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Rechtsanwalt Horst Thon
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Prof. Dr. Peter Wedde
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65817 Eppstein
Tel. 06198/8045 / Fax. 06198-588965

An die
Abgeordneten des Deutschen Bundestags
Platz der Republik 1
11011 Berlin

Offenbach / Eppstein, den 18. Februar 2002

Erklärung zum Arbeitnehmerdatenschutz

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir wenden uns heute mit der Bitte an Sie, eine unverzügliche gesetzgeberische Befassung mit dem Thema Arbeitnehmerdatenschutz zu unterstützen, deren Ziel die schnelle Verabschiedung eines entsprechenden Gesetzes sein muss.

Trotz einer mehr als zehnjährigen Debatte gibt es in der Bundesrepublik Deutschland noch immer keine spezialgesetzliche Regelung, durch die der Umgang mit personenbezogenen Daten im Arbeitsverhältnis normiert wird. Statt in einem einheitlichen Gesetz über den Arbeitnehmerdatenschutz wird die Zulässigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten im Arbeitsverhältnis weiterhin nur unzureichend durch allgemeine gesetzliche Regelungen wie das Bundesdatenschutzgesetz sowie durch immer zahlreicher werdende Einzelfallentscheidungen der Arbeitsgerichtsbarkeit bestimmt.

Konkrete normative Vorgaben zu brisanten arbeitsrechtlichen Einzelthemen wie etwa Kontrolle der E-Mail- oder Internet-Nutzung, Videoüberwachung, Umgang mit Bewerberdaten, Erstellung von Persönlichkeitsprofilen usw. gibt es weiterhin nicht. Da der Deutsche Bundestag bei der Debatte um die Novellierung des Bundesdatenschutzgesetzes im letzten Jahr spezifische Vorgaben zu diesen Problemfeldern mit Blick auf ein Arbeitnehmerdatenschutzgesetz ausdrücklich ausgeklammert hat, sind Regelungslücken mit kaum abschätzbaren praktischen Auswirkungen entstanden. Folge ist eine zunehmende Verunsicherung von Arbeitnehmern wie von Arbeitgebern bezüglich der rechtlichen Zulässigkeit des Einsatzes technischer Maßnahmen und der Verarbeitung personenbezogener Daten im konkreten Fall.

Ob der Rechtsprechung unter Rückgriff auf allgemeine Vorschriften die sinnvolle Ausfüllung der bestehenden Regelungslücken sowie der grundlegenden praktischen Probleme gelingt, ist vor dem Hintergrund des zunehmenden Entwicklungs- und Innovationstempos fraglich. Besondere Skepsis ist in diesem Zusammenhang mit Blick auf mögliche gesetzliche Neuregelungen wie etwa ein Gentestgesetz angebracht. Erfolgt die Verabschiedung eines solchen Gesetzes ohne grundlegende normative Absicherung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung im Arbeitsverhältnis, ist unmittelbar zu befürchten, dass die Nutzung von Gentests durch die Hintertür einer im Streitfall Arbeitnehmer treffenden Beweislast Eingang in das Arbeitsverhältnis findet.

In einem immer komplexer werdenden technischen wie normativen Umfeld können Eingriffe in die verfassungsrechtlich geschützten Persönlichkeitsrechte von Arbeitnehmern nach unserer Auffassung nur vermieden werden, wenn Möglichkeiten und Grenzen des Umgangs mit personenbezogenen Daten für den Bereich des Arbeitsverhältnisses unverzüglich normiert werden.

Ein Gesetz über den Arbeitnehmerdatenschutz muss

- die individuellen Rechte der Beschäftigten festschreiben und stärken,

- den Umgang mit bestimmten hochsensiblen Daten (etwa Gentests) durch Verbote und verfahrensrechtliche Vorschriften ausschließen,

- klare Sanktionsregeln und Mechanismen schaffen,

- die Möglichkeiten und Befugnisse interner Kontrollinstanzen wie insbesondere der betrieblichen Datenschutzbeauftragten zu verbessern und

- Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte betrieblicher Interessenvertreter im Bereich des betrieblichen Datenschutzes einschließlich einer Beteiligung bei der Bestellung des betrieblichen Datenschutzbeauftragten bereitstellen.

Wir möchten Sie nachdrücklich darum bitten, sich in Ihren Parteien für die baldige Verabschiedung eines solches Gesetzes durch den Deutschen Bundestag einzusetzen. Wir fügen diesem Schreiben zu Ihrer Information eine entsprechende Erklärung "Für einen umfassenden gesetzlichen Arbeitnehmerdatenschutz" bei, die bisher von mehr als fünfzig WissenschaftlerInnen und PraktikerInnen unterzeichnet worden ist.

Mit freundlichen Grüßen

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(RA Horst Thon) (Prof. Dr. Peter Wedde)


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