letzte Änderung am 13. Sept. 2002

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Leserbrief von Thorsten Lieder zur Ausgabe Nr 8/02 der ver.di-Mitgliederzeitung "Publik" und die Antwort der publik-Redaktion

 

Thorsten Lieder schrieb:

Im August fand die bundesweite Konferenz der Verdi-Jugend zum Thema Antirassimus statt. Im gleichen Monat darf sich der Telekomauszubildende Khampaseuht Khamsitthy in PUBLIK zu seinen Anforderungen an bundesdeutsche PolitikerInnen, im Rahmen des Bundestagswahlkampfes, äussern. Er , dessen Eltern aus Laos stammen, fordert von bundesdeutschen Politikern eine Begrenzung der Zuwanderung ausländischer ArbeitnehmerInnen, bis das Problem der Arbeitslosigkeit behoben wird. Ich stellen fest , dass er nix anderes vertritt als die dumpfe Parole: "Arbeit zuerst für Deutsche" wie sie die NPD seit Jahren propagiert.

Erbärmlich, was man in einer Gewerkschaftzeitung für einen Unsinn verbreiten darf.

Ich fühle mich aufgefordert dem "Kollegen" Khamsitthy meine Sicht der Dinge zu erläutern und hoffen, das mir die PUBLIK den nötigen Platz dafür einräumt.

Soziale Gerechtigkeit läßt sich im Zeitalter der Globalisierung nicht mehr allein mit dem Staatsvolk erkämpfen, sondern nur noch grenzüberschreitend und ungeachtet von Staatsangehörigkeit und Status. Arbeit im Zeitalter globaler Arbeitsmärkte stellt eine neue Herausforderung dar, die neue Antworten erfordert. Auf die Verschärfung der Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt, sowie dem dadurch entstehenden Lohndruck mit dem Kampf gegen die globalen Konkurrenten zu reagieren, ist der falsche Weg. Um adäquate Antworten zu finden, müssen zunächste eine Reihe von Denksperren fallen. Wirtschaft, Wachstum, `global cities` und deren Bevölkerung haben den MigrantInnen und `Illegalen` einiges zu verdanken, es wäre an der Zeit sich dafür erkenntlich zu zeigen.

Die Bekämpfung der ArbeitnehmerInnen selbst ist zum einen eine Büchse der Pandora, die Ausländerfeindlichkeit und Rassismus den Boden bereitet während es doch andererseits die Einheit der KollegInnen und nicht deren Spaltung wäre, die der ArbeiterInnenbewegung die nötige Kraft verleihen würde, den Herausforderungen der Globalisierung, dem Abbau von Rechten gemeinsam entgegenzutreten. Indem man die Attraktivität irregulärer Arbeit zurückdrängt und indem man Regeln der legalen Befriedigung der Arbeitsmarktnachfrage einführt kommt man der irregulären Arbeit bei. Verdi sollte sich der Situation und Probleme irregulärer ArbeitnehmerInnen annehmen statt durch unsinnige Beiträge in der PUBLIK Ausländerfeindlichkeit und Nationalismus zu fördern.

Thorsten Lieder
28357 Bremen

 

Lieber Thorsten Lieder,

Leider erreicht uns dein Leserbrief zu spät, um ihn noch mit in die nächste PUBLIK-Ausgabe mit hinein zu nehmen. Aber du bist auch nicht der Einzige, der verärgert ist über die Äußerung von Khampaseuht Khamsitthy. Ein anderer Leserbrief wird das dokumentieren.

Ich möchte aber dennoch auf diesem Weg ein paar Anmerkungen machen.

Natürlich spiegelt die Aussage von Khampaseuht Khamsitthy nicht die Meinung der Redaktion wieder. Aber Khampaseuht Khamsitthy ist einer von vielen ver.di-Jugendlichen, der sich neben seiner Ausbildung für Auszubildende und ihre Rechte, etc. einsetzt. Khampaseuht Khamsitthy sagt auch nicht, das zuerst Deutsche Arbeitsplätze bekommen sollen, auch wenn du das so interpretierst. Er ist allerdings wie leider viele Deutsche (und das sind nach Umfragen mehr als 60 Prozent) der Meinung, eine Begrenzung der Zuwanderung schaffe Arbeitsplätze.

Da sich PUBLIK als Diskussionsplattform aller Mitglieder versteht (und diese Mitglieder sehr heterogen sind), soll sich das auch in der Zeitung wiederspiegeln. Neben Khampaseuht Khamsitthy stehen allein auf der Titelseite 5 andere Meinungen. Auch unsere übrige Berichterstattung zum Beispiel zum Thema Zuwanderung geht andere Wege. Dennoch kann es Sinn machen, in einem solchen Kontext kontroversen Meinungen einen Platz zu geben. Dass es hier Grenzen gibt, ist selbstverständlich. Eine Parole wie "Arbeit zuerst den Deutschen" wäre garantiert nicht in PUBLIK veröffentlicht wurden.

Mit freundlichen Grüßen,
Petra Welzel

Redaktion ver.di PUBLIK
Potsdamer Platz 10
10785 Berlin
Fon: 0049/30/6956-1072
Fax: 0049/30/6956-3012

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