"Dies bedeutet, daß man sich über das zwingende
EG-Recht hinwegsetzt."
(Schwedische Frauenbeauftragte Svenaeus)
In einem Protestschreiben vom 23.08.1999 an ihre Regierung greift die schwedische Frauenbeauftragte Svenaeus die Lohndiskriminierung an, von der vor allem die Frauen betroffen sind. Sie bemängelt u.a. an der Gesetzgebung das Fehlen von deutlichen Bezügen auf die von Schweden ratifizierten internationalen Menschenrechtskonventionen. Die Etikette 'Gleichstellung' diene nicht selten zur Bagatellisierung oder Vertuschung der Kränkung dieser Menschenrechte gegenüber Frauen. "Die Frauenlöhne auf dem schwedischen Arbeitsmarkt sind hierfür ein deutliches Beispiel."
"Die Lohndiskriminierung ist weiterhin das ernsteste Gleichstellungproblem auf dem schwedischen Arbeitsmarkt.... Im Schweden des 'Schwedischen Modells' ist der Glaube verbreitet, daß ein Tarifvertrag schon als solcher die Diskriminierung aus Gründen des Geschlechts ausschließe. Haben die Vertragsparteien sich auf einen Abschluß und seine Konsequenzen geeinigt, dürfen diese Ergebnisse nicht in Frage gestellt werden, wird erklärt. Das Interesse an unveränderten Verträgen ist m.a.W. viel stärker als das Interesse, der Lohndiskriminierung beizukommen. Diese bedeutet, daß man sich über das zwingende EG-Recht hinwegsetzt. Das EG-Recht räumt den Tarifverträgen keine Auslegungspräferenz ein. Denn dies würde zu einer "Moment 22-Argumentation" und damit einer bestehenden Diskriminierung führen. Falls von einem tarifvertraglichen Lohn eine Lohndiskriminierung behauptet wird, kann nicht derselbe Tarifvertrag das Resultat sein, an dem man die Diskriminierungfrage prüft. Zwar gibt es Rechtssprechungsbeispiele dafür, daß Tarifverträge über Pensionen mit großen wirtschaftlichen Folgen für die Betroffenen aufgehoben werden können. Die Aussichten, einen Tarifvertrag mit niedrigerem Frauenlohn für gleichwertige Arbeit korrigieren zu können, dürften jedoch bedeutend schlechter sein. Und dabei handelt es sich hier um die Anwendung des Rechtes, das sich aus den Menschenrechtskonventionen ergibt. Warum ist das so? ... Eine gerichtliche Prüfung darf nicht in die Lohnsetzung eingreifen,wird behauptet. Diese Worte enthüllen die Einstellung, daß die Lohndiskriminierung lieber fortgesetzt werden darf, als daß einige, die weibliche Arbeit unterbewertenden Einstellungen angegriffen und geändert würden. M.a.W.: Eine große Anzahl von Verantwortlichen im Arbeitsrecht wehrt sich mit Händen und Füßen gegen die Umsetzung des Verbotes der Lohndiskriminierung ! " Die Frauenbeauftragte fordert von der Regierung u.a. eine gesetzliche Bestimmung, nach der "Gleicher Lohn für gleiche und gleichwertige Arbeit" garantiert wird. (Auszugsweise übersetzt von Reinhard Helmers)
Reinhard HELMERS
Univ.-lektor a.D.
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