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Soziale Rechte statt Lohnarbeit für alle!

oder: warum und für was die Grundrechtediskussion wichtig ist

Von Wolfgang Völker*

 

Die Problematik der Sozialen Grundrechte, ihre menschenrechtliche Grundlegung, aber auch die noch viel weiter greifende Konzeption Sozialer BürgerInnenrechte hat im vergangenen Jahrzehnt innerhalb der Linken einen zentralen Platz eingenommen. Es scheint so, als sei hier die Frage nach sozialen Rechten an die Stelle, die der Klassenkonflikt als "zentraler Konflikt" lange Zeit innehatte, getreten. Wenn wir heute über Soziale Grundrechte diskutieren, ist das nun eine weitere Anpassung an den ideologischen Mainstream in Richtung Bürgergesellschaft?

Oder speist sich der Stellenwert, der diesen zunehmend beigemessen wird, aus der Abwehr eines ohnehin verkürzten Klassenbegriffs, dessen Reduktion auf den"unmittelbaren Produktionsprozess", auf Eigentums- oder auf Verteilungsfragen, also auf einzelne Momente eines an Bestimmungen zumindest nicht armen, "komplexen" sozialen Verhältnisses?

Nun besteht ohne Zweifel eine Differenz zwischen sozialen Rechten als codifizierter Sozialstaatlichkeit, die die individuellen Risiken einer eben auch an Risiken nicht armen, wesentlich auf Lohnarbeit beruhenden Gesellschaft "ein Stück weit", d.h. mal mehr, im Moment eher weniger abfedert, und politischen bzw. zivilen Rechten, die bei allem Respekt für ihre Bedeutung in demokratischen Hinsichten doch ihren primär immer noch liberalen Charakter nicht abgelegt haben.

Doch hieße es nicht, Marx und den Sozialstaat gleich mit auf den Kopf zu stellen, wollte man nun ausgerechnet die individualistische Gestalt der liberalen Abwehrrechte (gegenüber dem Staat) und all jener Rechte, die den Waren- und Kapitalverkehr der "Freien und Gleichen" regeln, zum Bezugspunkt sozialer Sicherungssysteme machen? Geht es um "soziale Rechte" im Kampf um ein "besseres Leben", oder derzeit wohl besser: gegen ein schlechteres, ergibt sich zumindest die Frage, wie diese Rechte gefasst und begründet werden. Über solche Fragen und die Gründe für einen womöglichen Paradigmenwechsel – vom Klassenbegriff zu sozialen BürgerInnenrechten? – haben wir in der Arbeitsgruppe "Soziale Grundrechte" im Rahmen des BUKO im Oktober in Berlin diskutiert. Wie versprochen dokumentieren wir im Folgenden die überarbeiteten Referate von Martin Dieckmann und Wolfgang Völker und hoffen, dass diese zur Debatte nicht nur beitragen, sondern auch provozieren.

Weshalb soziale BürgerInnenrechte in jüngster Zeit gerade auch in Kreisen diskutiert werden, die die sozialstaatliche Regulierung von Lebensverhältnissen durchaus als herrschaftliche, soziale Zensuren verteilende Veranstaltung begreifen, hat meines Erachtens vier Ursachen:

Erstens: Seit Ende der 70er Jahre gab es verschiedene Wellen eines Abbaus bzw. Umbaus von Sozialleistungen, deren Ziel immer auch die Senkung der Kosten war. Gegen diese Politik des Abbaus sozialer Leistungen wurde immer wieder das Argument vorgebracht, dass Leistungsabsenkungen Einschränkungen von erworbenen sozialen Rechten sind. Dieses Argument bezieht sich auf ein Grundprinzip des bisherigen sozialen Sicherungssystems in Deutschland, nach dem bestimmten sozialen Rechtsansprüchen bestimmte Vorleistungen im Sinne von Beiträgen zur Sozialversicherung vorausgehen. Hier ist der Rückgriff auf soziale Rechtsansprüche also rein defensiv.

Zweitens: Es ist eine Tatsache, dass in den letzten Jahren vor allem im Bereich der Verwaltung von Arbeitslosigkeit und Armut der strafende, drängende und zwingende Charakter sozialstaatlicher Massnahmen verstärkt worden ist (z.B. Zumutbarkeitsregelung im SGB III oder Verpflichtung von ArbeitslosenhilfeempfängerInnen und Sozialhilfeberechtigten zu gemeinnützigen und anderen Arbeiten). Mit dem Verweis auf die jüngere Entwicklung soll die Vergangenheit nicht geschönt werden, denn es ist ein Grundsatz z.B. des BSHG, dass vorangig die eigene Arbeitskraft zur Erzielung des Lebensunterhaltes eingesetzt werden soll. Außerdem bietet die Praxis der Sozialhilfegewährung einige Möglichkeiten, bestimmte bürgerliche Rechte zu beschränken, z.B. relativieren Hausbesuche das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung, die Festsetzung von angemessenen Miethöhen und Wohnungsgrößen relativiert das Recht auf Freizügigkeit, die Verpflichtung von Hilfeberechtigten zu gemeinnützigen oder anderen Arbeiten relativiert das Recht auf die freie Berufswahl. Gegen diesen strafenden und autoritär-erzieherischen Charakter des Sozialstaats wird argumentiert, dass Grundrechte verletzt werden und dass soziale Grundrechte nicht an "Wohlverhalten" zu koppeln seien.

Drittens: Auch die zunehmend stärkere Marktorientierung und Ökonomisierung sozialer Arbeit und sozialer Dienstleistungen liefert Gründe, über soziale BürgerInnenrechte nachzudenken. Wenn z.B. bei den Arbeitsämtern im Rahmen der Verwaltungsmodernisierung die Einführung von Wettbewerb zwischen Arbeitsämtern vorgesehen ist, so muss gefragt werden, ob dieser Wettbwerb nicht zu ungleichen Bedingungen für die erwerbslosen "Kunden" führt. Gleiches gilt für das Benchmarking, welches mittlerweile zwischen großstädtischen Kommunen in Bezug auf die Sozialhilfe Praxis ist. Dabei werden Sozialhifeempfängerzahlen, Sozialhilfeausgaben und -praxen miteinander verglichen, und es bedarf nicht allzu großer Phantasie, um sich vorzustellen, dass als Optimum jeweils die niedrigsten Ausgaben erscheinen. Modelle der Zugangssteuerung in der Sozialhilfe arbeiten nach einem ähnlichen Muster. Bestimmte, an finanzpolitischen und verhaltensbezogenen normativen Prioritäten orientierte Vorgaben werden als Steuerungsziele gesetzt. Dies widerspricht im Prinzip einer individuellen Bedarfsorientierung, wie sie im BSHG formuliert ist. Mit solchen Modellen werden rechtliche Ansprüche zu Steuerungsgrößen, und in der Folge individuelle Ansprüche schwerer formulier- und durchsetzbar.

Viertens: Der Rückgriff auf soziale BürgerInnenrechte ist auf einer systematischen und theoretischen Ebene der Versuch, aus der bisherigen Lohnarbeitszentriertheit sozialer Sicherungssysteme auszusteigen. Die Kritik an der Lohnarbeitszentriertheit des hiesigen sozialen Sicherungssystems führt zwangsläufig zu der Frage, welches Paradigma dem des männlichen, lebenslangen Lohnarbeiters als Grundlage sozialer Absicherung entgegen gestellt werden könnte. Die Kritik konnte ja nicht nur deutlich machen, dass die Teilhabe an Erwerbsarbeit zum Glück stilisiert wird und viele Probleme, die mit abhängiger, fremdbestimmter Erwerbsarbeit einhergehen können und einhergehen, verleugnet werden, sondern sie konnte auch deutlich machen, dass Frauen über die Verkopplung sozialer Absicherung an Erwerbsarbeit und Ehe benachteiligt werden, dass soziale Hierarchien aus der Arbeitswelt in den Bereich der Sozialleistungen verlängert werden, dass erarbeitete Anwartschaften höherwertige Rechtspositionen bedeuten als bedürftigkeitsgeprüfte Leistungen wie Sozialhilfe oder Arbeitslosenhilfe. Die Kritiken an dieser Lohnarbeitsfixiertheit sozialer Absicherung plädieren eigentlich alle für eine Entkopplung von sozialer Absicherung und Lohnarbeit. Unterschiede bestehen darin, ob eine soziale Existenzabsicherung als quasi fundamentales Menschenrecht gefordert wird oder ob auf ,5den Staatsbürger als neue sozialstaatliche Leitfigur rekurriert wird, der zur Ausübung seiner politischen Rechte eine unbedingte soziale Absicherung brauche.

"Social citizenship" – wozu?

Auf der systematischen Ebene ist es interessant, sich ein Konzept zu betrachten, auf das in der Diskussion um soziale BürgerInnenrechte immer wieder zurückgegriffen wird. Es handelt sich dabei um das Konzept der "social citizenship" des englischen Soziologen T. H. Marshall. Marshall geht davon aus, dass sich in den westlichen Staaten ein voller Bürgerstatus (full citizenship) aus zivilen, politischen und sozialen Rechten zusammensetzt. Diese drei Formen von Bürgerrechten sind also zivile Schutzrechte wie Rede-, Presse-, Religionsfreiheit, Schutz des Eigentums und der Privatsphäre. Es sind politische Rechte wie aktives und passives Wahlrecht und Koalitionsfreiheit. Und es sind soziale Rechte. Hierzu ein Zitat von Marshall: "Mit dem sozialen Element bezeichne ich eine ganze Reihe von Rechten, vom Recht auf ein Mindestmaß an wirtschaftlicher Wohlfahrt und Sicherheit, über das Recht auf einen vollen Anteil am gesellschaftlichen Erbe, bis zum Recht auf ein Leben als zivilisiertes Wesen entsprechend der gesellschaftlichen Standards".

Für Marshall sind diese verschiedenen Rechte systematisch miteinander verknüpft. Soziale Rechte sichern die Möglichkeit der Wahrnehmung politischer und ziviler Rechte ab. Dass heißt, dass jemand, der in einer sozialen Notlage ist, seinen vollen Bürgerstatus behalten muss, also keine Einschränkungen in den politischen und zivilen Rechten erfahren darf. Dies ist bei bedürftigkeitsabhängigen Sozialleistungen wie z.B. der Sozialhilfe nicht mehr der Fall. Dort ist vom unbedingten Recht auf eine sozialstaatliche Leistung das Recht auf den Zugang zu einer Leistung übriggeblieben, in dem eben Bedingungen und Pflichten für den Erhalt der Leistungen formuliert werden.

Es wird an diesem Beispiel deutlich, dass innerhalb der in Deutschland vorhandenen Aufteilung des Sozialstaats in Arbeiterpolitik und Armenpolitik der Teil, der an den Lohnarbeiterstatus gebunden ist, höherwertig ist als der Teil, der an den Bürgerstatus gebunden ist.

Auch in den Fällen, in denen sich sozialstaatliche Intervention als soziale Arbeit mit ihren pädagogischen, kontrollierenden Absichten vollzieht, kommt es zu Untergrabungen des BürgerInnenstatus in seiner zivilen Dimension. Private Lebensverhältnisse müssen offengelegt werden und werden anhand von Normalitätskriterien bewertet.

Politische Teilhabemöglichkeiten sind in dieser sozialstaatlichen Praxis wenig verbreitet. Nur im Kinder – und Jugendhilfegesetz gibt es Ansätze zu Beteiligungsmöglichkeiten von Jugendlichen. In der Regel werden die Adressaten sozialer Arbeit als Objekte gefasst. Auch der "aktivierende Sozialstaat", der ja die angebliche Abhängigkeit der Menschen von Sozialleistungen so bedauert, handelt genau in dieser zensurengebenden Logik. Der "aktivierende Sozialstaat" weiß, was für die von ihm Abhängigen gut ist (z.B. "Arbeit"), Beteiligung und Aktivität der Subjekte ist nur insofern gefordert, als es um eine Unterordnung unter diese Ziele geht.

Mit Marshall’s Konzept im Hintergrund könnte also die Frage nach der Qualität und dem gleichzeitigen Vorhandensein der zivilen, politischen und sozialen Bürgerrechte ein Kriterium zur Bewertung sozialstaatlicher Praxis sein. Dabei ginge es dann sicher nicht nur um die quantitative Höhe von Leistungen, sondern wesentlich auch um die Art ihrer Gewährung: Wird sie in beschämender Weise oder nicht beschämender Weise gewährt? Und nun die Frage, welche Möglichkeiten die "Adressaten" haben, ihre Ansichten und Definitionen der Probleme, die (sozialstaatlich) bearbeitet werden sollen, selbstbestimmt zu artikulieren.

Schwachstellen des Konzepts der "social citizenship"

An Marshalls Konzept wurden verschiedene Kritikpunkte formuliert. Hier sollen vor allem die genannt werden, die für die Diskussion darüber, ob die Forderung nach sozialen BürgerInnenrechten politisch sinnvoll ist und wie soziale BürgerInnenrechte verstanden werden sollen, von Bedeutung sind.

Ein erster Kritikpunkt war, dass die Konzeption von "social citizenship" blind ist gegenüber geschlechtshierarchischer Arbeitsteilung und der Ausgestaltung des Sozialstaates nach dem Prinzip Mann gleich Ernährer, Frau gleich Haus- und Ehefrau. Die amerikanische Philosophin Nancy Fraser z.B. spricht sehr deutlich von einer dualistischen Struktur der sozialen Sicherung: In einem "maskulinen Subsystem" werden die Subjekte als "Rechte innehabende Nutznießer" und "kaufkräftige Verbraucher von Dienstleistungen" – also als besitzende Individuen konzipiert, während im "femininen Subsystem" die Subjekte "abhängige Klienten", also Negativbilder besitzender Individuen, darstellen.

Der zweite wesentliche Einwand wurde dahingehend formuliert, dass das Problem der sozialen Ungleichheit und der Eckpfeiler der Klassenmacht, Menschen Arbeit und Existenzmittel geben oder entziehen zu können, letztlich vom Konzept der "social citizenship" unberührt bleibt.

Ein dritter wesentlicher Einwand bezieht sich darauf, dass dieses Konzept von "social citizenship" sich auf Mitglieder nationaler Staaten beschränkt. Der Rückgriff auf die alternative sozialstaatliche Leitfigur des Bürgers/der Bürgerin kann zwar den Fallen der Lohnarbeitszentriertheit entgehen, muss sich aber das Problem neuer Grenzziehungen gerade über nationale Zugehörigkeiten vergegenwärtigen: Wer gehört zu den StaatsbürgerInnen, denen die sozialen BürgerInnenrechte zustehen sollen und wer nicht?

Ein weiterer wichtiger Diskussionspunkt scheint mir in der Frage zu liegen, inwieweit sozialpolitische Konzeptionen, die nicht mehr am Sozialversicherungssystem ansetzen, gefährdeter sind durch politische Mehrheitswechsel oder "Stimmungen". Als Beispiel könnte auf die Tatsache verwiesen werden, dass die Höhe der Sozialhilfe trotz aller – bekanntermaßen unzulänglichen – wissenschaftlichen Bedarfsbemessungen finanzpolitisch gedeckelt wurde und wird.

Der provokative Gehalt: Die Unbedingtheit

Das politisch provokative an der aktuellen Diskussion um soziale BürgerInnenrechte kann mit zwei Zitaten aus der Hamburger Konferenz "Lichter der Großstadt" erläutert werden: "Gegen diese Politik der Verarmung und Entrechtung beziehen wir mit dieser Konferenz Position. Soziale Ansprüche, der Anspruch, ein menschenwürdiges Leben in dieser Gesellschaft leben zu wollen mit vollständigen Teilhabemöglichkeiten, ist ein Recht! Ein Grund- und BürgerInnenrecht. Wir erbitten keine Almosen und keine großzügigen Gnadenakte. Wir stellen mit dieser Konferenz selbstverständliche Rechte fest und fordern sie selbstbewusst und energisch ein." Und: "Mehr denn je ist emanzipatorische Sozialpolitik Bürgerrechtspolitik. Sozialabbau bekämpfen und gleichzeitig die sozialen Grund- und BürgerInnerechte verteidigen. Leistungskürzungen kritisieren und gleichzeitig Demütigungen, Schikanen, Zwangsmaßnahmen und Ausgrenzungen verhindern".

Hier wird auf ein Konzept von sozialen BürgerInnenrechten abgehoben, das

Letztlich greifen diese plakativen Äußerungen auf emphatisch verstandene normative Vorstellungen von Gerechtigkeit oder gutem Leben zurück. Es sind Formulierungen von sozialen Grundrechten als Menschenrechten. Allen Menschen wird ein unbedingtes Existenzrecht zugesprochen. Dieses wird nicht instrumentalisiert für einen höheren Zweck, wird er nun "Erwerbsarbeit", "sinnvolle Tätigkeit", "gesellschaftliche Nützlichkeit" oder "politische Teilhabe" genannt.

Darin liegt der politisch provokative und utopische Gehalt der Diskussion um soziale Grund- und BürgerInnenrechte gegen einen totalen Markt und einen strafenden Staat.

Debattenbedarf – Begründungsbedarf

Die Frage bleibt, welche Konsequenzen das Plädoyer für soziale BürgerInnenrechte als grundlegende Menschenrechte für die Gestaltung und Reformierung vorhandener sozialer Sicherung und sozialer Arbeit hat.

Deutlich scheint zu sein, dass es im Ziel um die Gewährleistung von Garantien geht, die eine menschenwürdige Teilhabe sozial wie politisch ermöglichen. Aber geht dies in Richtung von Mindestsicherungen mit privaten und ungleichen "Aufstockungsmöglichkeiten"? Oder in Richtung der Ausweitung des Versicherungsprinzips? Oder geht es in Richtung eines ausreichenden unbedingten Grundeinkommens, welches die Freiheit zu selbstbestimmten Aktivitäten gibt? Deutlich scheint auch zu sein, dass die Frage nach der Unbedingtheit der sozialen BürgerInnenrechte das politisch am stärksten umkämpfte Terrain ist. Denn in diesem Streit kommen unterschiedliche Konzepte von Gerechtigkeit zum Tragen. Da stehen "Leistungsgerechtigkeit", "Tauschgerechtigkeit", "Bedarfsgerechtigkeit" und "Aneignungsgerechtigkeit" im politischen Raum. Bei allen stellt sich die Frage, wie sie sich auf soziale Ungleichheit beziehen, und es lassen sich jeweils Argumente pro und contra Unbedingtheit/Bedingtheit sozialer Rechte finden. Selbst wenn es auf einer grundrechtlichen Ebene noch den Konsens geben mag, dass Bedingungslosigkeit Bedingung für Grundrechte ist, so gibt es spätestens auf der realpolitischen Ebene Streit um Rechte und Pflichten der BürgerInnen. Und dies wiederum ist spätestens bei der Frage nach den sozialen und politischen Subjekten, die die Lohnarbeitszentriertheit überwinden wollen/sollen, von Bedeutung. Bei denen, die im Rahmen von Gewerkschaften, Kirchen oder anderen Organisationen gegen eine Gesellschaft angehen, die sich von der Idee der kollektiven Verantwortung für soziale Risiken verabschiedet, ist es keineswegs ausgemacht, ob eine Position, wie sie z.B. von André Gorz prägnant formuliert wird, konsensfähig wäre: "Es gilt, das Recht, Rechte zu haben, von der ‘Arbeit’ abzukoppeln. (...) Es gilt zur Kenntnis zu nehmen, dass weder das Recht auf ein Einkommen, noch die Fülle der Bürgerrechte, noch die Entfaltung und Identität der Einzelnen länger von der Ausübung einer entlohnten Beschäftigung abhängen oder auf sie zentriert sein können. Es gilt, die Gesellschaft entsprechend zu verändern."

Wolfgang Völker ist Mitglied der "Widersprüche"-Redaktion

Dieser Artikel ist erschienen in express - Zeitung für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit 11-12/2000
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