letzte Änderung am 27. Mai 2002 | |
LabourNet Germany ARCHIV! Aktuelle Meldungen im neuen LabourNet Germany |
|
Home -> Diskussion -> Arbeitsalltag -> Aus-Um-Weiter-BILDUNG -> Saalfeld | | Suchen |
An: Die Mitglieder des
zur Kenntnis:
Saalfeld, d. 24.04.2002
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
aus einem Rundschreiben der Kollegin Dorothea Müller vom 16.4.d.J. und begleitenden Informationen der Leiterin unserer Bildungsstätte haben wir erfahren, dass zwischenzeitlich der Lenkungsausschuss "nach sorgfältiger, individueller Prüfung aller Einrichtungen" Vorschläge zum Fortbestand bzw. zur Schließung von verdi- Bildungsstätten gemacht hat. Demnach soll für die Bildungsstätte Saalfeld ein Prüfauftrag erteilt werden, dessen Ergebnis in der Vorlage gleich mitformuliert worden ist: nämlich eine Alternativnutzung soll möglichst zügig gefunden werden.
Am 22. April, so hören wir, hat sich der Bundesvorstand die Vorschläge des Lenkungsausschusses weitgehend zu eigen gemacht und an den Gewerkschaftsrat zwecks Beschlussfassung weiter geleitet.
Die Empfehlung des Lenkungsausschusses halten wir für nicht hinreichend durchdacht - oder aber die zu Grunde liegenden Fakten wurden nicht angemessen berücksichtigt.
Im Mai 1995 eröffnete die damalige ÖTV ihre erste und einzige Bildungsstätte "im Osten". Zwei bis drei solcher Einrichtungen in den neuen Ländern hatten es einmal werden sollen, aus bekannten Gründen ist es bei einer geblieben.
An dieser politgeographischen Besonderheit hat sich durch Verdi nichts geändert - nur eine von derzeit noch 17 Bildungsstätten befindet sich im "Beitrittsgebiet".
Sowohl im programmatischen Angebot als auch in der TeilnehmerInnen- und Belegerstruktur hat dieser Umstand seither immer eine Rolle gespielt. Für viele Tausende KollegInnen, so wissen wir aus zahlreichen Gesprächen, war und ist Saalfeld seither so etwas wie das Fenster in den Osten hinein. Vielen- auch und gerade- wenn sie von weit aus dem Westen kommen, haben sich die politische Situation und soziale Lage hier erschlossen, zahlreiche gewerkschaftliche Ost-/West-Kontakte wurden und werden hier geknüpft und gepflegt- sind dem noch immer andauernden Prozess der deutsch/deutschen Integration zuträglich.
Eine weitere Besonderheit unserer Einrichtung war und ist, dass sie sich nicht im Eigentum der jeweiligen gewerkschaftlichen Vermögensverwaltung befindet. Seinerzeit wurde ein Mietvertrag auf 20 Jahre abgeschlossen, der nun Anlaß für den Prüfauftrag gibt.
Bei genauerem Hinsehen bietet dieses Konstrukt durchaus Vorteile. So besteht zum einen eine große Exaktheit und Sicherheit in der Planung der Kosten auf viele Jahre hinaus. Andererseits gehen entscheidende Investitions- und auch Instandhaltungskosten nicht zu Lasten von verdi, sondern werden vermieterseitig getragen (Einen Investitionsstau, wie er leider in einigen VVG- eigenen Häusern vorzufinden ist, muß man für Saalfeld somit nicht fürchten!). Auch fällt ein sogenanntes Folgerisiko, dass sich demnächst aufzeigen wird, wenn die VVG eigene Häuser verkaufen muß und aus Mangel an Interessenten nicht kann, für die Bildungsstätte Saalfeld nicht an.
Saalfeld in Thüringen liegt geographisch in der Mitte Deutschlands, verfügt über einen ICE- und IC-Haltebahnhof und ist damit verkehrsmäßig ganz ausgezeichnet angebunden.
Hinsichtlich der Seminar-, Tagungs- und Unterbringungsstandards braucht die Bildungsstätte keinerlei Vergleiche (auch nicht mit Hotels) zu scheuen. Das Haus ist insgesamt neu und frisch, die Zimmer sind groß, freundlich und umfassend ausgestattet; die Seminar- und Tagungstechnik bietet den Nutzern alle heute erdenklichen Möglichkeiten. Auch werden die Speise-, Freizeit- und Barbereiche den heutigen Anforderungen jederzeit gerecht.
Die meisten von uns haben in ihrem vorherigen Arbeitsleben allerlei seltsame Erfahrungen mit Arbeitgebern gemacht. Uns alle überrascht es aber dennoch, wenn nun unser Arbeitgeber Verdi per Rundschreiben (mit herzlichen Grüßen...) an die Beschäftigten verkündet, wo nun kurzfristig der Betrieb eingestellt, weiter gemacht oder eben "geprüft" wird.
Die dabei zu Grunde liegenden Überlegungen bzw. Kriterien sind nach unserer Kenntnis diffus bzw. nicht stimmig. Offensichtlich wird nun unter finanziellem Druck (dessen Ursachen zu beleuchten und Verantwortlichkeiten auszumachen auch eine interessante Aufgabe wäre...) versucht, im Eiltempo Fakten zu schaffen.
Nach unserer Auffassung müsste zunächst einmal überlegt und skizziert werden, ob und in welchem Umfang Verdi in Zukunft auch Bildungsarbeit anbieten und betreiben will und wer die Zielgruppen solcher Arbeit sein sollen, um welche Inhalte es dabei gehen soll. Dies ist nach unserer Kenntnis bisher nicht hinreichend geschehen; vorliegende Papiere (Eckpunkte, Rolle und Funktion der Bildungsstätten) geben allenfalls erste Indizien ab bzw. existieren noch gar nicht (Bildungsstättenkonzept). Erst nach diesem Prozeß sollte der nächste Schritt - eine Überprüfung bzw. Anpassung von Bedarf und Kapazitäten der Bildungsstätten erfolgen.
Von unserem Arbeitgeber Verdi erwarten und erhoffen wir uns aus den o.g. Überlegungen heraus ein klares Bekenntnis zu diesem Standort.
LabourNet Germany | Top ^ |