letzte Änderung am 9. Januar 2004

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Rahmenhaustarifvertrag

Im Zuge der Aufhebung der Tarifautonomie schlagen die Arbeitgeber- und Unternehmerverbände hiermit für die Gestaltung betrieblicher Regelung folgenden Rahmentarifvertrag vor:

§ 1 Begriffsklärung: Beim Haustarifvertrag geht es um die Regelung von Hausangelegenheiten, also insbesondere Zusatzarbeiten für die Familien der Unternehmensführung (Auto waschen, Einkäufe für die Gattinnen, Gartenarbeiten sowie sonstige Dienstleistungen nach Feierabend)

§ 2 Rechtsform: Im Unterschied zum früheren Charakter eines Tarifvertrages (beidseitiges Vertragswerk zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern) handelt es sich beim Haustarifvertrag um eine einseitige Anordnung seitens der Firmenleitung, genauer gesagt eine Hausordnung. Gewerkschaftliche Betätigung ist im Betrieb bei Androhung der sofortigen Kündigung untersagt. Der Begriff „Tarif“ taucht nur noch im Zusammenhang mit dem öffentlichen  Personennahverkehr auf, mit dem die Mitarbeiter zur Arbeitsstelle gelangen.

§ 3 Lohn: Wie der Name schon sagt, hängt die Gestaltung des Lohnes für die Mitarbeiter künftig davon ab, ob es sich für das Unternehmen lohnt. Wenn die Mitarbeiter höhere Gewinne erwirtschaften, kann mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass es sich auch für sie lohnt.

§ 4 Betriebliche Sozialleistungen: Aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung werden die bislang gewährten betrieblichen Sozialleistungen (Betriebsrente, Arbeitsunfallversicherung, Betriebskrankenkasse) künftig vom örtlichen Sozialamt getragen. Dies geschieht aus dem Grund, weil auch die gesetzlichen Sozialleistungen ab sofort über die Sozialämter abgewickelt werden.

§ 5 Arbeitszeit: Fällt ersatzlos weg, weil alle Beschäftigten ab sofort zur Hausgemeinschaft gehören, und zwar rund um die Uhr.

§ 6 Betriebsausflug: Aus Gründen der Kostenersparnis fahren nur noch die Familien der Unternehmensleitung zweimal jährlich in die Südsee und präsentieren im Anschluss daran einen Lichtbildervortrag für die restlichen Mitarbeiter.

§ 7 Sozialraum: Wegen Umbau bis auf Weiteres geschlossen. Als Alternativaufenthalt wird die nächstliegende Wärmestube angeboten.

§ 8 Weihnachtsleistung: Die Mitarbeiter können ihre Geschenke und Gaben entweder in Sachspenden oder bargeldlos überbringen.

§ 9 Arbeitssicherhei: Arbeitssicherheit in der früheren Form ist künftig nicht mehr tragbar. Es haften die Mitarbeiter dafür, dass den Produktionsanlagen und dem Firmeneigentum keinerlei Schaden entsteht.

§ 10 Motivation: Die Firmenleitung achtet verstärkt darauf, dass die Mitarbeiter genügend Abwechslung erfahren. Dies steigert nach jüngsten Studien gehörig die Arbeitsmotivation. Die Abwechslung (also der Wechsel infolge betriebsbedingter Kündigungen) erfolgt wöchentlich durch Auswahl eines Zufallsgenerators durch die Firmenleitung.

§ 11 Überstunden: Fallen nicht mehr an, weil alle Mitarbeiter zur Hausgemeinschaft gehören.

§ 12 Betriebsrad: Wie der Name bereits deutlich macht, handelt es sich dabei um ein von der Firmenleitung eingesetztes Instrument, das die Umsetzung der betrieblichen Weisungen vollzieht. Grundlage ist das neue Betriebsrädegesetz der Bundesregierung.

§ 13 Arbeitsvertrag: Neben einer persönlichen Verpflichtungserklärung legt jeder Mitarbeiter bei Firmeneintritt ein Glaubensbekenntnis für die Firmengrundsätze ab.

§ 14 Mietbestimmung: An Stelle der vormals gesetzlich geregelten Mitbestimmung tritt ab sofort die Mietbestimmung in Kraft. Sie umfasst das Recht der Firmenleitung, jederzeit über die angemietete Mietsache (also den Arbeitnehmer) frei zu verfügen.

 

Werner Lutz, aus Deutscher Einheit(z) -Textdienst 1/04

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