Sie sind die Gewinner der Flexibilisierung: Zeit- und Leiharbeitsfirmen. Im Windschatten der allgemeinen Deregulierung der Arbeitsverhältnisse blüht der moderne Sklavenhandel, das Geschäft mit der Ware Arbeitskraft.
Firmen wie Manpower oder Randstad liefern Beschäftigte auf Bestellung. Sie machen die "atmende Fabrik" (und das "atmende Büro") möglich, den Unternehmertraum von einer Belegschaft, die problemlos an die Auftragslage angepasst werden kann, von Beschäftigten, die sich einfach nach Hause schicken lassen, wenn die Firma mal nicht so brummt - ohne Sozialplan, Abfindungen und Streitereien vor dem Arbeitsgericht. Um 20,9% ist der Anteil der LeiharbeiterInnen an der Anzahl der Beschäftigten im letzten Jahr gestiegen. Und ein Ende des Booms ist nicht in Sicht.
Von 1992 bis 1999 hat sich die Zahl der ZeitarbeiterInnen in Deutschland mehr als verdoppelt: 286.000 Menschen werden von Leiharbeitsfirmen beschäftigt. Nach Angaben des unternehmerfreundlichen Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln sind zwischen Mitte 1998 und Mitte 1999 fast 500.000 Zeitarbeitsverträge neu geschlossen worden (FAZ, 14.2.2000). Angesichts der im internationalen Vergleich geringen Rolle, die die Zeitarbeit in Deutschland dennoch immer noch spiele, sieht das Kölner Institut erhebliche Wachstumschancen bei der Vermittlung von Frauen und Höherqualifizierten sowie bei der Personalüberlassung für Dienstleistungsunternehmen.
Für Michael Gierse, Fondsmanager bei Union Investment ist die Leiharbeit ein "Wachstumsmarkt par excellence", ein zukunftsträchtiger Nischenmarkt, an dem auch Anleger kräftig mitverdienen können. Personaldienstleister wie der US-Marktführer Manpower, die Benelux-Riesen Vedior und Randstad oder auch die Schweizer Adecco sind längst börsennotiert. Der Knüller für Broker und Analysten sind jedoch Spezialanbieter wie die deutschen DIS, Allbecon und Amadeus. (Tagesspiegel, 11.12.1999) Im Unterschied zur ausländischen Konkurrenz liefern diese Firmen Spitzenware: hoch qualifizierte Just-in-time-MitarbeiterInnen statt einfacher Aushilfen.
So konzentriert sich Amadeus, kleinster und jüngster Sklavenhändler an der Börse, auf kaufmännische Fach- und Führungskräfte mit dem Schwerpunkt Finanz- und Rechnungswesen. Klevere Anlageberater wittern hier lukrative Spekulationsmöglichkeiten. Für Jan Herbst vom Bankhaus Sal. Oppenheim ist Amadeus ein "Kauf". Die Aktie sei deutlich unterbewertet, und das Unternehmen sei noch stärker im hochpreisigen Segment tätig als Allbecon und DIS. Die vergleichsweise schlechte "Performance" der Aktie geht wohl auch auf die geringe Liquidität des kleinen Wertes zurück. Vor allem institutionelle Investoren dürfte das abschrecken. So notiert Amadeus Mitte Dezember mit rund elf Euro noch unter dem Emissionspreis vom März von 11,50 Euro, während Konkurrent DIS in diesem Jahr um 80 Prozent zulegen konnte.
Damit ist die DIS-Aktie aus SpekulantInnensicht ausgereizt. "Das Kursziel ist bereits erreicht", sagt Dominik de Daniel von der Deutschen Bank. Allbecon sieht er dagegen weiter als "Kauf". Die Firma hat durch Akquisitionen von sich reden gemacht. Seit dem Börsengang sind fünf Unternehmen dazugekauft worden, darunter auch in Spanien. Dort ist Zeitarbeit erst seit kurzer Zeit zugelassen. Hier verspricht sich die Branche ein hohes Wachstumspotenzial. In Deutschland dürfen Zeitarbeiter nur für zwölf Monate eingesetzt werden. Sollte diese Spanne auf drei Jahre verlängert werden, wie es ein Gesetzentwurf der CDU vorsieht, gibt es für die Zeitarbeit in Deutschland zusätzliches Wachstumspotenzial.
Die ausländische Konkurrenz betrachten die Börsianer eher zurückhaltend. Die Giganten der Branche seien vor allem im kurssensiblen Massengeschäft tätig und erzielten deutlich niedrigere Margen als die spezialisierten deutschen Anbieter. Doch die Großen haben von den Kleinen gelernt und versuchen inzwischen verstärkt, in das Geschäft mit qualifiziertem Personal vorzudringen. Zudem müssen sie als "Global Player" weltweit präsent sein. In der Branche hat deshalb eine rege Übernahmetätigkeit eingesetzt. Die deutschen Ertragsperlen dürften für Manpower, Randstad & Co. besonders interessant sein. Zu den guten Wachstumsperspektiven der deutschen Anbieter kommt also auch noch Übernahmefantasie.
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