Antragsteller: Erich Klemm, Helmut Lense, Alois Süss

Resolution der großen Tarifkommission BaWü

Die Große Tarifkommission stellt zum heute vorliegenden Ergebnis NRW fest:

Das Tarifergebnis ist der wirtschaftlichen Situation der Metall- und Elektroindustrie nicht angemessen. Die tariftechnische Ausgestaltung des Ergebnisses ist ungenügend. Art und Zeitpunkt des Zustandekommens ist inakzeptabel. Eine nachvollziehbare Koordinierung der Tarifrunde durch den Vorstand der IG Metall fand nicht statt.

Der materielle Inhalt des Tarifergebnisses ist ungenügend. "In Baden-Württemberg wäre es teurer geworden", so der VMI-Chef Dr. Fritsche in der SWR-Landesschau. Die IG Metall hat offensichtlich die Chance auf ein besseres Tarifergebnis vergeben. Insbesondere für die Erhöhung um 2,1 % ab Mai 01 fehlt jedes Verständnis. Sie wird in keiner Weise der ökonomischen Entwicklung und den Ansprüchen unserer Mitglieder gerecht. Die Gewinne in der Metall- und Elektroindustrie steigen signifikant. Die zu erwartende Inflationsentwicklung wird in 2001 im besten Falle zu einer "Nullrunde" für die Beschäftigten führen. Die weitere Nachfrageschwächung hemmt den Konjunkturverlauf und steigert die "Exportabhängigkeit" unserer Lohne und Gehälter.

Die erreichte Abfindungshöhe für die vorzeitige Inanspruchnahme der Rente findet nicht unsere Anerkennung. Sie wird das vorzeitige und von uns beschäftigungspolitisch gewünschte Ausscheiden älterer Arbeitnehmer behindern, da der Rentenverlust insbesondere bei einer Verrentung vor dem 63. Lebensjahr für viele nicht finanzierbar sein wird. In Baden Württemberg wurde die Altersteilzeit bisher breit genutzt. Dem liegen Betriebsvereinbarungen zu Grunde, die meist bessere finanzielle Konditionen vorsehen. Wenn die finanziellen Regelungen der Betriebsvereinbarungen durch Tarifvertrag nicht übertroffen werden, ist dies noch nachvollziehbar. Nicht akzeptabel hingegen bleibt, dass die vorliegende Vereinbarung keine brauchbaren Regelungen zu Kompatibilität bestehender Regelungen im Verhältnis zur Neuregelung beinhaltet.

Die Übernahme der Azubis für mindestens 12 Monate wird von uns begrüßt. Wir und insbesondere unsere jungen Mitglieder haben zumindest in Baden-Württemberg kein Verständnis dafür, einen Jahrgang der Azubis von dieser Regelung auszunehmen.

Die Fortschreibung der vermögenswirksamen Leistungen für weitere 5 Jahre ist wünschenswert, wie auch die Möglichkeit des Umbaus in eine zusätzlichen Rentenbaustein. Unklar ist, wie dies tarifvertraglich geregelt werden soll.

Im genehmigten Tarifergebnis werden zukünftige Verbesserungen der Arbeitszeitbestimmungen im Manteltarifvertrag von der Kündigung der Altersteilzeitregelung und der 12monatigen Übernahme der Azubis abhängig gemacht. Dies wird unsere Organisation zukünftig Zerreißproben bescheren, die unsere Handlungsfähigkeit erheblich einschränken wird. Dies betrifft nicht nur Fragen der Dauer der Wochenarbeitszeit, sondern auch unmittelbar notwendige Tarifprojekte, wie den Umgang mit den sog. 40-Stündern, Zeitkonten und ähnliche Themen. Deren notwendige Neuregelung haben wir am letzten Gewerkschaftstag beschlossen. Ohne Neuregelung dieser Themen wird die tarifliche Setzung der Eckpunkte für betriebliche Arbeitszeitregelungen in wenigen Jahren hinfällig sein und damit der gewerkschaftliche Anspruch hinsichtlich Gestaltung der Dauer und Verteilung der Arbeitszeit.

Ein zentraler Kritikpunkt unserer Mitglieder richtet sich darauf, dass kein Versuch unternommen wurde, durch gewerkschaftliches Handeln ein besseres Tarifergebnis zu erkämpfen. Warnstreiks sind für uns kein Selbstzweck. In dieser Tarifrunde wurde jedoch deutlich, dass durch den Verzicht auf Warnstreiks die Chance auf ein besseres Ergebnis vertan wurde. Wenige Stunde von Beginn der Warnstreiks, ohne jede Not eine beginnende Bewegung abzubrechen, schadet der IG Metall.

Wir wissen nicht, ob wir oder ein anderer Bezirk ein materiell besseres Ergebnis erreicht hätten, wir hätten es in Baden-Württemberg aber wenigstens versucht. Die Chancen, durch die hohe Kampfbereitschaft unserer Mitglieder ein besseres Tarifergebnis zu vereinbaren, standen jedenfalls nicht schlecht.

Mit dem Gesamtablauf der Tarifrunde, beginnend mit in der Organisation nicht diskutierten, aber von den Vorsitzenden in der Öffentlichkeit gesetzlichen Tarifzielen, bis zum unverständlichen Abbruch der Bewegung in einer Nacht- und Nebelaktion am Ende, finden sich unsere Mitglieder jedenfalls nicht ab. So können Tarifrunden zukünftig nicht mehr geführt werden.

Die Große Tarifkommission Baden Württemberg fordert den Vorstand der IG Metall auf, zukünftig Abstand von einer top down-Politik zu nehmen und statt dessen in einem breiten Diskussionsprozess in der Gesamtorganisation die tarifpolitischen Ziele der IG Metall zu diskutieren und beschlossene Zielsetzungen zur Leitlinie unseres Handelns zu machen. Die zukünftigen Tarifauseinandersetzungen sind so zu koordinieren, dass für die Gesamtorganisation unter Einbeziehung der gewerkschaftlichen Kampfkraft das bestmögliche Tarifergebnis erreicht wird.

 

Anmerkung: diese Resolution wurde am 4.April auf der Großen Tarifkommission Ba Wü vorgelegt, der Beschluss wurde zunächst vertagt, die Resolution am 7.4.2000 mit 80% angenommen

 


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