letzte Änderung am 15. August 2002 | |
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Es lässt sich nicht abstreiten, dass die in den vergangenen Wochen geführte Debatte über den Zwischenbericht der Hartz-Kommission nützlich war. So weit ersichtlich wird es keine pauschalen Leistungskürzungen geben und die Integration der arbeitsfähigen SozialhilfeempfängerInnen in das Arbeitslosengeld II weist in die richtige Richtung, obwohl immer noch unklar ist, ob die Umwandlung der Arbeitslosenhilfe nicht auch Leistungskürzungen nach sich zieht. Niemand wird auch bestreiten, dass die bessere Betreuung der Arbeitslosen überfällig ist, aber der überwiegende Teil der über 250 Seiten langen Endfassung bleibt unfertig, weckt übertriebene Hoffnungen und weist in die falsche Richtung. So lange keine neuen Arbeitsplätze geschaffen werden, ist die Zahl der Arbeitslosen nur durch statistische Tricks und den Zwang zur Annahme nicht existenzsichernder Arbeitsverhältnisse zu senken. Und dies wird nach den vorliegenden Plänen in einer Weise geschehen, die nur als Amerikanisierung der deutschen Arbeitswelt bezeichnet werden kann.
Hinter dem vordergründigen Verzicht auf pauschale Leistungskürzungen verbirgt sich ein tief gestaffeltes System von individuellen Zwangsmaßnahmen und willkürlich handhabbaren Möglichkeiten zum Leistungsentzug. Obwohl Deutschland jetzt schon die in Europa schärfsten Zumutbarkeitsregeln besitzt, werden künftig noch drastischere materielle Einbussen diktiert. Nach sechs Monaten Arbeitslosigkeit muss jede Arbeit mit einem Entgelt in Höhe des Arbeitslosengeldes und auch überall in der BRD angenommen werden. Nur für Arbeitslose mit familiären Verpflichtungen gibt es gewisse Einschränken bei der geografischen Verfügbarkeit, während alle anderen lange tägliche Fahrzeiten oder Umzüge in Kauf nehmen müssen. Wobei die beabsichtigte Umkehr der Beweislast, die Arbeitslosen bei Strafe des Leistungsentzugs zur Annahme jeden angeboten Jobs zwingt, wenn sie nicht die Unzumutbarkeit eindeutig nachweisen können.
Die größte soziale Verschlechterung nicht nur für die Arbeitslosen, sondern für das gesamte Beschäftigungssystem, wird die Verwandlung der Arbeitsämter in Arbeitsverleiher mit sich bringen. Denn rund die Hälfte der zwei Millionen angeblich in Beschäftigung zu bringenden Arbeitslosen sollen zu rechtlosen Beschäftigten der so genannten Personal-Service-Center (PSA) werden. Sie können zu Nettolöhnen, die mindestens dem bisherigen Arbeitslosengeld entsprechen und ohne Rücksicht auf ihre Qualifikation, an jeden beliebigen Unternehmer verliehen werden. Die Folge wird nicht nur ein gewaltiger Niedriglohnsektor sein, vielmehr droht ein flächendeckender Ersatz existenzsichernder Normalarbeitsverhältnisse durch Leiharbeiter und eine allgemeine Absenkung der Arbeitnehmereinkommen.
PDS und Gewerkschaften hatten in den vergangenen Wochen gefordert, das von Hartz entworfene Szenario zur Erzwingung der Arbeitsaufnahme um die Förderung arbeitsplatzschaffender Investitionen zu erweitern. Der jetzt angebotene Job-Floater ist jedoch keine aktive Arbeitsmarktpolitik, wie es etwa ein kommunales Investitionshilfeprogramm wäre, sondern ein dubioses Subventionsmodell. Es wird Mitnahmeeffekte kreditsuchender Unternehmen geben, aber keine neuen Arbeitsplätze. Insbesondere Ostdeutschland, wo es in erster Linie an öffentlicher und privater Nachfrage fehlt, wird dabei leer ausgehen.
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