Flugblatt der OeTV Stuttgart
Das Sparpaket der Bundesregierung sieht vor, dass unter anderem die Rentenanpassung in den naechsten zwei Jahren auf den Ausgleich der Preissteigerung begrenzt wird. Zum 1. Juli 2000 ist mit einer Erhoehung um 0,7 % und zum 1. Juli 2001 mit einer Erhoehung um etwa 1,6 % zu rechnen.
Aus Gruenden der Glaubwuerdigkeit und der sozialen Symmetrie soll der Anstieg der Beamtenpensionen im gleichen Umfange begrenzt werden.
Die Erhoehung der Beamtenpensionen haengt aus rechtlichen Gruenden unmittelbar mit der Bezahlung der aktiven Beamtinnen und Beamten zusammen. Will man die Erhoehung der Pensionen begrenzen, muss man auch die Erhoehung der Besoldung begrenzen. Deshalb soll schon jetzt gesetzlich geregelt werden, dass die Einkommen der Beamtinnen und Beamten in den Jahren 2000 und 2001 maximal in Hoehe der Preissteigerungsrate steigen sollen.
Fuehrende Politiker beim Bund und in den Laendern haben gefordert, dass sich auch der Tarifbereich am Ausgleich der Preissteigerungsrate orientieren soll.
Mit dem Sparpaket ist darueber hinaus beabsichtigt, mit dem Stellenabbau im oeffentlichen Dienst fortzufahren. So soll alleine beim Bund der Personal- bestand in den kommenden vier Jahren pro Jahr pauschal um 1,5 % reduziert werden.
Die Arbeitgeber fordern im Buendnis fuer Arbeit immer wieder eine Begrenzung der Tarifentwicklung. Das haben die Gewerkschaften stets abgelehnt. Die Tarifvertraege werden in freien Verhandlungen ausgehandelt. Das ist das Wesen der Tarifautonomie. Lohnleitlinien kommen nicht in Frage.
Jetzt scheint sich die Bundesregierung durch die Hintertuer auf die Seite der Arbeitgeber zu stellen und missbraucht das einseitig regelbare Beamtenrecht fuer Besoldungsdiktate, die auch den Tarifbereich politisch beeinflussen sollen.
Bislang ist noch nicht einmal die Besoldung fuer 1999 geregelt, schon soll eine Regelung fuer die Jahre 2000 und 2001 getroffen werden. Rechtlich gehen von der beabsichtigten gesetzlichen Regelung keine unmittelbaren Wirkungen aus. Da niemand weiss wie die Preissteigerungsrate fuer 2000 und 2001 am Ende sein wird, bedarf es eines weiteren Besoldungsgesetzes.
Die beabsichtigte Regelung ist inhaltlich nicht notwendig, aber politisch gewollt. Noch bevor OeTV und DAG ihre Forderungen fuer die Tarifrunde 2000 aufgestellt haben, legen die oeffentlichen Arbeitgeber ihre Absichten auf den Tisch: Die Loehne und Gehaelter sollen ebenfalls maximal in Hoehe der Preissteigerung angehoben werden. Das heisst:
Beeinflussung der Tarifrunde 2000 im oeffentlichen Dienst
Bislang wurde die Bezahlung der Beamtinnen und Beamten immer erst nach der Tarifrunde im oeffentlichen Dienst geregelt. Dabei wurden grundsaetzlich die Tarifergebnisse zeit- und inhaltsgleich uebertragen.
Nunmehr soll von diesem bewaehrten Verfahren abgewichen werden. Vorab soll die Besoldung geregelt werden, der Tarifbereich soll nachziehen.
Es ist leicht auszumalen, wie die Bundesregierung den Verhandlungsspielraum in den kommenden Tarifrunden einschraenken will: Fuer Millionen von Rentnerinnen und Rentnern, ueber eine Million Pensionaerinnen und Pensionaere und knapp zwei Millionen Beamtinnen und Beamte sollen die Einkommenszuwaechse auf den Teuerungsausgleich beschraenkt werden. Damit soll ueber die Betrof- fenen, aber auch in der Oeffentlichkeit Druck auf die OeTV ausgeuebt werden, in den Tarifverhandlungen ein entsprechendes Ergebnis zu vereinbaren.
Diesen Versuch eines Eingriffs in die Tarifautonomie lassen wir uns nicht gefallen Dazu sagen wir: NEIN !!
Weil die tariflich geregelte Zusatzversorgung fuer Arbeiterinnen und Arbeirer sowie AngesteIIte im oeffentlichen Dienst eine beamtenaehnliche Alterssicherung sicherstellen soll, ist ihre Anpassung an die Entwicklung der Pensionen gekoppelt. Indem die Bundesregierung die Pensionen vorab, ohne vorausgegangene Tarifverhandlungen regeln will, versucht sie, direkt in die Zusatzversorgung einzugreifen.
Am 31.2.1999 laeuft die Festschreibung der Loehne und Gehaelter im Osten auf 86,5 Prozent der Westverguetung aus.
Die Angleichung Ost wird ein zentrales Thema in der Tarifrunde 2000 sein. Auch hier nimmt die Bundesregierung durch ihre Vorgabe massiv Einfluss, in dem sie versucht, Vorabregelungen ueber das Beamtenrecht zu treffen.
Die Bedeutung der Tarifrunde im oeffentlichen Dienst geht weit ueber die Beschaeftigten bei Bund, Laendern und Gemeinden hinaus.
Fuer Millionen von Beschaeftigten, zum Beispiel bei den Kirchen einschliess- lich Diakonie und Caritas, den Wohlfahrtsverbaenden, im Gesundheits-, Sozial-sowie Schul- und Ausbildungsbereich, wird der Tarifabschluss im oeffentlichen Dienst zugrunde gelegt.
Wenn die Tarifentwicklung fuer mehrere Millonen Menschen vorgepraegt ist, uebt dies auch Einfluss auf die Tarifverhandlungen in anderen Branchen aus.
Damit ist klar: Bei dem Vorstoss der Bundesregierung handelt es sich faktisch um den Versuch, Lohnleitlinien vorzugeben. Damit leistet sie privaten und oeffentlichen Arbeitgebern Schuetzenhilfe bei deren Absicht, die Einkommensentwicklung zu begrenzen.
In den privatisierten Unternehmen des Bundes (Bahn, Post, Telekom, Postbank) sind noch hunderttausende Beamte beschaeftigt. Fuer diese gilt das Besoldungsä- recht weiter. Zugleich ist der Bund Hauptaktionaer.
Der Bund will weitere Anteile verkaufen. Kein ungeschickter Schachzug: Er spart durch das Besoldungsdiktat unmittelbar Personalkosten und sichert potenziellen Aktienkaeufern die Stabilitaet der Personalkosten per Gesetz ab, was wiederum Kaufinteresse und Aktienpreise erhoehen duerfte. Damit wird auf dem Ruecken der Betroffenen doppelt abgesahnt.
Mit ihrem Vorstoss leitet die Bundesregierung die Tarifrunde 2000 ein und belastet das Verhandlungsklima in unertraeglicher Weise. Nur vordergruendig geht es um die Beamtenbesoldung. Die gesetzlichen Vorgaben sollen alle Beschaeftigten im oeffentlichen Dienst und darueber hinaus auch Beschaeftigte in der Privatwirtschaif treffen.
Wir koennen nicht erst im naechsten Jahr bei der Tarifrunde beklagen, dass im Herbst ,99 gesetzliche Vorgaben geschaffen wurden, die die Tarifverhand- lungen beeinflussen und erschweren.
Die Kundgebung liegt voraussichtlich zwischen der 2. und 3. Lesung des Gesetzes im Bundestag und der Behandlung im Bundesrat. Da es sich um ein zustimmungspflichtiges Gesetz handelt bestimmen die Laender mit.
Lasst uns, Arbeiterinnen und Arbeiter, Angestellte sowie Beamtinnen und Beamte gemeinsam, aber auch Rentnerinnen und Rentner sowie Pensionaerinnen und Pensionaere, gegen den Beutezug der Bundesregierung und der Arbeitgeber zur Wehr setzen.
V.i.S.d.P.: Holger Unland