letzte Änderung am 12. Nov. 2002 | |
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Heinz Klee, Praunheimer Weg 113, 60439 Frankfurt am Main, Tel. + Fax: 069-57
84 46
Vorsitzender der Metaller-Arbeitslosen-Initiative der IGM-Vst. Frankfurt/Main,
für die Erwerbslosen im Ortsvorstand der IG Metall, Vst. Frankfurt am Main
e-mail: rainer.herth@t-online.de
6. November 2002
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
der Vorstand der IG Metall hat am 4.11.2002 sein Richtfest mit Herrn Dr. Peter Hartz im neuen Hochhaus mit Musik, Hochseilkünstlern und allerlei kulinarischen Genüssen gefeiert.
Viele Metaller sahen allerdings keinen Grund, den Schulterschluß mit Hartz zu vollziehen.
Die IG Metall Verwaltungsstelle Frankfurt hat sich nicht nur gegen die Hartz-Vorschläge ausgesprochen, sondern auch in einer Pressemitteilung ihre Haltung gegen die Einladung von Hartz öffentlich gemacht. Auch VK und VKL haben gegen die Einladung von Hartz protestiert und es ist bekannt, dass unsere Proteste für einige Hektik beim Vorstand sorgten.
Etwa 70 Vertrauensleute und Betriebsräte aus Frankfurter Metallbetrieben waren auch zum Richtfest gekommen und begrüßten die geladenen Gäste vor der Tür zum neuen IGM-Hochhaus. Mit Tafeln, auf denen die Resolutionen aus den Betrieben hoch kopiert zu lesen waren. Mit IG-Metall-Fahnen. Mit einem Transparent
Spanien, Italien: Generalstreik erfolgreich.
Wann streiken wir gegen Hartz?
Ein Kollege mit Gitarre trug ein Spottlied gegen die Einladung von Hartz vor und viele stimmten ein. Die Arbeitslosen machten als "Ich-AG" auf sich aufmerksam, ein Kollege verdeutlichte den "Drehtüreffekt" bei Ausweitung der Leiharbeit. Den Kolleginnen und Kollegen hatten wir die Resolutionen aus den Betrieben kopiert und in die Hand gegeben. Eine lebendige Schilderung der Aktion entnehmt bitte dem beiliegenden Zeitungsbericht der Frankfurter Rundschau, dem im Original noch ein schönes Foto beigefügt ist. Nicht ganz unwichtig scheint, dass Herr Hartz und auch Bertin Eichler sich bemüßigt sahen, in ihren Festreden auf unseren Protest draußen vor der Tür einzugehen.
Die Proteste aus den Betrieben und Gewerkschaften zeigen anscheinend erste Wirkungen. Die Diskussion darüber, dass Leiharbeiter den gleich Lohn erhalten müssen wie die im Entleihbetrieb ist eine erste Reaktion auf den beginnenden Unmut an der Basis. Zugleich wird deutlich, wie viel Druck noch notwendig ist, um die Hartz-Pläne insgesamt abwehren zu können. Denn ein etwas besser bezahlter Leiharbeiter bleibt schließlich Leiharbeiter ohne Kündigungsschutz etc. Außerdem ist mit der Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetztes geplant, durch einen Tarifvertrag das Gesetz verschlechtern zu können. Das wäre die Umkehr des Günstigkeitsprinzips sowie die Infragestellung bürgerlichen Rechts, indem Gesetze, die ja für alle gelten, durch Tarif unterlaufen werden können. Mehr darüber findet ihr im Anhang ("Das Günstigkeitsprinzip soll auf den Kopf gestellt und bürgerliches Recht aufgehoben werden").
Jetzt ist mehr Druck aus den Betrieben notwendig, um den Vorstand zu Taten gegen Hartz zu zwingen. Wir haben nicht vergessen: In der letzten Tarifrunde gab es nur deswegen eine 6,5 als Forderung sowie den Streik, weil Klaus Zwickel immer wieder erklären mußte: Die "Basis hat mächtig mitgewirkt". Dahin müssen wir auch jetzt gegen Hartz kommen. Damit die Kollegen an der Basis Druck machen können, müssen sie erst einmal über die Pläne von Hartz informiert werden. Jede Woche eine neue Information des VK auf einer Flugschrift: Was bedeutet die Ausweitung der Leiharbeit? Was bringt Hartz den Älteren? Warum sollen Eltern die Lehrstellen wieder bezahlen? Warum werden sämtliche Beschäftigten zentral gespeichert? Wie wirkt sich die Ausweitung der Scheinselbständigkeit in den Betrieben aus? Was bedeuten massive Kürzungen bei den Arbeitslosen auch für die Beschäftigten? Was bedeutet es , wenn durch Tarifverträge Gesetze verschlechtert werden und das Günstigkeitsprinzip auf den Kopf gestellt wird? usw.
So ähnlich wie 1996 beim Kampf um die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Nicht unser Vorstand war es, der uns zuerst zum Streik aufrief. Nein, es waren Arbeiter von DaimlerChrysler in Bremen, die während der Arbeitszeit die Hallen verließen und ihren Protest auf die Straße trugen. Erst dann sah der Vorstand sich gezwungen, zu weiteren Streiks aufzurufen. Natürlich war die Situation damals etwas anders, weil jeder Kollege wußte, was die Kürzung der Lohnfortzahlung für ihn bedeutet. Gerade deswegen müssen wir heute bei der Aufklärung und dem Wachrütteln der Kolleginnen und Kollegen eine Schippe zulegen. Natürlich wissen wir nicht im Voraus, ob wir den Kampf gewinnen. Aber unsere Kolleginnen und Kollegen in den Betrieben werden eines Tages nicht sagen können: Warum habt ihr uns nicht aufgeklärt? Warum hat die Gewerkschaft zugestimmt, dass ich heute ein schlecht bezahlter Leiharbeiter bin und durch Tarif schlechter gestellt werde als das Gesetz?
Haben wir nichts getan, werden viele ihren Mitgliedsausweis abgeben. Haben wir mit ihnen zusammen gekämpft, so wird ihre Haltung eine andere sein. Zumal die Regierung uns gar keine Atempause mehr läßt, denn nach der Umsetzung der Hartz-Plänen wird eine Kommission zur weiteren Zerstörung des Gesundheitswesens eingesetzt und eine zum Umbau der Rentenversicherung. Dabei schaut die Regierung schon jetzt ganz genau, ob wir die Hartz-Pläne kampflos hinnehmen und sie dann noch schärfere Angriffe gegen die Gesundheit und die Rente vorlegen kann oder aufgrund unseres Widerstandes ihre Grausamkeiten erst mal in die Schublade legen muß. Wobei klar geworden ist, dass Gewerkschafter in diesen Kommissionen keine mehr zu finden sein sollten.
Mit kollegialen Grüßen
Heinz Klee
Rainer Herth
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