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Updated: 18.12.2012 15:51 |
Das Europäische Sozialforum in Athen vom 4. bis 7. Mai 2006 Persönlicher Bericht eines Teilnehmers in der gebotenen Kürze Das 4. ESF konnte sich an einem optimalen Ort in Athen präsentieren. Ein Teil des alten Athener Flughafens in ehemals für Olympia ausgebauten Hallen mit einem gigantischen Freigelände davor forderte von den TeilnehmerInnen allerdings erhebliche Fußmärsche und bot den deutschen BesucherInnen aufgrund der frischen stürmischen Winde von Donnerstag bis Samstag nicht gerade das erhoffte mediterrane Ambiente. Kurz gesagt: Die Freiluftveranstaltungen am Abend fanden bei "gefühlter saukalter" Temperatur statt. Prägenden positiven Eindruck hinterließ die klare antimilitaristische Friedensorientierung des ESF mit dem Höhepunkt der großen Friedensmanifestation der 50000 in der Athener Innenstadt. Die antineoliberale Stoßrichtung präsentierte sich klar und konsequent in konkreten kampagnenorientierten Veranstaltungen wie der auch von Verdi getragenen Lidl-Kampagne, den Initiativen gegen Coca und Nestle; ebenso Veranstaltungen der kritische Solidarität mit Kuba und Venezuela, die mit Aleida Guevara und Heinz Dietrich prominente Gäste als Referenten bieten konnten - Beispiele internationaler Solidarität und internationalen Widerstandes als Hauptanliegen der sozialen Foren. Das Forum zum Widerstand gegen die G8-Gipfel in Russland und Rostock war sehr schwach besucht. Hier wurde von den deutschen TeilnehmerInnen auf den Bush-Besuch am 14.7. in Schwerin orientiert. Überhaupt waren die Podien im Unterschied zum deutlich antineoliberalen Willen der großen Mehrheit der BesucherInnen des ESF eher "sozialpartnerschaftlich" besetzt. Da musste sich der Kollege Schmitthenner in der Podiumsdiskussion zu alternativen Sozialmodellen gegenüber "Lissabon" eher die Augen reiben, was ihm von den anderen Gewerkschaftsvertretern aus Griechenland und Frankreich auf dem Podium geboten wurde. Die Vorstellungen erschöpften sich in einem sozialpartnerschaftlichen Einheitsbrei - natürlich ohne die Klagen gegen den ach so unsozialen Neoliberalismus zu vergessen. Die Dominanz der sozialpartnerschaftlich orientierten griechischen Gewerkschaft GSEE war unverkennbar. Hier gerät der Begriff Neoliberalismus zur hohlen Phrase. ReferentInnen mit konsequent antineoliberaler Orientierung in den großen Foren waren marginalisiert wie gleichfalls die Präsenz von Frauen auf den Podien. Wer auf welche Weise SprecherInnen für die Podien autorisierte, blieb völlig unklar. Die Führungsübernahme der sozialpartnerschaftlichen griechischen Gewerkschaftsfunktionäre sahen ihre Dominanz wohl über ihre logistische und finanzielle Unterstützung des ESF legitimiert. Nirgendwo habe ich kritische Einwände wahrgenommen, selbst beim Abschlussplenum am Sonntag nicht, das ich leider nach zwei Stunden vor Abstimmung der Abschlusserklärung verlassen musste. Wir hatten uns noch beim Friedensmarsch in Tripolis (Peloponnes) zum Gedenken an Jorgos Lambrakis angemeldet. Leider hatte die einflussreiche kommunistische Gewerkschaftsgliederung PAME eine Unterstützung und Teilnahme am ESF abgelehnt, da die opportunistischen Gewerkschaftsorganisationen als Veranstalter auftraten - eine sektiererische Position, wie ich meine. Sie haben es versäumt, den vielen nach Alternativen suchenden Menschen die kommunistische Alternative darzustellen. Sie hätten während der Tage in Athen durch vorbereitete Streiks in den Athen Betrieben die Dynamik der sozialen Bewegungen deutlich erhöhen können. Leider: Chance versäumt! Ob die Kommunikation mit der sozialen Bewegung in den ost- und südosteuropäischen Ländern verdichtet werden konnte, vermag ich kaum zu beurteilen. Eine erkennbare inhaltliche Orientierung der Sozialforen aus diesen Ländern konnte ich nicht wahrnehmen, hoffe nicht, dass sich mein Eindruck bestätigt, diese Bewegungen seien froh, endlich im kapitalistischen Europa angekommen zu sein. Jedenfalls scheint mir die Situation der neuen EU-Länder für das ESF völlig ungeklärt. Die Subjekt-Objekt-Dialektik der gesellschaftlichen Entwicklung vorsichtig abgewogen, ohne die Subjektseite übermäßig zu strapazieren, melden sich bei mir doch Zweifel, ob in Athen die Subjekte der neuen, anderen Welt versammelt waren.
der kann politisch nicht gerade mit großer Glaubwürdigkeit auftreten. Auf diese Art macht sich die Bewegung auf Dauer eher unglaubwürdig. Politischer Anspruch und konkretes subjektives Handeln müssen stärker in Übereinstimmung gebracht werden, statt demonstrativ im Gegensatz zu verharren. Udo Paulus, Sozialforum Hildesheim, zZ Agridi (Peloponnes/Griechenland) |