letzte Änderung am 19. Sept. 2002 | |
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Wolfgang Schaumberg
Stensstr. 23
44795 Bochum
IGM-Mitgl-Nr.: 63747752
Bochum, den 3.8.2002
An den Vorsitzenden des Untersuchungsverfahrens gegen die Koll.Ehlers u.a.
Kollege Karl-Heinz Janzen
c/o IGM-Verwaltungsstelle Nordhessen
Spohrstr. 6-8
34117 Kassel
Das Untersuchungsverfahren ist nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden.
Den Angeschuldigten ist zwar das Schreiben des 1.Bevollmächtigten vom 3.5.02 zugeschickt worden, doch die Anschuldigung der Antragsteller vom 16.4.02 ist den Angeschuldigten nicht unverzüglich zugestellt worden, sondern erst zu Beginn der 1.Sitzung der Untersuchungskommisson vorgelegt worden. Auf die dort genannten Vorwürfe samt Verweisen auf bestimmte Versammlungen konnten die Angeschuldigten daher nicht im einzelnen in ihrem Rechtfertigungsschreiben eingehen. Auch ich als Beisitzer der Angeschuldigten habe das o.g. Schreiben erst ab Sitzungsbeginn lesen und darauf Bezug nehmen können.
Der Vorsitzende der Untersuchungskommission hat nicht nur die im Schreiben der Ortsverwaltung vom 3.5.02 genannten Anschuldigungen zum Gegenstand des Verfahrens gemacht. Vielmehr hat er eigenständig zwei sog. "Schwerpunkte" hinzugefügt: dass die Angeschuldigten eine eigene Gruppe im Betrieb gebildet hätten und dass sie eine eigene Zeitung im Betrieb herausgeben würden.
Auch zu diesen vom Vorsitzenden vorgebrachten neuen Anschuldigungen konnten sich die Angeschuldigten also in ihrem Rechtfertigungsschreiben nicht äußern, noch konnten sich ihre Beisitzer darauf vorbereiten.
Die Kritik des Vorsitzenden am Ortsvorstand der IGM Nordhessen, warum dieser so lange geduldet hätte, dass die Angeschuldigten als eine Gruppe mit Zeitung auftreten würden und seine Bemerkung: (mit Verweis auf seine ehemalige Funktion als Orstbevollmächtigter in Mannheim) "Ich hätte euch das schon längst ausgetrieben", werte ich als für die IG Metall unwürdiges und die Mitglieder eher abschreckendes autoritäres Vorgehen.
Zur schriftlichen Begründung des Beschlusses "Gewerkschaftsausschluss" im einzelnen:
die Angeschuldigten begründen sehr genau ihre Kritik in einzelnen Konflikten am Vorgehen der Betriebsratsmehrheit. Es ist nicht zu belegen, dass seitens der Angeschuldigten "die Politik der IG Metall ... ständiger Kritik unterliegt." Sie haben als engagierte Gewerkschafter, denen es nachweislich in allen Konflikten mit dem Arbeitgeber besonders um die Einbeziehung der Belegschaft geht, im Gegenteil betont und auch in ihrer Zeitung erklärt, für die IGM Mitglieder zu werben. Generell ist kritische Auseinandersetzung als vorwärtstreibendes Element unserer Gewerkschaftspolitik zu begrüßen, auch wenn sie mal "heftig" ausfällt. Der Vorwurf, damit Mitglieder zu "desorientieren", mißachtet das eigene Urteilsvermögen der Kolleginnen und Kollegen.
In der Beschlussbegründung ist das Vorgehen bei der BR-Wahl 2002 nicht korrekt dargestellt.
Es war nicht "ursprünglich geplant, durch eine Urwahl der IGM-Mitglieder zu einem Wahlvorschlag der IGM für eine Persönlichkeitswahl zu kommen." Vielmehr haben sich ursprünglich 5 verschiedene im Betriebsrat vertretene bzw. an der Wahl interessierte Gruppierungen laut dem der Untersuchungskommission vorliegendem Protokoll ihrer ersten Zusammenkunft am 15.11.01 in einer sog. "Clearingstelle" auf ein gemeinsames Vorgehen zur Erreichung einer Persönlichkeitswahl geeinigt: die Vertreter der "AM" genannten Alternativen Metaller (die angeschuldigten Kollegen Ehlers, Berger u.a.) und die Vertreter der IGM, von ver.di und CGM, sowie ein einzelner Kollege Velickowic. Am 29.11.01 haben dann laut vorliegendem Dokument 3 dieser Gruppierungen (Vertreter der IGM, der Alternativen Metaller und der CGM) in ihrer "Erklärung zur BR-Wahl 2002" u.a. festgelegt: "Das Erstellen von Sicherungslisten bleibt von dieser Verabredung (erg.: zur Durchführung der Persönlichkeitswahl) unberührt." Damit war deutlich, dass auch die Angeschuldigten ihre eigene Absicherungsliste machen konnten. Genau das hatten sie auch bereits im April 2001 betriebsöffentlich in ihrer Zeitung angekündigt. Erst nach der Wahl wird nun in einem Untersuchungsverfahren ihr Vorgehen als gewerkschaftsschädigend angeklagt.
Bundesweit haben die Mitglieder der IG Metall bei den BR-Wahlen 2002 in zahlreichen Betrieben , -nachzuweisen insbesondere in der Autoindustrie-, die Kandidatur von Mitgliedern auf nicht von den betrieblichen IGM-Gremien verabschiedeten Listen erlebt, ohne dass damit ein gewerkschaftsschädigendes und gar noch mit dem Ausschluss aus unserer Gewerkschaft zu bestrafendes Verhalten behauptet wurde. Der Hinweis des Vorsitzenden "Wo kein Kläger, da kein Richter" sollte nicht davon abhalten, die besonderen Verhältnisse innerhalb des Betriebsrats bei DaimlerChrysler als Hintergrund für die Anstrengung eines Untersuchungsverfahrens genau in den Blick zu nehmen. Für die Zukunft die Weichen auf einen Einigungsprozess seitens der zerstrittenen IGM-Mitglieder innerhalb des BR zu lenken, war mein besonderes Anliegen und mit ein Grund für meine Ablehnung, das Vorgehen der angeschuldigten KollegInnen als gewerkschaftsschädigend anzusehen und sogar mit der Empfehlung "Gewerkschaftsausschluss" zu bestrafen.
Enttäuscht bin ich und in Bezug auf das Ansehen der IG Metall (nicht nur im betroffenen Betrieb) auch besorgt über die meines Erachtens inquisitorische, allein an Unterordnung orientierte und nicht Verständnis suchende Behandlung der Angeschuldigten seitens des Vorsitzenden der Untersuchungskommission.
Ein Beispiel zum Schluss: Im gravierendsten, auch im Untersuchungsverfahren diskutierten Konfliktfall innerhalb des Betriebsrats bei DaimlerChrysler Kassel, nämlich der Ausdehnung der Regelarbeitszeit durch die 17-Schichten-Vereinbarung in den Samstag, wurde meine auf die Einhaltung von IGM-Beschlüssen seitens der Angeschuldigten orientierte Frage danach, ob das Vorgehen der Mehrheit des Betriebsrats als den Beschlüssen des IG Metall Gewerkschaftstages entsprechend angesehen werde, nur mit dem Hinweis beantwortet, es läge kein Verstoß gegen Tarifvertrag und Gesetze vor. Die Bemerkung des Untersuchungsvorsitzenden dazu, auf Gewerkschaftstagen gäbe es immer wieder hehre Beschlüsse, die nur nicht immer umzusetzen wären, sehe ich als für seine Art der Behandlung der Angeschuldigten und ihrer Kritik am Vorgehen der BR-Mehrheit typische Rückwärtsorientierung an bestehenden Gesetzen und Verträgen statt an positiver, von der IG Metall auch auf Gewerkschaftstagen beschlossener Orientierung auf Verbesserungen im Interesse der Mitglieder, wofür die Angeschuldigten sich meines Erachtens sehr lebhaft engagieren.
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