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Das Schwedische Arbeitsgericht billigt die willkürliche Lohndiskriminierung.

Ein Nachtrag zum Bericht in "express" Nr. 4/2001 von Reinhard Helmers


Ende Mai verkündete das Arbeitsgericht als höchste Instanz ein aufsehenerregendes Urteil zur Lohndiskriminierung und zum Grundsatz "Gleicher Lohn für gleiche Arbeit".

Zehn vom Staat beschäftigte,  Sozialassistentinnen hatten durch ihre Gewerkschaft dagegen Klage geführt, daß sie trotz gleicher Qualifikation, längerer Anstellungszeit und gleichen Aufgaben mit 2000: SEK geringer entlohnt werden als ihre neuangestellten männlichen Kollegen.
Dieses sei keine Lohndiskriminierung, erklärte das Arbeitsgericht, sondern die höheren Gehälter der männlichen Kollegen seien eine Folge der "Marktkräfte" und ihrer Nachfrage nach diesen Bediensteten. Außerdem hätten die männlichen Kollegen früher einmal Anstellungen mit höherem Gehalt gehabt.
'Nachfrage' bei staatlicher Anstellung und Besoldung spiegelt u.a. die willkürliche Vorliebe von Behördenchefs für  - wie in diesem Fall männliche Mitarbeiter - wieder, ist also nach dem Urteil des Arbeitsgerichtes keine Diskriminierung!

Der Prozeßvertreter der verklagten Regierung, Karl Pfeifer, erklärte in einer Presseerklärung seine Zufriedenheit mit dem Urteil;  er fände es gut, daß die "Marktkräfte"  dem Urteil zufolge berücksichtigt werden dürfen (Sydsvenskan 25/5 01).

Vor einigen Wochen wurde eine ähnliche Lohndiskriminierung durch den selben staatlichen Arbeitgeber bekannt: An einem Ambulatorium in Lund arbeiten fünf Ärzte; die drei weiblichen erhalten um 3600 SEK im Monat weniger Gehalt als ihre männlichen Kollegen mit den gleichen Aufgaben. Auch die  Ärztinnen wollen vor dem Arbeitsgericht gegen die Regierung klagen und dürften vermutlich ebenfalls auf die "Marktkräfte" verwiesen werden (Sydsvenskan 14/5 01). Weil die Diskriminierung offensichtlich gegen das auch in Schweden geltende EU-Recht verstößt und das Arbeitsgericht dieses beugt, dürften die Klägerinnen nur vor dem Europäischen Gerichtshof ihr Recht bekommen können.

Ein weiteres Beispiel für die Besoldungswillkür: An einem Ambulatorium der staatlichen Gesundheitspflege arbeiten zwei Ärzte mit den gleichen Aufgaben; sie erhalten die Gehälter  45 000: für den Arzt mit 25 Dienstjahren bzw. 60 000:- kr im Monat für einen gerade approbierten Neuling; so "Dagens Nyheter" 3.Nov.2000. 

Berufserfahrungen:  gesenktes Gehalt !

Die Lohndiskriminierung richtet sich also auch nach dem Dienstalter: Ältere Beschäftigte erhalten  geringere Gehälter als die jüngeren. Hiergegen reagierte kürzlich sogar der Vertreter der Akademiker-Standesorganisation SACO, deren Führung die Diskriminierung grundsätzlich begrüßt. Herr Gunnar Wetterberg ("Sydsvenskan" 28.Oktober 2000) befürchtet, daß die altersmäßige Diskriminierung auf Sicht die von ihm und seiner Standesorganisation verteidigte, allgemeine Lohndiskriminierung gefährden könne. In den Jahren 1994 - 1999 (seit Schwedens Beitritt zur EG!) wurden die Gehälter der bis 39-Jährigen  um 47,7 %, der 40- 65-Jährigen  dagegen nur um 18,9 % erhöht.

Während des gegenwärtigen, schwedischen Vorsitzes im EU-Ministerrat veranstalteten die für die Lohndiskriminierung verantwortliche Regierung und ihre untergeordneten Behörden zahlreiche EU-Werbetagungen z.B. zum Thema "gender mainstreaming" für das schwedische Arbeitsrecht, die im Ausland den Anschein eines diskriminierungsfreien Arbeitsmarktes vermitteln sollen. Die Tagung in Malmö im Januar wurde wenige Tage später von der Wirklichkeit eingeholt:

Die Zeitung "Sydsvenskan" berichtet am 5.Februar 2001 von der neugegründeten staatlichen Malmöer Hochschule und der auch hier am Tagungsort betriebenen Lohndiskriminierung: "Frauen an der Malmöer Hochschule verdienen durchschnittlich 4700 Kronen (ca. 1050 DM) im Monat weniger als  Männer".


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