letzte Änderung am 4. Juli 2002 | |
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Jeweils zehntausende an verschiedenen Stellen von Buenos Aires und ungezählte im ganzen Land haben eine Woche nach dem Polizeimord an zwei Mitgliedern des Arbeitslosenkoordinationskomitees Anibal Veron gegen den Polizeiterror und für den Rücktritt der Übergangsregierung Duhalde demonstriert. Bis zum Donnerstagmorgen waren keine Meldungen über neue Auseinandersetzungen bis nach Deutschland gekommen - die Einschätzung, die Polizei werde auf dem Höhepunkte der seit einer Woche andauernden Proteste eher zurückhaltend agieren, scheint sich zu bestätigen...
Die Grösse der Demonstrationen und Kundgebungen resultiert zum einen aus der Empörung breitester Teile der Bevölkerung sowohl über den Polizeiterror, als auch über die Politik der Regeirung. Duhalde und seine Minister hatten vor zwei Wochen damit begonnen, immer deutlichere Drohungen vor allem gegen die Koordinationskomitees der Erwerbslosen auszustossen und betont, Strassenblockaden würden nichtmehr geduldet. Als ihre Saat letzten Mittwoch aufging und zwei junge Aktive von Anibal Veron sterben mussten, organisierten das politische Establishment und ein Grossteil der Medien zunächst eine Kampagne, die darauf abzielte, die Todesopfer seien Ergebnis eines internen Streits der Koordinationskomitees, die eben viel zu radikal seien.
Nachdem ab letzten Samstag die Bilder vom kaltblütigen Mord an Dario Santillan in der Bahnstation des Arbeiterstadtteils Avellaneda auch die bürgerliche Presse erreicht hatten, war dieses Manöver durchkreuzt. Duhalde machte die Polizeiführung verantwortlich. Der Polizeichef der Provinz Buenos Aires, Ricardo Degastaldi musste als erster zurücktreten, die Ministerriege ist jetzt dran. Chefinspektor Alfredo Franchiotti, auf den Bildern und von Zeugen als Todesschütze erkennbar wurde ebenso festgenommen wie ein weiterer Polizeioffizier. Mehr als 100 Beamte wurden suspendiert.
Der andere Grund für die Grösse der massiven Proteste ist die Tatsache, dass die verschiedenen oppositionellen Strömungen zum ersten Mal in diesem Jahr alle gemeinsam zur Aktion riefen. Die Proteste am gestrigen Mittwoch - wie auch der politische Streik letzten Donnerstag - waren von der Gewerkschaftszentrale CTA ausgerufen worden. Dem schlossen sich die traditionelle Linke um die Kommunistische Partei und die Vereinigte Linke ebenso an, wie die verschiedenen Koordinationsgremien der Ewerbslosen und Armen, die ihre Kritik an CTA und Traditionslinker für diese Aktion zurückstellten.
Diese Kritik der radikaleren Strömungen zielt auf Verhandlungsbereitschaft und Einbindung in etablierte Strukturen ab.
Die Auseinandersetzungen innerhalb des oppositionellen Lagers werden auch das zweite Bauernopfer des Übergangspräsidenten betreffen: Duhalde kündigte an, die Neuwahlen würden um ein halbes Jahr auf März 2003 vorgezogen - weil Argentinien für die nötigen Massnahmen eine gewählte Regierung brauche.
Mit den "nötigen Massnahmen" sind genau jene Übereinkünfte mit dem Internationalen Währungsfonds gemeint, die Grund für die erneute Verstärkung der Proteste in der letzten Woche gewesen waren. Worum es bei den oppositionsinternen Debatten gehen wird: Was man sich von Neugruppierungen des bestehenden politischen Establishments versprechen kann. "Que se vayan todos!" - Alle sollen gehen ist dabei die Losung der radikaleren Teile der Volksbewegung.
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