RÄNKESCHMIEDE - Texte zur internationalen Arbeiterbewegung

Sonderband, hg. von AFP e.V., TIE e.V, express-Redaktion, No. 10, November 1999, 2. Jahrgang, Offenbach

Last Exit ver.di?

ZUM INHALT

1 Umrisse von ver.di
1.1 Eckpunkte des Zielmodells, Stand: 31.5.99
1. 2 Erklärung des Hauptvorstandes der Deutschen Postgewerkschaft zur Entwicklung ver.di
1.3 Erklärung des Hauptvorstandes der IG Medien zu den Eckpunkten des Zielmodells
1.4 Begleitbeschluss der HBV zu den Eckpunkten des Zielmodells
1.5 Begleitbeschluss der HBV zur Bezirksstruktur
1.6 Begleitbeschluss der ÖTV zu den Eckpunkten des Zielmodells
1.7 Ablehnungs-/Änderungsanträge der HBV Berlin
1.8 Änderungsanträge der IG Medien Wiesbaden
1.9 Änderungsanträge der HBV Hessen
1.10 Änderungsanträge der HBV Baden-Württemberg
1.11 Ablehnungsantrag der HBV Thüringen

2 Alternativkonzepte zu ver.di
2.1 Alternativen – und warum sie diskutiert werden müssen – eine Kampagne
2.2 Unterschriftenliste

3 Hintergrundbeiträge

3.1 Akte X: Die ungelösten Fälle der Gewerkschaften. Über Leitbilder,
Fusionen und die schwierige Suche nach Einheit in Vielfalt / Von K. Huckenbeck

3.2 Mega-Fusionen: Die Debatte ist eröffnet
Diskussionspapier der HBV Baden-Württemberg

3.3 Die Lawine rollt. Fusion als Antwort auf die gewerkschaftliche und
politische Krise? / Von B. Riexinger u. H.G. Lang

3.4 "Bunt und vielfältig oder ein bürokratischer Dinosaurier".
Zehn Thesen zum Zielmodell von ver.di / Von L. Regneri

3.5 Warum der Streit um ver.di so selten trefflich ist –
Nicht nur am Beispiel IG Medien / Von M. Dieckmann

4 Materialien und Pressestimmen

EDITORIAL

Die Gewerkschaftstage zur Vorbereitung des "Mega-Mergers" zwischen HBV, DPG, IG Medien, DAG und ÖTV stehen kurz bevor. Sie waren unmittelbarer Anlass für diese Broschüre, denn auf ihnen soll die erste echte Hürde auf dem Weg zu ver.di (Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft) genommen werden, die dann mit rund 3,2 Millionen Mitgliedern größte Einzelgewerkschaft der Welt sein wird. Bereits in den letzten knapp zwei Jahren hatte es vielfältige und zahlreiche Einwände gegeben: "Die Idee war gut", meinten nicht Wenige, und dachten dabei an Vermeidung von Gewerkschaftskonkurrenz, bessere Betreuung der vorhandenen Mitglieder und Erschließung neuer Organisationsbereiche. Doch sowohl die Form der Umsetzung – organisatorische Unklarheiten, Zuständigkeitsprobleme, Hektik und Zeitdruck, undemokratische Verfahrensweisen, und neue Konkurrenzen bspw. zur IG Metall, NGG, IG BCE, etc. – als auch die Defizite in inhaltlicher Hinsicht – nebulöse politische Perspektiven, die fehlende programmatische Klarheit, die Differenz zwischen faktischer Politik (wie im Bündnis für Arbeit) und Absichtserklärungen u.v.m. – standen immer wieder in der Kritik. Und abgesehen von den genannten inhaltlichen und organisatorischen Problemen wirft ein solches Fusionsvorhaben auch rechtliche Fragen auf. Der Wille, per Satzung organisatorisch zusammenzuschnüren, was praktisch bis heute meist ein achselzuckendes Nebeneinander, politisch bisweilen sogar eher ein Ausschlussverhältnis gepflegt hat, scheint jedoch ungebrochen.

Dies wird gravierende Einschnitte in bestehende Organisationsstrukturen zur Folge haben und damit Kapazitäten binden, die für einen Perspektivenwechsel der Gewerkschaften angesichts der Erosion des Normalarbeitsverhältnisses, der "Prekarisierung" der Beschäftigung, der Veränderung von Kapitalstrategien und Unternehmensstrukturen gerade auch im sogenannten "Dienstleistungsbereich" dringend benötigt würden.

"Last Exit ver.di?" hat also einen durchaus gewollten mehrdeutigen Sinn: Noch bevor der Zug ins Rollen kommt, gilt es, Alternativen zu diskutieren. Doch auch nach den aktuellen Gewerkschaftstagen werden, vor allem in organisatorischer Hinsicht, noch viele Weichen gestellt, die darüber entscheiden, in welche Richtung der neue Zug rollt. Für die Zeit "davor und danach" will diese Broschüre ‘Proviant’ liefern, die gewerkschaftsübergreifende Diskussion über neue/alte Ziele von Gewerkschaftspolitik befördern und praktische Ansätze einer Reform der Gewerkschaften ‘von unten’ unterstützen.

Die Redaktion des "express", November 1999

 

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