Abend (in der Nacht von gestern auf heute nach mitteleuropäischer Zeit) unterzeichneten Elie Domata, der Sprecher des "Kollektivs gegen Ausbeutung" LKP, und der Präfekt Nicolas Desforges - juristischer Repräsentant des französischen Zentralstaats auf Guadeloupe - eine Vereinbarung. Dieses Abkommen ist höchst detailliert und enthält, in 165 einzelnen Artikeln, unterschiedliche Maßnahmen zur Senkung der (u.a. aufgrund von Einfuhrmonopolen in den Nähen der "Béké", der sozialen Kaste aus Nachfahren der früheren weißen Sklavenhalter) völlig überhöhten Lebenshaltungskosten auf der Insel. Zu ihnen zählen so unterschiedliche Maßnahmen wie die Senkung des Baguettepreises (der auf der Insel, wie andere elementare Preise, vom Präfekten festgelegt wird), die Reduktion der Flugreisenpreise - die Verbindung zwischen den Antillen und der französischen "Metropole" wird durch eine einzige Fluggesellschaft beflogen - oder eine Garantie zur Einstellung von diplomierten Inseleinwohnern als Lehrkräfte. Der Vereinbarung ist, als wohl wichtigster Teil, ein Sonderabkommen zu den Löhnen als Annex (Anlage) beigefügt. Es ist ,Accord Jacques Bino' (Vereinbarung Jacques Bino) übertitelt und ehrt damit den Namen des 48jährigen guadeloupischen CGT-Gewerkschafters und Finanzamtbediensteten Jacques Bino, der am 18. Februar dieses Jahres erschossen worden ist. Sein Tod ist mutmaßlich das Werk von jungen Hitzköpfen, die eine Barrikade im Hochhausviertel Cité Henri IV. - einem "sozialen Brennpunkt" - kontrollierten und ihn für einen Zivilpolizisten hielten. Auch wenn diese "offizielle Version" zum Teil noch, zugunsten der These eines möglichen Auftragsmords an einem unliebsamen Aktivisten, in Frage gestellt wird. (Am vorigen Donnerstag sind sechs junge Männer in dieser Angelegenheit festgenommen worden. Das Weitere wird die Entwicklung der Strafsache vor den Gerichten zeigen müssen. Im Moment scheint sich eher die These von den "Hitzköpfen" zu bestätigen.) Das Abkommen sieht die Erhöhung aller niedrigen Löhne (bis zum 1,4 fachen des französischen gesetzlichen Mindestlohns SMIC, welcher rund 1.000 Euro netto beträgt) um 200 Euro vor. Die Kosten für diese Lohnerhöhung um zweihundert Euro teilen sich zu unterschiedlichen Teilen auf die Arbeitgeber - zwischen fünfzig und 100 Euro -, und den Staat sowie die Sozialkassen (durch eine Entlastung der Unternehmen bei Steuern und Abgaben, sowie durch eine Aufstockung der Löhne in Gestalt einer Art von Kombilohn) auf. Der größte französische Arbeitgeberverband MEDEF hatte bis zuletzt die Unterschrift unter dieses Abkommen verweigert. Aber das "Kollektiv gegen Ausbeutung" LKP (Liannay kont pwofitasyon) hat ihn zum Teil umgangen, indem es von Betrieb zu Betrieb zog und erheblichen Druck auf die einzelnen Unternehmen entfalten konnte. Beispielsweise unterzeichnen voraussichtlich alle wichtigen Baufirmen, die beim MEDEF organisiert sind, dennoch das Abkommen. "Der MEDEF vor Ort ist implodiert", mit diesen Worten zitierten Medien am Donnerstag früh den LKP-Sprecher Elie Domata (vgl. Artikel ). Nunmehr rufen die Unterzeichner zur Wiederaufnahme der Arbeit auf, die freilich erst allmählich erfolgen kann, und die "Normalisierung" wird einige Zeit in Anspruch nehmen. Unterdessen fordert das LKP die Inselbevölkerung dazu auf, mobilisiert zu bleiben, und kämpft nunmehr für eine ,extension' des errungenen Abkommens. ( ,Extension': Ungefähres Äquivalent zur deutschen "Allgemeinverbindlich-Erklärung" eines Tarifvertrags: Durch Beschluss des zuständigen Ministers wird ein Kollektivvertrag auch für solche Arbeitgeber, die oder deren Verbände es nicht unterzeichnet haben, mit zwingender Geltung ausgestattet.) Unterdessen fing am heutigen Donnerstag der Generalstreik auf der ebenfalls als "Überseebezirk" zu Frankreich gehörenden Insel La Réunion (im Indischen Ozean, zwischen Madagaskar und der Insel Mauritius) an. Es geht um ähnliche Probleme wie auf den französischen Antillen - in der Karibik -, also um den Kampf gegen "das teure Leben" ( contre la vie chère ). Der Arbeitskampf und gesellschaftliche Konflikt ist als Generalstreik, über dessen Verlängerung periodisch an der Basis abgestimmt wird ( grève général reconductible ), ausgerufen. - Vgl. Artikel1 und Artikel2 ) und Bernard Schmid, Paris, 05.03.2009 |