Home > Internationales > China > uiguren
Updated: 18.12.2012 15:51
Aktuelle Meldungen im neuen LabourNet Germany

"Weltverschwörung der Uiguren?"

Die jüngsten "Unruhen" in Chinas Minderheitenprovinz Xinjiang waren einmal mehr Anlaß zu einer Propagandaschlacht. Während in Europa etwa Medien, die keinerlei Probleme damit haben, die Migrationsopfer im Atlantik oder mittelmeer geflissentlich zu übersehen, sich intensiv zum vorkämpfer von Minderheitenrechten aufschwangen, war für die chinesische Regierung die Sachlage ebenso klar: uigurische Vereinigungen aus dem Ausland waren Anstifter. Eine kurze aktuelle Materialsammlung "Weltverschwörung der Uiguren?" vom 09. Juli 2009 behandelt diese Entwicklung auch vom Gesichtspunkt sozialer Fragen aus.

Weltverschwörung der Uiguren?

Wann immer in China größere Proteste stattfinden, gibt es nahezu rituell eine mehr oder minder gleichartige Propagandaschlacht: "Westliche" Medien trommeln für ihre Art der Demokratie (was für manches der vielen Geschäfte störend sein dürfte) und die chinesische Regierung macht Unruhestifter aus, mit Vorliebe vom Ausland gesteuert. Nun ist bei verschiedenen dieser Ereignisse schon festgestellt worden, dass sozusagen beides stimmt: Die Reaktion auf Proteste in China ist keinesfalls demokratisch zu nennen, und in der Tat gibt es bei den größeren dieser Proteste - und gerade auch im Fall der Uiguren - im Ausland Kräfte, die diese politisch und finanziell oder sonstwie unterstützen, vielleicht gar mit beeinflussen. Beides stimmt, erklärt wenig und löst fast gar nichts.

Auch der "Blick in die Geschichte" ist nicht sehr erhellend: Wurde also das Gebiet, das einst Ost-Turkestan genannt wurde, erst vor geschichtlich kurzer Zeit annektiert - das wurde beispielsweise Texas auch, um nur eines von vielen möglichen Beispielen zu nennen. Dementsprechend soll im Folgenden kurz versucht werden, auf die potenziellen und tatsächlichen wirtschaftlichen und sozialen Gründe für die Proteste und Konfrontationen einzugehen - nicht, weil damit alles erklärt wäre, wohl aber, weil es ein Komplex ist, der eine wesentliche Rolle spielt.

Die wirtschaftliche Bedeutung

Einen ganz kurzen aktuellen Überblick über die wirtschaftliche Bedeutung der Region aufgrund regierungsamtlicher Zahlen und Verlautbarungen hat Reinhold Schramm in "China: Aspekte zum Primat der kapitalistischen Ökonomie, ungeschminkt" pdf-Datei am 8. Juli 2009 zusammengestellt. Eine neue Eisenbahnlinie für 13 Milliarden Euros wegen neuer Kohlefelder und ein transnationales Ölprojekt ragen dabei heraus: Energie für die Ökonomie. Einen weiteren Aspekt der Bedeutung der Region verdeutlicht die folgende offizielle Mitteilung des Handelsministeriums von 2006: "Xinjiang wird seine einzigartige Rolle bei zentral- und westasiatischer Zusammenarbeit spielen" externer Link in der die regionale Zusammenarbeit mit Nachbarstaaten unterstrichen wird. Zusammengenommen sind dies Fakten, die darauf verweisen, dass die Region einerseits für China wichtig ist - was bei einem Gebiet von der rund der fünffachen Größe der BRD kaum anders zu erwarten ist, das zudem noch recht zentral im Kontinent liegt - andrerseits aber inzwischen auch für andere Kräfte von Interesse sein kann. Wobei natürlich die Revanche der einst gestürzten Eliten der Region durchaus eine Rolle spielt, wie etwa in dem Artikel "Ghost of Marx haunts China's riots" externer Link von Jian Junbo, vom 08. Juli 2009 in der "Asia Times" deutlich wird: Wo einst die Gemeinsamkeit der Ausgebeuteten quer durch alle Nationalitäten zumindest versucht wurde zu verwirklichen, werden bei wachsenden Widersprüchen auch die nationalistischen wiederbelebt.

Riots oder Proteste?

So wurde in gar mancher, auch linker Aufarbeitung die Frage gestellt, was der Klärung wenig förderlich erscheint, denn gerade hier können Übergänge fliessend sein. Der erste Protest jedenfalls, bevor die Welle der Gewalt ausbrach, galt der Behandlung uigurischer Wanderarbeiter im fernen Guangdong. So jedenfalls eine Reihe von Berichten. Zum Beispiel "Labor Violations Exacerbate Ethnic Tensions in South China" externer Link bei China Labour Watch am 06. Juli 2009, oder auch "Xinjiang: Brutal policing triggers deadly riot" externer Link von Vincent Kolo beim chinaworker.info vom 06. Juli 2009. Die KollegInnen vom LabourNet China haben nicht nur die Meldung über die Konfrontation in der Spielzeugfabrik gebracht, bei der 2 uigurische Wanderarbeiter getötet wurden und es insgesamt rund 120 Verletzte gab, sondern dies ergänzt um die Festnahme eines Arbeiters, der als Quelle jener Vergewaltigungsgerüchte ausgemacht wurde, die Anlaß für die Ausschreitungen waren, siehe dazu "China detains 'rumour monger' over deadly factory brawl" externer Link vom 02. Juli 2009. Ganz unterschiedliche politische Meinungen - die aber meist ebenfalls geeint sind durch die Ansicht, die Proteste und Riots seien durch den Vorfall im fernen Süden ausgelöst worden - werden in der Blogzusammenschau "China: Urumqi mass incident and beyond" externer Link bei Globalvoices vom 06. Juli 2009 dokumentiert, auch mit vielen Bezügen über Auslandsuiguren und deren Unterstützung durch USA (und BRD).

Zusammengestellt von hrw


Home | Impressum | Über uns | Kontakt | Fördermitgliedschaft | Newsletter | Volltextsuche
Branchennachrichten | Diskussion | Internationales | Solidarität gefragt!
Termine und Veranstaltungen | Kriege | Galerie | Kooperationspartner
AK Internationalismus IG Metall Berlin | express | Initiative zur Vernetzung der Gewerkschaftslinken
zum Seitenanfang