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...das eine Mal als Tragödie, das andere Mal als Farce?

Nadja Rakowitz kommentiert ver.dis Position zur Gesundheitsreform

Im Januar letzten Jahres prophezeite Andreas Bachmann in dem Artikel »Vom Konsens zum Nonsens. Die neue Rentenpolitik der deutschen Gewerkschaften« im express »die nächste Etappe von Privatisierung und Sozialabbau« in der sozialen Krankenversicherung und im öffentlichen Gesundheitswesen. Entsprechend sind die Forderungen zur Reform des Gesundheitswesens von Seiten der Arbeitgeber wie von Seiten der CDU/CSU, der FDP als auch der Grünen. Die SPD laviert noch: auf der einen Seite wurde mit dem Amtsantritt von Ulla Schmidt als erstes die Arzneimitteldeckelung aufgehoben und immer wieder sickern Informationen über Strategiepapiere durch, in denen z.B. die Aufsplittung der GKV-Leistungen in Grund- und Wahlleistungen, die Teilprivatisierung etc. vorgeschlagen werden; auf der anderen Seite wurde der Vorreiter einer Liberalisierung des Gesundheitswesens, Florian Gerster, in die Bundesanstalt für Arbeit versetzt, wo er von nun an sein liberales Unwesen treibt, und die Gesundheitsministerin Ulla Schmidt betont permanent, dass die SPD an einer »solidarischen und paritätisch finanzierten Krankenversicherung festhält«[1], ja dass sie sogar »die Versicherungspflichtgrenze in der GKV anheben, die Flucht aus der solidarischen Zwangsversicherung erschweren und deren Finanzlage verbessern«[2] will.

Anders klang da das Ergebnis der »vertraulichen Runde« des Kanzlers mit Dieter Schulte, Frank Bsirske und Klaus Zwickel Mitte März, bei der angeblich als »Konsensformel« zugesichert wurde, dass in der Gesundheitspolitik »die Regierung eine einseitige Belastung allein der Versicherten auf jeden Fall vermeiden werde«. Der Preis dafür ist, dass die Gewerkschaften zusagten, bis zur Bundestagswahl im Herbst »ihre Kritik an der Bundesregierung einzustellen«[3]. Sollte sich hier dasselbe wiederholen, was wir schon bei der Rentenreform erlebt haben, wo die sowieso nur zaghaft begonnene Mobilisierung des Protests durch die Gewerkschaften mit »der Verständigung in der Kanzlerrunde«[4] mit einem Mal vom Tisch war? Das gleiche diesmal als Farce?

Natürlich dementierten die Betroffenen sofort, nachdem die Hannoversche Allgemeine berichtete. Noch am gleichen Tag konnte man im ver.di-newsticker lesen: »Keine Einigung mit Schröder auf Wahlkampflinie ... Eine ver.di-Sprecherin sagte, der Zeitungsbericht sei nicht korrekt. Die Gewerkschaften würden sich nicht wegen des Wahlkampfs mundtot machen lassen.« Das gleiche konnte man von der IG Metall und der Bundesregierung lesen.[5] Auch die IG BAU distanzierte sich – ohne überhaupt eingeladen worden zu sein – und bekräftigte in einer Presseerklärung vom 27. März die gewerkschaftliche Unabhängigkeit. Schließlich sei man nicht der Transmissionsriemen einer Regierung ...

Was die Gesundheitsreform angeht, schien es in den letzten Monaten so, als ob die Gewerkschaften aus der RentenDeform eine Lehre gezogen hätten und dass sie nun nicht mehr bereit sind, die noch bestehenden solidarischen Formen vorschnell aufzugeben – obwohl der Druck diesbezüglich besonders hoch ist, da die öffentliche Debatte über das Gesundheitswesen seit Jahren dominiert ist von diversen Mythen: die »Kostenexplosion« und der Druck durch den »demographischen Faktor«, die wie ein Naturgesetz über den sozialen Verhältnissen zu schweben scheinen. Um solche Mythen aufzuklären und eine gesellschaftliche Debatte anzustoßen, starteten die Gewerkschaften im Herbst – endlich – eine Gegenoffensive. Sowohl der DGB als auch die IG Metall und ver.di stellten jeweils eigenständige Positionspapiere zur Gesundheitsreform vor, in denen sie sich gegen Privatisierung und Entsolidarisierung aussprachen und deutlich machten, dass sie für ein solidarisches Gesundheitssystem eintreten wollen. Der DGB hat seine Kampagne »Gute Besserung! Gewerkschaftliche Kampagne für eine solidarische Gesundheitspolitik« Ende Januar und ver.di – allerdings nicht als die Gewerkschaft der im Gesundheitswesen Beschäftigten, sondern explizit als »große Versichertenorganisation« und als »Anwalt der Patientinnen und Patienten« – am 18. März unter dem Motto »Für eine gesunde Reform« in Berlin begonnen. Ob die Gewerkschaften in diesem Sommer tatsächlich öffentlichen Protest – wenn nötig gegen die Bundesregierung – organisieren wollen, ist freilich nach den geschilderten Entwicklungen eher zweifelhaft. Man darf also gespannt sein, wie sich die Gewerkschaften hierzulande bis zur Wahl im Herbst (und erst recht danach!) verhalten werden. Diesen Hintergrund gilt es zu berücksichtigen, wenn man das Positionspapier des ver.di-Bundesvorstands diskutiert.

 

»Für eine gesunde Reform«

In dem vom ver.di-Bundesvorstand im Dezember in Berlin vorgestellten Positionspapier »Gesundheit solidarisch finanziert« werden ihre Forderungen und Vorschläge vorgestellt. Wie auch die IGM verweist ver.di die »Kostenexplosion« im Gesundheitswesen zunächst ins Reich der Propaganda. Es hält fest, dass der Anteil der Ausgaben für Gesundheit am BIP mit ungefähr sechs Prozent seit Jahren in etwa gleichgeblieben ist; dass die Beiträge dagegen aber gestiegen sind – nicht zuletzt wegen der in den letzten 15 Jahren um rund neun Prozentpunkte auf 65,9 Prozent gesunkenen Lohnquote. Dadurch habe sich die »Beitragssumme, die von Versicherten und Arbeitgebern aufgebracht wird, um ca. 16,9 Milliarden €« in den letzten 15 Jahren verringert.[6] Dagegen fordert ver.di, wie auch die IGM und Klaus Wiesehügel von der IG BAU in einem ersten Schritt »eine Ausweitung der Krankenversicherungspflicht, z.B. auf Beamtinnen und Beamte, und die schritt-weise Anhebung der Pflichtversicherungs- und der Beitragsbemessungsgrenze auf das Niveau der Rentenversicherung.« Die paritätische Finanzierung solle beibehalten werden und folgerichtig soll es – auch wenn dies von den Arbeitgebern, wie auch der CDU, der FDP und zuletzt auch von Florian Gerster immer wieder gefordert wird – auch keine Aufteilung der Leistungen der Gesetzlichen Krankenversicherung in Grund- und Wahlleistungen geben, denn »Wahlleistungen sind ... Zahlleistungen.« Und an den Wahlleistungen würden sich die Arbeitgeber ja nicht beteiligen, also wäre auch dies »ein Schritt heraus aus der Parität«. (S. 11)

Ähnlich wie die IGM argumentiert auch ver.di gegen die Politik der Bundesregierung, die, wie die konservative vor ihr, die gesetzliche Krankenversicherung als finanziellen Verschiebebahnhof missbraucht habe. In dem Papier wird die Summe der zusätzlichen Belastungen der gesetzlichen Krankenkassen durch die Maßnahmen der rot-grünen Bundesregierung allein auf 3,07 Milliarden € pro Jahr geschätzt (in der Regierungszeit von Helmut Kohl seien es insgesamt 19,5 Milliarden € gewesen). (S. 12)

Auch das immer wieder beschworene demographische Problem und die angeblich in Zukunft zu erwartenden Beitragssätze von 30 Prozent und mehr werden in dem ver.di-Papier in ein realistisches Licht gerückt: »Seriöse Wissenschaftler kommen ... zu einem anderen Ergebnis.« Außerdem habe auch das Gutachten des Sachverständigenrats für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen mehrfach darauf hingewiesen, dass das steigende Lebensalter nicht ausschlaggebend sei für die Inanspruchnahme von Leistungen. ver.di resümiert: »die demographische Herausforderung ist gar keine.« (S. 8)

Rückblickend auf die Reformen der 80er und 90er Jahre weist ver.di ausdrücklich darauf hin, dass diese nicht nur negative Auswirkungen auf die Patienten, sondern auch »für die Beschäftigten in Gesundheitseinrichtungen deutlich erschwerte Arbeitsbedingungen« zur Folge gehabt habe. Auch wenn die rot-grüne Bundesregierung seit 1998 einige Härten zurückgenommen habe, habe sie »ihre große Gesundheitsreform wegen erheblicher Widerstände der Akteure im Gesundheitswesen nur teilweise verwirklichen« können. (S. 6f) Ebenso wie die IG BAU und die IGM kritisiert ver.di den Kotau der Bundesregierung vor der Pharmaindustrie Anfang des Jahres 2001.

Auch bezogen auf den Vorschlag, dass Krankenkassen mit bestimmten Krankenhäusern und Ärzten exklusive Verträge abschliessen können sollen (sog. Einkaufsmodelle oder, wie in den USA, »managed-care-Modelle«), äußert sich das Papier sehr kritisch. ver.di werde dies nicht akzeptieren, denn die Patienten dürften nicht von »einer Gesundheitsleistung ausgeschlossen werden, nur weil sie in der ‘falschen’ Krankenkasse sind«. Es gelte, die Krankenkassenkonkurrenz abzuschaffen und statt dessen die Solidarität auszubauen. Dazu genüge der bisherige Risikostrukturausgleich (RSA), der sich z.B. aus verschiedenen Grundlöhnen der Versicherten, die zu unterschiedlichen Beitragszahlungen bei den Krankenkassen führen, ergibt, nicht, dieser müsse in einen morbiditätsbezogenen RSA, der der Häufigkeit von Erkrankungsfällen in einer bestimmten Bevölkerungsgruppe »Rechnung« trägt, umgewandelt werden. (S. 11)

Die Reformen im Gesundheitswesen sollen an einem qualitativ hochwertigen und effizienten Gesundheitswesen für alle, also am Bedarf der Bürgerinnen und Bürger orientiert sein, und Gesundheitsförderung, Behandlung, Rehabilitation und Pflege umfassen; es soll weiterhin solidarisch finanziert und die Beschäftigten in diesem Bereich sollen gut ausgebildet sein und gute Arbeitsbedingungen vorfinden. (S. 7) Der Gesundheitspolitik als »Daseinsvorsorge« dürfe es weder darum gehen, »Aktionäre zufrieden zu stellen, noch darum, die wirtschaftliche Existenz von Gesundheitseinrichtungen trotz fehlender Bedarfsnotwendigkeit zu finanzieren.« (S. 7) Zwischen diesen beiden Extremen habe sich die Gestaltung der Gesundheitspolitik zu bewegen. Der medizinische, der medizinisch-technische und auch der pharmakologische Fortschritt habe sich dabei an zweierlei messen zu lassen: »dem medizinischen Nutzen und der Vereinbarkeit mit den ethischen Grundsätzen unserer Gesellschaft«. (S. 7) Denn nicht alles, was machbar sei, sei auch ethisch vertretbar, so die kritische Anmerkung in dem Papier, die wohl auf die momentane Entwicklung in der Biotechnologie gemünzt ist. Wie auch die IGM kritisiert ver.di die »Anbieterdominanz im deutschen Gesundheitswesen«; es bestehe kein »Gleichgewicht von Krankenkassen auf der einen Seite und den Interessenverbänden der Pharmaindustrie, der Großgerätehersteller, der Ärzte usw. auf der anderen Seite.« (S. 7) Dass ein solches ideales Gleichgewicht zum einen ein gleiches Interesse auf der Seite der letzteren voraussetzte, das in der Regel nicht gegeben ist, und dass die Vorstellung eines Gleichgewichts genuin liberale ökonomische Modellvorstellung ist, und deshalb unter den gegebenen Verhältnissen bloß die Forderung nach Marktverhältnissen bedeuten würde, wird bei ver.di anscheinend nicht weiter reflektiert.

ver.di setzt sich dafür ein, »das Großgeräte nur im notwendigen Rahmen aufgestellt werden und möglichst vielfältig und wirtschaftlich genutzt werden.« (S. 11) Wer allerdings diesen Rahmen bestimmen soll und wie eine solche Planung organisiert sein könnte erfährt man nicht.

Weiter setzt sich ver.di für einen weiteren Ausbau der Prävention und für Disease Management[7] ein, wodurch sich nachweislich Kosten einsparen ließen und was die Lebensqualität von Patientinnen und Patienten verbessern werde. (S. 9) Diesbezüglich unterstützt ver.di auch die Pläne der Gesundheitsministerin, »die Kosten für ein solches DMP (Disease-Management-Programm, N.R.) von den Krankenkassen in den Risikostrukturausgleich« mit einzubringen, unter der Bedingung, dass »zu einem gerechten Ausgleich zwischen den Versorgerkassen und Krankenkassen mit unterdurchschnittlich versorgungsbedürftigen Versicherten« führe. (S. 9)

Des weiteren müsse es in Zukunft zu einem »patientenorientierten Miteinander von Institutionen und Gesundheitsberufen« kommen, die im Moment noch mehr oder weniger unabhängig voneinander handelten. Ziel sei es, eine integrierte Versorgung unter Beteiligung der Patienten sicherzustellen, die Gesundheitsförderung, Prävention, Behandlung, Rehabilitation und Pflege sowie die entsprechenden Versorgungseinrichtungen und Leistungserbringer« verbinde. »ver.di fordert als schnell wirksame Maßnahme das unsinnige Verbot ambulanter Behandlung durch FachärztInnen und AllgemeinärztInnen in den Krankenhäusern aufzuheben und die Medikamentenversorgung durch Krankenhausapotheken zu ermöglichen.« (S. 10)

In diesem Zusammenhang geht das ver.di-Papier auf die Einführung der neuen Form der Krankenhausvergütung ab 2003 bzw. 2004 ein: Anstelle des tagesgleichen pauschalierten Pflegesatzes, der schon seit 1996 modifiziert wurde, sollen ab 2004 – ähnlich wie in Australien – Diagnosebezogene Fallgruppen (DRGs) flächendeckend die Grundlage eines leistungsbezogenen Vergütungssystems für Krankenhäuser bilden. Erklärtes Ziel ist hierbei, einerseits Kostentransparenz zu schaffen und andererseits die Verweildauer im Krankenhaus dadurch zu verkürzen, dass die Krankenhäuser nicht mehr nach Patienten pro Tag, sondern nach Krankheitsfall bezahlt werden. Kritiker dieses Systems befürchten allerdings zum einen, dass dadurch eine weitere Ökonomisierung und Industrialisierung des Gesundheitssystems vorangetrieben wird – sie sprechen vom »englischen Patienten«, also einem Patienten, der blutend entlassen wird. Zum anderen befürchten sie – und in dieser Hinsicht ist auch ver.di Kritiker der DRGs –, dass sich dadurch der »Bedarf an geeigneten Vor- und Nachsorgeeinrichtungen zu Lasten der Erkrankten noch weiter verstärken wird.« (S. 8) Trotzdem würden Krankenhäuser geschlossen und Betten abgebaut; die dadurch erfolgten Einsparungen seien aber nicht in den ambulanten Bereich geflossen.

Der von ver.di herausgegebene Infodienst Krankenhäuser vom April 2001 weist darauf hin, dass in den Diskussionen deutlich geworden ist, »dass die Einführung der DRGs als Finanzierungsgrundlage für Krankenhäuser auf mittelfristige Sicht einen Kapazitätsabbau und somit Arbeitsplatzreduzierung im Krankenhausbereich zur Folge hat. Diese Auswirkungen wurden in anderen Ländern, in denen ein DRG-System eingeführt wurde, beobachtet und bestätigen die Diskussionen.«[8] Weiterhin wird hier darauf hingewiesen, dass die im Katalog aufgeführten Hauptdiagnosen sowie die möglichen und damit wirksamen Nebendiagnosen zur Eingruppierung in die jeweilige Entgeltkategorie hauptsächlich durch Ärzte diagnostiziert, damit aber »nicht der tatsächliche Ressourcenverbrauch eines Behandlungsfalles widergespiegelt« werde. Aspekte der Krankenpflege, die »in einem Krankenhaus eine entscheidende Rolle für die Behandlung der Patienten spielt«, würden hier nur unzureichend berücksichtigt.[9] Da es schwierig sei, die Pflege eines Patienten »greifbar« zu machen und zu dokumentieren, befürchtet Bernd Häring, dass dann eben »das beruhigende Wort und die haltende Hand ... nicht mehr finanziert« werden. Die Konsequenz, die er daraus zieht, befindet sich politisch im Rückzug: »Daher ist es wichtig, die Leistung der Krankenpflege messbar zu machen und in das System der DRGs einzuarbeiten.« Wenn keine leistungsgerechte Einbindung der Krankenpflege in das neue Entgeltsystem geschehe, so prophezeit Häring, »werden genau in diesem Bereich die Rationalisierungsmaßnahmen greifen und eine Arbeitsverdichtung sowie Qualitätsverlust die Folge sein.«[10]

Bei dem Gespräch am »Runden Tisch«, den Gesundheitsministerin Ulla Schmidt im Mai 2001 zum ersten Mal einberufen hat, und in dem es um die Einführung der DRGs ging, wies Ulla Derwein, zuständiges Mitglied des ver.di-Bundesvorstands und am Runden Tisch anwesend für die Berufe im Gesundheitswesen, entsprechend darauf hin, dass hier »viele Fragen noch nicht einmal im Ansatz geklärt seien. Durch die erwartete schnelle Entlassung alleinstehender oder versorgungsbedürftiger Menschen müssten zunächst Vor- und Nachsorgestrukturen aufgebaut werden. Insbesondere für die Beschäftigten in den Krankenhäusern gerieten Tarifverträge unter Druck. Auch die Finanzierung von Aus-, Fort- und Weiterbildung der Berufe im Gesundheitswesen – die meisten werden im Krankenhaus ausgebildet – sei noch völlig ungeregelt.«[11] Noch ist auch nicht klar, ob durch die Einführung der DRGs überhaupt Kosten eingespart werden können. Selbst die Krankenkassen scheinen den Optimismus des Bundesgesundheitsministeriums diesbezüglich nicht zu teilen.[12]


Faustformeln zu den Krankenversicherungsfinanzen

Das Bundesministerium für Gesundheit berechnet für 2001 mit folgenden Faustformeln die Finanzen der GKV:

1 Beitragssatzpunkt der Gesetzlichen Krankenversicherung erbringt Jahreseinnahmen von: 18,4 Mrd. DM
davon 1 Beitragssatzpunkt der Allgemeinen Krankenversicherung 15,2 Mrd. DM
davon 1 Beitragssatzpunkt der Krankenversicherung der Rentner 3,3 Mrd. DM
100 000 Mitglieder (ohne KVdR) erbringen Jahreseinnahmen von: 0,577 Mrd. DM
1 Prozent Steigerung der Summe der beitragspflichtigen Entgelte erbringt Jahreseinnahmen von: 2,5 Mrd. DM
1 Prozent Steigerung der Leistungs- und Verwaltungsausgaben entspricht: 2,6 Mrd. DM

Rechenbeispiel: Eine allgemeine Tariferhöhung um z.B. 6 Prozent bedeutet nach dieser Formel für die GKV eine Steigerung der Jahreseinnahmen um 15 Mrd. DM (= 6 x 2,5 Mrd. DM). Zum Vergleich: Das Defizit der GKV für das Jahr 2001 betrug: 5,48 Mrd. DM. Dieses Defizit wäre gemäß obiger Rechnung mit einer Tariferhöhung von 2,2 Prozent auszugleichen. Insgesamt betrugen die Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen im Jahr 2001 ca. 240 Mrd. DM (Das entspricht ca. 56 Prozent der Gesundheitsausgaben insgesamt.)

(Quelle: Daten des Gesundheitswesens. Ausgabe 2001, Band 137 der Schriftenreihe des Bundesministeriums für Gesundheit, Bonn 2001)


Fortsetzung im express 4/2002

Erschienen im express, Zeitschrift für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit, 3/02

Anmerkungen:

1) »Kranksein ist keine Privatsache«, in: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom 24. Februar 2002

2) Andreas Mihm, Ulla Schmidt: Streit an der Friedensgrenze, in: FAZ vom 29. Januar 2002

3) Schröder und Gewerkschaften: Geheimes Treffen in Hannover, in: Hannoversche Allgemeine vom 27. März 2002

4) Vgl. Andreas Bachmann, Vom Konsens zum Nonsens, a.a.O.

5) Vgl. SPD hält den Ärger mit der IG Metall für ausgeräumt, in: Frankfurter Rundschau vom 28./29. März 2002

6) ver.di-Bundesvorstand (Hrsg.), »Gesundheit solidarisch finanziert. Forderungen und Vorschläge für ein gesundes Gesundheitssystem«, in: Soziale Sicherheit. Zeitschrift f. Arbeit u. Soziales, Nr. 1/2002, S. 11

7) Disease Management ist eine Versorgungsform, bei der alle Therapieschritte wie z.B. Krankenbehandlung, Rehabilitation und Pflege über eine gezielte Fallsteuerung oft unter Einsatz von Leitlinien aufeinander abgestimmt werden. Es zielt auf die Fallführung bei bestimmten, insbesondere chronisch Kranken wie z.B. Diabetes, Asthma oder chronische Herzinsuffizienz.

8) Bernd Häring, DRGs – und wo bleibt die Pflege?, in: Infodienst Krankenhäuser, Nr. 11, Hannover 4/2001, S. 14

9) Ebd., S. 14f

10) Ebd.

11) Bei Gesundheitsreform überwiegen Gemeinsamkeiten, in: Infodienst Krankenhäuser, Nr. 12, Hannover 6/2001, S. 5

12) Vgl. Wolfgang Wagner, Der englische Patient? in: Dr.Med.Mabuse. Zeitschrift im Gesundheitswesen, Nr. 136, 3-4/ 2002, S. 12


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