Zum 100. Geburtsjahr Adornos, den die Stadt zu Lebzeiten nicht so hätte
umarmen mögen und können, jetzt aber großzügig in ihr Herz
geschlossen und mit seinem Namen sogar eine der beliebtesten Bocken-heimer Vierbeiner-Toiletten
incl. Kriegerdenkmal geadelt hat, ließ Frankfurts OB Petra Roth eine Stabsstelle
»Adorno-Büro« einrichten. Dem Kommentar aus der Neuen Züricher
Zeitung vom 16. November letzten Jahres bleibt nichts hinzuzufügen: »Das
Adorno-Büro veranstaltet einen Wettbewerb an Frankfurts Gym-nasien
und Gesamtschulen. Unter den drei Wahrsprüchen des Philosophen, aus denen
einer ausgewählt und zum Gegenstand eines Essays gemacht werden soll, ist
- natürlich - auch der vom falschen Leben, in dem es kein richtiges gebe.
Zu gewinnen sind - in schönster symbolischer Rangordnung - Geld für
die drei Besten und Bücher als Trostpreis für die weniger Erfolgreichen.«
Andere Preisfrage: Welche Zeit heilt wohl diese Wunde?
»Sobald es dem Kapital einfällt - notwendiger oder willkürlicher
Einfall -, nicht mehr für den Arbeiter zu sein, ist er selbst nicht mehr
für sich, er hat keine Arbeit, darum keinen Lohn, und da er nicht als Mensch,
sondern als Arbeiter Dasein hat, so kann er sich begraben lassen, verhungern
etc. Der Arbeiter ist nur als Arbeiter da, sobald er für sich als Kapital
da ist, und er nur als Kapital da, sobald ein Kapital für ihn da ist. Das
Da-sein des Kapitals ist sein Dasein, sein Leben, wie es den Inhalt seines Lebens
auf eine ihm gleichgültige Weise bestimmt. Die Nationalökonomie kennt
daher nicht den unbeschäftigten Arbeiter, den Arbeitsmen-schen, soweit
er sich außer diesem Arbeitsverhältnis befindet. Der Spitzbube, Gauner,
Bettler, der unbe-schäftigte, der verhungernde, der elende und verbrecherische
Arbeitsmensch sind Gestalten, die nicht für sie, sondern nur für andre
Augen, für die des Arztes, des Richters, des Totengräbers und Bettelvogts
etc. existieren. Gespenster außerhalb ihres Reiches.«
Letzte Frage: Wieviele Gespenster passen eigentlich auf eine Nadelspitze, bevor sie sichtbar werden?