Tarifpolitik und Bündnis für Arbeit

Reinhard Bispinck und Thorsten Schulten

 

Gliederung


1. Einleitung: Zum Verhältnis von Tarifpolitik und Bündnis für Arbeit
2. Reale Entwicklung der (Lohn)Tarifpolitik in den 90er Jahren
3. Inhaltliche Kontroversen zur Tarifpolitik im Bündnis für Arbeit
3.1 Lohnleitlinien im Bündnis für Arbeit
3.1.1 Lohnpolitische Orientierungen in der Konzertierten Aktion
3.1.2 Lohnpolitische Orientierungen im Bündnis für Arbeit?
3.2 Lohnspreizung und Niedriglöhne: Beschäftigung für Geringqualifizierte?
3.2.1 Niedriglohn im Bündnis für Arbeit
3.2.2 Real existierende Niedrigeinkommen
3.2.3 Befristete Modellversuche
3.3 Freie Arbeitsmärkte durch Dezentralisierung?
4. Nationale Sozialpakte und Tarifpolitik in Europa
5. Streit um "beschäftigungsorientierte Tarifpolitik"

 

1. Einleitung: Zum Verhältnis von Tarifpolitik und Bündnis für Arbeit

Es gibt wohl kaum ein Thema, das in der öffentlichen Debatte um das Bündnis für Arbeit so heftig und kontrovers diskutiert wurde, wie die Rolle und Funktion der Tarifpolitik. Dabei war die prinzipielle Frage, ob die Tarifpolitik im Rahmen des Bündnisses überhaupt einbezogen sein sollte, schon immer in hohen Maße artifiziell. Alle beteiligten Parteien haben stets betont, dass ein Bündnis für Arbeit keinesfalls die Tarifpolitik ersetzen oder gar die Tarifautonomie in Frage stellen sollte. Auf der anderen Seite wurden sowohl von den Arbeitgebern als auch von den Gewerkschaften immer wieder tarifpolitische Themen auf die Agenda des Bündnisses gesetzt. Der eigentlich strittige Kern der Debatte liegt hingegen in der inhaltlichen Ausrichtung der Lohnpolitik. Während die Arbeitgeber von Anfang eine grundsätzliche Übereinkunft über eine langfristig zurückhaltenden Lohnpolitik anstrebten, haben sich die Gewerkschaften bislang strikt gegen eine solche lohnpolitische Festlegung im Bündnis gewehrt.

Schon in der ursprünglichen Bündnisinitiative von Klaus Zwickel im Jahre 1995 waren dagegen auch tarifund lohnpolitische Aspekte enthalten. Damals machte der IG Metall- Vorsitzende das Angebot, die Einkommenserhöhungen in der Metallindustrie für ein Jahr auf den Ausgleich der Preissteigerung zu beschränken und die Einführung befristeter Einarbeitungsabschläge bei Langzeitarbeitslosen hinzunehmen. Im Gegenzug sollte sich die damalige Bundesregierung bereit erklären, auf geplante Verschlechterungen bei Arbeitslosengeld und Sozialhilfe zu verzichten. Gleichzeitig sollten die Metallarbeitgeber sich verpflichten, für drei Jahre keine betriebsbedingten Kündigungen auszusprechen sowie eine konkrete Anzahl zusätzlicher Arbeitsplätze zu schaffen (Zwickel 1995). Die praktische Umsetzung dieser Initiative, die aufgrund des Widerstandes der Arbeitgeber und der Bundesregierung nie ernsthaft in Erwägung gezogen wurde, hätte im Ergebnis zu klaren tarifvertraglichen Regelungen in der Metallindustrie geführt.

Die breite positive öffentliche Resonanz der ZwickelInitiative gründete sich allerdings teilweise auf der Annahme, dass die IG Metall nunmehr bereit wäre, die alte Arbeitgeberformel ,Lohnverzicht schafft Beschäftigung' ... anzuerkennen" (Deckstein 1995). Gewerkschaftliche KritikerInnen sprachen sogar von einer angebotspolitischen Wende in der Tarifpolitik" (Wendl 1997), die faktisch eine Kapitulation vor dem neoliberalen Mainstream bedeutet hätte. Die Initiatoren des Zwickel-Bündnisses haben sich dagegen stets gegen eine solche Interpretation gewehrt. Das Ziel der IG MetallInitiative lag demnach vor allem darin, unter den spezifischen politischen und ökonomischen Rahmenbedingungen Mitte der 90er Jahre, die in Folge der schweren Wirtschaftskrise 1992/93 zu einem massiven Anstieg der Massenarbeitslosigkeit geführt hatten, die Gewerkschaften aus der tarif und gesellschaftspolitischen Defensive zu holen (Lang/Kuhlmann 1996). Ähnlich wie bei den Initiativen zur Arbeitszeitverkürzung sollte bei dem nun vorgeschlagenen Bündnis ein bestimmter Anteil des politisch durchsetzbaren Verteilungsvolumens nicht für Einkommenserhöhungen, sondern für konkrete beschäftigungssichernde und kreierende Maßnahmen verwendet werden, die in verbindlichen Vereinbarungen festgelegt werden sollten. Demnach proklamierte der Bündnis-Vorschlag der IG Metall nicht den Lohnverzicht, sondern benennt klare Vorbedingungen und bezifferbare Gegenleistungen für Lohnzurückhaltung" (ebenda, S. 195).

Die inhaltliche Kontroverse über die ursprüngliche Bündnisinitiative macht deutlich, dass es im Kern nicht darum geht, ob tarifpolitische Themen im Bündnis verhandelt werden, sondern vor allem darum, ob die beteiligten Akteure in der Lage sind, sich auf gemeinsame tarifpolitische Grundorientierungen zu verständigen und damit indirekt den Verlauf einzelner Tarifauseinandersetzungen zu beeinflussen. In den bislang verabschiedeten Dokumenten und Stellungnahmen des Bündnisses für Arbeit finden sich in der Tat immer auch Aussagen zur Rolle der Tarifpolitik. Als allgemeiner Formelkompromiss dient dabei die im Gründungsdokument des Bündnisses von Dezember 1998 erhobene Forderung nach einer Tarifpolitik, die den Beschäftigungsaufbau unterstützt" (Bündnis für Arbeit 1998) 1). Hinter dem vordergründigen Streit um das Verhältnis von Tarifpolitik und Bündnis für Arbeit steckt fortan vor allem die Auseinandersetzung darüber, was inhaltlich unter einer beschäftigungsfördernden Tarifpolitik" zu verstehen sei.

Eine gewisse Präzisierung erfahren die tarifpolitischen Vorstellungen im Bündnis für Arbeit durch die Gemeinsame Erklärung von BDA und DGB", die im Juli 1999 anlässlich der dritten Gesprächsrunde im Bündnis vorgelegt wurde (BDA/DGB 1999). In dieser Erklärung bekennen sich die beiden Spitzenorganisation einerseits noch einmal prinzipiell zur Wahrung der uneingeschränkten Tarifautonomie" und lehnen alle Überlegungen, diese mittels gesetzlicher Eingriffe zu beschränken, entscheiden ab. Gleichzeitig plädieren BDA und DGB für eine weitere Reform und Öffnung des Flächentarifvertrages. Darüber hinaus unterbreiten sie eine Reihe von Vorschlägen zur Arbeitszeitpolitik, wie z.B. einem beschäftigungswirksamen Abbau von Überstunden", der bessere Nutzung tarifvertraglicher Regelungen zur flexiblen Arbeitszeitgestaltung sowie der Verbreitung von Teilzeitarbeit und Altersteilzeit.

Die Lohnpolitik findet zwar in der Gemeinsamen Erklärung von BDA und DGB" keine explizite Erwähnung, es wird jedoch konstatiert, dass zum nachhaltigen Abbau der Arbeitslosigkeit eine mittel und langfristig verlässliche Tarifpolitik erforderlich" sei und dass Produktivitätssteigerungen ... vorrangig der Beschäftigungsförderung dienen
(sollen)". Insbesondere letzteres wird von Seiten der Arbeitgeber so interpretiert, dass erste Orientierungen für die zukünftige Lohn- und Tarifpolitik ... damit im Bündnis vereinbart worden" sein und ein wichtiger Grundkonsens zur Tarifpolitik" hergestellt wurde (Hundt 1999a, S. 279). Die Metallarbeitgeberorganisation Gesamtmetall interpretiert die zitierte Passage der gemeinsamen BDA/DGB-Erklärung denn auch unzweideutig dahingehend, dass der wesentliche Teil des gesamtwirtschaftlichen Produktivitätsfortschritts ... zur Stärkung der betrieblichen Wettbewerbsfähigkeit erforderlich (ist). Dieser Teil darf nicht für Lohnerhöhungen oder Arbeitszeitverkürzungen verbraucht werden" (Gesamtmetall 1999).

Auf der anderen Seite ist die Gemeinsame Erklärung von BDA und DGB auch innerhalb der Gewerkschaften kritisiert worden, dass der Begriff der beschäftigungsorientierten Tarifpolitik ... in der Öffentlichkeit eindeutig als Synonym für Lohnzurückhaltung verstanden wird" und damit der Eindruck vermittelt werden könnte, dass der Produktivitätsfortschritt nicht mehr für Reallohnsteigerungen zur Verfügung stehen wird" (Wiedemuth 1999, S. 32). Demgegenüber hat z.B. der Vorstand der IG Metall recht schnell klar gestellt, dass die BDA/DGB-Erklärung keineswegs ein Plädoyer für eine generelle Lohnzurückhaltung darstellt. Die erhobene Forderung nach vorrangiger Verwendung des Produktivitätswachstums zur Beschäftigungsförderung steht nach Ansicht der IG Metall vielmehr in direktem Zusammenhang mit der Forderung nach Umverteilung der Arbeit, sodass etwa die Kosten der Arbeitzeitverkürzung zum Teil durch Produktivitätszuwächse finanziert werden könnten (IG Metall 1999a). Die im Bündnis erhobene Forderung nach einer beschäftigungsorientierten Tarifpolitik entpuppt sich damit lediglich als Formelkompromiss, hinter dem bislang höchst unterschiedliche und zum Teil regelrecht entgegengesetzte Konzeption von Arbeitgebern und Gewerkschaften stecken. Die verschiedenen im Bündnis verfolgten lohn- und tarifpolitischen Diskussionsstränge lassen sich jedoch erst vor dem Hintergrund der realen tarifpolitischen Entwicklung in den 90er Jahren erörtern.

 

2. Reale Entwicklung der (Lohn)Tarifpolitik in den 90er Jahren

Die Lohnpolitik nahm in den 90er Jahren entsprechend den sich rasch wandelnden ökonomischen Rahmenbedingungen einen sehr wechselvollen Verlauf: Auf den vereinigungsbedingten wirtschaftlichen Boom 1990–91 folgte der Absturz in die tiefste Rezession der Nachkriegszeit 1992/93 mit einem dramatischen Anstieg der Arbeitslosigkeit auf über 4 Mio. registrierte Arbeitslose. Der nachfolgende, insgesamt eher verhaltene Aufschwung konnte die Arbeitslosigkeit nicht nennenswert abbauen und auch die für das Jahr 2000 prognostizierte kräftige konjunkturelle Belebung mit einem voraussichtlichen Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von 2 3/4 vH wird daran kaum etwas ändern. Überlagert wurde die konjunkturelle Entwicklung durch den kontinuierlichen Prozess zunehmender internationaler wirtschaftlicher Verflechtung und Globalisierung der Konkurrenz und einer damit einher gehenden weiteren Verschiebung der betrieblichen Machtverhältnisse zugunsten international operierender Konzerne (Bispinck/Schulten 1998).

Nach der langjährigen Konzentration der Tarifpolitik auf die Arbeitszeitverkürzung (35-Stundenwoche) verfolgten die Gewerkschaften Anfang der 90er Jahre zunächst eine reine Lohnpolitik, um den aufgestauten Nachholbedarf zu befriedigen. Reale Wachstumsraten von 5 bis 6 vH boten hierzu in den alten Bundesländern ein günstiges wirtschaftliches Umfeld.

In den neuen Bundesländern stand nach der im Konsens der Tarifparteien erfolgten Übertragung der institutionellen Strukturen des westdeutschen Tarifsystems die Anpassung der tariflichen Regelungen und Leistungsniveaus auf der Tagesordnung. Das hohe Anpassungstempo ließ ab 1993 deutlich nach und ist mittlerweile faktisch zum Stillstand gekommen 2).

Mit zeitlicher Verzögerung schlug der Kriseneinbruch 1992/93 voll auf die Tarifpolitik durch. 1994 erreichten die Arbeitgeberverbände die seit langem geforderte Tarifwende".
Unter dem Druck von Krise und anschwellender Massenarbeitslosigkeit blieben die vereinbarten Tarifanhebungen in den alten Bundesländern mit weniger als 2 vH deutlich unter dem Produktivitätsanstieg, von dem Ausgleich des Preisniveauanstiegs nicht zu reden. "Concession bargaining" prägte die Tarifpolitik, erstmals stimmten die Gewerkschaften dem Abbau tariflicher Leistungen zu. Teilerfolge konnten die Gewerkschaften dagegen auf dem Gebiet der Beschäftigungssicherung verbuchen. Befristete Verkürzung der tariflichen Arbeitszeit ohne Lohnausgleich wurde möglich, im Gegenzug müssen sich die Betriebe verpflichten, auf betriebsbedingte Kündigungen zu verzichten. Der durch den "Bayernstreik" in der Metallindustrie von 1995 erzielte lohnpolitische Erfolg war nur von kurzer Dauer. In den Folgejahren setzte sich die "moderate" Lohnpolitik fort. Ein Umschwung trat erst mit der Tarifrunde 1999 ein, die von den Gewerkschaften mit der expliziten Zielsetzung geführt wurde, die Umverteilung der vergangenen Jahre zumindest teilweise zu korrigieren. So bezog sich die IG Metall in der sozialökonomischen Begründung erstmals seit geraumer Zeit wieder auf eine Umverteilungskomponente, die den Ausgleich der steigenden Lebenshaltungskosten und die Teilhabe am Produktivitätsfortschritt ergänzen sollte. Das propagierte "Ende der Bescheidenheit" führte zu einem deutlichen Anstieg der Reallöhne.

Die verteilungspolitische Bilanz der 90er Jahre ist aus Sicht der Gewerkschaften und der ArbeitnehmerInnen wenig erfreulich (Schaubild 1 und Tabelle 1). Betrachtet man die gesamtdeutschen Kennziffern auf Basis der revidierten volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung, so ist festzuhalten: in sieben von acht Jahren blieb der Anstieg der Bruttolöhne und gehälter hinter dem aus Preis- und Produktivitätssteigerung definierten kostenniveauneutralen Verteilungsspielraum zurück. In den Jahren 1994 sowie 1997–1998 wurde nicht einmal der Produktivitätsanstieg durch die Effektiveinkommensentwicklung kompensiert. Zu berücksichtigen ist dabei, dass die aus Sicht der Beschäftigten durchaus noch akzeptablen Ergebnisse zu Beginn des Beobachtungszeitraums auch durch die (vorübergehend) sehr hohen Tarifsteigerungen in den neuen Ländern beeinflusst wurden. Die in der öffentlichen Diskussion stark kritisierten Ergebnisse der jüngsten Tarifrunde 1999 mit einem durchschnittlichen Anstieg von 3 vH bewirkten auf der Ebene der Tarifeinkommen angesichts einer absehbaren Preisentwicklung von knapp 1 vH erstmals seit Jahren eine deutliche Reallohnsteigerung. Angesichts der negativen Lohndrift 3) ergab sich auf der Effektiveinkommensebene lediglich ein Anstieg von 2 vH. Dies bedeutet bei genauer Betrachtung verteilungspolitisch lediglich eine Rückkehr auf den Pfad der "produktivitätsorientierten Lohnpolitik", und mithin allenfalls die Stabilisierung der (zwischenzeitlich verschlechterten) Verteilungsrelationen. Die Lohnstückkosten sind seit Mitte der neunziger Jahre konstant bis rückläufig und stiegen auch im abgelaufenen Jahr lediglich um 0,6 vH an.

 

Beschäftigungspolitisch ist von Interesse, dass sich der oft behauptete Zusammenhang von Lohnzurückhaltung und Beschäftigungsaufbau auf Grundlage dieser Daten nicht belegen lässt. Im Gegenteil: Mit Ausnahme des Jahres 1992, das noch stark vom Vereinigungsboom geprägt war, weisen die Folgejahre ein rückläufiges Arbeitsvolumen aus (Tabelle 1). Maßgebliche Ursache dafür ist, dass die realen Wachstumsraten die durch die Produktivitätsentwicklung gezogene "Beschäftigungsschwelle" nicht überschreiten konnten. Die zurückhaltende Lohnpolitik hat durch den negativen Effekt auf die Binnennachfrage eher noch dämpfend und damit problemverschärfend gewirkt. Erstmals im Jahr 1998 nahm das Arbeitsvolumen wieder zu, und dies war im wesentlichen als Folge des maßgeblich exportgestützten Aufschwungs.

Tabelle 1: Wirtschafts- und Verteilungsdaten 1991 – 1999 für Deutschland


Jahr

Brutto­
inlands­
produkt (real) 1

Lebens­
haltungs­
kosten 2

Arbeits­
produk­tivität (je Erwerbs­
tätigen) 1

neutraler Vertei­lungs­
spielraum

Tariferhöhung 3

Brutto­
löhne und –gehälter­ je Arbeit­
neh­mer 1

Lohn­
stück­
kosten 1

Bereinigte
Brutto­
lohnquote 4

Ausschöp­
fung des neutralen Vertei­
lungs­
spielraums


Arbeits­
volumen
­in Mio. Arbeits­
stunden 5


(1)

(2)

(3)

(4)

(5)

(6)

(7)

(8)

(9)

(10)


% zum Vorj.

% zum Vorj.

% zum Vorj.

Sp. (2)+(3)

% zum Vorj.

% zum Vorj.

% zum Vorj.

%

Sp. (6)-(4)

% zum Vorj.






D

Ost

West






1991







6,2



72,3



1992

2,2

5,0

3,9

8,9

11,0

29,1

6,3

10,5

6,4

73,8

1,6

+ 1,3

1993

-1,1

4,5

0,5

5,0

6,5

18,4

3,6

4,6

3,8

75,0

-0,4

- 2,5

1994

2,3

2,7

2,7

5,4

2,9

8,7

1,7

2,2

0,5

74,3

-3,2

- 1,1

1995

1,7

1,7

1,9

3,6

4,6

8,1

4,1

3,5

2,0

73,8

-0,1

- 1,7

1996

0,8

1,4

1,5

2,9

2,4

4,8

2,0

1,8

0,6

73,7

-1,1

- 1,6

1997

1,8

1,9

2,6

4,5

1,5

2,3

1,3

0,8

-1,1

72,7

-3,7

- 1,7

1998

2,3

1,0

1,9

2,9

1,8

2,5

1,7

1,4

-0,5

72,2

-1,5

+ 0,7

1999 6

1,4

0,6

1,5

2,1

3,0

3,0

3,0

2,0

0,6


-0,1


1 Statistisches Bundesamt, VGR, Fachserie 18, Reihe S. 20, Wiesbaden 1999.

2 Lebenshaltungskosten: http://www.statistik-bund.de/indicators/d/prtab04.htm§.

3 1991-1997: Deutsche Bundesbank, Tarif- und Effektivverdienstein der Gesamtwirtschaft, ab 1998: WSI-Tarifarchiv.

4 C. Schäfer, Umverteilung ist die Zukunftsaufgabe, in: WSI-Mitteilungen 11/1999, Tab. 1

5 IAB-Arbeitsvolumensrechnung.

6 Daten für 1999: Herbstgutachten der Institute und SVR-Gutachten; eigene Berechnungen.

 

3. Inhaltliche Kontroversen zur Tarifpolitik im Bündnis für Arbeit

Die inhaltlichen Kontroversen über die Rolle der Tarifpolitik im Zusammenhang mit dem Bündnis für Arbeit lassen sich zu drei Diskussionssträngen gruppieren: Der erste Diskussionsstrang dreht sich um die Frage, ob das Bündnis für Arbeit Empfehlungen für die Lohnpolitik etwa in Form von Lohnleitlinien oder volkswirtschaftlicher Orientierungsdaten für die Lohnpolitik abgegeben soll. Ein zweiter Diskussionsstrang beschäftigt sich mit dem Zusammenhang von Lohnstruktur bzw. Lohnspreizung und Beschäftigung. In diesem Zusammenhang wurden insbesondere die Möglichkeiten der Beschäftigungsförderung durch den systematischen Ausbau eines Niedriglohnsektors kontrovers diskutiert. Als dritter Diskussionsstrang wird die bereits seit langem andauernde Diskussion über die institutionelle "Reform des Flächentarifvertrages" nun auch im Bündnis aufgenommen.

3.1 Lohnleitlinien im Bündnis für Arbeit

Im Verlaufe des Jahres 1999 kam es im Rahmen des Bündnisses für Arbeit immer wieder zu äußerst kontrovers geführten Auseinandersetzungen um die Frage, ob das Bündnis auch über Lohnleitlinien oder makroökonomische Orientierungsdaten für die Tarifpolitik sprechen soll. Auf Seiten der Arbeitgeber avancierte dabei eine grundsätzliche Verständigung auf eine langfristig ausgerichtete Politik der Lohnzurückhaltung zur Kernforderung an das Bündnis. Demgegenüber haben sich die Gewerkschaften bislang entschieden gegen die Festlegung von Lohnleitlinien im Bündnis gewehrt.

3.1.1 Lohnpolitische Orientierungen in der Konzertierten Aktion

Die Auseinandersetzung um nationale Lohnleitlinien und die dahinter stehende Vorstellung einer ökonomisch begründbaren "richtigen" Lohnentwicklung ist in der bundesdeutschen Tarifgeschichte keineswegs ein neues Phänomen. Die Tarifrunden werden im Gegenteil spätestens seit Anfang der 60er Jahre von breiten (wirtschafts-)politischen Debatten über die gesamtwirtschaftliche Funktion und Verantwortung der Lohnpolitik begleitet 4). Den wichtigsten lohnpolitischen Referenzpunkt bildete dabei die sogenannte "Meinhold-Formel", der zufolge als allgemeine lohnpolitische Orientierungslinie eine Doppelanpassung der Nominallöhne an die Steigerung der Arbeitsproduktivität und des Preisniveaus angesehen wurde 5). Die Meinhold-Formel" bildete auch den Ausgangspunkt für die vom Sachverständigenrat in seinem ersten Gutachten 1964/65 vorgelegten Konzeption einer "kostenniveau-neutralen Lohnpolitik", bei der jedoch der Verteilungsspielraum aus Preis- und Produktivitätsentwicklung um weitere Kostenbestandteile (z.B. Erhöhung der Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung, Veränderungen der Terms of Trade usw.) verringert wurde (Schnabel 1997, S. 41 ff.).

Im Rahmen der 1967 begründeten "Konzertierten Aktion" wurde dann zur Unterstützung einer keynesianischen Einkommenspolitik erstmals der Versuch unternommen, das Konzept ökonomisch definierter Verteilungsspielräume politisch zu operationalisieren (Adam 1972). Entsprechend der im Stabilitäts- und Wachstumsgesetz enthaltenen Verpflichtung ging die Bundesregierung ab 1967 dazu über, in ihren Jahreswirtschaftsberichten konkrete "Orientierungsdaten" zur zukünftigen Lohn- und Einkommensentwicklung vorzulegen und damit den Tarifvertragsparteien eine Verhandlungsmarge vorzugeben, die im Kern der Meinhold-Formel entsprach (Tabelle 2).

Tabelle 2: Lohnpolitische Orientierungsdaten der Bundesregierung und Einkommensentwicklung während der Konzertierten Aktion 1967-1971

Jahr

Orientierungsdaten

Tariferhöhung

Bruttoeinkommen aus unselbständiger Arbeit

1967

+3,5%1

+3,5%

+3,4%

1968

+4-5%1

+4,3%

+6,7%

1969

+5,5-6,5%1

+10,3%

+9,7%

1970

+9,5-10,5%2

+11,6%

+15,0%

1971

+7-8%2

+9,5%

+12,6%

1 = Tariferhöhungen; 2 = Erhöhung der Effektivverdienste

Quelle: Adam 1972, S. 54.

 

Während die Arbeitgeber anfänglich die Entwicklung staatlicher Orientierungsdaten für die Lohnpolitik begrüßten, haben sich die Gewerkschaften von Beginn an gegen jede staatliche Einmischung in die Tarifpolitik ausgesprochen. In einem Beschluss zur Tarifpolitik aus dem Jahre 1967 fordert der DGB-Bundesvorstand unmissverständlich die "Ablehnung der Reglementierung von Löhnen und Gehältern durch Bindung an die Produktivitätsentwicklung, an sogenannte Lohnleitlinien oder an einzelne statistische Messziffern." 6) Begründet wurde diese Ablehnung neben prinzipieller Bedenken gegenüber einer staatlichen Einmischung in die Tarifautonomie vor allem auch mit dem Argument, dass "die gegenwärtige Einkommensverteilung nicht zementiert werden darf".

Die in den 60er Jahren diskutierten lohnpolitischen Konzeptionen und Leitlinien waren in der Tat von der Idee der "Verteilungsneutralität" geprägt, bei der gegebenen Relationen zwischen Arbeitnehmer- und Unternehmereinkommen nicht in Frage gestellt werden sollte. Vor dem Hintergrund weitgehender Vollbeschäftigung sollten die Gewerkschaften davon abgehalten werden, die für sie günstige Lage auf dem Arbeitsmarkt für eine expansive Lohn- und Umverteilungspolitik auszunutzen. In der Praxis war der Versuch einer lohnpolitischen "Disziplinierung der Gewerkschaften" (Schmidt 1971) durch die Konzertierte Aktion jedoch alles andere als erfolgreich. Während in den ersten beiden Jahren 1967 und 1968 die tariflichen Lohnerhöhungen noch im Einklang mit den staatlichen Orientierungsdaten lagen, kam es in der Folge der Septemberstreiks 1969 trotz staatlicher Lohnleitlinien zu den höchsten Lohnabschlüssen in der Geschichte der Bundesrepublik.

Die Entwicklung der Lohnpolitik im Rahmen der Konzertierten Aktion deutet auf ein prinzipielles Dilemma, das mehr oder weniger allen Konzeptionen ökonomisch definierter Lohnleitlinien oder Verteilungsspielräumen zu eigen ist. Getragen von der Fiktion einer "ökonomisch richtigen" Lohnentwicklung entpuppt sich ihre politische Umsetzung allzu leicht als ein technokratisches Projekt, das immer wieder mit der Wirklichkeit gesellschaftlicher Machtverhältnisse konfrontiert wird. Der einfache tarifpolitische Grundsatz, dass "Verteilungsfragen nun immer auch Machtfragen sind", lässt sich hingegen kaum in lohnpolitischen "Modellspielen im Sandkasten" abbilden (Markmann 1969, S. 757). Reflektiert schon der ökonomische Streit um die richtige" Definition des lohnpolitischen Verteilungsspielraumes immer auch unterschiedliche Interessenspositionen, so wird seine im Rahmen nationaler Pakte vereinbarte Umsetzung kaum etwas anders sein können als ein Interessenkompromiss "auf Zeit".

3.1.2 Lohnpolitische Orientierungen im Bündnis für Arbeit?

Gegenüber den lohnpolitischen Diskussionen zu Zeiten der Konzertierten Aktion haben sich in den aktuellen Auseinandersetzungen im Bündnis für Arbeit die Positionen der beteiligen Akteure nahezu umgekehrt. In den 60er und 70er Jahren verfolgten die Gewerkschaften mit ihrer "aktiven Tarifpolitik" erklärtermaßen das Ziel einer Umverteilung zugunsten der Arbeitnehmereinkommen, während die Arbeitgeber mit mehrheitlicher Unterstützung des wirtschaftswissenschaftlichen Sachverstand auf eine verteilungsneutrale Tarifpolitik drängten. In den 90er Jahren wird hingegen mit Unterstützung der neoliberalen Mainstream-Ökonomie von der Arbeitgeberseite offensiv eine tarifpolitische Umverteilung zugunsten der Kapitaleinkommen propagiert, während die Gewerkschaften sich vorwiegend defensiv auf die Verteidigung des verteilungspolitischen Staus quo zurückgezogen haben. Die veränderten Vorzeichen in der aktuellen lohnpolitischen Debatte reflektieren vor allem die realen lohnpolitischen Entwicklungen der letzten zwei Dekaden und die hierein zum Ausdruck kommenden grundlegenden Verschiebungen in den Machtverhältnissen zwischen den Tarifvertragparteien. Vor dem Hintergrund einer stetig ansteigenden Massenarbeitslosigkeit ist es den Gewerkschaften bereits seit den 80er Jahren kaum mehr gelungen, den verteilungsneutralen Spielraum aus Preisentwicklung und Produktivitätsfortschritt auszuschöpfen, sodass die gesamtwirtschaftliche Lohnquote in der Bundesrepublik auf einen historischen Tiefstand gesunken ist.

Der Sachverständigtenrat, der lange Zeit selbst zu den Befürwortern einer verteilungsneutralen Lohnpolitik gehörte, ist im Laufe der Jahre immer mehr von dieser Konzeption abgerückt und hat sich mittlerweile zu einer der wichtigsten wissenschaftlichen Referenzen für eine "negative" Umverteilungspolitik zugunsten der Unternehmen entwickelt 7). Folgt man dem argumentativen Grundmuster des Sachverständigenrates so ist eine verteilungsneutrale Lohnpolitik lediglich in Zeiten von Vollbeschäftigung ökonomisch sinnvoll, während bei Arbeitslosigkeit der Verteilungsspielraum reduziert werden müsste, um auf diese Weise den Unternehmen einen Anreiz für neue Investitionen und damit neue Arbeitsplätze zu geben. Mit der Gleichsetzung von verteilungs und beschäftigungsneutraler Lohnpolitik (SVR 1999, Ziffer 333) ergibt sich logisch die Konsequenz, dass eine beschäftigungsorientierte Lohnpolitik auf (negativer) Umverteilung beruhen muss. In der Tat plädiert der Sachverständigenrat schon seit langem für eine Lohnentwicklung unterhalb des Produktivitätsfortschrittes und zwar im Prinzip so lange bis wieder Vollbeschäftigung erreicht ist (ebenda, Ziffer 335) 8).

Obwohl der Sachverständigenrat dem Bündnis für Arbeit insgesamt mit größter Skepsis begegnet und den "korporatistischen Ansatz" für die "Wirtschaftsordnung der Bundesrepublik" als "eigentlich fremd" charakterisiert hat (ebenda, Ziffer 253), so kann er doch dem Bündnis am ehesten noch dann etwas positives abgewinnen, wenn es in diesem Rahmen zu einer langfristigen Übereinkunft für eine "konsequent beschäftigungsorientierte Tarifpolitik" kommt (ebenda, Ziffer 254). In diesem Sinne haben auch die Arbeitgeber bereits unmittelbar nach den Bundestagswahlen im Herbst 1998 immer wieder unmissverständlich klar gemacht, dass es aus ihrer Sicht für ein erfolgreiches Bündnis für Arbeit ... auch verbindliche Absprachen über die Fortsetzung einer beschäftigungsfördernden Tarifpolitik geben (muss)" (Hundt 1998, Hervorhebung durch die Verfasser) 9). Die Arbeitgeber reagierten damit auch auf die im Vorfeld der Tarifrunde 1999 von Teilen der Gewerkschaften erhobenen Forderung nach einem "Ende der Bescheidenheit", mit dem nach mehreren Jahren moderater Lohnabschlüsse eine tarifpolitische Wende eingeleitet werden sollte.

Nachdem sich die beteiligten Akteure bei der Gründung des Bündnisses im Dezember 1998 lediglich auf die allgemeine Kompromissformel einer "beschäftigungsfördernden Tarifpolitik" verständigen konnten, schlug der Präsident der BDA, Dieter Hundt, beim zweiten Spitzengespräch im Februar 1999 vor, dass das Bündnis künftig die "Moderation der Tarifpolitik" übernehmen solle (Hundt 1999b, S. 59). Danach sollen sich die Tarifvertragsparteien im Bündnis vor jeder Tarifrunde auf "grundsätzliche Orientierungen" verständigen und gemeinsam die "ökonomischen Parameter bei der Lohnfindung" festlegen (ebenda, S. 60). Zwar sollen auch nach Hundts Ansicht diese Orientierungen nicht zu "schematischen Vorgaben für einzelne Tarifbereiche" oder gar "festen Lohnformeln" führen, gleichzeitig macht der BDA-Präsident jedoch auch kein Hehl daraus, dass für ihn inhaltlich nur eine langfristig orientierte Politik der Lohnzurückhaltung in Frage kommt. Als Referenzpunkt benennt er dabei die von der "Reformkommission Soziale Marktwirtschaft" unter Federführung der Bertelsmann-Stiftung entwickelte Orientierungsregel, wonach die Löhne entsprechend dem Produktivitätsanstieg abzüglich einem halben Prozentpunkt für jeweils zwei volle Prozentpunkte der Arbeitslosigkeit steigen sollten (ebenda) 10).

Zur politischen Umsetzung seines Vorschlages plädiert Hundt für die Schaffung einer neuen "gemeinsamen Einrichtung des Bündnisses", die sich am Vorbild der niederländischen "Stiftung für Arbeit" orientiert und in der die konkreten jährlichen Orientierungen für die Tarifrunden erarbeitet werden (ebenda, S. 61). Darüber hinaus soll diese neue Einrichtung als übergreifende Schlichtungsinstanz fungieren, in der die Tarifvertragsparteien vor der Durchführung von Arbeitskampfmaßnahmen zu Konsultationen verpflichtet werden (ebenda, S. 62).

Während die Gewerkschaften die vorgeschlagene Schlichtungsfunktion des Bündnisses kategorisch als nicht akzeptablen Eingriff in das Streikrecht ablehnten, haben sie sich in der Bündnisrunde vom Februar 1999 prinzipiell bereit erklärt, über einen gemeinsamen "volkswirtschaftlichen Datenkranz zu diskutieren, der neben Daten über Inflation, Produktivität und Wachstum auch Daten über die Gewinnentwicklung, die Gewinnverwendung und die Entwicklung der Investitionen enthalten soll" (IG Metall Pressemitteilung vom 7. 4. 1999). Allerdings wurde von allen Gewerkschaften einmütig die Position vertreten, dass aus solchen Diskussionen keine verbindlichen Vorgaben für die Lohnpolitik, etwa in der Form nationaler Lohnleitlinien entstehen dürften 11 ). Trotzdem entwickelte sich in den folgenden Monaten eine breite Diskussion über den möglichen Einfluss des Bündnisses auf die Tarifpolitik, in der in Nuancen auch unterschiedliche Positionen innerhalb der Gewerkschaften deutlich wurden. Einige Gewerkschaften haben dabei jegliche lohnpolitische Einmischung des Bündnisses in die Tarifauseinandersetzung kategorisch abgelehnt und führen gegenüber KritikerInnen im eigenen Lager die Tarifrunde 1999 als Beleg an, dass sich die Gewerkschaften durch das Bündnis nicht lohnpolitisch disziplinieren lassen (Kuda/Lang 1999). Andere Gewerkschaften haben demgegenüber durchaus zugestanden, dass durch eine allgemeine Verständigung über bestimmte ökonomische Orientierungsdaten für die Lohnentwicklung im Bündnis indirekt auch ein Einfluss auf die Tarifverhandlungen ausgehen könnte.

Gesetzt den Fall, die Gewerkschaften würden sich schließlich doch – etwa im Rahmen eines Tauschgeschäfts für weitere Maßnahmen der Arbeitsumverteilung – auf eine lohnpolitische Orientierung im Bündnis einlassen, ist bislang jedoch überhaupt nicht geklärt, wie angesichts der unterschiedlichen verteilungspolitischen Interessenlage diese inhaltlich aussehen könnte. Nach der eher skeptischen Einschätzung des ÖTV-Vorsitzenden, Herbert Mai, wird das Bündnis "den Konflikt zwischen Arbeitgebern, die den Lohnanstieg auf den Inflationsausgleich begrenzen wollen, und den Gewerkschaften, die auf einen fairen Anteil am erwirtschafteten Wachstum bestehen ... nicht aufbrechen" können (zit. n. Die Welt vom 8. Juli 1999). In der Tat gehen alle Vorschläge der Arbeitgeberseite davon aus, dass eine lohnpolitische Orientierung nur in einer Festlegung auf eine Politik langfristiger Lohnzurückhaltung und anhaltender Umverteilung zugunsten der Kapitaleinkommen bestehen kann. Demgegenüber müssten die Gewerkschaften mindestens an einer verteilungsneutralen Orientierung wie der klassischen "Meinhold-Formel" festhalten, mit der sie jedoch zugleich auch die massiven Umverteilungsprozesse der letzen 15 Jahre akzeptieren würden.

3.2 Lohnspreizung und Niedriglöhne: Beschäftigung für Geringqualifizierte?

Parallel zu der Auseinandersetzung um die allgemeine Einbeziehung der Tarifpolitik in das Bündnis für Arbeit im Sinne der Festlegung des Einkommensniveaus entwickelte sich bereits sehr früh ein Konflikt um die Frage der angemessenen Einkommensstruktur und -differenzierung. Ausgangspunkt war zum einen die bekannte Beobachtung, dass gering qualifizierte ArbeitnehmerInnen eine überdurchschnittlich hohe Arbeitslosigkeit aufweisen und einen hohen Anteil der Langzeitarbeitslosen stellen, zum anderen der Tatbestand, dass der Beschäftigungszuwachs in den vergangenen Jahren in diesen Bereichen relativ gering ausgefallen ist. In der ersten gemeinsamen BündnisErklärung vom Dezember 1998 nahmen die Beteiligten daher in den Zielkatalog die Erschließung neuer Beschäftigungsfelder für gering qualifizierte Arbeitnehmer sowie die Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit u.a. durch verstärkte Anreize zur Arbeitsaufnahme auf (Bündnis für Arbeit 1998).

Es zeigte sich rasch, dass es um weit mehr als nur die Ausgestaltung einer zielgruppenspezifischen Beschäftigungsund Arbeitsmarktpolitik ging. Bereits in den zurückliegenden Jahren waren zahlreiche Vorschläge gemacht worden, die auf die Förderung von Beschäftigung in diesem Bereich zielten 12). Sie alle waren von der Analyse und Politikempfehlung her so angelegt, dass sie grundsätzliche Fragen der Arbeitsmarktregulierung mit Konsequenzen für die gesamte Einkommens und Tarifstruktur aufwarfen.

3.2.1 Niedriglohn im Bündnis für Arbeit

Welche strategischen Dimensionen in diesem Zusammenhang angesprochen sind, wird exemplarisch an dem programmatischen Beitrag von Streeck und Heinze (1999) deutlich, den sie im Zusammenhang ihrer Arbeit in der Benchmarking-Gruppe vorgelegt haben. Darin machen sie einen Vorschlag zur grundsätzlichen Neugestaltung des deutschen Arbeitsmarktmodells, in den sich dann die Aspekte der Beschäftigung von Geringqualifizierten einfügen. Ausgangspunkt ihrer Überlegungen ist die These, dass das bisherige Modell der Regulierung des Arbeitsmarktes und der Beschäftigung nicht weiter tragfähig sei und zumindest in wichtigen Teilbereichen revidiert werden müsse: Das deutsche Modell der Ausgestaltung des Beschäftigungsverhältnisses – hohe Löhne, geringe Lohnspreizung, lange Beschäftigungsdauer – sei ein den Bedingungen des Fordismus angepasstes Modell, seine Absicherung habe ein "Arbeitsverhältnis de luxe" hervorgebracht, das seinerseits zur Spaltung des Arbeitsmarktes und der Gesellschaft sowie zu einer hausgemachten Schließung der Arbeitsmärkte geführt habe. Erforderlich sei eine Öffnung des Beschäftigungssystems speziell im Dienstleistungssektor. Die Regulierung der Beschäftigungsverhältnisse müsse stärker auf die Bedürfnisse kleiner und neuer Unternehmen abgestellt werden.

International gehe der Trend zu einer stärkeren Berücksichtigung von inter- und intrasektoralen Produktivitätsdifferenzen. "Wenn die industriegesellschaftliche Verteidigung der Gleichheit zwischen den Beschäftigten verschiedener Unternehmen oder Branchen zur Zutrittschranke für die Beschäftigungslosen geworden ist, ist die Zeit gekommen, das Feld zu räumen. ... Das wichtigste Instrument im Übergang zur Dienstleistungsgesellschaft ist – der Markt" (ebenda, S. 158 f.). Insgesamt zielt eine solche "Runderneuerung" des deutschen Modells auf eine stärkere Vermarktlichung der Lohnfestsetzung und die Rücknahme sozialer Schutzstandards. Weil Menschen dazu neigten, "sich in Abhängigkeit und Randständigkeit einzurichten", sei es falsch, sie vor Marktzwängen zu schützen, die sie dazu bewegen könnten, sich noch einmal aufzuraffen". In diesem Zusammenhang sei (fast) jeder Arbeitsplatz ... besser als keiner" (ebenda, S. 160). Der Sperrklinkeneffekt tariflicher und gesetzlicher Mindeststandards soll also abgeschwächt und die Preisbildungsfunktion des Marktes verstärkt werden.

Die scharfe Kritik an dieser Argumentation, die von Streeck und Heinze "sehr überrascht" zur Kenntnis genommen wurde, ist zweifellos auf den Tatbestand zurückzuführen, dass sie sich allenfalls sprachlich, nicht aber in ihrem sachlichen Kern von explizit neoliberalen Erklärungsmustern unterscheidet. Auch sie sehen eine wesentliche Ursache für die anhaltende und überdurchschnittlich hohe Arbeitslosigkeit von gering Qualifizierten als Folge der Lücke zwischen der Arbeitsproduktivität und der Entlohnung. Zu geringe Lohndispersion und mangelnde Arbeitsbereitschaft aufgrund eines sozialstaatlich induzierten überhöhten "Anspruchslohns" (Siebert 1999) sind in dieser Sichtweise die entscheidenden Verursachungsfaktoren, die eine Ausschöpfung des erheblichen Beschäftigungspotentials verhinderten. Die Konsequenzen, die sich aus dieser Diagnose ergeben, liegen auf der Hand: Die Annäherung der Löhne an die – wie auch immer bestimmte – (Grenz-)Produktivität soll dazu beitragen, die Nachfrage nach Arbeit in diesem Sektor zu erhöhen. Das Aufbrechen der "Mindestlohnfalle" soll die Arbeitslosen dazu bewegen, ihr Arbeitsangebot auch bei diesen neuen Einkommensbedingungen zu erhöhen.

Bei der praktisch-politischen Umsetzung dieser Konsequenzen treten allerdings deutliche Unterschiede zutage. Die einen – darunter auch Streeck und Heinze – wollen durch verschiedene Modelle der Lohnsubventionierung Arbeitsangebots- und Nachfrageverhalten in diesem Bereich beeinflussen. Die anderen – darunter vor allem Vertreter des neoliberal argumentierenden Mainstream – lehnen dies als indirekte "Verstaatlichung" der Lohnpolitik ab und setzen statt dessen auf eine möglichst marktnahe Lohnbildung, verbunden mit einer Absenkung des sozialen Sicherungsniveaus (SVR 1999).

Die heftigen öffentlichen Reaktionen der Gewerkschaften führten dazu, dass die im Strategiepapier der Benchmarking-Gruppe gemachten Vorschläge zunächst nicht offiziell im Rahmen des Bündnisses diskutiert wurden. In der Bündnis-Erklärung vom Juli 1999 wurde die Benchmarking-Gruppe lediglich gebeten, nach der Sommerpause Optionen für eine Verbesserung der Erwerbschancen von Geringqualifizierten" insbesondere von Langzeitarbeitslosen und Sozialhilfeempfängern vorzulegen.

Aus Sicht der (nicht nur gewerkschaftlichen) Kritiker wirft der gesamte Problemkomplex "Niedriglöhne/ Geringqualifizierte" und die darauf bezogenen Vorschläge eine Fülle von Fragen auf, die hier nicht alle im Detail erörtert werden können 13). Fragwürdig ist bereits die grundlegende Diagnose, die hohe Arbeitslosigkeit von gering Qualifizierten sei vorrangig eine Folge ihrer (zu) hohen Entlohnung. Abgesehen davon, dass eine methodisch überzeugende Messung der (Grenz-)Produktivität von gering qualifizierter Arbeit vor allem im Dienstleistungsbereich kaum möglich ist und es sich hier eher um eine selbstimmunisierende neoklassische Zirkelargumentation handelt 14), spricht vieles dafür, dass auf dem Arbeitsmarkt infolge der anhaltenden Massenarbeitslosigkeit auch qualifizierter ArbeitnehmerInnen ein enormer Verdrängungsdruck zulasten der Geringqualifizierten herrscht.

Wenn das so ist, muss in der Konsequenz bezweifelt werden, ob und inwieweit die verschiedenen Modelle tatsächlich zur Schaffung zusätzlicher Beschäftigung beitragen, oder ob sie nicht im günstigsten Fall zu einer Umschichtung im (unveränderten) Bestand von Beschäftigten und Arbeitslosen führen (Wiethold 1998, Weinkopf 1999). Dies wäre umso problematischer, je allgemeiner und umfassender Modelle der Lohnkostensubventionierung angelegt werden, weil dann in wachsendem Umfang Mitnahme- und Verdrängungseffekte zu erwarten sind. In diesem Zusammenhang ergeben sich auch Fragen an die Finanzierbarkeit der einzelnen Modelle 15).

Ebenso fragwürdig wie die Annahme steigender Arbeitsnachfrage durch sinkende Arbeitskosten ist die Hypothese von der Arbeitslosigkeit als Folge fehlender Arbeitsanreize wegen zu üppiger sozialer Absicherung. Zum einen weisen alle empirischen Untersuchungen aus, dass etwa das Lohnabstandsgebot zur Sozialhilfe eingehalten wird, zum andern bestehen Zumutbarkeitsregeln im Bereich der Arbeitslosenunterstützung (SGB III) und im Bundessozialhilfegesetz (BSHG), die im Laufe der vergangenen Jahre schrittweise verschärft wurden, ohne dass der erwünschte Beschäftigungserfolg eingetreten wäre. Die aktuelle Debatte um die "Neustrukturierung" von Arbeitslosenunterstützung und Sozialhilfe zeigt nur zu deutlich, in welche Richtung die sozialpolitischen Konsequenzen einer Verstärkung von Arbeitsanreizen für die Arbeitslosen gehen 16).

Die gewerkschaftliche Diskussion um die verschiedenen Modellvorschläge wurde neben den arbeitsmarktund sozialpolitischen Aspekten vor allem von den tarifpolitischen Implikationen bestimmt (Blechschmidt u.a. 1999). Denn jedes Konzept, das auf die beschäftigungsstiftenden Wirkungen von niedrigen bzw. niedrigeren Löhnen setzt, stellt letztlich auch bestehende tarifliche Einkommensstandards in Frage. Dabei ist es unerheblich, ob die vermutete Beschäftigungswirkung über die Senkung der direkten Lohnkosten oder der Lohnnebenkosten erreicht werden soll. In den unterschiedlichen Vorschlägen werden demzufolge auch die tariflichen Einkommensstandards zum Teil offen, zum Teil indirekt infrage gestellt 17). Es ist zweifellos zu begrüßen, dass einige Vorschläge zu Niedriglohnkonzepten das bestehende Tarifgefüge ausdrücklich unangetastet lassen wollen. Die Logik und Eigendynamik, die in solchen Konzepten stecken, wird damit allerdings nicht außer Kraft gesetzt.

3.2.2 Real existierende Niedrigeinkommen

Ein zentrales Argument der gewerkschaftlichen Kritik hebt darauf ab, dass der beschäftigungspolitische Praxistest von Niedriglohnkonzepten bereits seit langem mit erkennbar negativen Ergebnissen läuft. Insbesondere die Dienstleistungsgewerkschaften wiesen darauf hin, dass in ihren Organisationsbereichen tarifliche Niedriglöhne an der Tagesordnung sind. Dies wird auch durch die Auswertungen des WSI bestätigt (vgl. Bispinck 1996):
Es gibt insgesamt in Deutschland einen beachtlichen Bereich von niedrigen Tarifvergütungen mit Stundenlöhnen von 8 bis etwa 19 DM bzw. Monatsentgelten von 1 500–3 000 DM. Es zeigt sich, dass die Erscheinungsformen sehr vielfältig sind. Gerade im Dienstleistungsbereich sind die Niedrigeinkommen weit verbreitet. Das spiegelt verschiedene Faktoren wider, wie etwa die ökonomische Situation der Branche, die Knappheitsrelationen am Arbeitsmarkt, aber auch das Durchsetzungspotenzial von Beschäftigten und Gewerkschaften.

 

Tabelle 3: Tätigkeiten mit niedriger tariflicher Grundvergütung

Tätigkeiten

Tarifbereich

Vergü­
tungs­
gruppe

Grund­
vergütung

in DM

Stunden-
vergütung

in DM

Hilfsarbeiter für leichte Arbeiten

Landwirtschaft Rheinland-Nassau

L 1

1458

8,38

Haushaltshilfe (1. Tätigkeitsj.)

Privathaushalte NRW

E I

1588

9,51

VerkäuferIn (ungelernt, 1. Jahr)

Bäckerhandwerk Saarland

k.A.

1737

10,04

Bote, Page

Hotels u. Gaststätten Saarland

E 1

1755

10,14

FischverpackerIn

Fisch- u. Geflügelwirt. Cuxhaven

L 1

2160

13,09

FloristIn (3. Jahr)

Florist-Fachbetriebe Niedersachsen

A 2

2269

13,43

VerkäuferIn (2. Berufsjahr)

Einzelhandel Niedersachsen (OK II)

G II

2292

14,06

FriseurIn (”Erste Kraft”)

Friseurhandwerk Pfalz

VII

2370

14,79

GebäudeinnenreinigerIn

Gebäudereinigerhandwerk NRW

Ecklohn B

2388

14,14

FilmvorführerIn (bis 3 Berufsj.)

Filmtheater West (höchste Ortskl.)

k.A.

2393

13,83

AutomobilverkäuferIn
(in d. Einarbeitung)

Kfz-Gewerbe Schleswig-Holstein

G III

2459

15,77

Industriekaufmann/-frau (1. Tj.)

Papierverarb. Ind. Rhl.-Pfalz u. Saar

G 3

2541

16,72

Sachbearbeitung Ein- u. Verkauf (bis 23. Lj.)

Schuhindustrie Niedersachsen, Bremen, NRW

G K3

2546

15,07

Nähen an Nähmaschinen oder Handnäharbeiten

Bekleidungsindustrie Bayern o. Unterfranken

L IV

2582

16,14

Stahlfacharbeiter (o. Berufserfahr.)

Eisen- und Stahlindustrie NRW

L 6

2744

18,05

Industriekaufmann/-frau (1. Bj.)

Metallindustrie NRW

G III

2983

19,60

Schlossergeselle (ab 22.Lj.)

Schlosser- und Schmiedehandwerk
Schleswig-Holstein

L 5

3101

19,38

Quelle: WSI-Tarifarchiv Stand: 31.12.1998

 

In keinem Bereich ist festzustellen, dass die Niedriglohnstrukturen, die ja in den einzelnen Tarifbereichen über lange Zeit stabil sind, eine dauerhaft beschäftigungssichernde oder -fördernde Wirkung gehabt haben. Gerade der Dienstleistungsbereich zeigt prototypisch, dass selbst subventionierte Billigarbeit eher zu verschärfter personalwirtschaftlicher Rationalisierung verleitet, die zulasten von regulären Volloder auch Teilzeitarbeitsplätzen geht. So ging etwa im Einzelhandel zwischen 1994 und 1998 die Zahl der Vollzeitbeschäftigten um 222 000 (– 13 vH) zurück, die Zahl der Teilzeitbeschäftigten insgesamt stieg dagegen um 133 000 (+ 10 vH), die der geringfügig Beschäftigten um 300 000 (+ 75 vH) (HBV 1999).

Auch insgesamt betrachtet ist die bestehende tarifliche Lohndifferenzierung beachtlich. Dies gilt für die Gesamtzahl der Vergütungsgruppen ebenso wie für den Vergütungsschlüssel und die Differenzierung im unteren Vergütungsbereich (Bispinck/WSI-Tarifarchiv 1999c). Eine weitere Aufspreizung bedeutet immer auch Lohnsenkung. Eine stärkere Ausfächerung im unteren Einkommensbereich hat Folgen für das gesamte Tarifgefüge. Die Einführung neuer unterer Lohngruppen zieht am gesamten Tarifgefüge, der Anker – die Ecklohngruppe – gerät unter Druck, Auf- und Durchstiege werden schwieriger, Eingruppierungen insgesamt niedriger. Wie sehr sich die Debatte um den Niedriglohnsektor auf die aktuelle Tarifpolitik auswirkt, zeigt sich anhand der Forderung der Arbeitgeber, neue niedrigere Vergütungsgruppen einzuführen 18). Die gewerkschaftliche Ablehnung einer weiteren Differenzierung am unteren Ende des Tarifgefüges resultiert nicht zuletzt aus diesen übergreifenden Auswirkungen.

Das hat allerdings nicht verhindern können, dass die Differenzierung und Tarifspreizung in kleinen Schritten weiter fortschreitet. Das zeigen die zunehmend vereinbarten "Einsteigertarife" für (Langzeit-) Arbeitslose, der (abgesenkte) Mindestlohn im Baugewerbe u.a.m. Die Problematik solcher Differenzierung besteht nicht zuletzt in den Sogeffekten in angrenzenden Vergütungsbereichen und in benachbarten Tarifbereichen. Die bisher vorliegenden praktischen Erfahrungen mit den Auswirkungen von Tarifdifferentialen in verwandten Tarifgebieten belegen dies eindeutig 19).

Von Kritikern wird häufig eingewandt, dass die Existenz von unteren Lohngruppen mit niedrigen Vergütungsbeträgen allein wenig aussagekräftig sei, weil sie in der Praxis vielfach nicht oder kaum besetzt seien. Dieses Argument ist für einige Industriebereiche durchaus zutreffend. Das allein ist aber kein Beleg dafür, dass die Tarifvergütungen in diesen Gruppen zu hoch ausfallen und die nivellierende Lohnpolitik diese Arbeitsplätze gewissermaßen vernichtet hat. Vielmehr ist die Besetzung der Tarifgruppen eine Folge eines Arbeits- und Produktionsmodells, das in Deutschland traditionell mit hohem Qualifikationsniveau auf Facharbeiterbasis funktioniert. Der ökonomische Erfolg der deutschen Volkswirtschaft ist nicht zuletzt auch ein Erfolg seines Arbeits- und Produktionskonzepts, und es macht wenig Sinn, dieses Modell durch eine Revitalisierung gering qualifizierter Arbeit umgestalten zu wollen.

3.2.3 Befristete Modellversuche

Die kritische Diskussion der flächendeckend ansetzenden Subventionierungsmodelle à la Streeck/Heinze hat nicht zuletzt wegen ihres hohen Finanzbedarfs und der unsicheren, vermutlich bescheidenen Beschäftigungseffekte im Verlauf der vergangenen Monate dazu geführt, dass wieder stärker arbeitsmarktpolitische Konzepte in den Vordergrund traten, die vom Grundsatz her zielgruppenorientiert, zeitlich befristet und an weitere Vergabekriterien gebunden sind und nicht vorrangig darauf gerichtet sind, das Beschäftigungsniveau insgesamt zu steigern, sondern vor allem die Eingliederungschancen bestimmter Arbeitslosengruppen verbessern sollen. In verschiedener Ausprägung sind sie Gegenstand praktischer Erprobung, z.T. im Rahmen entsprechender Bündnis-Aktivitäten auf Länderebene. Der Minimalkonsens, auf den sich die Beteiligten am nationalen Bündnis am 12. 12. 1999 einigen konnten, besteht denn auch darin, einen auf drei Jahre befristeten Modellversuch in ausgewählten Regionen in je einem ost- und westdeutschen Bundesland zu starten, der auf die Gruppe gering qualifizierter ArbeitnehmerInnen und Langzeitarbeitsloser gerichtet ist. Die Modellversuche sollen durch die Bündnispartner vor Ort vorbereitet und begleitet sowie wissenschaftlich evaluiert werden (Bündnis für Arbeit 1999).

3.3 Freie Arbeitsmärkte durch Dezentralisierung?

"Hätten wir freie Arbeitsmärkte und flexible Lohnstrukturen ... bräuchten wir nicht über ein Bündnis für Arbeit zu reden. ... Dann hätten wir Vollbeschäftigung ..." (Wartenberg 1999). Diese Einschätzung des Hauptgeschäftsführers des BDI ist zweifelsohne kennzeichnend für die Grundhaltung der deutschen Wirtschaft und skizziert in knappster Form auch ein (arbeitsmarkt-)politisches Programm. Doch noch stehen diesen Wunschvorstellungen einigermaßen stabile Strukturen und Institutionen des Arbeitsmarktes und der industriellen Beziehungen entgegen. Die Wirtschafts- und Arbeitgebervertreter bemühten sich deshalb in den Bündnisgesprächen nicht ohne Erfolg, das Regulierungsinstrument des Flächentarifvertrags selbst zum Gegenstand zu machen: In der gemeinsamen Erklärung von BDA und DGB vom Juli 1999 spielt der Flächentarifvertrag eine wichtige Rolle. Zunächst wird festgestellt, dass die Reform des Flächentarifvertrages bei Wahrung der uneingeschränkten Tarifautonomie fortgesetzt wird und anschließend wird die Notwendigkeit betont, "betriebs- und praxisnahe Regelungen von Flächentarifverträgen zu stärken". Tarifliche "Wahl- und Ergänzungsmöglichkeiten, tarifvertragliche Korridore und Öffnungsklauseln" (BDA/ DGB 1999) sollen erweitert werden.

Damit wird ein tarifpolitisch kontrovers diskutiertes Feld angesprochen, das in der Praxis seit einiger Zeit sehr ambivalente Auswirkungen zeitigt. Die Dezentralisierung und Verbetrieblichung der Verbandstarifverträge ist ja keineswegs eine neue Entwicklung, sondern zieht sich wie ein roter Faden durch die gesamte Tarifpolitik seit Mitte der 80er und verstärkt in den 90er Jahren. Anlass, inhaltlicher Regelungsbereich, Ausgestaltung und praktische Auswirkungen der tariflichen Öffnung waren so weit gespannt, dass sich eine einheitliche und gar umstandslos positive Beurteilung verbietet 20). Generell lassen sich grob folgende Funktionen bzw. Ausprägungen unterscheiden:

Die Fülle real existierender Öffnungsklauseln (Bispinck 1998) haben in der Praxis ganz unterschiedliche Auswirkungen, die zweifellos auch davon abhängen, ob und inwieweit ihre Anwendung an bestimmte Kriterien und Voraussetzungen gebunden ist, ob die Zustimmung oder auch Beteiligung der Gewerkschaften vorgeschrieben ist u.a.m. Vor allem aber ist die Existenz einer handlungs und durchsetzungsfähigen betrieblichen Interessenvertretung eine wichtige Voraussetzung, um eine angemessene Umsetzung sicherzustellen. Die seit einiger Zeit konstatierte "Vertretungslücke" insbesondere in Klein- und Mittelbetrieben wirft gerade in Bezug auf die stärker dezentralisierte Tarifpolitik gravierende Fragen auf. Die zunehmenden Handlungsanforderungen an die Betriebsräte, die mit der Verbetrieblichung der Tarifpolitik verbunden sind, werden von ihnen keineswegs vorbehaltlos begrüßt. Die WSI-Betriebs- und Personalrätebefragung 1997/98 kam zu dem Ergebnis, dass die Mehrheit der Betriebsräte diesem Trend skeptisch bis ablehnend gegenüber steht (WSI-Projektgruppe 1998). Die Ursachen dafür liegen im wesentlichen in der wachsenden Kluft zwischen wachsenden Aufgaben einerseits und begrenzten realen Einflussmöglichkeiten andererseits.

Dies gilt insbesondere auch für die zahlreichen betrieblichen "Bündnisse für Arbeit", die in der gemeinsamen Erklärung von BDA und DGB weitgehend positiv beurteilt werden, ohne dass dies den durchgängig gemachten Erfahrungen entspricht. "Sehr viele dieser innerbetrieblichen Abmachungen sind von den Gewerkschaften bisher kritisch beurteilt worden, weil sie Lohndumping und andere Absenkungen von Standards mit sich bringen" (Hensche 1999). Tatsächlich lassen sich mühelos zahlreiche Beispiele dafür finden, dass solche Standortsicherungsvereinbarungen unter erheblichem Druck auf die Betriebsräte zustande kommen und vielfach Regelungen enthalten, die nicht oder nur schwer mit den Tarifbestimmungen vereinbar sind. In der innergewerkschaftlichen Diskussion ist nicht zuletzt vor dem Hintergrund dieser Erfahrungen die Strategie der Sicherung bzw. Reform des Flächentarifvertrags durch eine Art "kontrollierter Dezentralisierung" umstritten.

Das aktuelle Beispiel des Baukonzerns Philipp Holzmann zeigt mit aller Schärfe, in welches Dilemma die Gewerkschaften geraten (können), wenn sie mithilfe von (befristeten) Tarifabweichungen versuchen, einen Beitrag zur Unternehmenssicherung und damit auch zur Sicherung von Arbeitplätzen zu leisten. Die unmittelbar betroffenen Beschäftigten sind im Zweifel zu massiven Zugeständnissen bereit, die mittelbar betroffenen Beschäftigten bei anderen (Konkurrenz-)Unternehmen fürchten dagegen die problematischen Rückwirkungen auf die eigenen Arbeitsbedingungen und Arbeitsplätze. Wie auch immer die Gewerkschaft entscheidet, sie wird von der einen oder anderen Gruppe scharf kritisiert werden 21). Im Falle der Duldung der Tarifabweichung gerät der Flächentarifvertrag unter Druck, weil Bezugsbeispiele geschaffen werden, auf die sich andere Unternehmen berufen können.

Die Arbeitgeber haben den Fall zum Anlass genommen, mit ausdrücklichem Bezug auf die BDA/DGB-Erklärung vom Juli 1999 verstärkt tarifliche Öffnungsklauseln für Krisenbetriebe einzufordern (Göhner 1999). Notwendige Abweichungen im Krisenfall müssten in allen Branchen möglich sein. Im übrigen müsse das Günstigkeitsprinzip so geändert werden, dass künftig auf betrieblicher Ebene Abweichungen vom Tarifvertrag auch dann vereinbart werden könnten, wenn sie der Schaffung oder Sicherung von Arbeitsplätzen dienen 22). Damit könnte dann relativ leicht nahezu jede Tarifbestimmung zumindest befristet ausgehebelt werden. Voraussetzung wäre nach dem BDA-Vorschlag lediglich, dass eine einzelvertragliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vorliegt, dass sie für die vereinbarte Laufzeit eine Beschäftigungsgarantie vorsieht bzw. dass eine "eindeutige Notlage" besteht und dass mit dem Betriebsrat vorher oder nachher (!) Einvernehmen erzielt wird. Auf diese Weise glauben die Arbeitgeber, die aus ihrer Sicht positiven Wirkungen des Flächentarifs 23) zu erhalten, dies aber "in einem wesentlich flexibleren Rahmen" (ebenda, S. 10).

Insgesamt entsteht der Eindruck, dass die stärkere betriebliche Öffnung des Flächentarifvertrages, wie sie auch im Rahmen der Bündnis-Gespräche in Aussicht genommen wurde, in der öffentlichen Diskussion von den betrieblichen Flexibilisierungs- und Kostensenkungsinteressen dominiert wird. Die Hoffnung auf die beschäftigungsförderlichen Wirkungen von weiteren Öffnungen scheint von der Sache her weit weniger fundiert zu sein, als allgemein unterstellt wird. Die Ambivalenz einer (noch) stärkeren Dezentralisierung des Tarifsystems wird von gewerkschaftlicher Seite keinesfalls hinreichend deutlich gemacht und reflektiert.

 

4. Nationale Sozialpakte und Tarifpolitik in Europa

Die deutsche Debatte über die Rolle der Tarifpolitik im Bündnis für Arbeit wird in hohem Maße auch durch die Entwicklungen in anderen europäischen Ländern geprägt. Dabei wird vor allem von den Arbeitgebern immer wieder gerne behautet, dass "alle Beispiele erfolgreicher Bündnisse in den europäischen Nachbarländern zeigen, dass an erster Stelle immer eine Vereinbarung über eine langfristig moderate Lohnentwicklung steht" (BDA 1999, S. 19). Insbesondere die Niederlande gelten dabei als positiver Referenzpunkt, da "gerade der Erfolg des niederländischen Bündnisses und der dortigen Tarifpolitik ... auf einer sehr langfristigen, zentral verabredeten Lohnzurückhaltung (basiert)" (ebenda).

In den 90er Jahren ist es in der Tat in vielen europäischen Ländern zur Gründung nationaler "Sozialpakte" oder "Bündnisse für Arbeit" gekommen, in denen bei aller Unterschiedlichkeit im Detail die Lohnpolitik zumeist eine wichtige Rolle gespielt hat (Hassel/Hoffmann 1999; Kuntze 1998). In einer Reihe von Ländern standen diese Sozialen Pakte in einem engen Zusammenhang zur Vorbereitung auf die Europäische Währungsunion. Dabei sollte u. a. sichergestellt werden, dass die Lohnentwickung nicht die Durchsetzung der Maastrichter Konvergenzkriterien (niedrige Inflation und begrenzte Staatsverschuldung) konterkariert. Dies gilt z.B. für Irland, wo im Rahmen nationaler Sozialpakte konkret bezifferte Lohnleitlinien für maximale Lohnerhöhungen festgelegt wurden, oder auch für Italien und Portugal, wo die Lohnentwicklung an gesamtwirtschaftliche Kennziffern wie Inflation oder Produktivität gekoppelt wurde. Darüber hinaus finden sich eine Reihe anderer Länder, in denen nationale Lohnabsprachen zum Erhalt oder Steigerung nationaler Wettbewerbsfähigkeit getätigt wurden. In diese Gruppe gehört beispielweise die Niederlande, die mit ihrem berühmten "Abkommen von Wassenaar" bereits 1982 eine prinzipielle Übereinkunft für eine Einkommenspolitik erzielt haben, die die Wettbewerbsfähigkeit und Gewinnlage der Unternehmen erhöht. In Belgien und einigen skandinavischen Ländern (wie z.B. Dänemark oder Schweden) existieren mittlerweile mehr oder weniger verbindliche nationale "Lohnnormen", die sich daran orientieren, nicht über der Lohnentwicklung in andern europäischen Konkurrenzländern zu liegen. Damit hat sich insgesamt innerhalb Europas eine neue Form des "Wettbewerbskorporatismus" etabliert, in dem die Lohn- und Tarifpolitik funktional dem europäischen Standortwettbewerb untergeordnet wird.

Die positive Bezugnahme auf diese Entwicklung in der deutschen Bündnis-Diskussion ist nun allerdings in mindestens zweifacher Hinsicht äußerst problematisch. Zum einen wird in ihr einfach unterstellt, dass die lohnpolitischen Vereinbarungen in den nationalen Sozialpakten tatsächlich zu einer positiven Beschäftigungsentwicklung geführt hätten. Zum anderen wird stillschweigend davon ausgegangen, dass der nationale Wettbewerbskorporatismus innerhalb Europas verallgemeinerbar sei und sich zu einem universellen Win-Win-Spiel entfalten könnte.

Die These, dass in anderen europäischen Ländern eine Politik der Lohnzurückhaltung zu mehr Beschäftigung geführt hätte, ist in dieser Kausalität allein deswegen schon fragwürdig, da die in fast allen Ländern beobachtbare moderate Lohnpolitik offenkundig ganz unterschiedliche Beschäftigungseffekte nach sich gezogen hat. Darüber hinaus ist jedoch auch in den beschäftigungspolitisch erfolgreichen Ländern die Rolle der Lohnpolitik keineswegs eindeutig. Ob die moderate Lohnpolitik z.B. in den Niederlanden tatsächlich zu mehr Beschäftigung geführt hat, wird mittlerweile auch von niederländischen Ökonomen stark in Zweifel gezogen, zumal das gesamte Arbeitsvolumen sich in den Niederlanden kaum vergrößert hat und die neu geschaffen Arbeitsplätze demnach vornehmlich durch Arbeitsumverteilung (insbesondere durch Ausweitung von Teilzeit) zustande kamen (Reuten 1998). Hinzu kommt die hierzulande kaum bekannte Tatsache, dass im Durchschnitt der 90er Jahre die Lohnentwicklung in Deutschland im Vergleich zu den Niederlanden, gemessen an den jeweils nationalen Verteilungsspielräumen, wesentlich "moderater" war, ohne dass entsprechende Arbeitsplatzeffekte eingetreten wären (Schulten 1999a).

Der wichtigste Kritikpunkt an der Politik nationaler Lohnzurückhaltung liegt jedoch darin, dass ihre beschäftigungspolitischen Effekte – wenn überhaupt – auf Kosten anderer europäischer Länder erzielt werden und sich dieser Ansatz daher den Vorwurf einer "Beggar-my-neighbour"-Politik gefallen lassen muss. Während eine Politik nationaler Lohnzurückhaltung als eine Art von Nischenstrategie insbesondere für kleinere Länder noch recht erfolgreich sein mag, so würde ihre Universalisierung in Europa – noch dazu unter den Bedingungen einer Europäischen Währungsunion – unweigerlich in einen lohnpolitischen Absenkungswettlauf münden (Schulten 1999b).

Die europäischen Gewerkschaften haben in den letzten Jahren erste Schritte entwickelt, ihre nationalen Tarifpolitiken auf europäischer Ebenen miteinander zu koordinieren, um auf diese Weise ein gegenseitiges Lohndumping zu verhindern. So haben sich z.B. im September 1998 die Gewerkschaften aus Belgien, Deutschland, Luxemburg und den Niederlanden in der sogenannten "Erklärung von Doorn" darauf verständigt, als gemeinsame Orientierung ein "tarifliches Abschlussvolumen" anzustreben, das der Summe aus Preisentwicklung und Steigerung der Arbeitsproduktivität entspricht (Kreimer-de Fries 1999). Damit treten die Gewerkschaften zugleich für eine "wettbewerbsneutrale Tarifpolitik" ein, die sich an der ökonomischen Leistungsfähigkeit der einzelnen Länder orientiert und bewusst darauf verzichtet, durch eine wettbewerbsorientierte Tarifpolitik der Lohnzurückhaltung, Vorteile auf Kosten anderer Länder zu erzielen. Diese Konzeption einer solidarischen Lohnund Tarifpolitik in Europa steht damit aber im offenen Widerspruch zu einer wettbewerbsorientierten Einbindung der Tarifpolitik im Rahmen nationaler Sozialpakte.

 

5. Streit um "beschäftigungsorientierte Tarifpolitik"

Lässt man die bisherige Entwicklung der tarifpolitischen Diskussion in und um das Bündnis für Arbeit Revue passieren, dann wird deutlich: Es gibt bislang keinen belastbaren Grundkonsens der beteiligten Bündnis-Parteien darüber, was die Essentiales einer "beschäftigungsorientierten Tarifpolitik" sind. Die inhaltlichen Elemente, die bislang Gegenstand der Meinungs- und Konsensbildung waren, sind mit wenigen Ausnahmen 24) umstritten:

(1) Verteilungsdimension und makroökonomische Grundlagen

Seit Beginn der neuen Bündnisrunde ist die Frage der Produktivitätsorientierung der Tarifpolitik umstritten. Die Gewerkschaften, die nach mehreren Jahren "moderater" Tarifabschlüsse in der Tarifrunde 1999 erstmals wieder Reallohnsteigerungen durchsetzen konnten, sehen weder systematische Argumente noch einen konkreten tarifpolitischen Anlass, die sie dazu bewegen könnten, den zur Verfügung stehenden Verteilungsspielraum unterhalb der Produktivitätsrate anzusiedeln. Bereits die Beschränkung auf Preisausgleich und Teilhabe am Produktivitätsfortschritt bedeutet ja aus ihrer Sicht ein Zugeständnis, weil dies zwangsläufig eine Hinnahme der verschlechterten Verteilungsrelationen zur Folge hat 25).

Dabei spielen nicht nur verteilungspolitische, sondern auch makroökonomische Argumente eine zentrale Rolle. Während die Arbeitgeber und die herrschende wirtschaftswissenschaftliche Meinung in einem extrem reduzierten einzelwirtschaftlich bzw. angebotsorientierten Paradigma argumentieren, das für den Doppelcharakter der Löhne (Kosten- und Nachfragewirkung) keinen Raum lässt, stellen die Gewerkschaften die Kaufkraftfunktion der Löhne heraus und betonen in diesem Zusammenhang die makroökonomischen Kreislaufzusammenhänge, die der stabilen Entwicklung des (einkommensbasierten) privaten Verbrauchs eine wichtige Rolle für die Erreichung eines gleichgewichtigen Wachstumspfades zuschreiben.

Wenn überhaupt Bereitschaft zu geringeren Lohnabschlüssen auf gewerkschaftlicher Seite besteht, dann nur in dem Maße, wie der nicht genutzte Teil des Verteilungsspielraums für andere, z.B. arbeitszeitpolitische Maßnahmen eingesetzt wird.

(2) Arbeitsumverteilung durch Arbeitszeitverkürzung

Gleichermaßen konfliktorisch geht es bei der Beurteilung des Instruments der Arbeitszeitverkürzung zu. Zwar ist es den Gewerkschaften gelungen, in die BündnisDokumente verschiedene arbeitszeitpolitische Elemente zu integrieren (Überstundenabbau, flexibler Übergang in den vorgezogenen Ruhestand), die Arbeitgeber haben aber stets darauf bestanden, dass entsprechende Regelungen nur auf betrieblicher Ebene und auf freiwilliger Basis entschieden werden müssten. Kollektive Regelungen mit verbindlichem Rechtsanspruch werden strikt abgelehnt. Dies hat auch die Einigung über eine "Rente mit 60" mit der von der IG Metall geforderten gesetzlichen Regelung und der Finanzierung durch einen betriebsübergreifenden Fonds bislang 26) verhindert. Mehr als fraglich ist im übrigen, ob die anderen genannten Instrumente, die auf die weitere Flexibilisierung der betrieblichen Arbeitszeitpolitik zielen (Arbeitszeitkorridore, Arbeitszeitkonten) tatsächlich beschäftigungsfördernde Wirkung erzielen. Vieles hängt von der konkreten Ausgestaltung und betrieblichen Umsetzung ab. Dies gilt auch für das wohlfeile Bekenntnis der Bündnis-Parteien zu mehr Teilzeitarbeit. Solange die Betriebe dieses Instrument nicht von sich aus stärker nutzen und die Teilzeitarbeit nicht für Beschäftigten in bestimmten sozialen Lebenssituationen attraktiver gemacht wird, dürfte sich die erwünschte beschäftigungswirksame Ausweitung von Teilzeitarbeit in Grenzen halten.

(3) Tarifpolitik und andere Politikelder

Zweifellos kann die Tarifpolitik einen positiven Beitrag zur Beschäftigungsentwicklung leisten, und es erscheint durchaus sinnvoll, dies auch im Rahmen des Bündnis für Arbeit ggf. kontrovers zu diskutieren. Dementsprechend sind die Gewerkschaften auch gut beraten, den "Begriff der ,beschäftigungsorientierten Tarifpolitik' mit eigenen sozialreformerischen Inhalten zu besetzen und nicht zum Kampfbegriff der Arbeitgeber verkommen zu lassen" (Kuda/Lang 1999, S. 89). Die Konzentration auf die beschäftigungspolitische Bedeutung der Tarifpolitik sollte jedoch nicht dazu führen, ihr Aufgaben zuzuweisen, mit denen sie objektiv überfordert ist. Selbst wenn eine grundsätzliche Einigung beispielsweise auf eine mittelfristig verstetigte Lohn- (und Arbeitszeit-)Politik im Rahmen eines an der Preis- und Produktivitätsentwicklung orientierten Korridors möglich wäre, hätte dies nur dann eine spürbar positive Wirkung, wenn die anderen beschäftigungsrelevanten Politikbereiche selbst in ein stimmiges makropolitisches Gesamtkonzept eingebunden werden 27). Jede noch so im wohlverstandenen Sinne verantwortungsbewusste Lohnpolitik wird in ihren (begrenzten) Wirkungen konterkariert, wenn beispielsweise eine überzogene Budgetkonsolidierung oder eine restriktive Geldpolitik Wachstums- und damit Beschäftigungspotenziale reduzieren.

(4) Tarifpolitik zwischen Bündnis für Arbeit und gewerkschaftlicher Interessenvertretung

Wie auch immer sich die weitere Entwicklung des Bündnis für Arbeit gestalten wird, die Gewerkschaften müssen auch künftig das Spannungsverhältnis zwischen der Tarifpolitik als ihrem zentralen politischen Handlungsfeld und der Mitarbeit im Bündnis für Arbeit austarieren. Die Tarifrunde 1999 lief noch parallel und weitgehend unbeeinflusst von der Entwicklung im Bündnis für Arbeit. Gerade der erfolgreiche Abschluss dieser Tarifrunde hat den Druck von Seiten der Arbeitgeber deutlich erhöht, nunmehr über das Bündnis für Arbeit die Gewerkschaften lohnpolitisch zu disziplinieren. Die Tarifrunde 2000 wird zeigen, ob dieses Kalkül aufgeht oder ob die Gewerkschaften in der Lage sind, mit einer aktiven Tarifbewegung nicht zuletzt auch ihre politische Position am Bündnistisch zu stärken.

 

Dieser Artikel ist erschienen in: WSI Mitteilungen 12/1999

Dr. Reinhard Bispinck ist wissenschaftlicher Referent im WSI und Leiter des WSI-Tarifarchivs. Dipl.Pol. Thorsten Schulten ist wissenschaftlicher Mitarbeiter beim WSI in der Hans-Böckler-Stiftung.

Anmerkungen:

1) Die Forderung nach einer Tarifpolitik der Beschäftigungssicherung" war bereits Bestandteil der gemeinsamen Erklärung des ersten und später gescheiterten Bündnis von Januar 1996 (Bündnis für Arbeit 1996). Die Forderung wurde damals sogar noch mit dem Zusatz präzisiert, durch eine moderate Tarifpolitik die Bedingungen für Beschäftigungsaufbau und Abbau der Arbeitslosigkeit zu verbessern."
2 ) Das Tarifniveau kletterte bezogen auf die tarifliche Grundvergütung zunächst rasch von 60 vH (1991) auf 80 vH (1993) und dann bis 1999 auf rund 91 vH (WSI-Tarifarchiv). Das effektive Einkommensniveau stieg in diesem Zeitraum jedoch lediglich von rund 47 vH auf 74 vH (DIW 1999).
3 ) Sie betrug in den ersten drei Quartalen dieses Jahres – 0,9 vH. Vgl. Deutsche Bundesbank 1999. Schaubild 1 Verteilungsspielraum 1991–1999 und seine Ausschöpfung (in vH zum Vorjahr)
4 ) Vgl. im folgenden Jacobi 1972. Ein umfangreiche Dokumentation unterschiedlicher Positionen findet sich bei Arndt 1969.
5 ) Die sogenannte MeinholdFormel" ist benannt nach dem damaligen Frankfurter ÖkonomieProfessor Helmut Meinhold, der in der Tarifrunde 1965 als Schlichter bei den Verhandlungen in der Eisen und Stahlindustrie auftrat und hierbei die genannte Formel prägte.
6 ) Beschluss des DGBBundesvorstandes über Notwendigkeit, Voraussetzungen und Möglichkeiten einer koordinierten gewerkschaftlichen Tarifund Besoldungspolitik", ND 78/67 vom 4. April 1967.
7 ) Der Sachverständigenrat hat in den letzten Jahren nahezu gebetsmühlenartig seine lohnpolitischen Konzeptionen immer wieder wiederholt. Zu dem lohnpolitischen Empfehlungen im jüngsten Jahresgutachten 1999/ 2000 vgl. SVR 1999, Ziffer 327ff.).
8 ) Im SVR Jahresgutachten 1999/2000 wurde nach langer Zeit erstmals im Rahmen eines Minderheitengutachtens von Jürgen Kromphardt auch wieder eine grundsätzlich andere Sichtweise dargelegt. Vgl. SVR 1999, Ziffer 366ff.
9 ) Die Arbeitgeber versuchten darüber hinaus von Beginn an ihre Teilnahme am Bündnis als politisches Faustpfand gegen die Politik der neuen Bundesregierung zu verwenden. So bezeichnete z.B. der BDA-Präsident Dieter Hundt die rotgrüne Koalitionsvereinbarung als ein Bündnis gegen Arbeit", auf dessen Basis es mit der deutschen Wirtschaft kein Bündnis geben könnte" ( zit. n. Handelsblatt vom 21. Oktober 1998).
10 ) S. a. Reformkommission 1998. Es lässt sich leicht ausrechnen, dass bei Anwendung dieser Formel es in den letzten Jahren faktisch permanent zu Lohnsenkungen gekommen wäre. Dies ist auch der Reformkommission" bewusst, weshalb sie die bestehenden Nominallöhne als Untergrenze fixieren will.
11 ) Der IG Metall Vorsitzende Klaus Zwickel bemerkte hierzu, dass eine Diskussion über volkwirtschaftliche Daten im Bündnis nicht dazu führen könnte, dass wir anschließend die Volkswirte die nächste Lohnerhöhung ausrechnen lassen" (IG Metall Pressemitteilung vom 7.4.1999). Die Delegierten des IG Metall Gewerkschaftstages fassten im Oktober 1999 sogar den Beschluss, das Bündnis an dem Punkt zu verlassen, an dem dort Lohnleitleinen vereinbart werden.
12 ) Dazu zählen insbesondere der Vorschlag von Fritz Scharpf (1995), der einen degressiven Zuschuss zu niedrigen Stundenlöhnen an Arbeitgeber vorsieht, sowie das Kombilohn-Modell der BDA, das eine geringere Anrechnung von Erwerbseinkommen auf die Sozialhilfe mit einer Absenkung der unteren Lohngruppen um bis zu 20 bis 30 vH vorsah (BDA 1997).
13 ) Vgl. dazu im Überblick: Bäcker (1999) und Bosch (in diesem Heft).
14 ) Die hohe Arbeitslosigkeit wird schlicht als Beleg für nicht marktgerechte Entlohnung genommen, und solange die Arbeitslosigkeit überdurchschnittlich hoch ist, sei auch das Lohnniveau (noch) zu hoch.
15 ) Vgl. Hermann Buslei, Viktor Steiner, Beschäftigungseffekte und fiskalische Kosten von Lohnsubventionen im Niedriglohnbereich (erscheint in einem der nächsten Hefte der WSI-Mitteilungen) sowie Schupp u.a. 1999.
16 ) Vgl. die jüngsten Vorschläge des Sachverständigenrates (1999) sowie deren Kritik bei Adamy/Steffen 1999.
17 ) Ganz unverhohlen geschieht dies im Kombilohnmodell der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA). Zur Schaffung eines Niedriglohnbereichs besteht arbeitsmarktpolitisch keine Alternative. Denn von Arbeitslosigkeit betroffen sind vor allem Geringqualifizierte. ... Ein Niedriglohnbereich braucht keine Lohnsubventionen, sondern echte Niedriglöhne." (Hundt 1999c).
18 ) Ein eindrucksvolles Anschauungsbeispiel lieferte die jüngste Tarifrunde im Einzelhandel, die die Arbeitgeber zum Anlass nahmen, eine ganze Reihe von Forderungen zur Tarifdifferenzierung und spreizung im unteren Vergütungsbereich aufzustellen. Erst nach insgesamt monatelangen Verhandlungen konnte die Tarifrunde abgeschlossen werden, ohne dass es zur breiten Realisierung dieser Forderungen kam. Vgl. Bispinck/WSI-Tarifarchiv 1999b.
19 ) Dies gilt beispielsweise für den Personennahverkehr, für die Bodenverkehrsdienste an Flughäfen, für den Montagesektor im Bereich der Metall- und Elektroindustrie u.v.a.m. Vgl. Bispinck/WSI-Tarifarchiv 1999a, S. 82 f.
20 ) Wenn in der Formulierung der BDA/DGB-Erklärung der Eindruck erweckt wird, als sei wegen der Betriebs- und Praxisnähe eine weitere Öffnung tariflicher Bestimmungen per se erstrebenswert, dann abstrahiert dies von den heterogenen Entstehungs und Funktionsbedingungen tariflicher Öffnungsklauseln. Es macht beispielsweise einen qualitativen Unterschied, ob die Arbeitszeit je nach betrieblichen Gegebenheiten ungleichmäßig verteilt wird, aber im Durchschnitt eines Jahres dem tariflich vorgeschriebenen Niveau entspricht, oder ob bis zu 18 vH der Belegschaft dauerhaft eine tarifliche 40-Stundenwoche statt der vorgeschriebenen 35-Stundenwoche haben. Und es ist sicherlich auch von unterschiedlicher Bedeutung, ob etwa (nur) der Zeitpunkt der Auszahlung der Jahressonderzahlung verschoben werden kann, oder ob ein Einkommenskorridor eine Tariflohnsenkung um bis zu 10 vH erlaubt.
21 ) Das Absurde (nicht nur) im Fall Holzmann ist, dass die Gewerkschaft gewissermaßen den Schwarzen Peter zugeschoben bekommt, obwohl sie und ihre Tarifpolitik erwiesenermaßen mit den wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Konzerns nichts zu tun hat, während insbesondere die Banken aus dem Zentrum der öffentlichen Diskussion herausrücken.
22 ) Bislang lässt die Rechtsprechung eine Tarifabweichung auf betrieblicher Ebene nur dann zu, wenn die Regelungen in Bezug auf die gleiche Sachgruppe, z. B. Löhne oder Arbeitszeit, günstiger ausfallen. Damit soll sichergestellt werden, dass nicht "Äpfel mit Birnen" verglichen werden und Unterschreitungen des Tarifniveaus zulässig werden, wenn in anderer Hinsicht höher eingeschätzte Vorteile gewährt werden (vgl. Däubler, 1993, Ziff. 204 ff.).
23 ) Der Flächentarifvertrag hat sich bewährt. Er hält die Verteilungskämpfe aus den Betrieben und entfaltet ordnende Funktion." (Göhner 1999, S. 10).
24 ) Diese beziehen sich zwar auf durchaus wichtige Themen, wie etwa die Ausbildungsförderung oder die Verbesserung der Altersteilzeitregelung, betreffen aber im Kern nicht den Verteilungskonflikt zwischen den Tarifparteien.
25 ) Noch in der Begründung ihrer Lohnforderung für die Tarifrunde 1999 hatte die IG Metall ausdrücklich eine Umverteilungskomponente eingefordert. Für das Jahr 2000 definiert sie den Verteilungsspielraum (rund 4 vH) lediglich mit Rückgriff auf Preis- und Produktivitätsentwicklung (IG Metall 1999).
26 ) Redaktionsschluss dieses Beitrags: 15.12.1999.
27 ) Vgl. dazu den Beitrag von Heise und Hein in diesem Heft.

 

Literatur

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