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Deutscher Bundestag
Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung
14. Wahlperiode
Ausschussdrucksache 14/1345

6. März 2001

Unterrichtung durch das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung

Ergebnisse des 7. Spitzengesprächs des Bündnisses für Arbeit, Ausbildung und Wettbewerbsfähigkeit am 4. März 2001

 

Die Teilnehmer[1] am Bündnis für Arbeit, Ausbildung und Wettbewerbsfähigkeit haben sich heute unter Vorsitz von Bundeskanzler Gerhard Schröder zum siebten Spitzengespräch getroffen. Die Vertreter von Wirtschaft, Gewerkschaften und Bundesregierung erklären aus diesem Anlass:

 

I. Wirtschaftliche Lage

Die deutsche Volkswirtschaft befindet sich in einem anhaltenden Aufschwung. Mit 3,0 % wurde im vergangenen Jahr das höchste reale Wirtschaftswachstum seit fast einem Jahrzehnt erreicht. Für dieses Jahr erwartet die Mehrzahl der Konjunkturexperten ein nur geringfügig vermindertes Wachstumstempo. Neben den Exporten entwickelt sich die Binnennachfrage allmählich zu einer Antriebskraft der Konjunktur.

Positive Entwicklungen zeigen sich auch auf dem Arbeitsmarkt. In den letzten beiden Jahren sind fast eine Million neue Arbeitsplätze geschaffen worden. Allein im Jahr 2000 stieg die Zahl der Erwerbstätigen um über 590.000 Personen. Dazu haben die positive Konjunkturentwicklung, steigende Exporte, Entlastungswirkungen der Steuerreform für die privaten Haushalte und die beschäftigungsorientierte Tarifpolitik beigetragen.

Aber noch immer ist die Arbeitslosigkeit mit über 3,8 Mio. registrierten Arbeitslosen im Jahresdurchschnitt zu hoch. Sie ist jedoch rückläufig, allerdings verläuft die Entwicklung in Ost- und Westdeutschland nach wie vor unterschiedlich. Während in Westdeutschland die Arbeitslosigkeit merklich zurückgeht, wird für Ostdeutschland ein Rückgang zwischen 20.000 und 40.000 prognostiziert.

Auf dem Ausbildungsstellenmarkt hat sich die Lage 2000 weiter verbessert: Erstmals seit 1995 übersteigt die Zahl der unbesetzten Ausbildungsstellen bundesweit die Zahl der noch nicht vermittelten Bewerber. Dieses gute Ergebnis ist unter anderem auf eine deutlich gewachsene Zahl betrieblicher Ausbildungsplätze zurückzuführen. Die Betriebe haben rund 14.500 (dies entspricht knapp 3 %) mehr Ausbildungsverträge abgeschlossen als im Vorjahr.

Private und öffentliche Investitionen sind die Voraussetzungen für ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum. Sie sind besonders dringlich in den neuen Ländern, um das Ziel einer selbsttragenden wirtschaftlichen Entwicklung möglichst schnell zu erreichen und das Defizit an produktiven Arbeitsplätzen in Industrie und Dienstleistung zu überwinden.

So schafft das aus den UMTS-Zinsersparnissen finanzierte Zukunftsinvestitionsprogramm gute Voraussetzungen für neue Arbeitsplätze in wichtigen Wachstumsfeldern. Mit den im Klimaschutzprogramm der Bundesregierung festgelegten Förderungen für energetische Gebäudesanierungen werden die Ergebnisse des Themendialogs "Arbeit und Umwelt" aufgegriffen und wichtige Anstöße für Investitionen und Beschäftigung gegeben.

Die Bündnispartner sind sich einig, dass angesichts der günstigen Rahmenbedingungen alle Möglichkeiten für Neueinstellungen und langfristigen Beschäftigungsaufbau in den Betrieben genutzt werden müssen. Die positive wirtschaftliche Entwicklung hat die Schaffung zahlreicher neuer Arbeitsplätze ermöglicht. Die Bündnispartner fordern die Betriebe auf, ihre Einstellungspolitik verstärkt fortzusetzen. Sie setzen sich dafür ein, dass die in einigen Bereichen zur Zeit anfallende hohe Zahl von regelmäßig geleisteten Überstunden zugunsten zusätzlicher Beschäftigung reduziert werden muss. Sie fordern Tarif- bzw. die Betriebsparteien auf, alle vorhandenen Instrumente zu nutzen, um in den kommenden Jahren dieses Ziel zu erreichen, z.B. durch:

Viele Arbeitsplätze können jedoch nicht besetzt werden, die Zahl der offenen Stellen wächst kontinuierlich. Deshalb haben die Bündnispartner eine Qualifizierungsoffensive beschlossen, mit der dem zunehmenden Arbeitskräftemangel entgegengewirkt werden soll und einen Paradigmenwechsel in der Frage der Beschäftigung älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eingeleitet.

Das Bündnis für Arbeit, Ausbildung und Wettbewerbsfähigkeit wird sich regelmäßig über die Entwicklung der Einstellungs- und Qualifizierungsoffensive unterrichten lassen und Initiativen und Maßnahmen verabreden, die zur Erreichung der genannten Ziele beitragen.

 

II. Qualifizierungsoffensive

Die Entwicklung hin zu einer Informations- und Wissensgesellschaft und die zunehmenden internationalen Verflechtungen der Wirtschaft haben einen nachhaltigen und fortlaufenden Wandel der beruflichen Anforderungen an nahezu allen Arbeitsplätzen zur Folge. Infolge der demografischen Entwicklung wird zugleich langfristig das Erwerbspersonenpotential sinken und der Anteil älterer Erwerbspersonen wachsen. Als Antwort auf diese Herausforderungen haben die Bündnispartner eine breite Offensive zur umfassenden Erschließung und Förderung aller Qualifikationspotentiale gestartet (Einzelheiten vgl. Anlage 1).

Die Bündnispartner werden ihre Zusammenarbeit bei den regionalen Ausbildungskonferenzen mit dem Ziel fortsetzen, neben einer weiteren quantitativen Steigerung des betrieblichen Ausbildungsplatzangebotes auch verstärkt qualitative Verbesserungen zu erzielen. Die Wirtschaftsverbände und Gewerkschaften werden sich darüber hinaus dafür einsetzen, dass in möglichst vielen Tarifverhandlungen ausbildungsfördernde Vereinbarungen zur Steigerung des Ausbildungsplatzangebotes getroffen werden. Jugendlichen, die sich bis zum 30. September eines jeden Jahres bei den Arbeitsämtern gemeldet haben, denen aber noch kein Ausbildungsplatz vermittelt werden konnte, wird je nach regionalen Gegebenheiten ein möglichst wohnortnahes Ausbildungsverhältnis im gewünschten Berufsfeld angeboten. Die Tarifvertragsparteien werden ferner alle Möglichkeiten nutzen, betrieblich und außerbetrieblich ausgebildete Jugendliche in ein Beschäftigungsverhältnis zu übernehmen.

Die Bündnispartner haben positive Erfahrungen mit ihrer "Offensive zum Abbau des IT-Fachkräftemangels" gemacht und ergänzen diese derzeit zusätzlich mit dem Aufbau eines IT-spezifischen Weiterbildungssystems. Sie werden rasch weitere Bereiche mit absehbarem Fachkräftemangel identifizieren und bei Bedarf entsprechende Maßnahmen zur Schaffung zusätzlicher Ausbildungsplätze ergreifen.

Die Bündnispartner sehen die Notwendigkeit, die Bereitschaft zur Selbständigkeit durch entsprechend gestaltete Aus- und Weiterbildung zu fördern. Dazu soll auch die Novellierung des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes beitragen ("Meister-BAföG").

Die Sozialpartner werden eine Initiative zur betrieblichen Weiterbildung insbesondere mit folgenden Schwerpunkten ergreifen:

Sinnvolle Weiterbildung bedarf definierter Qualitätsanforderungen. Deshalb werden die Bündnispartner eine Initiative zur Qualitätssicherung starten. Dies ist umso dringlicher, da bislang nur für einzelne Teilbereiche differenzierte und verbindliche Kriterien existieren. Qualitätssicherungsverfahren sollen vergleichbar, transparent, nachvollziehbar und prozessbezogen sein. In diesem Rahmen hat auch eine verbesserte Zertifizierung erworbener Qualifikationen und Kompetenzen wachsende Bedeutung. Die Kooperation der Bündnispartner ist für eine wirkungsvolle und breite Qualitätssicherung unabdingbar. Daher bündelt die Bundesregierung ihre Aktivitäten im Aktionsprogramm "Lebensbegleitendes Lernen für alle", dessen Kern das Programm "Lernende Regionen – Förderung von Netzwerken" ist.

Qualifizierung findet aber nicht nur im Betrieb statt. Um Transparenz über die verfügbaren Bildungsangebote zu verbessern, werden die Bündnispartner die Information und Beratung über vorhandene Bildungsmöglichkeiten ausbauen.

In einer globalisierten Welt sind internationale Erfahrungen unverzichtbarer Qualifikationsbestandteil. Deshalb werden die Bündnispartner den Auslandsaustausch von Auszubildenden und Fachkräften verstärken.

Die Bündnispartner werden mit den Ländern Gespräche führen, insbesondere um den Hochschulzugang für beruflich qualifizierte junge Erwachsene und Absolventen der beruflichen Aus- und Weiterbildung zu verbessern.
Die Chancengleichheit von Frauen und Männern sowie die Förderung der Erwerbstätigkeit von Frauen sind Querschnittsziel bei allen Initiativen und Aktivitäten des Bündnisses. Frauen sind bei allen Maßnahmen der Qualifizierungsoffensive mit dem Ziel der gleichberechtigten Beteiligung zu berücksichtigen.

Die Bundesregierung wird der Steuerungsgruppe eine zusammenfassende Darstellung der Aktivitäten der Bundesregierung und des Bündnisses zur Verbesserung der Chancengleichheit von Frauen und Männern vorlegen.
Die Benchmarking-Gruppe hat den Auftrag erhalten, ausgewählte Beispiele guter Praxis im Bereich der betrieblichen Weiterbildung in Deutschland zusammenzustellen. Sie wird diese im Frühsommer 2001 vorlegen.

 

III. Verbesserung der Beschäftigungsaussichten älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer

Die Bündnispartner haben sich ausführlich mit den Möglichkeiten zur Verbesserung der Beschäftigungschancen älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigt (vgl. Anlage 2). Sie sind hierbei zu folgenden wesentlichen Ergebnissen gekommen:

Bei der Beurteilung der Beschäftigungssituation älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer stimmen die Bündnispartner überein, dass ein Paradigmenwechsel erforderlich ist. Anstelle einer vorzeitigen Ausgliederung aus dem Erwerbsleben sollten künftig die verstärkte Beschäftigung Älterer, die vorbeugende Verhinderung von Arbeitslosigkeit und die Wiedereingliederung bereits Arbeitsloser vorrangiges Ziel arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen sein. Auch Änderungen bei den Arbeitsbedingungen, der Arbeitsorganisation und den sozialrechtlichen Rahmenbedingungen müssen einen wichtigen Beitrag leisten, damit ältere Menschen länger erwerbstätig bleiben. Der Paradigmenwechsel gebietet sich nicht nur aufgrund der verbesserten Beschäftigungssituation und der absehbaren demografischen Entwicklung, sondern auch deshalb, weil das frühe Ausscheiden älterer Arbeitnehmer hohe gesamtgesellschaftliche Kosten verursacht. Zudem wird die sinkende Erwerbsquote älterer Arbeitnehmer in Deutschland auf europäischer Ebene bereits seit einigen Jahren deutlich kritisiert.

Zur Umsetzung dieses Ziels schlagen die Bündnispartner folgende Maßnahmen vor:

 

IV. Vermittlung in Arbeit stärken

Die Bündnispartner begrüßen die sich weiter verbessernde Lage auf dem Arbeitsmarkt. Der hohe Anteil struktureller Arbeitslosigkeit, darunter viele Langzeitarbeitslose, Ältere und Arbeitslose mit Qualifikationsdefiziten sowie der partielle Fachkräftemangel in einigen Branchen und Regionen Westdeutschlands stellen ebenso wie die anhaltend hohe Arbeitslosigkeit in weiten Teilen Ostdeutschlands die zentralen Probleme auf dem Arbeitsmarkt dar. Die Bündnispartner stimmen darin überein, dass zum Abbau des Arbeitsplatzdefizits in Ostdeutschland neben verstärkten privaten Investitionen weiterhin der Einsatz aller finanz- und wirtschaftspolitischen Instrumente zur Schaffung neuer Arbeitsplätze sowie der verstärkte Ausbau der Infrastruktur erforderlich sind.

Flankierend ist zum Abbau der strukturellen Arbeitslosigkeit auch bei steigender Beschäftigung zukünftig eine stärker aktivierende und vorbeugende Arbeitsmarktpolitik notwendig. Im Bündnis sind bereits zusätzliche Instrumente zur Wiedereingliederung Arbeitsloser durch Jobrotation und zur Qualifizierung Älterer verabredet. Ferner erwarten die Bündnispartner, dass die Instrumente der Vermittlung Arbeitsloser mit folgenden Zielen im Konsens weiterentwickelt werden:

Wirtschaft und Gewerkschaften begrüßen, dass die genannten Maßnahmen in dieser Legislaturperiode umgesetzt werden und zur Umsetzung dieser Reform bis zum Juni 2001 ein Gesetzentwurf vorgelegt wird.

Nach Auffassung der Bündnispartner kann mit dieser Reform der arbeitsmarktpolitischen Instrumente ein wichtiger Beitrag zur wirkungsvollen Umsetzung der Beschäftigungspolitischen Leitlinien der Europäischen Union geleistet werden. Sie werden eine solche Reform deshalb nachdrücklich in der Selbstverwaltung der Bundesanstalt für Arbeit unterstützen.

 

V. Altersvorsorge und Vermögensbildung

Die Bündnispartner sehen in den neuen gesetzlichen Möglichkeiten zur kapitalgedeckten Altersvorsorge auch die Chancen für eine Stärkung der betrieblichen Altersvorsorge. Damit werden zugleich die Chancen der Vermögensbildung erweitert. Die Bündnispartner begrüßen in diesem Zusammenhang die vielfältigen tariflichen Regelungen in der Tarifrunde 2000 zur Umwandlung von Entgeltbestandteilen und zur freiwilligen Aufstockung von Altersvorsorgeleistungen. Die Bündnispartner erwarten, dass die Tarifpartner rechtzeitig vor der nächsten Tarifrunde Vorschläge für eine Fortentwicklung der tarifvertraglichen und betrieblichen Möglichkeiten zur Altersvorsorge und Vermögensbildung unter Einbeziehung der neuen Förderung vorlegen werden.

 

VI. Arbeit durch Innovation

Das Thema Arbeit durch Innovation in der ONE Economy ist für die Bündnispartner von besonderer Bedeutung. Unter dem Titel "Arbeit durch Innovation" wird daher eine neue Arbeitsgruppe eingesetzt. Sie knüpft an den im Dezember 2000 beendeten Fachdialog "Beschäftigungspotentiale im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien und -dienstleistungen" sowie an andere Fach- und Themendialoge im Verlauf des Bündnisses an.

Leitbild der Bündnispartner ist die "Informationsgesellschaft für alle", d.h. der Zugang zu den neuen Medien soll allen Bürgerinnen und Bürgern offen stehen. Die Aufgaben der neuen Arbeitsgruppe reichen von der Präsentation von Best Practice-Projekten im Bereich von innovativen Arbeitsbeziehungen und von Informationsangeboten von innovativen Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen über die Fortentwicklung des Ordnungsrahmens in der Informationsgesellschaft bis hin zur Entwicklung von Sicherheitskonzepten für Beschäftigte (z.B. Datenschutz) in einer wissensbasierten Gesellschaft.

Leitbild ist auch die Nutzung der modernen Informations- und Kommunikationstechnologien quer durch alle Sektoren der Wirtschaft, wodurch neue Arbeitsplätze insbesondere an den Schnittstellen entstehen können. Zweiter Schwerpunkt der neuen Arbeitsgruppe wird das Auffinden und Ausbauen neuer innovativer Arbeitsplätze in der ONE Economy, besonders in produktionsorientierten Dienstleistungen, sein.

Die Arbeitsgruppe wird unter Nutzung der neuen Medien durch einen offenen Dialog mit der interessierten Öffentlichkeit begleitet.

Bis zum nächsten Spitzengespräch werden erste Zwischenergebnisse vorliegen.

 

VII. EU-Osterweiterung

Die Osterweiterung der Europäischen Union ist ein historischer Schritt zur Überwindung der Teilung Europas. Die Bündnispartner begrüßen die Anstrengungen der Beitrittskandidaten, sich durch Übernahme der EU-Standards beitrittsfähig zu machen.

Für die jetzigen EU-Mitgliedstaaten und auch gerade für Deutschland bedeutet die Osterweiterung nach Auffassung der Bündnispartner eine Chance für weiteres Wirtschaftswachstum und den Aufbau von neuen Arbeitsplätzen.

Die Bündnispartner nehmen aber auch die Sorgen ernst, die insbesondere im Hinblick auf eine verstärkte Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt durch Zuzug von Arbeitskräften geäußert werden. Sie begrüßen daher das Bestreben, den Anpassungsprozess durch die Vereinbarung von flexiblen und differenzierten Übergangsfristen für die Arbeitnehmer- und Dienstleistungsfreiheit sozialverträglich abzufedern. Die Übergangsfristen sollen genutzt werden, um insbesondere gering qualifizierten Arbeitnehmern durch Weiterbildung bessere Chancen am Arbeitsmarkt zu eröffnen.

Die Bündnispartner unterstützen die EU-Osterweiterung. Die Expertengruppe des Bündnisses zur EU-Osterweiterung wird die Rahmenbedingungen und die Übergangsfristen weiter konkretisieren. Die Bündnispartner werden durch Veranstaltungen gemeinsam mehr Transparenz herstellen.

 

VIII. Nächstes Spitzengespräch

Das nächste Spitzengespräch des Bündnisses wird in der 2. Jahreshälfte stattfinden. Der genaue Termin hierfür wird in der Steuerungsgruppe des Bündnisses vereinbart.

Anmerkung:

Bundeskanzler Gerhard Schröder; Bundesminister Walter Riester; Bundesminister Dr. Werner Müller; Bundesministerin Edelgard Bul-mahn; Bundesministerin Ulla Schmidt; Staatssekretär Dr. Frank-Walter Steinmeier; Staatssekretär Prof. Dr. Heribert Zitzelsberger; Dr. Michael Rogowski, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie; Dr. Dieter Hundt, Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände; Dieter Philipp, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks; Ludwig Georg Braun, Präsi-dent des Deutschen Industrie- und Handelstages; Dieter Schulte, Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes; Klaus Zwickel, 1. Vorsitzender der IG Metall; Frank Bsirske, Vorsitzender der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr; Hubertus Schmoldt, Vorsitzender der IG Bergbau, Chemie, Energie; Roland Issen, Vorsitzender der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft.


Anlage 1

Bündnis-Qualifizierungsoffensive Berufliche Bildung

Die Entwicklung hin zu einer Informations- und Wissensgesellschaft und die zunehmenden internationalen Verflechtungen der Wirtschaft haben einen nachhaltigen und fortlaufenden Wandel der beruflichen Anforderungen an nahezu allen Arbeitsplätzen zur Folge.

Infolge der demografischen Entwicklung wird zugleich langfristig das Erwerbspersonenpotentials sinken und der Anteil älterer Erwerbspersonen wachsen.

Als Antwort auf diese Herausforderungen starten die Bündnispartner eine breite Offensive zur umfassenden Erschließung und Förderung aller Qualifikationspotentiale.

Diese Qualifizierungsoffensive des Bündnisses hat zum Ziel die Rahmenbedingungen und Chancen für lebensbegleitendes berufliches Lernen zur kontinuierlichen Entwicklung der persönlichen und beruflichen Kompetenzen und Qualifikationen zu verbessern (s.a. Memorandum der EU-Kommission über lebenslanges Lernen). Damit wollen sie

Dazu vereinbaren die Bündnispartner:

Die Sozialpartner begrüßen in diesem Zusammenhang die von der Bundesregierung eingeleitete Reform und Verbesserung der Berufsausbildungsbeihilfe im SGB III zur Unterstützung der Mobilität von Auszubildenden (Inkrafttreten 01.08.2001)


Anlage 2

Verbesserung der Beschäftigungsaussichten älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer

Die Bündnispartner haben die aktuelle Situation hinsichtlich der Beschäftigungschancen älterer Arbeitnehmer analysiert. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach wie vor stärker als andere Arbeitnehmer von Arbeitslosigkeit betroffen sind. Erfreulicherweise ist jedoch die Arbeitslosigkeit dieser Personengruppe in den letzten Monaten kontinuierlich zurückgegangen, und zwar deutlich stärker als die der anderen Arbeitslosen.

Im Interesse der älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer selbst sowie in Anbetracht der zu erwartenden demografischen Entwicklung und im Hinblick auf eine zunehmende Arbeitskräfteknappheit in bestimmten regionalen und berufsfachlichen Teilarbeitsmärkten stimmen die Bündnispartner darin überein, dass es grundsätzlich notwendig ist, die bisherige Politik gegenüber älteren Arbeitnehmern zu verändern. Wurde bislang versucht, auch durch den vorzeitigen Ruhestand älterer Arbeitnehmer, die Beschäftigungschancen Jüngerer zu erhöhen, so halten die Bündnispartner es für angezeigt, einen Paradigmenwechsel einzuleiten. Auch Änderungen bei den Arbeitsbedingungen, der Arbeitsorganisation und den sozialrechtlichen Rahmenbedingungen müssen einen wichtigen Beitrag leisten, damit ältere Menschen länger erwerbstätig bleiben.

Anstelle einer vorzeitigen Ausgliederung aus dem Erwerbsleben sollte künftig die verstärkte Beschäftigung älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die vorbeugende Verhinderung von Arbeitslosigkeit und die Wiedereingliederung bereits Arbeitsloser vorrangiges Ziel arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen sein. Dies gebietet sich nicht nur aufgrund der verbesserten Beschäftigungssituation und der absehbaren demografischen Entwicklung, sondern auch deshalb, weil das frühe Ausscheiden älterer Arbeitnehmer hohe gesamtgesellschaftliche Kosten verursacht. Zudem wird die sinkende Erwerbsquote älterer Arbeitnehmer in Deutschland auf europäischer Ebene bereits seit einigen Jahren deutlich kritisiert.

Die Bündnispartner vertreten die Auffassung, dass der Zeitpunkt gekommen ist, die vorhandenen Instrumente der aktiven Arbeitsmarktpolitik so zu gestalten, dass sie die Beschäftigung älterer Arbeitnehmer erhöhen und den nach wie vor vorhandenen Schwierigkeiten bei der beruflichen Eingliederung dieses Personenkreises angemessen Rechnung tragen. Sie begrüßen deshalb nachdrücklich die Initiative der Bundesanstalt für Arbeit, mit der gezielten Vermittlungsaktion "50 Plus - die können es" die Wiedereingliederungschancen älterer Arbeitnehmer zu verbessern und den Arbeitgebern die oftmals hohe Leistungsfähigkeit und Motivation der älteren Arbeitslosen deutlich zu machen. Dazu zählt auch, dass die Sozialpartner, die Bundesanstalt für Arbeit und die Kammern den Betrieben und den Arbeitnehmern die Notwendigkeit des lebenslangen Lernens und entsprechender Weiterbildungsmaßnahmen für Wettbewerbs- und Beschäftigungsfähigkeit verdeutlichen.

Die Bündnispartner halten in einem ersten Schritt folgende gesetzliche Maßnahmen für erforderlich:

Für die Verbesserung der Beschäftigungschancen älterer Arbeitsloser schlagen die Bündnispartner vor, bei den Eingliederungszuschüssen für ältere Arbeitnehmer die bisherige Altersgrenze von 55 auf 50 Jahre herabzusetzen. Diese bislang nur durch Rechtsverordnung bis

Ende 2001 mögliche besondere Förderung älterer Arbeitnehmer hat sich bewährt und sollte als befristete gesetzliche Regelung bis 2006 verankert werden. Der Eingliederungszuschuss sollte darüber hinaus nicht erst bei bestehender Langzeitarbeitslosigkeit gezahlt werden können, sondern bereits dann, wenn aufgrund einer vom Arbeitsamt festgestellten individuellen Risikoeinschätzung Langzeitarbeitslosigkeit droht. Die Bündnispartner sind sich darüber hinaus einig, dass auch bei Vermittlung und anderen arbeitsmarktpolitischen Instrumenten der frühestmögliche Interventionszeitpunkt entsprechend dem individuellen Risiko geprüft werden sollte.

Vorrangig halten die Bündnispartner eine Qualifizierungsoffensive zugunsten älterer Arbeitnehmer für erforderlich. Weiterbildungsangebote sollten gezielt für diese Personengruppe entwickelt und die betriebliche Weiterbildung älterer Arbeitnehmer ausgebaut werden. Die Bündnispartner stimmen darin überein, dass die Weiterbildung der in Beschäftigung stehenden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vorrangige Aufgabe der Unternehmen und der Beschäftigten selbst ist. Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen können hierzu wesentliche Beiträge leisten, wobei dies auch im Rahmen der Arbeitsorganisation und der Arbeitszeitgestaltung erfolgen kann. Angesichts des steigenden Qualifikationsbedarfs und der geringen bisherigen Beteiligung älterer Arbeitnehmer an Weiterbildungsmaßnahmen sollte nach Auffassung der Bündnispartner auch die Bundesanstalt für Arbeit Schrittmacherdienste für eine stärkere Qualifizierung gerade älterer Arbeitnehmer leisten. Sie schlagen deshalb vor, dass sich die Bundesanstalt für einen befristeten Zeitraum von vier Jahren durch neue Schwerpunktsetzung im Rahmen des jeweiligen Eingliederungstitels an der Finanzierung der Weiterbildungskosten von Arbeitnehmern über 50 Jahre beteiligen kann. Voraussetzung für die Förderung soll das Fortbestehen des Beschäftigungsverhältnisses, die Weiterzahlung des bisherigen Entgelts und die Teilnahme an einer nicht nur kurzfristigen, außerbetrieblichen Anpassungsqualifizierung sein. Die Förderung sollte auf ältere Arbeitnehmer in kleinen und mittleren Unternehmen mit in der Regel nicht mehr als 100 Beschäftigten begrenzt werden. Dabei sind Frauen angemessen zu berücksichtigen. Nach Auffassung der Bündnispartner wird damit den erhöhten Beschäftigungschancen in kleinen und mittleren Unternehmen ebenso Rechnung getragen wie ihren organisatorischen und finanziellen Schwierigkeiten bei der Durchführung betrieblicher Weiterbildungsangebote.

 


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