letzte Änderung am 23. Dez. 2002 | |
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Das Handelsblatt warf Finanzminister Eichel vor, eher die Steuern zu erhöhen als Ausgaben zu senken. Das wollte dieser nicht auf sich sitzen lassen. "Allein 2003 kürzen wir die Ausgaben für die Arbeitsmarktpolitik, die Bundesanstalt für Arbeit, die Arbeitslosenhilfe und die Rente um insgesamt 9,5 Mrd. Euro. Vor allem bei der Arbeitslosenhilfe nehmen wir den Leuten richtig Geld weg." (Handelsblatt 21.11.2002)
Sie haben ja auch richtig Geld. Im Jahr 2001 waren es 1.168 DM im Monat bei Männern und 861 DM bei Frauen (im Westen - Arbeitsmarkt 2001, ANBA Sondernummer 17.96.2002, 87). Das liegt unter der offiziellen Armutsgrenze. Da kann man doch mal richtig was wegnehmen. Wer so viel hat, der braucht keine jährlichen Erhöhungen seiner Bezüge. Dem kann man auch 50% seines Geld"vermögens" wegsteuern. Vermögenssteuer bei den Reichen - das geht nicht, sie sind zu arm. Geht aber bei den Armen, denn sie sind zu reich.
Die Industrie produziert seit 1 1/2 Jahren weniger als im Vorjahr. Umsätze und Renditen sinken. Die Arbeitslosigkeit wächst, Sozialversicherungen und Bund, Länder und Kommunen kämpfen mit ihren Haushaltslöchern. Und die LohnarbeiterInnen sowieso.
Für das Kapital und für seine gegenwärtige Bundesregierung steht fest: die LohnarbeiterInnen sind an dieser Krise schuld und sie kann folglich auch nur auf ihrem Rücken bewältigt werden.
Ulrich Schumacher, Chef von infineon, spricht aus, was alle denken. Zu hohe Steuern, ein nicht mehr finanzierbares Sozialsystem und ein starrer Arbeitsmarkt sind die Probleme. (Frankfurter Rundschau 28.11.2002)
Hinter jedem dieser Probleme steckt in den Augen des Kapitals das sogenannte Besitzstandsdenken der Lohnabhängigen. Anscheinend ist es nur dort verbreitet und nicht bei den Dienstwagenfahrern der Luxusklasse.
Steuern und Sozialversicherungsbeiträge sind zu hoch, weil LohnarbeiterInnen, Arbeitslose und RentnerInnen eben zu hohe Ansprüche an den Staat, an ihre Renten und an die Gesundheitsversorgung stellen.
Zur Auflockerung des starren Arbeitsmarkts empfahlen die Professoren des Kronberger Kreises schon in den 80er Jahren, "bei der Belebung des Arbeitsmarktes genauso zu verfahren, wie man bei der Belebung des Marktes für Bananen ... verfahren würde." (nach Elisabeth Noelle-Neumann, Peter Gillies, Arbeitslos, Frankfurt 1987, 72) So lange mit den Preisen runter, bis die letzte Arbeitskraftbanane verkauft ist. Wer sich nicht mit Bananen auf eine Stufe stellen will, der hat die Zeichen der Zeit noch nicht verstanden.
Deutschland steckt in einer tiefen Krise und schuld an der Misere sind vor allem die uneinsichtigen 34 Millionen Lohnabhängigen und die Millionen Arbeitslosen. Unternehmer und Regierung wollen ein anderes Volk, ein Volk, das hart arbeitet und aufhört, Ansprüche zu stellen. Wir sind ihnen nicht gut genug. Vielleicht könnten sie, wo Deutschland schon Exportweltmeister ist, uns einfach exportieren und ein anderes Volk importieren?
Was wäre, wenn ihnen nicht nur diese Regierung nicht gut genug wäre, sondern das ganze Wirtschaftssystem? Für das Kapital sind wir das Problem. Was aber, wenn das Kapital selbst das Problem ist? Wenn es nicht nur die Probleme Arbeitslosigkeit, Krise der Sozialversicherung und der Staatsfinanzen selbst erzeugt, sondern seine Medizin die Krise auch noch verschlimmert?
Der Ernst der Lage zwingt dazu, langsam mal auf grundsätzlich andere Ideen zu kommen.
IG Metall Vorstand Horst Schmitthenner nahm auf einer Veranstaltung in Frankfurt gegen die Hartz-Gesetze Stellung: Sie würden die Arbeitslosen bekämpfen, nicht die Arbeitslosigkeit. Er hat recht.
Das Kapital hält eben die Arbeitslosen für verantwortlich. Alle Parteien, die die Arbeitslosigkeit in erster Linie an den LohnarbeiterInnen und den Arbeitslosen kurieren wollen, sind Parteien des Kapitals, ob ihre Trikots rot, grün, schwarz oder gelb gefärbt sind. Es gibt zwei Möglichkeiten: entweder die LohnarbeiterInnen ziehen sich diesen Schuh an und kämpfen gegen sich selbst. Oder sie entwickeln einen selbstständigen Standpunkt.
Im Wirtschaftszyklus von 1991 bis 2000 nahm die Produktivität von IndustriearbeiterInnen in Deutschland um 73,1% zu. Anders ausgedrückt: waren 1991 für die Produktion von inflationsbereinigten Werten in Höhe von z.B. 100 Mio. DM noch 500 ArbeiterInnen notwendig, so waren es 2000 nur noch 290 ArbeiterInnen. Nie zuvor in Nachkriegsdeutschland stieg die industrielle Produktivität so schnell wie in den 90er Jahren.
In jedem Betrieb sieht man diese ungeheueren Ersparnisse an Produktions- und Entwicklungszeiten, die ungeheure Freisetzung von Arbeitskräften. In einer Station bei Opel Bochum z.B., in der der Unterboden mit den beiden Seitenteilen zusammengeheftet wird, arbeitet nach der Einführung neuer Roboter heute nur eine Arbeitskraft statt 50-60 Arbeitskräften wie noch vor sieben Jahren. Die Belegschaft ging insgesamt von 19.800 auf 10.800 zurück.
In der westdeutschen Industrie sank die Zahl der Beschäftigten von 1991 bis 2000 um ein Viertel oder um 1,7 Millionen Arbeitskräfte. 1,4 Millionen davon waren ArbeiterInnen.
Auch wenn ArbeiterInnen auf 20% ihres Lohns verzichtet hätten, wäre ein bedeutender Teil von ihnen überflüssig geworden. Der technische Fortschritt ist nicht in erster Linie eine Abwehrreaktion auf zu hohe Löhne. Er ist das wichtigste Angriffsmittel des Kapitals, um sich in Konkurrenz zu behaupten und seine Profitraten zu steigern.
Da die moderne Technik vor allem unter Arbeiterinnen und Arbeitern aufräumt, sind rd. zwei Drittel der Arbeitslosen ArbeiterInnen. Arbeitslosigkeit ist vor allem ein Problem der ArbeiterInnen. Die registrierte Arbeitslosigkeit von ArbeiterInnen war im Jahr 2000 14,2%. (eigene Berechnung: beschäftigte Arbeiter offiziell 9,19 Mio. in Westdeutschland - Arbeitsmarkt 2001 a.a.O., 142; arbeitslose ArbeiterInnen 1,52 Mio. oder 62,8 % der Arbeitslosen insgesamt - ebda. S. 192). Bei den Angestellten ist die Arbeitslosenquote 6,4%. ArbeiterInnen scheinen erheblich fauler zu sein als Angestellte?
Mit der technischen Revolution sank die gesamtwirtschaftlich aufgewandte Arbeitszeit zwischen 1991 und 2000 um fast 3 Milliarden Stunden. Die Möglichkeiten einer starken Arbeitszeitverkürzung für alle haben also erheblich zugenommen.
Aber unter der Regie des Kapitals drückt sich der geringere Aufwand an notwendiger Arbeitszeit statt in kollektiver Arbeitszeitverkürzung in wachsender Arbeitslosigkeit aus.
Das Kapital macht Arbeitskräfte überflüssig, weil es sie nicht mehr braucht bzw. an ihnen nicht genug verdient. Vor allem die über 50-Jährigen werden tendenziell ausgesondert und relativ immer weniger Jugendliche können dauerhaft ins Arbeitsleben eingegliedert werden. Die Eigenschaft der Ware Arbeitskraft, Kapital zu sein und Kapital vermehren zu müssen, steht der nützlichen Betätigung von Menschen mehr und mehr im Wege.
In den 70er und 80er Jahren wurde die Arbeitszeit noch verkürzt, obwohl die Produktivität nicht so schnell stieg wie in den 90ern. In den neunziger Jahren ist es umgekehrt. Die Produktivität explodiert und die Arbeitszeit wird verlängert.
Die durchschnittliche tatsächliche wöchentliche Arbeitszeit männlicher Arbeiter ist von 1991 bis 2000 gestiegen. (Statistisches Taschenbuch 2002, 4.8) Nur die von Arbeiterinnen ist gefallen, vor allem wegen zunehmender Teilzeitarbeit. Bei beiden Angaben wird nur die Stundenzahl der vorwiegenden Erwerbstätigkeit gerechnet, nicht die Gesamtzahl der Arbeitssstunden.
Die tatsächliche Jahresarbeitszeit einer Vollzeitkraft ist nach Angaben der IG Metall von 1991 bis 2000 von 1.604 auf 1.640 Stunden gestiegen.
Das Kapital strebt die Wiedereinführung der 40 Stunden-Woche an, wie sie vor 20-30 Jahren üblich war. Natürlich ohne Lohnausgleich. Da das Kapital die Arbeitszeit trotz revolutionärer Produktivitätsfortschritte verlängert, lag die Arbeitslosigkeit in Deutschland auf dem Höhepunkt des Aufschwungs (im Jahr 2000) zum ersten Mal in Nachkriegsdeutschland höher als im Tiefpunkt der letzten Krise (1993).
Was für ein Blödsinn. Während die Möglichkeiten für ein leichteres Leben, für eine drastische Arbeitszeitverkürzung für alle steigen, verwendet das Kapital die Produktivität, um mehr Menschen für überflüssig zu erklären als je zuvor und dem verbleibenden Rest längere Arbeitszeiten und einen höheren Arbeitsstress aufzuzwingen. Der Druck der Arbeitslosigkeit wird vom Kapital genutzt, um die noch arbeitenden Arbeitskräfte immer mehr auszupowern.
Dieses Problem ist für LohnarbeiterInnen eines der wichtigsten Probleme, die gelöst werden müssen. Es ist kein unabänderliches Schicksal, sondern kann von uns beeinflußt werden.
Die Gewerkschaftsspitzen haben in den 90er Jahren den Kampf für kollektive Arbeitszeitverkürzung aufgegeben. Sie haben damit die Massenarbeitslosigkeit gefördert. Wir brauchen eine neue Offensive, die Arbeitszeit kollektiv zu verkürzen. Das muss eines unserer wichtigsten Themen sein. Der Kampf gegen Arbeitslosigkeit fängt im Betrieb an.
Das Interesse des Kapitals und seiner Hartz-Kommission dagegen ist anders. Die Arbeitslosen sollen benutzt werden, um die Stammbelegschaften mit Leiharbeit, Einstiegstarifen, befristeter Beschäftigung, Ich-Ag's, Mini-Jobs usw. noch mehr in die Enge zu treiben. Die Mini-Jobs sollen jetzt überall möglich sein, nicht nur in privaten Haushalten. Superminister Clement will die Zahl der Leiharbeiter "mindestens verzehnfachen" (FTD 28.11.2002) D.h. statt 360.000 will er 3,6 Millionen. Das wären mehr als 10% aller LohnarbeiterInnen. Er glaubt auch zu wissen, dass die Gewerkschaften bereit sind, Tarife deutlich unterhalb des gleichen Lohns abzuschließen. Und dafür wird er gute Gründe haben. Gewerkschaften, die wie ausgelagerte, von uns bezahlte Personalabteilungen der Unternehmen handeln, haben ihren Zweck verfehlt. Es ist dringend notwendig, sich unabhängig von den Gewerkschaftsspitzen zusammenzuschließen, um dem Kapital gegen uns gerichtete Geschäfte zu erschweren statt zu erleichtern.
Die steigende Produktivität untergräbt unter der Regie des Kapitals auch die Grundlagen der Sozialversicherungen.
Nehmen wir die Rentenversicherung als Beispiel:
Die Krise der Rentenversicherung ist in erster Linie eine Krise der Arbeiterrentenversicherung.
Die Einnahmen aus den Sozialversicherungsbeiträgen zur Arbeiterrentenversicherung sind in Deutschland von 1991 bis 2000 um nicht einmal 18 Mrd. DM gestiegen. Die Ausgaben für die Arbeiterrenten aber sind im selben Zeitraum um 81 Mrd. DM gestiegen.
Ursache: Die Industrie hat in Deutschland von 1991 bis 2000 zwei Millionen ArbeiterInnen abgebaut bzw. ein Drittel aller ArbeiterInnen. Die Zahl der Pflichtversicherten sank ebenfalls um zwei Millionen.
Gleichzeitig stieg in der Arbeiterrentenversicherung der Rentenbestand wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und Alter um 3,3 Mio.. (Verband Deutscher Rentenversicherungsträger, Rentenversicherung in Zeitreihen, Frankfurt 2000, 143)
Das Kapital hat als Folge gestiegener Produktivität Hunderttausende von ArbeiterInnen entlassen bzw. in die Frührente abgedrängt. Es hat sie in West- und vor allem in Ostdeutschland wie Kirschkerne (Norbert Blüm) ausgespuckt.
Der Bund ist verpflichtet, die Löcher in den Haushalten der Rentenversicherung und auch der anderen Sozialversicherungssysteme zu stopfen. Der Staat ist der Puffer, der die von der Kapitalverwertung verursachte Krise der Sozialversicherung abfedert und mit Schulden und Kürzungen an anderer Stelle ausgleicht.
Im Jahre 2000 mussten schon rd. 38% der Ausgaben für Renten der Arbeiterrentenversicherung vom Staat gedeckt werden. Die Summe belief sich auf sagenhafte 83 Mrd. DM.
Auf dem Höhepunkt des letzten Aufschwungs 1991 waren es erst 24% oder 34 Mrd. DM. Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung, Materialband Sozialbudget 2001, Bonn 2002, 59 und 71) Durch die Krise der Arbeiterrentenversicherung geraten die Staatsfinanzen selber immer mehr in die Krise.
Das Kapital ist wie immer überzeugt davon, dass es damit nichts zu tun hat. Es sei die demographische Entwicklung, so BDI-Chef Rogowski, so der Renten-Hartz namens Rürup und so auch die Bundesregierung. "Wenn ... immer weniger Menschen in die Rentenversicherung einzahlen, weil immer weniger Kinder geboren werden, dann stellt sich die Frage: Wer soll ... die Renten der Älteren bezahlen?" (Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung, Die neue Rente: Solidarität mit Gewinn, Oktober 2000, 4)
Die Arbeiterfamilien sind an der Rentenkrise selber schuld, weil sie zu wenig Kinder in die Welt setzen. Das sagen die, die immer mehr Kinder von Arbeiterfamilien gar nicht erst in die Betriebe reinlassen, die sie also daran hindern, BeitragszahlerInnen zu werden. Das sagen die, die immer mehr ArbeiterInnen daran hindern, Beitragszahler zu sein, weil sie sie in die Arbeitslosigkeit abdrängen oder in Vorruhestand, Altersteilzeit oder Rente.
Nicht die Arbeiter verursachen die Krise der Arbeiterrentenversicherung, sondern das Kapital, das die Produktivität von immer mehr Menschen nicht mehr nutzen kann und das den Reichtum, den diese Produktivität erzeugt, nur für sich selbst und nicht für die LohnarbeiterInnen nutzen will.
Die Studierten wollen den LohnarbeiterInnen einen Riesenbären auf die Nase binden. Der andere Bär wird vom obersten Rentenexperten Rürup im Übereinstimmung mit den Arbeitgeberverbänden präpariert. Es ist die immer längere Lebenserwartung als Ursache der Milliardenlöcher. Bloß:
Die durchschnittliche Rentenbezugsdauer von ArbeiterInnen ist von 1991 bis 2000 gerade mal um 2-3 Monate gestiegen. (VDR, ebda. 132) Und das, obwohl Hunderttausende vorzeitig in die Rente wegen Arbeitslosigkeit entlassen worden sind. Grund ist der, dass das sogenannte "Wegfallalter", also das Alter, in dem sie einfach wegfallen oder umfallen, bei männlichen Arbeitern seit 1992 fällt, besonders im Osten. Die Wiedervereinigung hat dort die Lebenszeit von männlichen Arbeitern um 2 Jahre verkürzt. (VDR 2000, 128)
Die Angestelltenversicherung dagegen hat erheblich weniger finanzielle Probleme, obwohl die Lebenserwartung der Angestellten gestiegen ist.
Um den Bildungsstand der herrschenden Märchenerzähler zu messen, sollte mal eine andere Art von PISA - Studie gemacht werden. Nicht die Grundrechenarten oder Lese- und Schreibfähigkeiten sollten dabei erfasst werden, sondern die Realitätsblindheit der herrschenden Klasse, die aus der Verfolgung von Profitinteressen stammt.
Wo ist das Problem? In der Landwirtschaft ernähren immer weniger Bauern immer mehr Menschen. Bei ArbeiterInnen ist es genauso. Schließlich ernähren ja auch immer weniger ArbeiterInnen immer mehr sogenannte Dienstleister. Darunter den ganzen Wasserkopf der Vermögensverwaltungen, die Kapitalrentner, die Analysten und Berater, die Rentenexperten des Kapitals, seine Politiker, die Wasserköpfe der Vorstandsverwaltungen usw.. Schließlich produzieren sie den Mehrwert, aus dem sich die Oberen über Zinsen, Kapitalerträge, Handelsprofite, Maklerprovisionen und Steuern bedienen oder indem sie sich den Mehrwert direkt an der Quelle im Betrieb unter den Nagel reißen bzw. für ihre eigenen Luxusrenten verwenden.
Und da soll es ein Problem sein, dass die Kinder von Arbeiterfamilien ihre alt gewordenen Eltern ernähren können? Die gestiegene Produktivität gibt es her. Nur das Kapital steht dem im Wege. Ein größerer Teil des gesellschaftlich produzierten Überschusses muss ganz einfach in die Rente fließen. Und nicht etwa ein größerer Teil eines sinkenden Reallohns.
Das Kapital treibt auch die Staatsausgaben in die Höhe, weil die Produktivität unter seiner Regie Arbeitslosigkeit und die Krise der Sozialversicherung erzeugt.
Gleichzeitig unterwühlt das Kapital wie ein Maulwurf aber auch die Steuereinnahmen. Die größte Steuerreform aller Zeiten hat in den Jahren 2001 und 2002 allein bei der Körperschaftssteuer zu Steuerausfällen von insgesamt 50 Mrd. Euro geführt. Nicht gerechnet die Steuerausfälle bei der Gewerbesteuer und der Einkommenssteuer. Demgegenüber waren die Steuerausfälle aus der Streichung der Vermögenssteuer mit ihren 4,5 Mrd. Euro nicht viel mehr als peanuts.
"Die Steuerreform war nicht gegenfinanziert durch Ausgabenkürzungen, sondern durch erwartete höhere Einnahmen als Folge eines stärkeren Wirtschaftswachstums. Das ist leider ausgeblieben. Deswegen haben wir jetzt eine niedrige Steuerquote und ein hohes Defizit." (Bundesbank-Chef Ernst Welteke, FR 11.12.2002, 9) Die gewaltigen Steuerausfälle waren "gegenfinanziert" durch "erwartete höhere Einnahmen". Die Steuerreform war also spekulativ. Sie hat auf Aufschwung gesetzt, obwohl die Krise kommen musste. Peinlich, dass die Regierenden aller Farben nicht wussten, dass bisher jeder Konjunkturzyklus nach 8 bis 10 Jahren in einer Krise endet. Das kriegt man ja auch auf dem Gymnasium nicht beigebracht.
Die gewaltigen Gewinnsteuersenkungen sind nicht, wie versprochen, Mittel, Krisen und Arbeitslosigkeit zu vermeiden. Sie sind ausschließlich Mittel, die Renditen des Kapitals zu erhöhen.
Bei Kindergärten, Schulen, Hort, Freizeiteinrichtungen für Jugendliche, Sport, preiswerten Wohnungen, billigem Nahverkehr, öffentlicher Verwaltung, Arbeitslosen und im Gesundheitswesen gekürzt wird, um die Senkung der Spitzensteuersätze der Reichen oder die Senkung des Körperschaftssteuersatzes von 46% auf 25% zu finanzieren. Für das Kapital liegt das Problem beim Besitzstandsdenken der LohnarbeiterInnen, das es brechen muss, um seinen eigenen Besitzstand zu vermehren. Das Kapital hat seine Bedürfnisse ohne Rücksicht auf das Volk und auf die von ihm geleerten Kassen durchgesetzt. Leere Kassen gibt es nur für die LohnarbeiterInnen. Die LohnarbeiterInnen ebenfalls lernen, ihre Interessen, ohne Rücksicht auf die leeren Kassen und auf die Bedürfnisse des Kapitals durchzusetzen. Die Krise der Staatsfinanzen stammt nämlich daher, dass das Kapital die Staatskassen plündert und gleichzeitig immer mehr Sozialleistungen verursacht, weil es immer mehr Menschen überflüssig macht.
Das Problem liegt aber noch tiefer.
Die Bruttogewinne der Kapitalgesellschaften stiegen von 1991 bis 2000 um 210 Mrd. DM auf 572 Milliarden DM. Das waren 58% mehr. Die Gewinne der Selbständigen stiegen von 355 Mrd. auf 480 Mrd. DM oder um 38%. Dem Kapital sollte die gesunkene Körperschaftssteuer und der gesunkene Spitzensteuersatz bei der Einkommenssteuer unter die Arme greifen.
Sie wurden mit Milliarden subventioniert, obwohl doch die Gewinne ordentlich gestiegen sind. Welchen Sinn macht das?
Das Problem ist, dass die Nettoumsatzrenditen von Produzierendem Gewerbe, Handel und Verkehr in Westdeutschland im Jahr 2000 mit etwa 2 % genau so hoch waren wie 1991. Und niedriger als in den 80er, 70er oder 60er Jahren. Wohlgemerkt netto d.h. nach Steuern.
Und nur weil die Steigerung der Gewinnsteuern deutlich hinter den Gewinnsteigerungen zurückblieb, konnte die Nettoumsatzrendite gehalten werden, sonst wäre sie gefallen. Ganz zu schweigen davon, dass sich das deutsche Kapital natürlich an den weltweit möglichen Profitraten orientiert. Und die sind häufig häufer als in Deutschland.
Weil die Renditen nicht mehr stimmen, weiß das Kapital nicht nur mit den LohnarbeiterInnen immer weniger anzufangen, sondern auch mit sich selbst.
Die Nettoinvestitionen der nicht-finanziellen Kapitalgesellschaften sanken zwischen 1991 und 2000 um 15,2%. Die Bundesbank spricht von einer Investionsmüdigkeit.
Die nicht-finanziellen Kapitalgesellschaften schütteten im Jahr 2000 98% ihrer Gewinne an Aktionäre und Teilhaber aus. Die Investitionen wurden zu drei Vierteln über Abschreibungen finanziert, der Rest meist über Kredite. (Deutsche Bundesbank, Monatsberichte, Oktober 2000, 37)
Die Aktionäre und Teilhaber verkonsumierten die Gewinne der Kapitalgesellschaften einfach (dafür z.B. Phaeton und Maybach) oder suchten mit Hilfe ihrer Banken verzweifelt nach Anlagemöglichkeiten. Und sie fanden sie in Krediten, Wertpapieren, Investmentfonds usw.. Die Investitionen in Finanzanlagen nahmen von 1991 bis 2000 von 8.220 Mrd. DM auf 20.880 Mrd. DM zu oder um sagenhafte 254%. Ein gewaltiger Reichtum, beflügelt durch die technologische Revolution, allerdings aufgebläht durch Kurssteigerungen. Bei Finanzanlagen gibt es außergewöhnliche Steigerungsraten, weil sich das Kapital nicht anders betätigen kann.
Der gesellschaftlich erarbeitete, privat angeeignete Reichtum interessiert sich nicht für verfallende Schulen und für Kindergärten, die auf Sparflamme gehalten werden. Er interessiert sich nicht für die Ausbildung aller Jugendlichen, sprich für die Zukunft unserer Kinder. Er interessiert sich nicht für Wohnungen, an denen man wenig verdienen kann. Er interessiert sich nur für sich selbst, für die Prozentsätze, die irgendwo abfallen.
Aus Kindern und Jugendlichen kann man, wenn überhaupt, erst in ferner Zukunft Kapital schlagen. Menschen sind Nebensache. Da fließt das arbeitslose Kapital doch lieber in ausländische Wertpapiere. Die Investitionen solche Papiere nahmen von 1991 bis 2000 um 647% auf 2.124 Mrd. DM zu. Hier gibt es eine wahre Explosion von "Investitionen".
Die Armen wissen nicht, woher mit dem Geld und die Reichen wissen nicht, wohin mit dem Geld. Wenn bei Arbeitslosen etwas zu holen ist, dann bei den reichen Arbeitslosen.
Ein absurdes System, das Massenarbeitslosigkeit des Kapitals und Massenarbeitslosigkeit der Arbeitskräfte gleichzeitig erzeugt. Die steigende Produktivität trifft gewissermaßen arm und reich. Sie untergräbt auch die Kapitalverwertung selbst.
Die Gewinne wachsen zwar mit steigender Produktivität, aber nicht im selben Verhältnis wie das investierte Kapital wächst. Die Profitaten fallen langfristig. Der Sachverständigenrat nennt dieses merkwürdige Phänomen "sinkende Kapitalproduktivität". Auf ein- und dieselbe Summe an investiertem Kapital entfällt relativ immer weniger Gewinn. Die Kapitalproduktivität ist von 1992 bis 2001 jährlich etwa um 1% gefallen. (Deutsche Bundesbank, Monatsberichte 9/2002, 53)
Die technische Entwicklung vermindert die Zahl derjenigen, die den Mehrwert produzieren, der als Gewinn angeeignet werden kann. Und sie vermehrt mit den Investitionen gleichzeitig den Teil des Kapitals, das Sachkapital, das selbst keine Gewinne abwirft, sondern nur seinen Wert auf die Produkte überträgt. Indirekt sichtbar wird das daran, dass der Anteil der Löhne und Gehälter am Umsatz in der Metallindustrie von 1991 bis 2000 von 25,2% auf 19% gefallen ist. (IG Metall Report 2001, 70)
Dazu kommt, dass mit wachsender Produktivität immer mehr Produkte erzeugt werden, aber die zahlungsfähige Nachfrage durch die Freisetzung der Arbeitskräfte, die Rückwirkung der Arbeitslosigkeit auf die Löhne und die Krise der Sozialversicherung und die Krise der Staatsfinanzen relativ dazu geschwächt wird. Der Binnenmarkt verengt sich relativ zum Produktionsausstoß, so dass der in der Produktion erzeugte Mehrwert immer schwerer zu realisieren ist.
Je stärker sich die selbst gelegte Schlinge fallender Profitraten um den Hals des Kapitals zusammenzieht, desto wilder schlägt es um sich. Es muss sich Luft verschaffen. Den Druck auf die Profitraten verwandelt das Kapital in Druck auf den Staat und die Gewinnsteuern, auf die LohnarbeiterInnen und ihre Löhne und Sozialversicherungsbeiträge.
Die wichtigsten Methoden, dem Fall der Profitraten entgegenzuwirken, bestehen darin, das investierte Kapital relativ zum Gewinn möglichst vermindern und den Umfang des Gewinns zu steigern. Das bedeutet z.B. Kapital, das in Maschinen und Anlagen angelegt ist, möglichst rund um die Uhr zu nutzen, Anlagen nur zu leasen, aber nicht mehr zu kaufen, Betriebsgebäude zu verkaufen und zurückzuleasen, Gebäude effektiver zu nutzen, Lagerbestände abzubauen und durch just-in-time Lieferung zu ersetzen.
Weitere Methoden sind, alle Funktionen auszugliedern, die von anderen Unternehmen billiger abgewickelt werden können oder: die Umschlaggeschwindigkeit des Kapitals mit ständig neuen Innovationen, Produkten, Verkürzungen der Produktions- und Entwicklungszeiten, mit Werbung usw. zu vergrößern, damit die Masse des Gewinns bei gleichem Kapitaleinsatz erhöht wird.
Das investierte Kapital kann auch dadurch vermindert werden, dass die Laufzeit von Arbeitskräften genauso wie die von Maschinen verlängert wird, dass sie ebenso geleast d.h. geliehen werden wie ein Fuhrpark, damit man sie schneller loswerden kann und sie immer vollgewartet sind. Und es kann dadurch vermindert werden, dass Löhne und die Sozialversicherungsbeiträge gesenkt werden, mit oder ohne Staatszuschüsse. Letzteres ist die Hauptbeschäftigung der gegenwärtigen Bundesregierung, das Hartz-Modell.
Das alles führt am Ende zu höherem Arbeitsstress, weil Menschen als Puffer benutzt werden, um die Folgen des verminderten Kapitaleinsatzes auszugleichen
Aber trotz der gewaltigen Anstrengungen, das investierte Kapital zu vermindern und die Gewinne zu erhöhen, landete die Nettoumsatzrendite der Industrie in den Jahren des Aufschwungs 1997, 1998 und 1999 gerade mal wieder auf dem Niveau von 1991. Welch ein Enttäuschung!
Das war die Triebfeder der gigantischen Gewinnsteuersenkungen mit der größten Steuerreform aller Zeiten. Obwohl die Steuersätze genauso wie die Zinssätze mit sinkenden Profitraten dazu neigen zu fallen, ist es kein völlig unbeeinflußbares Gesetz. Wie sich die Gewinnsteuersätze entwickeln, hängt auch von den Kräfteverhältnissen d.h. vom Widerstand der LohnarbeiterInnen ab.
Mit der Steuerreform nahmen Schröder und Fischer riesige Steuerausfälle in Kauf und wetteten auf zukünftiges Wachstum, mit der Rentenreform wetteten sie auf die Einsicht der LohnarbeiterInnen, aus Angst vor Altersarmut von ihren sinkenden Reallöhnen mehr für ihr Alter auszugeben. Dafür waren sie bereit, Milliarden Euro an das Kapital zu verpfänden.
Beide Reformen sind kläglich gescheitert.
Denn die gewaltige Produktivität hat noch eine andere unangenehme Eigenschaft, wenn sie nur dem beschränkten Zweck der Kapitalverwertung dient.
Das Kapital steigert in jedem Land die Produktivität so rasch es kann, um mehr Waren in kürzerer Zeit zu produzieren. Andererseits beschränkt es durch Arbeitslosigkeit und Lohndruck die Binnennachfrage. Die Reallöhne blieben im Wirtschaftszyklus 1991 - 2000 in Deutschland ungefähr auf demselben Niveau. Die reale Nettolohn- und Gehaltssumme aller beschäftigten LohnarbeiterInnen fiel sogar um 3,5%.
Die Produktion muss also an irgendeinem Punkt über die zahlungsfähige Nachfrage hinaustreiben. Das Kapital produziert nicht nur überschüssige Arbeitskräfte, sondern auch überschüssige Waren und überschüssiges Kapital. In Krisen wird diese Überproduktion an Waren und Kapital zurückgefahren.
Weder die Steuerreform noch die niedrigen Lohnsteigerungen von 2000 konnten die Krise von 2001 verhindern. Die Krisen sind Produkte der verrückten Logik der Kapitalverwertung, nicht der Anspruchsmentalität der LohnarbeiterInnen (oder des Staates).
Deshalb brechen auch in den USA, dem Paradies des Kapitals, trotz seiner sagenhaft niedrigen Löhne, Lohnnebenkosten und Steuern ebenfalls Überproduktionskrise aus.
Aber auch hohe Lohnsteigerungen können den Ausbruch von Krisen nicht verhindern. Das zeigt die Krise 1993, der die hohen Lohnsteigerungen von 1991 vorausgingen.
Krisen zeigen deutlich, dass das Kapital letztlich unfähig ist, die Produktivkräfte so zu entwickeln, wie es möglich wäre.
Kein Wunder, dass das Kapital mit allen seinen Propagandamitteln versucht, die Spuren zu verwischen, die zu ihm selbst führen. Dieses Motiv wird umso stärker, je offensichtlicher der Sachverhalt ist.
Die Weltwirtschaft ist schuld, so die Regierung. Die Regierung ist schuld, so CDU/CSU/FDP, die mit Hilfe der Krise selber an die Regierung kommen wollen. Die Konsumenten sind schuld, weil sie zu wenig kaufen, so dass Kapital. Vor allem aber sind die LohnarbeiterInnen schuld, weil sie zu viel kosten und der Staat, weil er das zuläßt.
Das Paradox: Die technologische Revolution, einerseits eine Quelle phantastischer neuer Möglichkeiten, wird zum Turbomotor von Krisen. Jede Innovation, jede Steigerung der Arbeitsproduktivität, jede Investition bereitet die nächste Krise vor.
Das hat mit Dummheit gar nichts zu tun, aber alles mit dem beschränkten Horizont des Privateigentums. Der ist auch dann der Horizont eines Kirchturms, wenn dieser die Höhe des Kölner Doms hat.
Es ist nachgerade lustig, wenn die hochgelehrte Hartz-Kommission mitten in der Wirtschaftskrise die Halbierung der Arbeitslosenzahlen verspricht, wenn das Kapital nur genügend aus den Mitteln der Arbeitslosen-, Kranken- und Rentenversicherung und des Staates subventioniert wird.
Ist doch das Kapital, das da gestärkt werden soll, gerade die Ursache der Krise und der Arbeitslosigkeit und nicht etwa das unschuldiges Opfer der dämlichen LohnarbeiterInnen oder feiger Raubritter der Regierung.
Umgekehrt, je mehr die Gewinne des Kapitals auf Kosten der ganzen Gesellschaft und des Staates gestärkt werden, desto eher kommt es zur nächsten Krise. Denn die neuen Produktivitätsschübe stoßen an die relativ noch enger gewordenen Schranken der zahlungsfähigen Nachfrage oder besser: der zahlungsunfähigen Nachfrage.
Das Kapital ist nicht in der Lage, sich für die Folgen seines eigenen Wirtschaftens verantwortlich zu erklären. Wie die römischen Päpste hat es nicht den geringsten Zweifel daran, dass es unfehlbar ist. Es bietet keinen Anlaß für Hoffnung und keinen Grund für rücksichtsvollen Verzicht seitens der LohnarbeiterInnen.
Die Gesetze der Kapitalverwertung setzen sich zwar durch, aber in welcher Form und in welchem Tempo, das hängt von den Kräfteverhältnissen ab. Ob es kollektive Arbeitszeitverkürzung gibt und wie stark, liegt auch an uns. Ob die Krise der Rentenversicherung auch auf dem Rücken des Kapitals und der Profite bewältigt, die es sich aneignet, liegt auch an uns. Wie hoch die Gewinnsteuern sind und wie hoch die Lohnsteuern, liegt auch an uns.
Es liegt daran, ob die LohnarbeiterInnen die Zusammenarbeit mit dem Kapital anstreben, das sie ausplündert oder ob sie "sich selbstständig machen" und sich organisiert wehren.
Überall werden tiefe Einschnitte bei uns verlangt. Wollen wir uns selbst ins Fleisch schneiden, auch wenn die Verteidigung unserer Interessen gar kein Zeichen von Krankheit, sondern von Gesundheit ist? Wollen wir gegen uns selbst kämpfen, wie es von uns verlangt wird und von den Gewerkschaftsspitzen unterstützt wird?
Wenn wir das tun, dann wären wir tatsächlich arm dran. Wir wären gewissermaßen entmündigt. Wir hätten keinen eigenen Kopf. Und wir hätten auch noch unsere Würde und unseren Stolz eingebüßt.
Nur dann wären wir tatsächlich ohnmächtig. Nur in dem Maße wie die LohnarbeiterInnen einen selbstständigen Standpunkt einnehmen, sind sie auch in der Lage sich entsprechend zu organisieren und sich gegen die heftigen Angriffe zu verteidigen bzw. vielleicht sogar in die Offensive zu gehen. Je mehr man sich dem Kapital beugt, desto schärfer wird man angegriffen.
Diejenigen, die immer sagen, wir brauchen Macher, nicht Miesmacher, sind selbst gar keine Macher. Sie haben das Heft gar nicht in der Hand. Was immer sie wollen, die Summe der ausschließlich an Profitraten orientierten Entscheidungen der Privateigentümer und Kapitalverwalter führt immer wieder insgesamt zu bescheuerten Folgen, die vorher keiner geahnt, geschweige denn gewollt hat.
Die Macher stellen immer wieder Pläne für den Abbau der Arbeitslosigkeit, der Staatsschulden, für die Erhöhung der Renditen, für Wachstumsraten usw. auf. Und ihre Pläne werden meistens nicht erfüllt. Denn das Kapital hat keine Kontrolle über die Verhältnisse, von denen es auf unsere Kosten profitiert.
Wir brauchen ein Wirtschaftssystem, in dem die arbeitenden Menschen die Kontrolle über die Verhältnisse haben, in denen sie leben. Ein Wirtschaftssystem, in dem die Menschen das, was sie wollen, auch mit Bewußtsein umsetzen können und sich nicht selbst daran hindern.
Das Kapital verspricht, dass die LohnarbeiterInnen unter seiner klugen Führung auf den lichten Höhen des Wohlstands für alle ankommen, wenn sie nur bereit sind, das Tal der Tränen zu durchschreiten, bestehend aus Gewinnsteuersenkungen, Kürzung der Staatsausgaben, Sozialabbau, Lohnabbau und höherem Arbeitsstress.
Es ist an der Zeit, klar auszusprechen, dass sie damit nicht uns allen, sondern nur sich selbst und ihren Renditen nutzen wollen. Würde es in erster Linie uns allen nützen wollen, wäre es kein Kapital mehr. Genauso wenig wie ein Pferd, das auf Bäume klettert, noch ein Pferd wäre. Der Zweck des Kapitals besteht nicht darin, Arbeitsplätze und Wohlstand für alle zu schaffen, sondern ausschließlich darin, sich selbst zu vermehren. Alles Andere ist Mittel zu diesem Zweck.
Da die Ursachen, die zu tendenziell fallenden Profitraten und Krisen führen, weiterbestehen, kann das Kapital mit keinem Verzicht, mit keinem Opfer, keinem Zugeständnis der LohnarbeiterInnen zufrieden sein. Die größte Steuerreform ist morgen schon zu gering und die historische Rentenreform reicht nicht, ebenso wie die größte Arbeitsmarktreform, die Hartz-Gesetze. Das Kapital ist unersättlich, weil es sich seiner Profitgier d.h. mit seiner eigenen Natur selbst behindert und keinen anderen Ausweg sieht, als ständig neue Forderungen gegen den Rest der Welt zu stellen, um sein unstillbares, triebhaftes Verlangen nach Profit zu befriedigen.
Doch das Verlangen der arbeitenden Menschen, in einer Welt zu leben, in der ihre Bedürfnisse im Mittelpunkt stehen, in der sie als Menschen geachtet werden und nicht als Kostenfaktoren mißachtet werden, ist ebenso unstillbar. So lange es nicht befriedigt ist, ist die Geschichte noch nicht zu Ende.
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