Der folgende Artikel ist eine Übersetzung aus der unabhängigen linken (nominell sogar kommunistischen) italienischen Tageszeitung "il manifesto" vom 5. März 2000.
- Ga.P. -
Chico Vicente ist der Vorsitzende der CUT (der größten brasilianischen Gewerkschaft) des Bundesstaates Rio Grande do Sul, indem auch Porto Alegre liegt.
Er ist mit einer Delegation des linken Flügels der CUT, der 30% der Mitglieder vereint (1), wegen einer Tour durch Europa in Italien. Einer Tour, bei der er auch die Führer der französischen, spanischen und belgischen Gewerkschaftslinken treffen wird. Und im Rahmen dieser Reise hat er an der nationalen Versammlung der CGIL-Linken teilgenommen.
Warum ? "Weil", antwortet er, "der neoliberale Offensive auf internationaler Ebene entgegengetreten werden muß jeder für sich allein kann das nicht schaffen." Chico berichtet vom Niedergang der Arbeitsbedingungen in seinem Land. Sie waren seit jeher schwierig, werden aber heute noch durch die neoliberale Politik und durch die Rezession, die die Zahl der Arbeitslosen erhöht, sowie durch die falschen Antworten der Gewerkschaftsführungen verschlimmert, die auch in seinem Land eine unmögliche konzertierte Aktion verfolgen. "In den 90er Jahren", sagt er uns, "sind in Brasilien 663 staatliche Unternehmen privatisiert worden (in allen Teilen der Industrie, aber auch bei den lebenswichtigen Dienstleistungen, wie der Stromversorgung). Das europäische (vor allem spanische) und nordamerikanische Kapital hat diese Unternehmen gekauft und macht mit Unterstützung der Regierung weiterhin Druck, um auch auf dem Gebiet des Gesundheits- und Bildungswesens sowie der Altersvorsorge Raum zu gewinnen, während die größte der Privatisierungen (die der Erdölförderung) bereits im Gange ist."
Das alles hat zu einer Reduzierung der Rechte der Arbeiter geführt (ein bißchen wie bei uns), zur Erhöhung der Prekarität und der Flexibilität bei den Normen und den Löhnen. "Das Zusammenwirken der Privatisierungen, der neoliberalen Politik in bezug auf den Arbeitsmarkt und die auf den Einbruch an den Börsen folgende wirtschaftliche Rezession hat die nationale Arbeitslosigkeit auf über 20% ansteigen lassen." Aber das reicht nicht aus, weil die fortschreitende Bürokratisierung der Gewerkschaften (die in 14 000 Einzelgewerkschaften aufgespalten sind) hat die Arbeiter jeglichen glaubwürdigen Bezugspunktes beraubt: "Gegenüber dem Einbruch bei den Rechten und der Wirtschaftskrise schaffen es die Arbeiter allein nicht zu regieren. Die Gewerkschaften verlieren zunehmend an Glaubwürdigkeit und antworten darauf mit einer antidemokratischen Zentralisierung der Entscheidungen. Deshalb ist eine internationale Initiative der Linken nötig, die es versteht, die aus Seattle, von den Revolten in Ecuador und in Bolivien und von den europäischen Märschen für die Arbeit kommenden Signale zusammenzufassen."
Chico unterstreicht die Bedeutung einer "politischen Richtung der Widerstandsbewegungen, sonst" schließt er "werden die Unzufriedenheit und der Volksprotest unvermeidlich nach rechts gehen. Und Ihr in Europa mit Haider solltet darüber etwas wissen."
1) Die 30% beziehen sich nur auf den der Arbeiterpartei (PT) nahestehenden Flügel der brasilianischen Gewerkschaftslinken. Dazu kommen weitere 13%, die der ehemals maoistischen Kommunistischen Partei Brasiliens (PC do B) nahestehen sowie 4% kleinerer Gruppen und Organisationen.
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