letzte Änderung am 1. August 2002 | |
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Mit viel Getöse werden die "Reformvorschläge" der Hartz-Kommission angepriesen. Der Kern der Vorschläge heißt:
Rund 780.000 Arbeitslose sollen in neue Leiharbeitsfirmen gedrängt werden.
Wer nach 6 Monaten Arbeitslosigkeit nicht in eine solche Leiharbeitsfirma wechseln
will, dem wird das Arbeitslosengeld gekürzt.
Als Vertrauensleute, Betriebsräte und aktive Gewerkschafter/innen wissen
wir, dass Leiharbeit niedrigere Löhne, schlechtere Arbeitsbedingungen und
mehr Konkurrenz bedeutet. In der Folge sinkt die Rente, das Arbeitslosengeld
bei erneuter Arbeitslosigkeit, das Krankengeld usw. Leiharbeit bedeutet weniger
gewerkschaftliche Organisierung und damit Schwächung der Gewerkschaften.
Bereits heute gibt es mehr als 300.000 Leiharbeiter/innen. Durch die Vorschläge
der Hartz-Kommission soll ihre Zahl um mehr als das 2,5-fache wachsen. Damit
nimmt die Konkurrenz unter den Beschäftigten zu und der Druck auf die fest
Eingestellten wächst, auf Lohnerhöhungen zu verzichten und schlechtere
Arbeitsbedingungen zu akzeptieren.
Da das Konzept der Hartz-Kommission zudem im Wesentlichen keine neuen Arbeitsplätze
schafft, sondern lediglich die bestehenden umschichtet, bedeuten 780.000 neue
Leiharbeiter die Entlassung von rund 780.000 fest Eingestellten.
Eine Chipkarte mit zahllosen Daten über den/die Arbeitslose/n soll kommen. Damit werden Arbeitslose gläsern. Um eine solche Chipkarte, auf der Qualifikationen, frühere Beschäftigungszeiten, Versicherungsansprüche usw. gespeichert werden, auch einsetzen zu können, muß künftig das gesamte Arbeitsleben überwacht werden. Wir sind gegen ein solches "Big-Brother-Konzept", durch das Arbeitslose und Arbeitende vom Staat lückenlos überwacht werden. So werden keine Arbeitsplätze geschaffen, ausser bei der Bespitzelung von Arbeitslosen und Arbeitenden.
Die Zumutbarkeitskriterien sollen so geändert werden, dass insbesondere junge Arbeitslose bundesweit Stellen und geringere Verdienste akzeptieren müssen. Auch damit wird keine einzige neue Stelle geschaffen, sondern Billigkonkurrenz. Jugendliche sollen aus ihrer Familie und ihrem Freundeskreis herausgerissen werden. Wie sie dann bei einem Billigjob in einer fremden Stadt einen eigenen Haushalt, die Miete, ihr Leben finanzieren sollen, verraten die Schlaumeier der Hartz-Kommission nicht.
Der Niedriglohnsektor soll weiter ausgebaut werden. Arbeitslose sollen sich mit Klein- und Kleinstjobs durchschlagen, ohne jemals eine Chance auf ein selbständiges Leben zu haben. Eine Familie kann man mit solchen Mini-Einkommen nicht unterhalten oder gründen.
Um Druck zu machen, soll das Arbeitslosengeld pauschaliert und dabei abgesenkt werden. Damit werden Menschen in Niedriglohnarbeit gezwungen, von der sie nicht leben können und die ihre Ansprüche auf Rente, Krankengeld usw. weiter absenkt.
Rund 500.000 Arbeitslose sollen als sogenannte "Selbständige"
arbeiten. In sogenannten "Ich-AGs" sollen sie angeblich "für
sich" arbeiten. Die Erfahrungen mit zahllosen Scheinselbständigen,
die es seit vielen Jahren gibt, zeigt, dass ein solches Konzept dazu führt,
dass Menschen niedrigste Einkommen, jede Art und Form von Arbeitszeit bei gleichzeitiger
völliger sozialer Unsicherheit akzeptieren müssen. Da diese "selbständige"
Arbeit nicht sozialversicherungspflichtig ist, sparen die Arbeitgeber die Sozialkosten
und der "Selbständige" muss von seinem niedrigen Einkommen alle
Sozialkosten allein tragen. Da dies bei den Niedrigeinkommen oftmals kaum zu
bezahlen ist, haben viele dieser "Selbständigen" keine oder keine
ausreichende soziale Absicherung.
Da auch hier real keine neuen Arbeitsplätze geschaffen werden, bedeuten
500.000 Jobs die Entlassung von 500.000 fest Eingestellten und zunehmenden Druck
auf die übrig gebliebenen fest Eingestellten. Wenn nämlich eine "selbständige
Putzfrau" die Arbeit billiger und flexibler leistet, die zuvor eine fest
angestellte Putzfrau geleistet hat, wird deren Arbeitsplatz überflüssig.
Wenn ein "selbständiger Gärtner" Gärten pflegt, fällt
die Stelle eines angestellten Gärtners bei einem Gartenbaubetrieb weg.
Die Vorschläge der Hartz-Kommission führen nach den Erfahrungen, die wir als Vertrauensleute, Betriebsräte und aktive Gewerkschafter in unserer betrieblichen Praxis gesammelt haben, nicht zu weniger Arbeitslosigkeit, sondern zu mehr Konkurrenz, zu niedrigeren Löhnen, zu Sozialabbau und schlechteren Arbeitsbedingungen.
Die Erfahrungen mit dem "Bündnis für Arbeit" haben gezeigt, dass uns viel versprochen, dafür zahlreiche Zugeständnisse wie Lohnverzicht, mehr Flexibilisierung usw. gemacht wurden und am Ende die Zahl der Arbeitslosen nicht gesunken ist.
Wir fordern von den Vorständen unserer Gewerkschaften, dass sie ihre Mitarbeit in der Hartz-Kommission beenden und die Gewerkschaftsmitglieder gegen deren Vorschläge mobilisieren!
Wir sind der Meinung, dass Gewerkschaften weder für Schröder noch für Stoiber Partei ergreifen und deren Wahlkampfmanöver mitmachen dürfen. Gewerkschaften haben für die Interessen ihrer Mitglieder und eine bessere Gesellschaft einzutreten. Daher müssen sie die Vorschläge der Hartz-Kommission ablehnen!
Wir werden in den Gewerkschaften und in den Betrieben über die Vorschläge der Hartz-Kommission informieren und dagegen mobilisieren!
In Deutschland werden jährlich rund 20 Mrd. € Subventionen an die Industrie gezahlt. Damit werden u.a. neue Fabriken mit wenig Arbeitskräften errichtet, um alte Fabriken mit mehr Arbeitskräften zu schliessen. Oft genug fliessen staatliche Subventionen nur für das Versprechen, Arbeitsplätze zu schaffen, ohne dass dies jemals realisiert wird. Subventionen sind Profite, ohne dass das Kapital verpflichtet ist, dafür etwas zu tun. Werden die 20 Mrd. € in Bildung und Gesundheitswesen investiert, so gibt das Aufträge für die Industrie, Arbeitsplätze und mehr Lebensqualität.
Name, Vorname Anschrift Gewerkschaft, Funktion Unterschrift
Für alle Unterstützer dieses Aufrufes findet am Freitag, dem 13.9.02, um 18 Uhr, in der Zukunftswerkstatt, Bönnigheimer Str. 67 (Eingang Brackenheimer), 70435 Stuttgart (Nähe S-Bahnhof-Zuffenhausen) ein Treffen statt, auf dem wir besprechen, was wir zur Umsetzung und Verbreitung dieses Aufrufes tun können. Wir bitten um Anmeldung!
Kontakt über: intertradeunion@web.de
Fax: 0711-5050384
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