"Zerrissen?"

Ich bin in den Workshop "Spagatíssimo" gegangen, weil ich mir von den vorbereitenden Materialien zur Kongresseinladung versprochen hatte, hier einiges zu erfahren über die Fähigkeit von DGB Gewerkschaften sich auf neue gesellschaftliche Sachverhalte einzustellen.

Und ich muss - leider - sagen, dass ich nicht enttäuscht worden bin. Richtig verstanden: Was die Leute von der GEW in Hessen mit ihrer "Prekär" Zeitung gemacht haben bzw noch machen, und was die IG Medien in Dortmund mit ihren Call Center Aktivitäten und der Zeitung dazu gemacht haben - finde ich gut. Sehr gut sogar. Hat ja wohl auch jeweils gewisse positive Wirkung gezeigt.

Tatsache aber ist: Solche Ansätze werden entweder "ausgebremst", wie es von ver.di in Dortmund berichtet wurde, oder aber gleich "niedergemacht" wie bei der GEW. Das muss ja alles gar nicht direkt, in Konfrontation laufen: Da wird eingespart, weil trotz Milliarden Einnahmen aufgrund der Apparatkosten die Finanzkrise ausgerufen wird (Geld ist genug da, heisst es anderswo immer so schön) und natürlich zuerst bei solcherart Projekten, die wahrscheinlich nicht der "Kernkompetenz" dieser Gewerkschaften entsprechen.

Von daher hatten die Kollegen von der Gewerkschaft schon recht, den Workshop als Darstellung eines Spagats anzulegen. Offensichtlich ist es nach wie vor so - ich bin schon lange kein Gewerkschaftsmitglied mehr - dass alle, die etwas neues anfangen bzw versuchen wollen, in der Tat einen Spagat machen müssen.

Nur finde ich, sollten gerade diese Menschen überlegen, ob dieser Spagat nicht nur ihre Projekte, sondern auch sie selbst zerreisst. Und ob sie nicht ihre Energien und Phantasie auf andere Ansätze, neue oder alte, entwickelt oder in Keimform richten sollten. Habe ich keine endgültige Antwort zu, ich finde nur, dass Denkschranken der Art "geht nur mit (diesen, andere gibt es ja nicht) Gewerkschaften" zumindest eben im Denken überwunden werden sollten.

Manuel Kaiser, Düsseldorf (akademisch aus- oder eingebildeter Putzteufel, leider ohne brennenden Korb)