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Updated: 18.12.2012 15:51
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Ein Vergleich von Äpfel mit Birnen: Was IG Metall und Ver.di trennt

Kommentierte Presseschau von Volker Bahl vom 10.2.2010

Die makroökonomische Vernunft und die allgemein "gefühlte" Unvernunft in der Krise: Was IG Metall und Verdi trennt / Kommentar von Thilo Knott externer Link. Ach ja, Gustav Horn hatte es kürzlich prägnant auf den Punkt gebracht : Die neoliberale Agenda ist am Ende - nur wissen das alle ?

Aber eigentlich vergleicht der Kommentator der TAZ mit seinem Vergleich von IG Metall und Verdi externer LinkÄpfel mit Birnen - und hat damit gar nichts begriffen, was in dieser Tarifrunde "los ist".

Fangen wir einmal ganz langsam an, um diese sehr unterschiedliche Situation - die jede für sich "ihre Vernunft" hat - zu verstehen. Da kommen wir an der Feststellung zunächst nicht vorbei , dass schon wegen der Fehler der Vergangenheit mit einem durch Lohndumping angetriebenen Export-Wachstum - http://www.nachdenkseiten.de/?p=4462#h02 externer Link sowie auch www.boeckler.de/32014_102375.html externer Link - die deutsche Wirtschaftspolitik ein Problem - gerade auch - für Europa wurde (http://library.fes.de/pdf-files/wiso/06933.pdf externer Link pdf-Datei - sowie www.nachdenkseiten.de/?p=4475#h04 externer Link)

Aber um es abzukürzen: dieses "alleinige Exportwachstums-Standbein" (z. B.: www.nachdenkseiten.de/?p=4510#h10 externer Link) brach in der Krise in seiner ganzen Unausgewogenheit einfach immer mehr weg. Das trifft jetzt die IG Metall "natürlich" besonders schmerzhaft - und "zwingt" sie jetzt vor allem um Arbeitsplatzsicherheit zu kämpfen. Es ist leider nicht bekannt, dass sie vorher schon gegen die Unausgewogenheit des so einseitig lohndumpinggetriebenen "Exportwahnsinn" anging. Soweit zur Vernunft der IG Metall in der jetzigen Situation.

Aber die Situation von Verdi ist eben eine andere, was der Vorsitzende von Verdi Frank Bsirske klar begründet hat: Verdi wollte aus den Lohnfehlern "andernorts" seine Lehren ziehen (www.nachdenkseiten.de/?p=4505#h09 externer Link) und in der Krise nicht die so dringend erforderliche Kaufkraft (auch "Binnennachfrage" genannt) ins Unermessliche absaufen lassen - mit der Gefahr einer Deflation. Robert von Heusinger hat dies noch einmal in der FR klar makroökonomisch begründet "Warum höhere Löhne im öffentlichen Dienst dringend nötig sind" - und im Prinzip geht es derzeit eben nur hier! (www.fr-online.de/in_und_ausland/wirtschaft/aktuell/2202312_Tarifkonflikte-Warum-hoehere-Loehne-dringend-noetig-sind.html externer Link)

Gustav Horn u.a. hat dabei noch einmal auf die diesbezügliche "Ankerfunktion" des öffentlichen Dienstes in der Krise hingewiesen (www.fr-online.de/top_news/2143719_oeffentlicher-Dienst-Warum-die-Lohnrunde-wichtig-fuer-alle-ist.html externer Link)

Robert von Heusinger hat jedoch auch auf den "Haken" hingewiesen, den diese Auseinandersetzung hat - und zwar ist das Problem ein politisches: durch die aktuelle Finanzverfassung wurden die Gemeinden finanziell ausgehungert - ein neoliberaler "Kunstgriff" vergangener Tage. So befinden sich die Kommunen in der - aus ihrer Sicht auswegslosen Lage - aber dort wurden sie politisch vom Bund hineinmanövriert - dass die in der Krise ebenso notwendigen Investitionen gegen die erforderliche Kaufkraft aus ihrer Sicht ausgespielt werden müssen. Siehe dazu z.B. "Bankrott deutscher Kommunen - Rezession der Demokratie" externer Link

Diese "Zwangslage" ist aber politisch entstanden und könnte ebenso wie diese "Bankenrettung" politisch durch den Bund mit einer Anhäufung von öffentlichen Schulden "entschärft" werden. Zunächst könnte man auch die Herstellung dieser spezifischen Zwangslage - so allein für sich betrachtet - noch für "vernünftig" halten, wenn hierduch nicht die ganze - nicht nur neoliberale Verbohrtheit - sondern auch schon arrogant stupide Einseitigkeit dieser Bundesregierung zum Ausdruck käme: Während man schnell bereit war, die Verschuldung des Staates zur "Rettung" der Finanzindustrie bis ins Unermessliche hochzutreiben - siehe z.B. www.nachdenkseiten.de/?p=4364#h12 externer Link in Verbindung mit www.wdr.de/tv/monitor/sendungen/2009/0813/steuer.php5 externer Link ist eine "Rettung" oder sagen wir nur eine notwendige Sicherung von Arbeitsplätzen und Lebensstandard in diesem Lande nur den Zynismus eines Verhungerns am langen Arm durch die Bundesregierung wert - während das Heil der zockenden Finanzinvestoren zur Staatsaufgabe gemacht wird.

Wenn nun die Mehrheit der Bürger diese etwas komplexeren wirtschaftlichen Zusammenhänge nicht versteht www.nachdenkseiten.de/?p=4503#h13 externer Link, so ist das angesichts der bisherigen medialen neoliberalen Gehirnwäsche kein Wunder, aber wenn in der TAZ, die sich als engagierter Journalismus versteht, dieses Unverständnis so platt ohne ökonomischen Verstand vertieft wird, ist das blamabel - oder eben auch einfach nur der öffentlichen Meinung "gefühlt" hinterhergeplappert. Also um es noch einmal festzuhalten : Verdi stellt eine richtige und ökonomisch allein im öffentlichen Dienst angemessene Lohnforderung - bei der die rund 3 % als Kompromiss herauskommen sollten. Sie "muss" aber an den "politischen Verhältnissen" - die sich derzeit auch noch den ökonomischen Unsinn einer Steuersenkung auf die Fahnen geschrieben haben - scheitern.

Das ist eben die Folge einer Politik, die sich seit einem Jahrzehnt auf die Fahnen geschrieben hat, die Löhne und damit die Kaufkraft in Deutschland systematisch zu senken. Und vielleicht sind diese verschiedenen "Fronten" einfach zuviel um in einer deutschen Lohnrunde - noch dazu mit so verschiedenen Ausgangslagen bei den Einzelgewerkschaften - behandelt zu werden - nachdem sie vor allem auch im letzten Wahlkampf 2009 auf der politischen Bühne weitgehend von den Gewerkschaften ausgeblendet wurden?

Aber Verdi hat jetzt doch den Verdienst, es gewagt zu haben, wenigstens diese Zusammenhänge jetzt in der Krise für sich und die Mitglieder "auf die politische Bühne" gehoben zu haben. Siehe auch noch einmal www.nachdenkseiten.de/?p=4480 externer Link sowie www.fr-online.de/in_und_ausland/wirtschaft/lesetipps/2286229_Niedriglohnsektor-Der-Volltreffer-von-Schroeder.html externer Link


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