letzte Änderung am 17. November 2003 | |
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Abschlusserklärung des 2.Europäischen Sozialforums
Wir kommen aus sozialen und Bürgerrechts-Bewegungen aus allen Teilen Europas, von Ost bis West und von Nord bis Süd. Nach Florenz und Porto Alegretreffen wir uns auf dem Zweiten Europäischen Sozialforum nach einem Jahr der Mobilisierungen gegen das neoliberale Modell in zahlreichen Ländern Europas (gegen die Rentenreform, für die Verteidigung der öffentlichen Dienste, gegen die Landwirtschaftspolitik der jeweiligen Regierungen, für die Rechte der Frauen, gegen die extreme Rechte, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit sowie gegen die Innere Sicherheits-Politik der Regierungen) sowie gegen den Irakkrieg, besonders am 15. Februar 2003. Wir sind unterschiedlich und plural zusammen gesetzt, und das macht unsere Stärke aus.
Zur Zeit wird ein Entwurf für eine Europäische Verfassung außerhalb der Zivilgesellschaft ausgearbeitet. Er erhebt den Wirtschaftsliberalismus als offizielle Doktrin der EU zu "Verfassungsrang"; er schreibt das Konkurrenzprinzip als Grundlage des europäischen Gemeinschaftsrechts und aller menschlichen Aktivitäten fest, und berücksichtigt in keiner Weise die Ziele gemeinsamer Entwicklung (Anm. d. Ü.: mit den Ländern des Südens); er schreibt der NATO eine Rolle in der europäischen Außen- und Verteidigungspolitik zu und befördert eine Militarisierung der Union; schließlich hält er die Sozialpolitik im Status eines fünften Rads am Wagen eines europäischen Aufbaus, der sich auf das Primat des Marktes gründet, und besiegelt de facto die bereits vorgesehene Zerschlagung der öffentlichen Dienste. Dieser Verfassungsentwurf entspricht nicht unseren Bestrebungen.
Wir kämpfen für ein anderes Europa. Unsere Mobilisierungen haben die Hoffnung auf ein Europa ohne Arbeitslosigkeit und Prekarität zum Gegenstand, das mit einer Landwirtschaft der Bauern (Anm. d. Ü.: im Gegensatz zu Agrokonzernen) ausgestattet ist, welche dauerhaft und solidarisch wirtschaftet, die Arbeitsplätze und die Umwelt sowie die Nahrungsqualität erhält; auf ein Europa, das zur Welt hin offen ist, das allen die Freizügigkeit erlaubt, das allen hier lebenden Ausländern das Aufenthaltsrecht und Bürgerrechte zuerkennt und das Asylrecht anerkennt; auf ein Europa, das eine tatsächliche Gleichheit zwischen Männern und Frauen verwirklicht, das die kulturelle Vielfalt fördert sowie das Recht der Bevölkerungen auf Selbstbestimmung, das heißt das Recht, auf demokratische Weise über die eigene Zukunft zu entscheiden.
Wir kämpfen für ein Europa, das den Krieg verweigert, die internationale Solidarität sowie eine ökologisch sinnvolle, dauerhafte Entwicklung begünstigt. Wir kämpfen dafür, dass Menschenrechte, dass soziale, wirtschaftliche, kulturelle und ökologische Rechte Vorrang vor Konkurrenzrecht, Profitlogik und Abhängigkeit vermittels Schulden haben sollen.
Aus all diesen Gründen richten wir einen Aufruf an die Bevölkerungen Europas, damit sie sich gegen das neoliberale Modell und den Krieg mobilisieren. Wir kämpfen für den Rückzug der Besatzungsruppen aus dem Irak sowie für die sofortige Rückgabe de Souveränität an die irakische Bevölkerung. Wir kämpfen für den Rückzug Israels aus den besetzten Gebieten sowie den Baustopp der Mauer und ihre Abtragung. Wir unterstützen die israelischen und palästinensischen Bewegungen, die für einen gerechten und dauerhaften Frieden kämpfen. Deswegen schließen wir uns dem internationalen Aufruf an, der in den Vereinigten Staaten durch die Antikriegsbewegung lanciert wurde, und rufen zum Aktionstag am 20. März 2004 auf.
Um zu einem Europa zu gelangen, das auf der Anerkennung der sozialen, politischen, wirtschaftlichen, kulturellen und ökologischen Rechte - individueller wie kollektiver Natur, der Männer wie der Frauen - beruht, verpflichten wir uns, überall Initiativen zu ergreifen. Wi müssen schrittweise einen Mobilisierungsprozess aufbauen, der es erlaubt, alle Bevölkerungen Europas einzubeziehen. Wir verpflichten uns, an allen Aktionen teilzuhaben, die durch die sozialen Bewegungen organisiert werden, und insbesondere einen gemeinsamen Aktionstag mit Unterstützung der sozialen Bewegungen und besonders der europäischen Gewerkschaftsbewegung aufzubauen. Wir rufen alle sozialen Bewegungen dazu auf, diese Mobilisierungsdynamik in einem Aktionstag für ein anderes Europa, für die Rechte der Bürgerinnen und Bürger und der Bevölkerungen gipfeln zu lassen, am 9. Mai (2004), dem Datum, an dem die Ratifizierung der Europäischen Verfassung vorgesehen ist.
(Saint-Denis,) Am 16. November 2003
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