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Updated: 18.12.2012 16:00 |
EU-Referendum: Ein französisches NEIN kann die Karten in Europa neu mischen Wir leben in Frankreich derzeit in einer gewissen Euphorie. Das NEIN zum neoliberalen Europa erhält in allen Meinungsumfragen die Mehrheit – sechs Wochen vor der Abstimmung liegt es in der 15.Meinungsumfrage bei 56%! Bleiben wir vorsichtig: Der "wissenschaftliche" Wert dieser Umfragen ist begrenzt, doch zweifellos spiegeln sie eine allgemeine Tendenz. Und diese Tendenz ist von Woche zu Woche steigend, obwohl fast alle Medien – Fernsehen, Radio, Zeitungen, selbst die führende Tageszeitung Le Monde, die den Ruf hat, "objektiv" zu sein – für das Ja trommeln. Der jüngste Fernsehauftritt von Chirac hat das NEIN noch einmal gestärkt: Dem Präsidenten fiel es schwer zu verstehen, dass die jungen Menschen, die vom Fernsehen "handverlesen" worden waren ihn zu befragen, nicht sehr enthusiastisch auf die Zukunftsperspektiven reagieren, die ihnen die neoliberale EU im allgemeinen und die Regierung Raffarin im besonderen bietet: Arbeitslosigkeit, prekäre Existenzen… Wir erleben in dieser Kampagne für das NEIN eine beispiellose Mobilisierung der Linken. Dem Aufruf der Stiftung Copernic folgend, haben sich im ganzen Land etwa tausend örtliche Komitees für das NEIN gebildet (www.appeldes200.net ). Auf der Linken haben sich alle politischen Kräfte (von der sozialdemokratischen Linken bis zur extremen Linken), Gewerkschaften (CGT, FSU, Solidaires), Netzwerke und Bewegungen (vor allem Attac) um den Kampf für das NEIN zusammengeschlossen und handeln gemeinsam. Allein in den größeren Städten haben bisher an die 2000 Veranstaltungen stattgefunden. Darüberhinaus findet die Kampagne vor dem Hintergrund anhaltender sozialer Mobilisierungen statt, vor allem im öffentlichen Dienst, in den Häfen und an den Gymnasien. Anders als üblicherweise bei Wahlen drehen sich die Debatten nicht um die zu wählenden "Köpfe", sondern um den Inhalt. Man ist erstaunt über das hohe politische Niveau auf den Veranstaltungen. Die Anhängerinnen des NEIN argumentieren wirklich mit dem Verfassungstext. Die Anhänger des Ja suchen ihre Argumente an anderen Orten. Sie sagen, wer gegen die Verfassung ist, ist gegen Europa, für die extreme Rechte, für das Chaos, für den Krieg usw. Selbst die Führung der Sozialistischen Partei übernimmt diese monströsen Scheinargumente! Sogar der Jungfernflug des Airbus 380 Ende April in Toulouse und die Gedenkfeiern zum 8.Mai müssen als Argumente für das Ja herhalten! Trotz der verbleibenden Unsicherheiten stellen sich alle schon die Frage, wie es nach dem 29.Mai weiter gehen soll, wenn das NEIN sich durchsetzt. Was machen wir, nachdem wir auf der Place de la Bastille und in allen Städten der Provinz gefeiert haben? Selbst die Rechten anerkennen, dass es eine reale Dynamik
für ein linkes NEIN gibt. Der französische Innenminister verspricht
für diesen Fall einen Regierungswechsel, um die Unzufriedenheit in
der Bevölkerung aufzufangen, die sich in einem NEIN entladen kann.
Die EU-Kommission überlegt bereits Alternativszenarien; es gibt Bestrebungen,
die geplanten Volksabstimmungen in den Niederlanden und in Großbritannien
in diesem Fall abzusagen. Die meisten Mitgliedstaaten der EU werden allerdings nicht
das Recht haben, demokratisch über die EU-Verfassung abzustimmen.
Die UnterstützerInnen des NEIN hoffen deshalb, dass ihre Stimme im
französischen NEIN Ausdruck findet. Wir werden sie nicht enttäuschen. Sie wollten nur eine große Freihandelszone. Wir wollen
ein demokratisches, soziales, solidarisches und friedliches Europa. Seit
1997 sind wir dafür mit den Euromärschen unterwegs. Heute können
wir gewinnen. Helft uns und kommt am Abend des 29.Mai nach Paris zur Bastille,
um den Sieg gemeinsam zu feiern… oder unsere Tränen zu trocknen,
wenn wir es nicht schaffen. In jedem Fall haben wir einen Sieg schon davon
getragen: Überall in Europa ist das Bewußtsein gewachsen, dass
der Neoliberalismus nicht die Zukunft der Menschheit ist. Michael Rousseau |