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Die im Arbeitskreis "Betriebe und Gewerkschaften Untermain" zusammengefassten Kolleginnen und Kollegen wollten mit der Veranstaltung einerseits eine kritische Diskussion über die Rentenpolitik und den weiter zu erwarteten Umbau des gesamten Sozialsystems anstoßen sowie die Rolle der Gewerkschaften in der Auseinandersetzung kritisch beleuchten. Es ging aber auch weitergehend darum, einen Beitrag zur Vernetzung der Gewerkschaftslinken zu leisten. Wie Bernd Riexinger in seinem Referat darlegte, tut eine entsprechende Zusammenfassung der gewerkschaftlichen Kräfte, die sich dem Kapital nicht unterwerfen wollen, bitter Not. Die Erfahrung zeige, dass von derartigen Zusammenhängen nicht nur die notwendigen inhaltlichen Diskussionen ausgingen, die überhaupt Voraussetzung für jedes gewerkschaftliche Engagement seien. Darüber hinaus würden gerade die Gewerkschaftslinken mit der Schaffung einer Vernetzung auch wesentlich bei der Organisierung gewerkschaftlicher Aktionen wirken.
Rainer Roth ging in seinem Referat auf die Grundzüge der Rentenänderungen ein und stellte heraus, dass es nicht in erster Linie um Kürzungen von Sozialleistungen, sondern um den Aufbau einer privaten kapitalgedeckten Altersvorsorge ginge. Hiervon versprächen sich Banken und Versicherungen immense Kapitalzuflüsse, die unter ihrem Kommando stünden. Und gerade an dieser Stelle hätten sich auch die Gewerkschaftsführungen mit Kapital und Regierung arrangiert, um an der Verfügungsgewalt "mitzuwirken". Mittel hierzu seien die betrieblichen, kapitalgedeckten Altersfonds, bei denen auf lukrativen Posten mitverfügt werden könne.
Bei der anschließenden Diskussion unter immerhin nahezu 40 Teilnehmern wurde deutlich, dass die Bedeutung einer Vernetzung der Gewerkschaftslinken nicht von Allen, die mit solchen Zusammenhängen sympathisieren, vollständig erfasst wird.
Mancher Diskussionsteilnehmer wandte ein, man müsse in den Gewerkschaftsgremien arbeiten, ohne solche Tätigkeiten ginge es nicht voran. Außerdem sollten die Gewerkschaftsgremien endlich einmal Initiativen ergreifen. Dabei gab es niemanden unter den Referenten oder Diskussionsteilnehmern, der/die sich ausdrücklich oder sinngemäß gegen Arbeit in den Gewerkschaften und Aktionen von Gewerkschaftsleitungen ausgesprochen hatten. Aber offensichtlich ist noch ein Stück Überzeugungsarbeit dafür zu leisten, dass linke Vernetzungen und Arbeitskreise notwendig sind, um die inhaltliche Diskussion voranbringen und eigene Standpunkte entwickeln zu können sowie im weitesten Sinne wieder handlungsfähig als Gewerkschaftslinke zu werden. Gerade der Umstand, dass die Mobilisierung gegen die Rentenreform, soweit sie von Gewerkschaftsleitungen ausging, der Durchsetzung bestimmter Interessen des Gewerkschaftsapparats diente, so Roths Wertung der Mitbestimmung bei kapitalgedeckten Fonds, dies aber keiner der Gewerkschaftslinken merkte, macht den eigenen Nachholbedarf deutlich - politisch und organisatorisch.
Laut Riester ist die Rentenreform die "größte Sozialreform, die in der Nachkriegsgeschichte gemacht wurde". (FR 27.1.2000)
Das stimmt. Aber in welcher Hinsicht?
Zunächst muß man sich darüber im klaren werden, was der zentrale Punkt dieser Reform ist.
Es ist der Übergang der umlagefinanzierten Rentenversicherung zur kapitalgedeckten Altersvorsorge.
Die Senkung der gesetzlichen Renten fördert die Verlagerung auf die kapitalgedeckte Altersvorsorge und dient ferner der Begrenzung der sogenannten Lohnnebenkosten.
Johannes Steffen schreibt mit Recht. "Einzige Gewinner der rot-grünen Rentenreform sind die privaten Finanzdienstleister - ihnen winken blühende Geschäfte und die Arbeitgeber - deren Beitragsentlastung zahlen die Arbeitnehmer." (Tatsachen zur rot-grünen Rentenreform, Stand: 18.01.2001; S. 15, aus: www.labournet.de)
Wer der Hauptgewinner ist, läßt daran festmachen, wer nach dem vorliegenden Zahlenmaterial die meisten Profite daraus zieht. Bis zum Jahre 2030 steigen die Lohnnebenkosten mit Hilfe der Rentenkürzungen nur auf 22% statt auf 23,6%. 1,6 Prozentpunkte machen, bezogen auf heute, 24 Mrd. DM aus. Die Gewinne des Gesamtkapitals würden ab 2030 um die Hälfte davon, also um 12 Mrd. DM jährlich höher sein als ohne die Reform.
Ab 2008 können 4% des Bruttolohns vorwiegend über betriebliche Altersvorsorge steuerlich gefördert an Versicherungen, Banken und Pensionsfonds fließen und darüber in Finanzanlagen.
Es wird damit gerechnet, daß den Finanzkonzernen jährlich etwa 40-50 Mrd. DM neu zufließen. Bis zum Jahr 2030 wäre dadurch ein Anlagevolumen von mindestens 1.000 Mrd. DM aufgebaut. Zum Vergleich: die Lebensversicherungen haben heute ein Volumen von 900 Mrd. DM, die Investmentfonds von 500 Mrd. DM.
An dieser Anlage verdienen die Finanzkonzerne je nach Höhe ihrer Rendite. Bei 5% der Anlagesumme wären das schon 50 Mrd. DM Profit. Die Finanzkonzerne sind also die Hauptgewinner der Rentenreform.
Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft erklärte deshalb, daß der "gezielte Aufbau und die Förderung der kapitalgedeckten individuellen und betrieblichen Altersversorgung .... den Kern des aktuellen Rentenkonzepts" darstelle. Also nicht: die Begrenzung der sog. Lohnnebenkosten (Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen 21/2000, S. 1260)
Ebenso äußerte sich der Bundesverband der deutschen Investmentgesellschaften. (Klartext Info Nr. 1 vom Dezember 2000 vgl. www.labournet.de) Hauptgewinner ist die Versicherungswirtschaft, insbesondere die Allianz.
Verlierer sind die Rentnerinnen und Rentner. Das Rentenniveau wird ab 2030 für alle Rentnerinnen und Rentner 10-15% geringer sein als heute. Bezogen auf heute, sinken die Ausgaben für Renten um insgesamt 40-60 Mrd. DM.
Gewinner scheinen wegen der Begrenzung des Anstiegs der Beiträge auch die Lohnabhängigen zu sein. Riester Original:" Auf Jahre bedeutet dies, daß die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mehr Geld in der Tasche haben". (Steffen a.a.O., S.2) Nämlich z.B. im Jahre 2010, bezogen auf heute, 7,5 Mrd. DM, weil der Beitragssatz 18,5% statt wie ohne Reform 19,5% wäre.
Aber: die ersparten Beträge müssen voll in die private Vorsorge fließen, wenn man keine Rentenkürzungen hinnehmen will. Und das ist ein erwünschter Zweck.
Man erspart also 0,5% bzw. später 0,8% vom Bruttolohn, um 4% vom Bruttolohn für private Vorsorge auszugeben. Ein dämliches Geschäft, bei dem man weniger, nicht mehr Geld in der Tasche hat.
Halt, da ist noch die staatliche Förderung. Riester:" Zudem wird der ergänzende Aufbau eines kapitalgedeckten Altersvorsorgevermögens staatlich massiv gefördert - mit dem größten Programm zum Aufbau von Altersvorsorgevermögen, das es je gab." (www.bma.de/de/neuerente/aktuelles/schwerpunkte.htm 31.01.2001)
Die staatlichen Zuschüsse sind bei Einkommen bis 50.000 DM Jahreseinkommen im Schnitt 40%- 50% d.h. bis zu 2% vom Bruttolohn. Aber auch die Zuschüsse können nicht verhindern, daß man Lohnsenkungen in Kauf nehmen muß, um das Rentenniveau zu halten.
Mit 20 Mrd. DM, Rürup sagt, 30-40 Mrd. DM, wird der Markt für die Altersvorsorgeprodukte der Finanzkonzerne staatlich subventioniert. Damit könnte der Staat rd. 2 Prozentpunkte der Rentenversicherungsbeiträge abdecken. Aber lieber subventioniert er mit dem Geld die Finanzkonzerne und begrenzt mit Rentenkürzungen die Versicherungsbeiträge.
Die 20 bis 40 Mrd. DM werden überwiegend indirekt in Form von Lohnsteuerausfällen aufgebracht. Steuerausfälle werden wie immer mit Kürzungen an anderer Stelle bezahlt z.B. bei kommunaler Infrastruktur, Bildung, bei Arbeitslosen usw.. Auch hier ein schlechtes Geschäft für die Lohnabhängigen insgesamt.
Diese Reform, bei der das Kapital und insbesondere die Finanzkonzerne gewinnen und die Lohnabhängigen verlieren, vor allem die, die wenig verdienen, arbeitslos sind usw. und natürlich die Rentnerinnen und Rentner selbst: diese Reform gegen uns betrachtet der Bundesvorstand des Deutschen Gewerkschaftsbunds als "insgesamt positiv".
Es sei gelungen, den "Gesetzesentwurf der Bundesregierung in wichtigen Bereichen deutlich im Sinne der gewerkschaftlichen Ziele und der Arbeitnehmerinteressen zu verbessern." (Presseerklärung DGB-Bundesvorstand vom 24.01.)
Entscheidender Punkt ist die Zustimmung der Gewerkschaftsführungen zum Ausbau der kapitalgedeckten Altersvorsorge in Form von betrieblicher Altersvorsorge. DGB-Vizechefin Engelen-Kefer forderte schon im Juni 2000 den "Ausbau der betrieblichen Altersversorgung zu einer flächendeckenden Absicherung für alle Arbeitnehmer". (DGB-Pressemitteilung 126 vom 06.06.2000) Das entspricht einem Beschluß des SPD-Parteivorstandes vom 3.7.2000:" Wir wollen eine Stärkung der betrieblichen Altersvorsorge. Auch die "zweite Säule" soll für den notwendigen Ausbau einer kapitalgedeckten Zusatzversorgung genutzt werden." (www.spd.de/suche/pm/00-191.html)
Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände gab die Melodie vor:"Im Mittelpunkt der Reform muss eine bessere Mischung von umlagefinanzierter und kapitalgedeckter Altersvorsorge stehen". (BDA - Reform der sozialen Sicherungssysteme - Handlungsbedarf und Reformansätze, März 2000, S. 5; www.bda-online.de)
Indem auch DGB- und IG Metallvorstand für den Ausbau der kapitalgedeckten betrieblichen Altersvorsorge eintreten, fördern sie den Abbau der Sozialversicherung.
"Es ist kein Zufall, daß sowohl die private als auch die betriebliche Vorsorge in den Ländern am besten ausgebaut sind, in denen das staatliche Sozialversicherungsniveau relativ niedrig ist". (Bundesverband Deutscher Investmentgesellschaften nach KLARtext-Info Nr. 1 Dezember 2000) Stimmt: in Großbritannien sind 40% der SozialversicherungsrentnerInnen sozialhilfebedürftig. In den USA betragen die Beiträge der umlagefinanzierten Rentenversicherung nur 12%. Und die Pensionsfonds sind mächtig.
Metall schreibt in der neuen Nummer. "Der Protest von über 150 000 Metallerinnen und Metallern im Dezember hat die Regierung auf Trab gebracht. .... Auch die Bedingungen für eine betriebliche Altersversorgung wurden verbessert. So sollen Arbeitnehmer bis zu vier Prozent ihres Lohns - steuerfrei und ohne Sozialversicherungsabschläge - in eine neue Pensionskasse einzahlen können. Allerdings nur, wenn entsprechende Tarifverträge vereinbart werden." (1-2, 2001, S. 10)
Der Protest wurde von IG Metall- und DGB-Vorstand offensichtlich dazu genutzt, um Pensionsfonds durchzusetzen.
Noch im Oktober schrieb die Bundesregierung in bezug auf die betriebliche Altersvorsorge nämlich nur von dem vorgesehenen Rechtsanspruch auf Entgeltumwandlung in eine Direktversicherung.(BMA, Die neue Rente: Solidarität mit Gewinn, Die Eckpunkte des Regierungskonzepts, Stand: Oktober 2000, S.11) Pensionsfonds waren noch nicht vorgesehen. Nur ein individueller Rechtsanspruch auf Entgeltumwandung.
Der DGB-Vorstand betrachtet die Einführung von Pensionsfonds offensichtlich als eine Verbesserung, die die Rentenreform "insgesamt positiv" macht.
"Die ursprünglich geplante einseitige Bevorzugung der privaten Vorsorge und der Diskriminierung der betrieblichen/tariflichen Zusatzvorsorge bei der staatlichen Förderung wurde verhindert. Erreicht wurde die mittelfristige Sicherung tariflicher Vereinbarungen zur Entgeltumwandlung. Durch die Schaffung von Pensionsfonds als weiterer Durchführungsweg der betrieblichen Altersversorgung wird diese gestärkt." (Presseerklärung des DGB vom 24.01.2001)
Der neue Entwurf sieht vor, daß ab 2008 bis zu 4.000 DM Lohn jährlich steuerfrei in Pensionsfonds fließen können. Ab 2008 sollen allerdings Sozialversicherungsbeiträge entrichtet werden. Die bisherigen Formen der betrieblichen Altersvorsorge wie Direktzusagen oder Direktversicherungen können in die Pensionsfonds übertragen werden. Pensionsfonds sollen langfristig die Hauptform der betrieblichen Altersvorsorge werden.
Die Bundesregierung schreibt: "Pensionsfonds werden den Finanzplatz Deutschland stärken. Aufgrund des eher langfristigen Charakters der Anlagen wird sich der Pensionsfonds stärker an Substanzwerten wie Aktien ... orientieren, die dem Kapitalmarkt und damit auch Wachstum und Beschäftigung zusätzliche Impulse geben werden." (www.bma.de/neuerente/aktuelles/schwerpunkte.htm, S.8)
Banken und Versicherungen sind zufrieden und rangeln noch um Einfluß.
Der DGB-Bundesvorstand setzt sich schon seit längerem für den Ausbau von Pensionsfonds ein. Der Einblick, der Info-Service des DGB, schrieb schon 1998:" Bundestag und Bundesrat haben sich im Grundsatz für Pensionsfonds ausgesprochen. Als zusätzliche Säule der Altersversorgung lässt auch der DGB sie gelten, warnt jedoch vor ihrer Abhängigkeit vom Aktienmarkt". (www.dgb.de/einblick/archiv/9816/gf981605.htm)
Der Einblick stellt damals mit Bedauern fest, daß betriebliche Pensionsfonds in Großbritannien über ein Vermögen von 89% des BIP verfügten, in Deutschland aber nur über 5,6%.
Der DGB-Bundesvorstand nannte schon 1998 ausdrücklich Pensionsfonds nach US-Vorbild als Vorbild. So die US-Transportarbeitergewerkschaft, die einen Pensionsfonds für die gesamte Branche lenkt (DGB-Bundesvorstand, Vermögenspolitik in Arbeitnehmerhand zwischen Abgang und Neubeginn, Informationen zur Wirtschafts- und Strukturpolitik 3/1998)
Die Zustimmung der DGB-Führung zum Ausbau der kapitalgedeckten Altersvorsorge in Form von Pensionsfonds öffnet die Tür zu weiteren Kürzungen der gesetzlichen Rente. Das Handelsblatt schrieb, daß die staatlich geförderte private kapitalgedeckte Rente jetzt Spielräume dazu eröffnet, das Rentenniveau noch weiter zu senken. (02.01.2001)
Die Opposition der DGB-Führung gegen die Rentenreform war im Kern auf die möglichst günstige Ausgestaltung der Betriebsrenten ausgerichtet.
Die Forderung nach Paritätischer Finanzierung erscheint so in einem anderen Licht.
Sie bezog sich von Anfang an nur auf die Kapitalgedeckte Altersversorgung (KAV), denn nur da war sie nicht mehr gegeben.
"Die Gewerkschaften fordern eine obligatorische betriebliche Altersversorgung. ... Vorausgesetzt wird dabei, daß sich die Arbeitgeber mit mindestens 50% an dieser betrieblichen Altersversorgung beteiligen". (DGB Bundesvorstand, Abt. Sozialpolitik, Vorsicht! Rentenreform) Die Forderung nach Paritätischer Finanzierung setzt die Zustimmung zur KAV voraus. In dieser Hinsicht fördert diese Forderung sogar objektiv den Abbau der umlagefinanzierten Sozialversicherung.
Nicht die paritätische Finanzierung der betrieblichen Altersvorsorge ist der Knackpunkt der Rentenreform, sondern der Ausbau der KAV, insbesondere in Form der betrieblichen Altersvorsorge. Noch einmal ein Zitat. "Besonders wichtig ist nach Ansicht von Allianz-Vorstand Joachim Faber die Zulassung von Pensionsfonds bei der betrieblichen Alterssicherung. Hier mache man die betriebliche Altersvorsorge wettbewerbsfähiger und nähere sich internationalen Standards an. Vor allem in den USA und Großbritannien spielen die Pensionsfonds bei der Altersicherung eine große Rolle". (FTD 26.1.2001)
Der Haupterfolg der Demonstrationen und Verhandlungen der DGB-Führung, der Grund, weshalb sie die Rentenreform als positiv ansieht, scheint die staatlich geförderten Pensionsfonds zu sein.
Die Senkung des Rentenniveaus dagegen blieb ja auch nach der Abschaffung des Ausgleichsfaktors vom Gesamtvolumen her (40-60 Mrd. DM Kürzungen) gleich. Die Kürzungen wurden nur gleichmäßiger verteilt. Das kann man nicht als Erfolg bezeichnen. Nur für den kann das ein Erfolg sein, der Sozialabbau selbst als positiv betrachtet.
Worin bestehen aber die Interessen der DGB-Vorstandes, die so wunderbar mit den Interessen der Finanzkonzerne zusammenfallen?
Grundlegend ist die Vorstellung, daß die Interessen des Kapitals mit denen der Lohnabhängigen zusammenfallen und man deshalb vor allem das Kapital d.h. seine Profite stärken muß, wenn man für die Interessen der LohnarbeiterInnen eintritt. Die Gewerkschaftsführungen sehen sich im wesentlichen als Co-Manager.
Von daher: was für die Allianz gut ist, muß auch für Deutschland und die Arbeitnehmer gut sein.
Andererseits profitieren Gewerkschaftsvertreter auch direkt vom Aufbau der Pensionsfonds.
Das wäre vor allem der Fall über den Aufbau arbeitnehmereigener bzw. gewerkschaftseigener Fonds. "Naheliegend wäre es eigentlich, wenn Tariffonds ausschließlich von Arbeitnehmervertretern gelenkt würden. Denn schließlich werden hier Gelder von Arbeitnehmern erfaßt". (DGB-Bundesvorstand, Vermögenspolitik in Arbeitnehmerhand zwischen Abgang und Neubeginn, Informationen zur Wirtschafts- und Strukturpolitik 3/1998) Gewerkschaftsfunktionäre könnten so wie in den USA über einen Teil des anzusammelnden Pensionskapitals selbst verfügen.
Das wäre eingeschränkt auch dann der Fall bei Pensionsfonds, wenn Gewerkschaftsvertreter über die Kapitalanlagen mitbestimmen. Über die Formel "Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand" wird das schon länger angestrebt. Nach Kanzler Schröder "sollen Investivlohnkonzepte künftig sowohl als zusätzliche Altersvorsorge als auch in der Tarifpolitik genutzt werden". (FTD 28.03.2000)
Dazu kommt (aber von geringerer Bedeutung), daß Gewerkschaften selbst private Altersvorsorgeprodukte verkaufen.
Der Ausbau der kapitalgedeckten Altersvorsorge stärkt auch die Stellung der Gewerkschaften bei Tarifverhandlungen. Die ÖTV z.B. will sie zum Hauptthema der nächsten Tarifrunde machen.
Das Sonderinteresse von Gewerkschaftsfunktionären stützt sich auf die Sonderinteressen von Belegschaften und Branchen und fördert sie. Denn mit den Betriebsrenten besteht für vor allem für Lohnabhängige mit mittleren Löhnen dadurch die Möglichkeit, den Abbau der gesetzlichen Rente aufzufangen. Nach dem Motto: wenn da sowieso nichts mehr zu holen ist, dann sorgen wir wenigstens für uns selbst. Daß die Betriebsinteressen hier in Widerspruch zu den Gesamtinteressen der LohnarbeiterInnen geraten, gerät aus dem Blick. U.a. auch wegen dieser Sonderinteressen war der gewerkschaftliche Protest gegen den Abbau der Umlagefinanzierung und den Ausbau der kapitalgedeckten Altersvorsorge so schwach.
Nur auf der Grundlage von Sonderinteressen kann die erhebliche Stärkung der kapitalgedeckten betrieblichen Altersvorsorge als Erfolg des DGB erscheinen.
Wenn die Ablehnung der Privatisierung der Altersversorgung die Hauptlosung gegen die Rentenreform ist, dann muß sie sich auch gegen den Ausbau der betrieblichen kapitalgedeckten Altersvorsorge richten. Andernfalls hat es wenig Bedeutung, im allgemeinen gegen einen Systemwechsel und gegen den Abbau der Sozialversicherung zu sein und dann konkret die Pensionsfonds in Ruhe zu lassen.
Für wen ist es "insgesamt positiv", wenn das Rentenniveau für alle langfristig um 10-15% sinkt statt wie ursprünglich vorgesehen für einen Teil um 15-20%? Seit wann ist Sozialabbau "insgesamt positiv"? Insgesamt positiv ist er nur für das Kapital. Die Senkung der gesetzlichen Renten ist die Voraussetzung für den Ausbau der kapitalgedeckten Altersvorsorge und die Begrenzung der Lohnnebenkosten.
In seiner Presseerklärung vom 24.01.2001 feiert der DGB als Erfolg, daß "ein tatsächliches Rentenniveau von 67% langfristig für alle Generationen gesichert werden" kann. Ursprünglich war die Senkung von 70% auf offiziell 64% geplant.
Am 26.01. erklärte Engelen-Kefer für den DGB, daß "wie bisher weitgehend der Lebensstandard aufrechterhalten werden könne". (www.dgb.de/cgf/meldungen/index.cgf/fd)
Ob 70% wie bisher oder 67% erscheint jetzt als fast unerheblich.
Zunächst ist es nur ein Beruhigungsmittel, von der Sicherung des Rentenniveaus über 30 Jahre hinweg zu sprechen. Krisen und Börsencrashs werden einfach ausgeklammert.
Ferner sind es auch jetzt nicht 67%, wie die IG Metall in einem Flugblatt in den Betrieben behauptet, sondern nur 64%.(vgl. Johannes Steffen, a.a.O.)
Noch entscheidender ist aber, daß sich alle Zahlen auf den Standardrentner beziehen.
Der Standardrentner mit seinen 45 Versicherungsjahren und seinem Durchschnittslohn ist eine Propagandablase. " "Das schafft kaum ein Arbeitnehmer mehr", so das Deutsche Institut für Altersvorsorge. (FTD 6.2.2001) Nur 1% der Arbeiterinnen in Westdeutschland schafft das und nur eine Minderheit der männlichen Arbeiter. Tatsächlich betragen die Renten nach Angaben des Deutschen Instituts für Altersvorsorge nach der Reform nur zwischen 48% und 58%. des letzten Nettolohns.
Übertragen auf heute: bei einem Nettolohn von 2.500 DM hätte der reale Rentner zwischen 1.200 und 1.450 DM Rente und Rentnerinnen noch viel weniger. Armutsrenten für "insgesamt positiv" zu verkaufen, ist nichts Anderes als Marketing nach dem Motto "Deutsches Rindfleisch ist sicher".
Die Abschaffung des Ausgleichsfaktors ist nicht positiv, weil das nichts daran ändert, daß die Einsparung von 60 Mrd. DM bleibt. Die Kürzungen wurden nur auf mehr Schultern verteilt. Das nennt der IG Metall-Vorstand in seinem Flugblatt "sozialer gerechter".
Die Abschaffung des Ausgleichsfaktors war ein taktischer Schachzug, den die DGB-Führung brauchte, um die minimalen gewerkschaftlichen Aktionen ganz einstellen und den Konsens verkünden zu können.
Wenn wir einen eigenen Standpunkt gegen den des Kapitals formulieren wollen, müssen wir eigene Berechnungen anstellen, ausgehend von den realen Verhältnissen, ausgehend von realen Arbeiterinnen und Arbeitern.
Und dann auch dafür sorgen, daß solche Berechnungen in den Betrieben und Gewerkschaften verbreitet werden. Daran hat es gemangelt.
Als Erfolg betrachtet der DGB-Bundesvorstand auch die bedarfsorientierte Grundsicherung.
Die Bundesregierung will den Zugang zur Sozialhilfe für RentnerInnen erleichtern, weil sie genau weiß, daß die Rentenreform Altersarmut produziert. Die geplante Abschaffung der Unterhaltspflicht der Kinder von ArmutsrentnerInnen wäre tatsächlich ein kleiner Fortschritt.
Entscheidend ist aber, daß die Bundesregierung den ursprünglichen Plan einer Grundrente für alle oberhalb der Sozialhilfe unter dem Druck des Kapitals zurückgezogen hat. Diese Grundrente sollte nicht von den Sozialämtern, sondern von der Rentenversicherung ausgezahlt und vom Bund finanziert werden. Das wäre ein echter Fortschritt gewesen, da dadurch dem Abbau der Sozialversicherungsrenten eine Grenze nach unten gesetzt worden wäre. Das wäre insbesondere Frauen zu gute gekommen. Die BDA bezeichnete das als "Bestrafung von Arbeit und Belohnung von Nicht-Arbeit und einen Einstieg ... in den Versorgungsstaat". (BDA März 2000, a.a.O.,S.4) Die Erleichterung des Sozialhilfebezugs ist nur ein schwacher Ausgleich dafür und setzt im übrigen die Senkung der Renten auf Sozialhilfeniveau voraus bzw. federt sie ab.
Klarheit darüber, wogegen man ist und wofür man ist, ist die Grundvoraussetzung dafür, daß LohnarbeiterInnen für ihre eigenen Interessen kämpfen können.
Wenn die Lohnabhängigen sich nicht mit freundlicher Unterstützung der DGB-Führung dem Kapital unterwerfen wollen, müssen sie sich Foren schaffen, in denen sie sich Klarheit über ihre eigenen Interessen verschaffen können. Ohne diese Klarheit läßt man sich in der ein oder anderen Form doch vor den falschen Karren spannen.
Es müßten Foren sein, mit deren Hilfe Lohnabhängige auch in der Lage sind, selbstständig und öffentlich ihre Meinung zu sagen und Aktivitäten zu unternehmen.
Es sollten Foren sein, die auch attraktiv für Kolleginnen und Kollegen sind, die keine gewerkschaftlichen Funktionen einnehmen.
Die Rentenreform zeigt, daß die Lohnabhängigen verkauft sind, wenn sie die Politik weitgehend der DGB-Führung überlassen.
Hier muß sich dringend etwas ändern.
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LabourNet Germany: Treffpunkt für Ungehorsame, mit und ohne Job, basisnah, gesellschaftskritisch The virtual meeting place of the left in the unions and in the workplace |
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