letzte Änderung am 15 März 2004 | |
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Es ist durchaus möglich, dass Gewerkschaftssekretäre in ihrer Frühstückspause visionär über die Notwendigkeit einer neuen, sozial ausgerichteten, Partei diskutieren und die Kollegin Nahles, Ex-Juso Vorsitzende und jetzt, in Ermangelung eines Bundestagsmandats, im Angestelltenverhältnis bei der IG Metall "schnappt" dies auf, aber das ernsthafte Bemühungen bestehen, eine neue Partei zu gründen ist eher unter der Rubrik "verfrühter Aprilscherz" zu verbuchen.
Parteigründungen gehen immer soziale Bewegungen voraus. Das war im 19. Jahrhundert schon so und die letzte erfolgreiche Parteigründung, die der "Grünen", fußt auf dem Widerstand eines Großteils der Bevölkerung gegen die Atom- und Aufrüstungspolitik der damaligen Bundesregierungen. Diese Parteigründung ist aber auch ein beredes Beispiel dafür, wo eine Partei landen kann, wenn sie in parlamentarische Verantwortung gelangt, sich zudem zum "Büttel" des Kapitals macht und ihr Klientel jetzt beim FDP-Mittelstand sucht.
Aus dem Gerücht der Parteineugründung, das jetzt kurzfristig durch den "Blätterwald" rauscht wird eher "ein Schuh" draus, wenn man unterstellt, dass die SPD selbst dieses Gerücht gesetzt hat, um die eigenen Reihen wieder fest zu schließen und sich darüber hinaus nochmals der Solidarität der Gewerkschaften für "notwendige" Reformen zu versichern. Die Herren Bsirske und Peters haben das gewünschte Dementie zur Parteiengründung auch sofort abgegeben und die Kollegin Rölke hat in einem Interview in der FR dies nochmals verstärkt, in dem sie betont, das die Politik der SPD zwar stark kritikwürdig sei, aber man sich deshalb auch wieder verstärkt in der SPD akzentuieren muß. Das ist die Position "wasch mich, aber mach mich nicht nass." Wenn man sich die Aufrufe zum europäischen Aktionstag am 3. April 2004 genauer anschaut, kann man sich dieses Eindrucks auch nicht verschließen. Der Aufruf geht nicht gegen die sozialen Grausamkeiten der SPD/Grünen Regierung, sondern, wie Herr Schmold treffend relativiert, für ein soziales Europa, also nicht gegen handelnde Personen sondern für eine Vision, unter der sich jeder alles vorstellen kann/darf, aber wie es umgesetzt werden soll, bleibt vage.
Mit dem Rückhalt der Parlamentsfraktion und der Gewerkschaften ist es der Regierungsfraktion nunmehr gelungen, Kritiker in den eigenen Reihen ruhig zu stellen und die erforderliche eigene Mehrheit für ihre, im Bundestag beschlossene, Rentenreform zu sichern. Da kann man nur sagen "Hut ab". Erst einen Popanz aufbauen, dann dementieren, die Reihen fest geschlossen und die sozialen Grausamkeiten durchziehen. Da diese Aktion aber nur ein Mal funktioniert, darf man gespannt sein, welche Aktion als nächstes folgt. Für die Gewerkschaften gilt der Rat, nicht nur den Mund zu spitzen, sondern auch zu pfeifen, sonst könnten die Beschäftigten irgendwann erkennen, dass ihre Interessenvertretung in anderen, ggfs. neu zu gründenden, Organisationen, besser aufgehoben ist. Aber dies ist ein anderes Thema, kann uns aber schneller als gewünscht ereilen.
Peter Balluff
Gewerkschaftssekretär verdi, Mainz
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