letzte Änderung am 21. Okt. 2002 | |
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Das Tarifsystem ist, wie jede Form der Regulation sozialer Beziehungen den Veränderungen der ökonomischen, rechtlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen ausgesetzt. Dies trifft selbstverständlich nicht nur auf die Inhalte, sondern auch auf die Art und Weise der Regulation von Arbeitsbeziehungen durch Tarifverträge zu.
In der Bundesrepublik hat sich in der Metall- und Elektroindustrie der regionale Flächentarifvertrag als ein bewährtes und erfolgreiches Instrument zur Wahrung der Beteiligungs- und Schutzinteressen der abhängig Beschäftigten in den betroffenen Branchen erwiesen. Die IG Metall kann dabei auf einen breiten Erfahrungsschatz unterschiedlichster Tarifsystematiken zurückgreifen.- Dies reicht vom bundesweiten Branchentarifvertrag (z.B. Feinblechindustrie), über bundesweite Tarifverträge für Personengruppen (z.B. BMTV), bis zu Werkstarifen in wesentlichen Unternehmen einer Branche (z.B. Volkswagen). Daneben existiert die Vielzahl vorn Haus-, Anerkennungs- und Ergänzungstarifverträgen, die sich alle mehr oder minder an den jeweiligen Flächentarifen orientieren. Mit dem Zugang der GHK machen wir zudem Erfahrungen mit einem Tarifsystem in dem der Flächentarifvertrag in seiner direkten Gestaltungskraft der Entgelt- und Arbeitsbedingungen nur noch einen Torso darstellt, der den Orientierungsrahmen für eine Vielzahl haustariflicher Abkommen auch in den "Leit"-Betrieben der Branche darstellt.
Aus diesen Erfahrungen ergeben sich keine schlüssigen Argumente für eine Abkehr vom System regionaler Flächentarife in der Metall- und Elektroindustrie. Im Gegenteil: Es erweist sich immer wieder als wirkungsvoll die Interessen der abhängig Beschäftigten im gesamten Sektor durchzusetzen. Die Kerngedanken einer solidarischen Lohnpolitik sind unmittelbar mit dem System des Flächentarifs verbunden. Aber auch die Konzeption durch qualitative Tarifpolitik Entgelt- und Arbeitsbedingungen autonom zwischen den Tarifparteien zu verhandeln.
Im Projekt zur Zweistufigkeit und Differenzierung im Tarifsystems ist daher Basis der Überlegung die Stabilisierung des Systems des Flächentarifvertrags und nicht seine Ablösung. Wer den Flächentarifvertrag reformieren will, muss seinen Kerngedanken anerkennen: nämlich gleiche Ausgangs- und Mindestbedingungen für die Gestaltung der Entgelte und Arbeitsbedingungen in allen Betrieben der Metall- und Elektroindustrie zu schaffen.
Daher wurde im mündlichen Geschäftsbericht zur Bezirkskonferenz vom 25.6.2002 festgestellt:
"Die Bezirksleitung wird in den nächsten Monaten einen Diskussionsprozess anregen, der sich mit diesen Fragen der Differenzierung beschäftigt. Wir werden hierzu Experten heranziehen, Erfahrungen auswerten und einen für alle transparenten Entscheidungsprozess über unsere Position zur Differenzierung und Zweistufigkeit einleiten. Für mich steht dabei der Flächentarifvertrag und seine Funktion verbindliche Mindestnormen für alle Betriebe zu schaffen außer Diskussion. Dies schließt eine einheitliche Forderung und gleiche Entgelttabellen für alle Betriebe ein. Es geht um Reformen im System des Flächentarifvertrags und nicht seine Ablösung."
Dies schließt vorab eine Verständigung über die unterschiedlichen Modelle von Zweistufigkeit und Differenzierung ein. Im Kern folgen diese Modelle zwei Leitgedanken, die sie in unterschiedlicher Weise kombinieren: Dem Leitgedanken einer Differenzierung von Entgelten und Entgelterhöhungen entsprechend der unterschiedlich wirtschaftlichen Situation der Betriebe und dem Leitgedanken einer stärkeren Einbeziehung der betrieblichen Ebene bei der Übertragung eines flächentariflich gefundenen Ergebnisses auf den Betrieb. Daraus ergeben sich Modelle die von Vorstellungen eines ertragsabhängigen Entgeltbausteins "on top" bis hin zu einer zweistufigen Verhandlungsstruktur reicht, die nach einem in der Fläche gefundenen Ergebnis betriebliche Nachverhandlungen auch über die Effektiventgelte zulässt. Die Systematisierung und tarifpolitische Bewertung dieser Modelle ist Ziel unseres bezirklichen Projektes. Es ist in dieser Frage ergebnisoffen. Es ist aber entschieden festgelegt im Ziel der Stabilisierung des regionalen Flächentarifes in der Metall- und Elektroindustrie.
Die Diskussion um eine Reform des Flächentarifes will eine offensive Antwort der Gewerkschaften auf die Veränderungen der Rahmenbedingungen von Tarifpolitik. Wo sind diese Veränderungen zu verorten? Im schon oben zitierten mündlichen Geschäftsbericht zur Bezirkskonferenz am 25.6.2002 wurde darauf ausführlich eingegangen. Er sei hier stichwortartig wiederholt:
Aus dem oben genannten Argumenten ergibt sich das Vorgehen für unser Projekt:
In einem Diskussionsstrang werden wir die Argumente prüfen, die eine Veränderung der Rahmenbedingungen von Tarifpolitik behaupten. Dazu gehört auch eine kritische Bewertung von Systemen der Zweistufigkeit und ertragsabhängiger Differenzierung im europäischen Umfeld.
In einem transparenten Diskussions- und Entscheidungsprozess der tarifpolitischen Bewertung werden und müssen wir die Schlussfolgerungen für unser tarifpolitisches Wollen und Handeln ziehen.
Die Diskussion um die Reform des Flächentarifes löst auch Befürchtungon aus. Geht es doch um einen Kern unserer gewerkschaftlichen Tarifpolitik. Dies entbindet uns aber nicht der Verantwortung vorurteilsfrei Schritte zu prüfen, wie unsere gewerkschaftlichen Ziele durch Tarifpolitik auch in Zukunft wirkungsvoll verfolgt werden können und ob und welche Anpassungsschritte hierzu im Tarifsystem notwendig sind. Dazu soll dieses Projekt der Bezirksleitung beitragen.
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