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Updated: 18.12.2012 15:51
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Charta der Grundsätze des Weltsozialforums

Der Ausschuss der brasilianischen Organisationen, der das erste Weltsozialforum, welches vom 25. bis 30. Januar 2001 in Porto Alegre/Brasilien stattfand, konzipierte und organisierte, erachtet es für notwendig und legitim, nachdem er die Ergebnisse dieses Forums und die Erwartungen, die es weckte, ausgewertet hat, eine Charta von Prinzipien aufzustellen mit dem Ziel einer Weiterführung dieser Initiative. Die in dieser Charta enthaltenen Grundsätze sollen von allen, die an diesem Prozess teilnehmen wollen, respektiert werden. Sie bekräftigen die Beschlüsse, die dem Vorbereitungsprozess des ersten Forums von Porto Alegre zu Grunde lagen und Grund für dessen Erfolg waren. Durch die Festlegung von Orientierungen, die sich aus der Logik dieser Beschlüsse ergeben, soll die Reichweite des Forums erweitert werden.

1. Das Weltsozialforum ist ein offener Raum der Begegnung für die Vertiefung von Reflexion, für eine demokratische Debatte von Ideen, für die Formulierung von Vorschlägen, für den freien Austausch von Erfahrungen und für den Aufruf zu wirksamen Aktionen. Dieser Raum wird konstruiert von Gruppierungen, Organisationen und Bewegungen der Zivilgesellschaft, die sich dem Neoliberalismus und Herrschaft der Welt durch das Kapital und jeder möglichen Form des Imperialismus widersetzen und sich für den Aufbau einer globalen Gesellschaft einsetzen, die sich auf fruchtbaren Beziehungen zwischen den Menschen und der Menschen mit der Erde begründet.

2. Das Weltsozialforum in Porto Alegre war ein in Raum und Zeit begrenztes Ereignis. Von jetzt an, mit der in Porto Alegre proklamierten Gewissheit "Eine andere Welt ist möglich!" wird es zu einem permanenten Prozess der Suche nach und des Aufbaus von Alternativen, der sich nicht auf die Ereignisse reduziert, auf die er sich stützt.

3. Das Weltsozialforum hat den Charakter eines weltweiten Prozesses. Alle Zusammenkünfte, die als Teil dieses Prozesses abgehalten werden, haben eine internationale Dimension.

4. Die auf dem Weltsozialforum vorgeschlagenen Alternativen widersetzen sich einem Prozess der Globalisierung, der von den großen multinationalen Konzernen und den ihren Interessen dienenden internationalen Institutionen sowie den dabei mittätig wirkenden nationalen Regierungen gelenkt wird. Die Alternativen zielen auf eine neue welthistorische Etappe ab, die geprägt ist von einer solidarischen Globalisierung, die universelle Menschenrechte ebenso wie die Rechte aller BürgerInnen und aller Nationen und die Umwelt respektiert und sich auf internationale demokratische Institutionen im Dienste sozialer Gerechtigkeit, Gleichheit und Souveränität der Völker stützt.

5. Das Weltsozialforum bringt Organisationen und Bewegungen der Zivilgesellschaft aus allen Ländern in der Welt zusammen und in Verbindung, aber es beabsichtigt nicht eine repräsentative Instanz der Weltzivilgesellschaft zu sein.

6. Die Treffen des Weltsozialforums haben keinen Beschlusscharakter in Bezug auf das Weltsozialforum selbst. Niemand ist daher autorisiert im Namen des Forums, gleich bei welcher seiner Zusammenkünfte, Positionen zu vertreten, die beanspruchen, die aller TeilnehmerInnen zu sein. Die TeilnehmerInnen dürfen nicht dazu aufgerufen werden Entscheidungen zu treffen, weder durch Abstimmung noch durch Akklamation, die sich auf die Gesamtheit der Teilnehmerinnen und Teilnehmer beziehen, die sich mit Erklärungen oder Aktionsvorschlägen befassen, die alle oder eine Mehrheit der TeilnehmerInnen betreffen oder die für sich beanspruchen als Positionen des Forums als Solches zu stehen. Es stellt daher weder eine Instanz der Macht dar, die bei Zusammenkünften Gegenstand der Auseinandersetzungen wäre, noch beansprucht es, die einzige Möglichkeit der Artikulation und Aktion für die an ihm teilnehmenden Gruppen und Bewegungen zu sein.

7. Dabei muss jedoch die Freiheit der am Forum teilnehmenden Gruppierungen, Organisationen und Bewegungen sichergestellt werden, während der Veranstaltungen über Erklärungen und Aktionen für sich selbst oder auch im Zusammenschluss für Mehrere entscheiden zu können. Das Weltsozialforum verpflichtet sich, diese Entscheidungen im Rahmen seiner Möglichkeiten ohne Einflussnahme, Hierarchisierung, Zensur oder Restriktionen rein als Beschlüsse der Gruppierungen oder ihrer Zusammenschlüsse weit zu verbreiten.

8. Das Weltsozialforum ist ein pluralistischer, mannigfaltiger Raum, weder parteipolitisch oder regierungsnah noch konfessionell. Es eint auf dezentralisierte Art und Weise und auf Netzwerken aufbauend Gruppierungen, Organisationen und Bewegungen, die sich bei konkreten Aktionen, von lokal bis global, für den Aufbau einer anderen Welt einsetzen.

9. Das Weltsozialforum wird stets ein offener Raum sein für Pluralismus, Vielfältigkeit des Engagements und des Wirkens der Gruppierungen, Organisationen und Bewegungen, die sich entscheiden, an ihm teilzunehmen, ebenso ein offener Raum für Vielfalt der Geschlechter, der Ethnien, der Kulturen, der Generationen und der physischen Kapazitäten insofern sie diese Charta der Prinzipien respektieren. Weder RepräsentantInnen von Parteien noch militärische Organisationen können am Forum teilnehmen. Regierungsmitglieder und StaatsbeamtInnen, welche die Verpflichtungen dieser Charta annehmen, können als Einzelpersönlichkeiten eingeladen werden, wiederum unter der Voraussetzung.

10. Das Weltsozialforum wendet sich gegen jede totalitäre und reduktionistische Sichtweise der Ökonomie, der Entwicklung und der Geschichte und lehnt die Anwendung von Gewalt als Mittel der sozialen Kontrolle durch den Staat ab. Es setzt sich ein für die Achtung der Menschenrechte, für die Verwirklichung einer wahrhaften, partizipativen Demokratie, für gleichberechtigte, solidarische und friedliche Beziehungen zwischen Individuen, Ethnien, Geschlechtern und Völkern und verurteilt dabei alle Formen von Vorherrschaft sowie jede Unterdrückung eines Menschen durch einen anderen.

11. Das Weltsozialforum als Ort der Debatte ist eine Bewegung von Ideen, welche zur Reflexion anregt und zur transparenten Zirkulation der Ergebnisse dieser Reflexion beiträgt. Die Ergebnisse der Reflexion beziehen sich auf Mechanismen und Instrumente der Herrschaft des Kapitals, auf Mittel und Aktionen des Widerstands gegen diese Herrschaft und für ihre Überwindung. Des Weiteren beinhalten sie vorgeschlagene Alternativen zur Lösung der Probleme von Ausgrenzung und sozialer Ungleichheit, die der Prozess der kapitalistischen Globalisierung mit seinen rassistischen, sexistischen und die Umwelt zerstörenden Dimensionen hervorbringt, international ebenso wie innerhalb der einzelnen Länder.

12. Das Weltsozialforum als Ort des Erfahrungsaustauschs fördert das gegenseitige Verständnis und die gegenseitige Anerkennung der an ihm beteiligten Gruppierungen, Organisationen und Bewegungen und legt besonderen Wert auf den Austausch unter ihnen, insbesondere über das, was in der Gesellschaft gebildet wird, um wirtschaftliche und politische Tätigkeiten auf die Befriedigung der menschlichen Bedürfnisse und die Achtung der Natur in der Gegenwart und für künftige Generationen zu konzentrieren.

13. Das Weltsozialforum als Ort der Zusammenkunft soll neue Formen von Verbindungen und Zusammenschlüssen zwischen Organisationen und Bewegungen hervorbringen und stärken, auf nationaler ebenso wie auf internationaler Ebene. Diese Zusammenschlüsse erhöhen, im öffentlichen wie im privaten Leben, die Fähigkeit zum sozialen, gewaltfreien Widerstand gegen den Prozess der Entmenschlichung, den die Welt derzeit erlebt, und gegen vom Staat verübte Gewalt und sie stärken humanitäre Initiativen, die von diesen Gruppierungen, Organisationen und Bewegungen ausgehen.

14. Das Weltsozialforum ist ein Prozess, der die Gruppierungen, Organisationen und Bewegungen zur Durchführung ihrer Aktionen auf lokaler wie nationaler Ebene ermutigt und dabei eine aktive Teilnahme in internationalen Gremien anstrebt und Fragen wie die der planetarischen Bürgerschaft einbringt, indem gesellschaftsverändernde Praktiken auf die Agenda gestezt werden, die es für den Aufbau einer neuen solidarischen Welt auszuprobieren gilt.


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