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Pläne zur Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe

Opposition verzweifelt gesucht!

 

Zur allenthalben bekundeten sozialpolitischen Lieblings-Reformidee ist eine "Zusammenlegung" von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe aufgestiegen. Gleichzeitig wird der Gang gegenüber Sozialhilfeberechtigten verschärft.

quer berichtete laufend: zuletzt über Sozialamtspraktiken in Köln, Aachen, Bremen, Essen und Neuss; und über Politikerbeiträge zur ’Arbeitslosenhilfe-Sozialhilfe-Zusammenlegung’ á la Scharping, Laumann, Merz und Schommer …

Es ist an der Zeit, sich das aus diesen "Einzelteilen" abzeichnende Muster genauer anzusehen. Geht es um Vorwahlkampf-Rhetorik oder ist ein Großangriff auf die Standards von Sozialleistungs- und Arbeitsrecht geplant? Und wo, bitte, bleibt die Opposition?

Unisono verkünden Politik und Wirtschaft seit langem, nur den "wirklich Bedürftigen" solle geholfen, dem "Ausruhen in der Hängematte" ein Ende gemacht, der Vorrang von Arbeit vor Sozialleistungen durchgesetzt, "unattraktive Jobs" durch Änderungen in sozialen Sicherungssystemen "attraktiv" gemacht werden und was der markigen Sprüche mehr sind.

Doch ein Rückblick auf die Einschnitte ins Sozialleistungssystem der letzten zehn Jahre zeigt, dass zwar an vielen Stellen schmerzlich zum Nachteil von Erwerbslosen und Armen herumgekürzt worden ist, im Prinzip jedoch alles beim Alten geblieben ist (die Rente ausgenommen). Die Salami-Taktik, mal hier drei Prozent zu streichen, mal dort eine Bezugsdauer zu verkürzen oder eine Personengruppe aus dem Leistungsbezug auszuschließen, ließ den Kern der Arbeitslosenhilfe und der Hilfe zum Lebensunterhalt, bestehende Rechtsansprüche und Rechtsmittel weithin unangetastet.

Nach der Bundestagswahl, so heißt es, soll das anders werden: Sowohl Arbeitslosenhilfe als auch Sozialhilfe sollen - als Alternativen zu Billigstjobs - endgültig kippen.

Einig sind sich CDU/CSU/FDP/Grüne/SPD über alle Parteigrenzen hinweg, dass erstens alle Arbeitsfähigen gefälligst arbeiten sollen und zweitens dabei überhaupt nicht interessiert, ob es genug freie Jobs mit existenzsichernden Einkommen zu geltenden gesetzlichen oder tariflichen Standards gibt - Hauptsache Arbeit.

Wohlgemerkt: derzeit sind noch keine konkreten Planungen bekannt, noch gibt es keine öffentlich gewordenen (zumindest keine aus den Schreibtisch-Schubladen von Regierungsbeamten, Referenten oder Fraktionen nach außen gedrungenen) Entwürfe, wie die allseits in Rede stehende Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe denn vonstatten gehen könnte. Aber es gibt mehr als deutliche Anzeichen, dass ernstlich etwas ’im Busch’ ist - und zwar schon in der nächsten Legislaturperiode.

Die Regierungsseite packt ihre diesbezüglichen Überlegungen meist noch in nebulöse Prosa ("Hilfepläne", "Fallmanagement", neudeutsch: "casemanagement", "Aktivierung" …). Nur manchmal werden die Zielvorgaben einer nächsten Wahlperiode unter rot/grün (bzw. rot/gelb?) deutlicher, z.B. wenn Minister Riester kurz und prägnant sagt, die Arbeitslosenhilfe werde es im Jahr 2006 nicht mehr geben.

Gemeinhin lauter äußert sich das Arbeitgeberlager - dort hat man schließlich das größte Interesse daran, den Schutz vor Dumpinglöhnen endlich loszuwerden. Hans Werner Sinn vom Münchner ifo-Institut beispielsweise hält Sozialhilfebezieher für "vernünftig", die "nicht bereit sind, für einen Lohn unter der Sozialhilfeschwelle zu arbeiten." Seine Schlussfolgerung freilich ist nicht, für höhere Löhne einzutreten, sondern: da kein Unternehmer jemand zu einem Lohn oberhalb seiner Arbeitsproduktivität einstelle, verhindere Sozialhilfe die Schaffung von Jobs. Daher will Sinn den Leistungsbezug "an die Voraussetzung knüpfen, dass die Begünstigten selbst ein Markteinkommen erwerben, sofern nicht soziale oder medizinische Gründe dagegen sprechen."

Diese "Reform der Sozialhilfe" mache die Löhne nach unten flexibel, lasse einen "neuen Niedriglohnsektor" entstehen und sei "wahrscheinlich die wichtigste … strukturelle Reform" für den "deutschen Arbeitsmarkt". Dagegen gehe das Bild des "faulen Sozialhilfeempfängers" lt. Sinn am "Kern der Sache" vorbei [1]. Man muss ihn halt nur richtig anzupacken wissen, den Drückeberger.

Diese Debatten laufen auf massenhaft einkommensarme Arbeitnehmer in gegenüber heute deutlich deregulierten Beschäftigungsformen auf dem freien Markt hinaus. Und wer dort nicht unterkommt, wird in Arbeitsdiensten ’zwischengeparkt’.

Diese Richtung wird unterstützt von weiteren Vorhaben, als da wären - neben der "Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe" - die "Modernisierung", "Entbürokratisierung", "schlanke Verwaltung" und nicht zuletzt die Pauschalierung von Leistungen der Sozialhilfe.

An all diesen Debatten fällt auf, daß sich die Akteure der Parteien der ’politischen Mitte’ mit immer rigideren Vorschlägen zu übertrumpfen suchen. Sozialpolitische Profilierung funktioniert derzeit offensichtlich vor allem über möglichst radikales Vorpreschen in Richtung Eliminierung des Sozialstaats. Deutlich wurde dies - an einer anderen Säule der Sozialversicherung - in den letzten Wochen beispielsweise an den Vorschlägen von Wirtschaftsminister Müller, der in seinem Jahreswirtschaftsbericht unter anderem für die Aushebelung der solidarischen Krankenversicherung eintritt.

 

’Zusammenlegung’ heißt nicht ’goldene Mitte’ zwischen Arbeitslosen- und Sozialhilfe!

"Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zusammenzulegen" könne - so wollten anfangs einige hoffen - bedeuten, es werde eine neue Sozialleistung geschaffen, die irgendwo zwischen beiden liegt. Darin lag die Hoffnung auf Verbesserung der Sozialhilfe (laufende Hilfe zum Lebensunterhalt).

Mit diesem Trugschluß sollten die "Faulenzerdebatte" und das ’unter den Tisch kehren’ der Ergebnisse des Armuts- und Reichtumsberichtes der Bundesregierung aufgeräumt haben. Und natürlich die Äußerungen z.B. vom CDU-Gespann Merz und Merkel, die in diesem Zusammenhang ganz klar von einer Absenkung auf das Niveau der Sozialhilfe sprechen.

Nebenbei bemerkt: zu erwarten steht, daß Sozialhilfeberechtigte auch nichts durch einen im Zuge der ’Zusammenlegung’ erleichterten Zugang zur "aktiven Arbeitsförderung", also zu ABM-Stellen oder Weiterbildung, gewinnen. Die wird nämlich qua Entzug der Finanzmittel kontinuierlich heruntergefahren. Und Zugang zu Nichts ist schließlich auch nicht besser als kein Zugang zu Etwas.

Ergo:

"Zusammenlegung" heißt Abschaffung der Arbeitslosenhilfe, bestenfalls Behandlung heutiger Alhi-Beziehender nach BSHG-Maßstäben. Verbesserungen für (arbeitsfähige) Sozialhilfeberechtigte wären - betrachtet man den Zweck der Übung, die Bereitstellung eines Heeres von zu jeder Bedingung verfügbaren Billigstlöhnern - schlicht und einfach kontraproduktiv für’s Kapital.

 

Arbeit vor bzw. statt Sozialhilfe

Alle öffentlich gewordenen Diskussionslinien laufen bislang auf eine Art ’Stufenmodell’ hinaus, dessen Szenario man sich ungefähr so vorstellen kann: erst werden Arbeitslosenhilfebezieher in Richtung Sozialhilfe "entsorgt". Im zweiten Schritt (oder im selben Zug) werden sie - gemeinsam mit den als arbeitsfähig klassifizierten Sozialhilfebeziehern - eher mehr als weniger rüde aus der Sozialhilfe gedrängt (oder gar nicht erst ’hineingelassen’) - und zwar via "aktivierender" Behandlung.

Wie eine solche Behandlung konkret aussehen kann, sei an Politiker-Äußerungen bzw. an einigen bereits in Szene gesetzten "modernen" Sozialamts-Praktiken nachvollzogen:

•CDU-Laumann will zur ’Aktivierung’ ein neues "Hilfegesetz" mit Arbeitspflicht und ggf. Sachleistungen für ’Drückeberger’ einführen (vgl. quer, Juni 01, S. 18). Ohne Arbeit, Qualifizierung oder gemeinnützige Tätigkeit sollen nur Nicht-Arbeitsfähige Anspruch auf ungekürzte Leistungen haben.

•Die FDP [2] möchte in ihrem Konzept zur "sinnvollen Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe" die bisherige juristische Grundkonstruktion auf den Kopf stellen.

Bisher gilt: Der ’Bedürftige’ erhält Leistungen, um davon ausgehend Erwerbsmöglichkeiten zu suchen (bei Alhi wie bei der Sozialhilfe) und so letztlich wieder unabhängig von der jeweils bezogenen Leistung zu werden.

Zukünftig soll die erste Voraussetzung, um die Leistung überhaupt beziehen zu können, der Nachweis der ’eigeninitiativ’ betriebenen Arbeitssuche sein.

•Die in Köln entwickelten (und von anderen Kommunen dankend übernommenen) Verfahren der Ämter zur Anspruchsverweigerung ("Arbeit sofort", "Sprungbrett", siehe Berichte in den letzten quer-Ausgaben) hebeln heutiges Sozialhilfe- und Arbeitsrecht in einem Arbeitsgang aus. Einkommenslose haben dann folgenden Alternativen: ein unattraktives und arbeitsrechtlich dubioses Praktikum, normale Billigjobs, graue oder schwarze Arbeit - oder was ’freier Markt’ sonst zum Überleben bietet.

 

Arbeit für Sozialhilfe

Zusammenlegungsbefürworter wollen Arbeitslose nicht einfach kommunaler Wohlfahrt überstellen. Schließlich tragen die Kommunen die Kosten für die Hilfe zum Lebensunterhalt, und das wäre eine unzumutbare finanzielle Mehrbelastung.

Bestandteil laufender Überlegungen ist deshalb - neben einer finanziellen Entschädigung für die ’neue’ Aufgabe, immer wieder die allgemeine Arbeitspflicht für Arbeitslose im ’Fürsorge’-Bezug. Als Einsatzbereich bieten sich natürlich kommunal anfallende Aufgaben an.

Eine verstärkte Arbeitspflicht träfe sich dabei mit der nicht neuen Strategie, mit Personalabbau auf die permanente Ebbe in Städte- und Gemeindekassen zu reagieren. Da drängen sich zur Arbeit verpflichtbare Erwerbslose geradezu als Lückenfüller auf - umso mehr, als mit der Abschaffung der Arbeitslosenhilfe viel ’frisches Material’ vom Arbeitsamt zu erwarten ist. Faktisch gilt dies für die Sozialhilfe ja schon seit Jahren, kaum ein städtisches Grünflächenamt mag auf ’seine’ BSHG-ArbeiterInnen verzichten, aber: alles ist noch ausbaufähig.

Daher könnte mit einem ’Hilfegesetz mit integriertem Arbeitszwangsdienst’ auch dem Städte- und Gemeindetag die Abschaffung der Alhi schmackhafter gemacht werden.

Ein besonderes ’Zuckerl’ hat sich übrigens die FDP ausgedacht, um die solche Pläne bisher (mit Verweis auf Verwaltungsaufwand und vor allem Kosten) ablehnenden Kommunen zu ködern: einen pauschalen Finanzausgleich, den der Bund an die Kommunen für deren Mehrbelastungen durch den Wegfall der Alhi bezahlt. Dieser soll an die ’Hilfe zur Arbeit’ gekoppelt sein. Der Clou dabei ist: Diese ’Ausgleichszahlung’ des Bundes gibt’s am Jahresanfang - und die Kommune darf alles davon einstreichen, was sie nicht für Erwerbslose aufwenden muß. Die Kommune müßte Erwerbslose dann nur möglichst umgehend ’loswerden’ - und voilà: schon herrscht ein bißchen Plus in der Gemeindekasse.

 

Teile und herrsche

Fehlt noch eine Strategie, das politische handling einer solch großen ’Reform’ zu erleichtern. Dazu gehört, sich nicht öffentlich den Vorwurf der sozialen Ungerechtigkeit und Härte einzuhandeln, womöglich offene Gegnerschaft großer Wohlfahrts- und Interessenverbände oder der Kirchen zu provozieren.

Auch daran scheint gearbeitet zu werden. Passend zu Faulenzerdebatte und Parolen wie "nur den wirklich Bedürftigen soll geholfen werden" tauchen inzwischen Gerüchte über ein ministerielles ’Schubladenpapier’ für ein zweigeteiltes Sozialhilferecht auf (Spiegel).

Nämlich: Eine graduell besser ausgestattete bzw. mit weniger Druck arbeitende Sozialhilfe (nennen wir sie ’Sozialhilfe A’) für nicht Erwerbsfähige (und diese Kategorie umfaßt dann die "klassische" Klientel der Wohlfahrtsverbände wie Alte, chronisch Kranke und Behinderte.

Daneben eine auf ein neues Minimum reduzierte ’Sozialhilfe B’ für Erwerbsfähige, in der mit Verweis auf deren ’Faulheit’ bzw. ’Aktivierung’ Leistungen noch weiter gekürzt oder verweigert werden.

Abschaffung der Alhi - Kein Ende der Fahnenstange!

Mit einer Umsetzung solcher Modelle zur Abschaffung der Alhi bei pauschaler Abfindung der Kommunen bekäme der Bund erst richtig freie Hand, sich nach der finanziellen Verantwortung für Erwerbslose (für Arbeitslosenhilfe kommt die Bundeskasse auf - mit z.B. ca. 22,5 Mrd. Mark im Jahr 20) auch gleich des Themas "Arbeitslosigkeit" weitestgehend zu entledigen.

 

Arbeitslosenversicherung - darf’s ein bißchen weniger sein?

War die rot-grüne Bundesregierung seit ihrem Machtantritt ständig bestrebt, Arbeitslosigkeit aus dem Themenkanon der Bundespolitik zu verdrängen (die Aufmerksamkeit wurde auf Zunahme von Arbeitsplätzen und auf den ’Aufschwung’ gelenkt statt auf Erwerbslosigkeit und Armut), ist das Überstellen Langzeit-Erwerbsloser an die Sozialhilfe das ideale Einfallstor, die Bedeutung von Arbeitslosigkeit auch als Gegenstand der Bundespolitik gen Null zu fahren.

Denn für längerfristig Erwerbslose wären die Kommunen mit der Alhi-Abschaffung nicht nur zuständig, sondern qua Finanzkompromiß - formal - auch finanziell ausgestattet, ein im System der kapitalistischen Weltwirtschaft liegendes Problem mit allen Folgen lokal zu schultern.

So gewänne der Bund freie Hand für weitergehende ’Reformen’, z.B.:

•zur Verkürzung der Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes (Alg) für alle Erwerbslosen (angefangen wohl bei den Älteren); heute würde verkürzter Alg-Bezug dem Bund erhebliche Mehrkosten bei der Arbeitslosenhilfe bescheren. Dieses Problem entfiele logischerweise mit der Alhi-Abschaffung;

•zur Streichung der Mittel für berufliche Bildungs- und Beschäftigungsmaßnahmen, denn auch diese aus Versichertengeldern finanzierten Instrumente ersparen dem Bund Ausgaben bei der Alhi.

Jede Regierung kann heutzutage Einschränkungen bei den Arbeitsämtern als Weg zur Senkung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung verkaufen und so als Beitrag zur Schaffung von Arbeitsplätzen ("Senkung der Lohnnebenkosten"!). Wer wird da lange zögern?

Bereits heute (Juli 2001) fordern grüne Spitzenpolitiker die Senkung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung, obwohl die Bundesanstalt für Arbeit ein dramatisches Haushaltsdefizit meldet!

Im Ergebnis würde die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe dem Bund den Weg ebnen, ’Kollateralschäden’ der Globalisierung wie Arbeitslosigkeit, Elend und ggf. soziale Revolte in die politische Peripherie der BRD zu entsorgen.

 

Was hat das alles mit Beschäftigten zu tun?

Mit einer Abschaffung der Arbeitslosenhilfe würde angesichts von Zahl und prekärem Status der entrechteten Erwerbslosen der Druck auf die Standards in der Arbeitswelt erheblich steigen. Die Regulierung der Arbeitswelt unter Beteiligung von Arbeitnehmervertretungen dürfte dann zu einem gesellschaftlich zu vernachlässigenden Randphänomen werden. In naher Zukunft wäre dann nur noch von "gewerkschaftlich organisierten Restbelegschaften" die Rede!

Gleichzeitig mit der Alhi dürften sich also auch die Gewerkschaften als möglicher politischer Machtfaktor für längere Zeit verabschieden müssen. Selbst in Zeiten eines "Bündnisses für Arbeit und Wettbewerbsfähigkeit" wären sie trotz aller von ihnen gerne eingegangenen Kompromisse eben nicht mehr in der Lage, Tarifverträge, aber auch mit erkämpfte gesetzliche Regelungen zum Schutz der Ware Arbeitskraft zu erhalten.

 

Maximale Erfolge bei weisser Weste

Bei jedem Vorhaben, Arbeitsrecht und -schutz auf dem Weg der Gesetzgebung ’auszudünnen’, müßte Rot-Grün bzw. jede andere Regierung sich derzeit direkt mit den Gewerkschaften (und dem dort organisierten ’Wahlvolk’) anlegen. Über den eingeschlagenen Weg der Alhi-Abschaffung eröffnet sich dagegen die Möglichkeit für die Regierung, sich die Hände nicht selbst schmutzig machen zu müssen. Denn: Die Erosion der Arbeitsstandards findet bei massenhafter Existenznot von Lohnabhängigen ganz von allein statt. Marktwirtschaft halt.

 

Und wo bleibt die Opposition?

Wo von "Zusammenlegung" geredet wird, gehts ’um’s Ganze’. Anders als beim bisherigen via Salamitaktik vorangetriebenem "Sozialabbau" steuert das Kapital unter SPD/Grünen-Management den grossen Schnitt ins System an.

Von CDU/CSU/FDP ist, wie die obigen Zitate bewiesen haben dürften, Opposition an dieser Stelle nicht eben zu erwarten (außer vielleicht, daß ihnen rot/grüns nicht weit genug gehen).

Erwerbslose wie auch letztlich Arbeitnehmer müssen sich daran gewöhnen, letztlich ohne parlamentarisch bedeutsamen Bündnispartner dazustehen. Wer denkt, bei der nächsten Bundestagswahl könnte mensch den Kahlschlag ins soziale System verhindern und durch ein Kreuz bei egal rosa/grün/gelb/schwarz seine "Stimme für Gerechtigkeit" abgeben, wird eines besseren belehrt werden: wer seine Stimme abgibt, ist hinterher stumm.

Am Horizont sieht es also erstmal düster aus, wenn auch noch fraglich ist, ob KommunalpolitikerInnen den Elendsverwalter geben wollen.

Uns Erwerbslosen wird also nur Selbstorganisation helfen - und das Eingehen von Bündnissen mit engagierten und organisierten abhängig Beschäftigten, um Widerstand sowohl gegen workfare wie auch den Alltag in den heute schon ungarantierten Jobs endlich zu organisieren.

b.b./g.g.

Erschienen in quer vom August 2001

[1] Hans Werner Sinn in "Sozialhilfe - Schuld an der Arbeitslosigkeit?", Homepage des Arbeitsministeriums vom 31.05.01

[2] FDP-Antrag "Für eine sinnvolle Zusammenfassung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe", Bt-Drs. 14/5983 v. 9.5.01

Siehe zu einzelnen Aspekten des Artikels auch verschiedenste Artikel in quer, u.a. Ausgaben April und Juni 01, aber auch weiter zurückliegend.


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