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Im folgenden Artikel informiert der Korrespondent der unabhängigen linken italienischen Tageszeitung il manifesto in Buenos Aires über die brutale Polizeirepression gegen den kämpferischen Teil der argentinischen Gewerkschaftsbewegung, die in diesem Falle landesweites Aufsehen erregte, in Deutschland allerdings bisher nicht zur Kenntnis genommen wurde. Der Bericht erschien in der il manifesto-Ausgabe vom 21.4.2000.
Roberto Zanini
Wenn es keine Szenen von Klassenkampf sind, so sind es mit Sicherheit Zeugnisse der Repression, die mehr an die argentinischen Militärdiktaturen als an eine Mitte-Links-Regierung erinnern. Vorgestern nacht hat ein Bataillon der Bundespolizei eine vom harten Flügel der peronistischen Gewerkschaft CGT organisierte Demonstration angegriffen. Die Demonstration versuchte die Senatoren am Betreten des Parlamentes zu hindern, wo sie über das Arbeitsreformgesetz abstimmen sollten. In einer Direktübertragung des Fernsehens konnte Argentinien einer wirklichen und wahrhaftigen Menschenjagd beiwohnen und hat Bilder von Leuten gesehen, die am Boden liegend zusammengeschlagen, die beschossen und mit Tränengas besprüht wurden und auf die sogar von Männern in Uniform heftigst eingestochen wurde. Ca. 30 Verletzte und Dutzende von Festnahmen sind die Bilanz des Angriffs, der selbst vom Innenminister Federico Storani als wild und brutal bezeichnet wurde. Einer der Gewerkschaftsführer, Julio Piumato, hat eine Kugel vom Kaliber 22 in die Genitalien bekommen.
Der Senat blieb geschlossen, die Abstimmung über das Arbeitsreformgesetz ist auf unbestimmte Zeit verschoben worden. Der im Land ausgelöste Skandal war enorm und 12 (auf jedem Fernsehkanal bei der Arbeit zu sehende) Polizeibeamte wurden suspendiert. Sie werden der Sündeenbock einer verwickelten Kommandokette sein. Ein Gesetzentwurf autorisiert die Armee in einigen Fällen von sozialer Störung zu intervenieren. Laut dem Verteidigungsminister wären dies der Terrorismus, Drogenhandel, religiöser Fundamentalismus und unglaublich extreme Armut. Ein Rahmen, der sich von der nationalen Sicherheitsdoktrin Videlas1 kaum unterscheidet.
Die vor dem Parlament in Buenos Aires mißhandelte Gewerkschaftszentrale ist eine Rebellengruppe <innerhalb /d.Ü.> der historischen CGT, die aber fast die Hälfte der Mitglieder zählt. Ihr Führer ist der Lastwagenfahrer Hugo Moyano, ein historischer Peronist, untypisch und kämpferisch und wahrscheinlich der einzige Protagonist des gesellschaftlichen Lebens Argentiniens, der gegen die gesetzliche Peso-Dollar-Parität ist, diesem unglückseligen Pfeiler der ökonomischen Entscheidungen des Landes in den letzten 10 Jahren. Im Namen der Konvertierbarkeit haben die Regierungen von Menem und jetzt die von Fernando De la Rua präsidierte jede Art von Schweinerei begangen, um jene Art von regionaler Globalisierung zu verwirklichen, die sich Mercosur2 nennt und stattdessen auf die Finanzkrisen Rußlands und Asiens traf, die die Grundlagen dieses Projektes unterminiert haben und mit einer starken Währung und einem Land in der Krise endeten.
De la Ruas Reform des Arbeitsrechts, die die Abgeordnetenkammer bereits passiert hat, sieht vor, daß die betrieblichen Tarifverträge Vorrang vor den kollektiven Tarifverträgen haben (bis gestern hatte der für den Arbeiter günstigere Vorrang); daß die Probezeit von einem Monat auf eine variable Zeitspanne zwischen 6 Monaten und einem Jahr ausgeweitet wird; daß die kollektiven Verträge auf zwei Jahre befristet sein können und danach die Regierung eingreift sowie andere vom Internationalen Währungsfond befürwortete Flexibilitätsformulierungen. Dafür hat der IWF im Gegenzug ein Darlehen in Höhe von 7,4 Mrd. Dollar gegeben. Alles Dinge, die Argentinien bestens kennt: Von den 941 in den letzten 5 Jahren unterzeichneten Tarifverträgen sind 80% für Unternehmen ausgehandelt worden und prekarisieren die Arbeitsbedingungen auf das Äußerste. Die Zahl der Schwarzarbeiter beträgt 3,5 Millionen, die Anzahl derjenigen mit hyper-flexiblen Verträgen (unentgeltliche Überstunden, keine Sommerferien, elastischer Tageslohn) 5 Millionen und 1 Million Arbeiter sind bereits heute zur Probe angestellt (Zahlen des argentinischen Arbeitsministeriums).
Übersetzung und Fußnoten: Antifa-AG der Uni Hannover und Gewerkschaftsforum Hannover
1 Videla war während der äußerst brutalen und blutigen argentinischen Militärdiktatur von 1975 85 der wohl bekannteste und berüchtigste Junta-Chef.
2 Mercosur = der gemeinsame südamerikanische Binnenmarkt von Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay, der das südamerikanische Pendant zum EU-Binnenmarkt und zur NAFTA werden soll.
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