Nein zu den Vorschlägen der Hartz-Kommission!
Der Bezirksvorstand der ver.di-Südniedersachsen lehnt die Hartz-Pläne
entschieden ab.
Wir lehnen:
- die Ausweitung der Leiharbeit ab, die immer nur Löhne und Gehälter
drückt, die Arbeitszeit verlängert, die Arbeitsbedingungen verschlechtert
und den Kündigungsschutz aushöhlt (erklärtes Ziel der Kommission).
- die Ausweitung der Scheinselbständigkeit (Ich-Ag) ab. Scheinselbständigkeit
schafft keinen einzigen neuen Arbeitsplatz, sondern vernichtet gesicherte
Arbeitsverhältnisse.
- eine Ausweitung der geringfügigen Beschäftigung auf 500 € ab.
Die Ausweitung dieser Beschäftigung ist ebenfalls ein Angriff auf existenzsichernde
und tariflich geregelte Arbeit und damit auf die Gerwerkschaftsbewegung.
Die Ausweitung der Dienstbotengesellschaft wird zur weiteren Ausbreitung
von "working poor" (Armut trotz Arbeit) führen.
- alle Kürzungen bei Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe ab. Durch
die Kürzungen wird der Zwang verstärkt, jede beliebige Arbeit
anzunehmen und damit Druck auf die Lohn- und Arbeitsbedingungen aller Beschäftigten
ausgeübt.
- die geplante Abschaffung der Arbeitslosenhilfe ab. Der Wegfall der Arbeitslosenhilfe
bedeutet für die Betroffenen erhebliche Einkommensverluste und ist
ein Generalangriff auf die Arbeitslosenversicherung.
- das Nachlass-System bei den Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung
für Unternehmen mit positiver oder neutraler Arbeitskräftebilanz
ab. Dieses System bedeutet eine Beschleunigung des Ausstiegs der Arbeitgeber
aus der paritätischen Beitragsfinanzierung der Sozialversicherung!
- die Angriffe auf den Kündigungsschutz ab. Weder darf der Kündigungsschutz
durch Leiharbeit unterlaufen noch für ältere KollegInnen reduziert
werden.
- eine Verschärfung der Zumutbarkeitsbedingungen mit Zwang zu bundesweiter
Mobilität ab. Das Problem sind nicht unwillige Arbeitslose, sondern
fehlende Arbeitsplätze. Durch zusätzlichen Mobilitätszwang
werden gewachsene Sozialkontakte zerstört und die Menschen zu Nomaden
degradiert, die hinter immer weniger Arbeitsplätzen herziehen.
- das Auferstehen des alten Lehrgeldes durch die Einführung des neuen
AusbildungsZeit-Wertpapiers ab. Unternehmen dürfen nicht
aus ihrer Verantwortung für die Ausbildung entlassen werden!
Daher fordern wir:
- dass die ver.di jede Zusammenarbeit mit Bundesregierung und Unternehmern
zur Umsetzung der Pläne der Hartz-Kommission beendet.
- dass die ver.di Gewerkschaftsmitglieder und Öffentlichkeit über
die Folgen einer Umsetzung der Vorschläge aufklärt und entschieden
dagegen mobilisiert.
- dass die ver.di jegliche Eingriffe in die Tarifautonomie, einen weiteren
Abbau der
- Arbeitslosenversicherung und eine Deregulierung von Schutzbestimmungen
verhindert.
- dass die ver.di das bestehende duale Berufsausbildungssystem verteidigt.
- dass die ver.di die noch wenigen verbliebenen Rechte der Erwerbslosen
verteidigt.
- dass die ver.di alle Mittel bis hin zu Kampfmaßnahmen und Streiks
einsetzt, um diese gegen die Interessen der Erwerbslosen und der Lohnabhängigen
gerichteten Pläne zu stoppen.
- dass die ver.di zusammen mit den anderen Gewerkschaften endlich die Verteilung
der vorhandenen Arbeit durch Arbeitszeitverkürzung (30 Stunden-Woche
bei vollem Lohn- und Personalausgleich) auf die Tagesordnung setzt.
Begründung:
Die Pläne der Hartz-Kommission sind der schwerste Angriff auf die Rechte
von ArbeitnehmerInnen und Erwerbslosen im Nachkriegsdeutschland. Sie sind auch
der Versuch, davon abzulenken, dass Kapitalismus immer Arbeitslosigkeit produziert.
Statt die wirklichen Gründe zu benennen, werden die Erwerbslosen als Verursacher
der Arbeitslosigkeit dargestellt. Erneut gilt der Kampf nicht der Arbeitslosigkeit,
sondern den Arbeitslosen, den Beschäftigten und ihren Gewerkschaften.
Wirklich innovativ an den Vorschlägen der Hartz-Kommission sind nur die
kreativen Wortschöpfungen. Durch neumodische Managersprache wird verschleiert,
dass im Kern die neoliberale Mottenkiste aufgemacht und der längst bekannte
Glaubenssatz herausgeholt wird, dass alles gut werden wird, wenn nur soziale
Sicherheit und ArbeitnehmerInnenrechte abgebaut werden. Der Markt werde dann
schon alles richten. Mit Druck auf die Arbeitslosen, mit der Erweiterung von
Scheinselbständigkeit und dem Ausbau des Billiglohnbereichs wird die Erosion
des geschützten und existenzsichernden Normalarbeitsverhältnisses
weiter vorangetrieben und damit werden die Arbeitsbedingungen der (noch) Beschäftigten
weiter verschärft.
Die Verwirklichung der Hartz-Vorschläge wird die Arbeitslosigkeit nicht
halbieren. Sie wird aber Schutzrechte, für die die Gewerkschaften jahrzehntelang
gekämpft haben, abbauen. Sie wird die Zerstörung der Arbeitslosenversicherung
in Richtung einer privatisierten Versicherung voran treiben. Sie wird die Ausbreitung
von unregulierten, schlecht bezahlten Billigjobs erleichtern und damit Druck
auf die Arbeits- und Lebensverhältnisse aller Lohnabhängigen machen.
Der Kampf gegen diese Vorschläge ist daher nicht nur im Interesse der unmittelbar
betroffenen Erwerbslosen, sondern insbesondere im Interesse der (noch) Beschäftigten.
Weiterleitung an:
- Öffentlichkeit
- Bundeserwerbslosenausschuss
- Landesbezirksvorstand
- Bundesvorstand
- Gewerkschaftsrat