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Am vergangenen Mittwoch fand in Kopenhagen eine landesweite Demonstration gegen die Politik der im letzten Herbst neu gewählten dänischen Regierung statt. Anlass war die Verabschiedung des Haushaltsgesetzes. Das Gesetz sieht Kürzungen im Umwelt- und Arbeitsschutz, bei Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, in weiten Teilen des Ausbildungssystems, im Kultursektor und im sozialen Bereich vor. Die Demonstration wurde von einem breiten Bündnis verschiedener gesellschaftlicher Gruppen und Organisationen getragen, wobei die Beteiligung Hunderter von Basisgruppen und Gliederungen der Gewerkschaften besonders auffällig war.
Im Zuge der vehementen Angriffe der neuen Regierung ist die dänische Gewerkschaftsbewegung aufgewacht. Dem Rasmussen-Kabinett geht es nicht unerwartet vor allem darum, den Einfluss der Gewerkschaften zurück zu drängen und die demokratischen Rechte der Beschäftigten zu beschneiden. So soll das Recht der Gewerkschaften abgeschafft werden, Tarifverträge über Teilzeitbeschäftigung abzuschließen. In den letzten Wochen wurde ein Gesetzesvorhaben lanciert, das Boykotte und Blockaden gegen Betriebe illegalisieren soll, die einen Tarifvertrag mit gelben Gewerkschaften abschließen. Das Konfliktpotential dieses Vorhabens ist erheblich, da die Exklusivverträge ein Kernstück der bisherigen Arbeitsverfassung sind. In den 1980er Jahren führte ein ähnliches Vorhaben der damaligen konservativen Regierung zu massiven Streikbewegungen und musste schließlich aufgegeben werden. Die Gewerkschaften kritisieren außerdem, dass die Regierung mit den Streichungen im Umweltschutzbereich auch die Ressourcen der Arbeitsaufsicht (=Berufsgenossenschaften) verringert und die Vorschriften zur Unfallverhütung verschlechtert hat.
Vor einigen Wochen fand in Silkeborg (Jütland) die größte Konferenz der gewerkschaftlichen Vertrauensleute seit mehr als zehn Jahren statt. Die 750 Teilnehmerinnen und Teilnehmer repräsentierten ein breites Spektrum der betrieblichen Linken. Die Konferenz nährt die Hoffnung, dass sich eine starke Strömung für eine Erneuerung der Gewerkschaften entwickeln könnte. In den vergangenen Jahren hatte die Gewerkschaftsführung sich durch Zurückhaltung in Konfliktsituationen und zuletzt durch Korruptionsaffären in Misskredit gebracht. Am vergangenen Mittwoch kam es anlässlich der Verabschiedung des Haushaltes auch zu einigen wilden Streiks. Besonders die Arbeitsniederlegung auf dem Kopenhagener Flughafen hat für Aufsehen gesorgt, da sie zur Absage von mehr als 100 Flügen geführt hat. Insgesamt beteiligten sich über 4000 Beschäftigte in etwa 30 Betrieben an den Proteststreiks, im Zusammenhang mit der Großdemonstration. Auf der Abschlusskundgebung vor dem Parlamentsgebäude rief der Vorsitzende des gewerkschaftlichen Dachverbandes (LO), Hans Jensen, zu einer kämpferischen Antwort auf die Angriffe der Regierung auf. Gleichzeitig trat er für eine selbstkritische Revision der sozialdemokratischen und gewerkschaftlichen Politik ein.
Neben der Verabschiedung des Haushaltsgesetzes fand am 20.4. auch eine weitere Lesung der geplanten reaktionären Ausländergesetze statt, die die Bedingungen für den größten Teil der Flüchtlinge und Migranten in Dänemark erheblich verschlechtern werden. Zur Durchsetzung beider Gesetzesvorhaben hat sich die konservativ-liberale Regierung unter Ministerpräsident Fogh Rasmussen der Unterstützung der rechtspopulistischen Dänischen Volkspartei versichert. Mittlerweile hat sich die Sozialdemokratische Partei allerdings bereit erklärt, den beiden Gesetzespaketen in einzelnen Punkten zuzustimmen, wie bei der Ausweitung der Mittel für das Gesundheitswesen. Dies stößt auf die Kritik von Teilen der Linken, die die Politik der neuen Regierung als Projekt kritisieren und nicht einzelne Teile dieses Projektes durch ihre Zustimmung legitimieren wollen.
Die Unruhe, die die Politik der Rechtsregierung ausgelöst hat, ist keineswegs auf die Gewerkschaftsbewegung beschränkt. Die Organisationen der Flüchtlinge und Migrant/innen und der Studierenden, der Künstlerinnen und Künstler, Umweltschutzorganisationen und ein großer Teil der Gewerkschaftsbewegung kamen in eigenen Zügen zur Abschlusskundgebung. Ein Vertreter des Zusammenschlusses der Einwandererorganisationen rief dazu auf, Dänemark zu einer "Supermacht für Demokratie, Menschenrechte, Toleranz und Humanismus zu machen". Kritisiert wurden auch die Schließung bzw. Entrechtung zahlreicher regierungskritischer Organisationen, die seit dem Regierungswechsel stattgefunden hat. Künstlerinnen und Künstler warfen der Regierung "Engstirnigkeit und Intoleranz" vor und machten auf die Kürzungen im Kulturbereich aufmerksam, die besonders für weniger bekannte Kulturschaffende existenzbedrohende Ausmaße angenommen haben. Die Demonstrantinnen und Demonstranten waren sich darin einig, dass der 20. März nur der Anfang der Protestbewegung gewesen sei. Am 1.Mai sollen die Proteste fortgesetzt werden.
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