Kein Export des Poldermodells!
BesetzerInnen des Randstad-Büros in Köln fordern Kaffee und Kekse
von Premier Kok.
Am 2. Juni haben niederländische AktivistInnen das Büro des niederländischen
Zeitarbeit-Multinationals Randstad besetzt. Randstad ist ein wichtiger Mitspieler
und Nutzniesser im Poldermodell (das niederländische Wirtschaftsmodell).
Die BesetzerInnen haben folgende Forderungen:
- Ein Gespräch mit der niederländischen Delegation beim EU-Gipfel.
- Kein Export des Poldermodells durch den Arbeits- und Beschäftigungspakt
Köln. Diese Forderung wird durch besorgteTeilnehmerInnen des alternativen
Gipfels unterstützt.
- Wim Kok soll persönlich mit Kaffee, Tee und Kekse vorbeikommen damit
wir ganz gemäss der Polder-Tradition in Dialog treten können.
Die Besetzung ist als Workshop gestaltet, in welchem die Fakten über
das vielgelobte Poldermodell ans Licht gebracht werden. International
wird das Poldermodell hauptsächlich wahrgenommen als guter gemeinsamer
Dialog zwischen Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Regierung. Dabei werden
folgende Tatsachen ignoriert:
- In den ersten sechs Jahren des Poldermodells sind die Löhne durchschnittlich
um 1 %, die Profite dagegen um 200 % gestiegen.
- Seit der Einführung des Poldermodells ist das Realeinkommen der
Arbeitslosen um 20 % gesunken.
- Die Zahl der Familien die unterhalb der Armutsgrenze leben hat sich
verdoppelt auf 800.000
- Der gesetzliche Mindestlohn ist gesunken von 65 % des
Durchschnittlohnes auf 51 %.
- Die Zahl der zeitlich befristeten Stellen hat sich verdoppelt,
obwohl 2/3 der Menschen lieber ein festen Job hätten.
- Die Flexibilisierung hat zu einer Verdoppelung von Teilzeitstellen
geführt, die jetzt 40 % aller Stellen ausmachen. Dieses Verhältnis
liegt 2.5 mal über dem EU-Durchschnitt.
- Der Anteil an Jobs die durch Zeitarbeit-Firmen wie Randstad
vermittelt werden, hat sich ebenfalls verdoppelt.
- 1982 beschwerten sich 35 % der ArbeitnehmerInnen über einen zu
hohen Arbeitsdruck, jetzt 60 %. Im Durchschnitt wird 15 - 20 % der
Arbeit als Überstunden erledigt.
- Durch den hohen Arbeitsdruck nehmen Stress-bedingte Krankheiten wie
RSI schnell zu. Zunehmend werden auch Jugendliche arbeitsunfähig,
weil der psychische Druck zu hoch wird.
- Die Niederlande haben weltweit die höchste Produktivität pro
ArbeitnehmerIn. Das gelingt aber nur dadurch, das jedeR, an der auch
nur ein kleiner "Makel" klebt, aus dem Arbeitsprozess entfernt wird.
(Laut OECD-Statistik liegt die Arbeitslosenquote, inklusive
'verborgene' Arbeitslosigkeit, jetzt bei 23%)
Das Poldermodell ist eine Mischung aus Lohneinbussen, weitgehender
Flexibilisierung und Arbeitszeitverkürzung ohne Mehreinstellungen. Das
alles im Einklang mit den Gewerkschaften, nach dem Motto "Profit
heisst Arbeit". Das mit dem Profit ist schon gelungen, aber die neue
Arbeit besteht zur Hälfte aus unterbezahlten Teilzeitjobs, die meist
von Jugendlichen, Frauen und MigrantInnen gemacht werden müssen.
Wir hoffen das der geforderte Polder-Dialog mit Wim Kok gleich auch
der letzte ist, und das wir uns danach wieder ganz klassisch gegenüber
stehen.
Aktionsgruppe Poldergeist