letzte Änderung am 5. Juli 2002

LabourNet Germany ARCHIV! Aktuelle Meldungen im neuen LabourNet Germany

Home -> Diskussion -> (Lohn)Arbeit -> Realpolitik -> Modelle -> Hartzer Kaese Suchen

Der Beschäftigungspark

"Nein, wir können das nur telefonisch machen, tut mir leid. Wissen´s, die Leut´ werden später zwar auch wieder sagen, sie hätten von alledem nichts gewußt, aber trotzdem...

Wie gesagt, unser Beschäftigungspark ist vorläufig nur ein Modellversuch von der Bundesanstalt in Zusammenarbeit mit den Ländern... - Wie? - Ja, er ist quasi eine therapeutische Einrichtung für Sozialhilfeempfänger, Langzeitarbeitslose und Frührentner...

Wie? - Nein, ich darf im gegenwärtigen Versuchsstadium noch keine Fernsehreporter hierher lassen. Nein, auch den Standort darf ich nicht bekanntgeben, nur vielleicht soviel, er liegt in einer landschaftlich wundervollen Gegend, mit vielen Bergwerken, Steinbrüchen und Sümpfen...

Verpflegung? Aber selbstverständlich, äähh, natürlich mehr so eine Diätkost, wenn´s wissen, was ich meine. Also abends haben wir zum Beispiel immer so eine Wassersuppe oder so etwas., Aber die Gäste sollen ja hier auch nicht fett werden, das ist schließlich ein Kuraufenthalt.

Ja, um noch einmal ein paar Sätze zu sagen zur Entstehungsgeschichte: dieser Beschäftigungspark soll allen Arbeitsunwilligen dienen, denn um diesen Personenkreis geht es ja eben - damit sie langsam aber sicher endlich aus dem gesellschaftlichen Leben ausgegliedert werden und das öffentliche Bild nicht mehr beeinträchtigen...

Wie? Wo wir die Leute herkriegen? Na, die werden einfach abgeholt, was denken Sie denn? Vorerst wie gesagt nur im Modellversuch, ein Auswahlprinzip gewissermaßen, später dann sicher flächendeckend.

Wie? Ja, von den Familien abgeholt, freilich. - Nein, da gibt es überhaupt keine Vermißtenmeldungen. Wissen Sie, wenn ein arbeitsloser Vater oder Bruder, der der Familie sowieso nur auf der Tasche gelegen hat und vielleicht trinkt, plötzlich fort ist, dann sind doch alle drüber froh, oder?

Ja, und bei uns bleibt er halt dann bis zur Endlö... - ja, bis die Kur halt zu Ende ist.

Wie? Todesfälle? Nein, die gibt es bei uns überhaupt nicht. Wissen Sie, wir kennen hier nur statistische Größen. Das sind Ausfälle und Verluste. Und da sagen wir eigentlich nur: heute war ein guter Tag oder heute war ein schlechter Tag.

Wie? Kleidung? Nein, wir haben eigentlich nur solche Anzüge, wissen Sie, das ist so ähnlich wie ein Schlafanzug mit einem Aufnäher drauf, vielleicht haben´s die schon einmal gesehen im Fernsehen. Wir haben uns da einein größeren Posten an Second-Hand-Ware schicken lassen aus Polen, ich weiß jetzt gar nicht, wo die genau herkommen. Über unserer Einfahrt hängt übrigens auch so ein Schild, daß Arbeit frei macht oder so was ähnliches, das stammt glaube ich auch von dieser Firma...

Aber die Insas.. - äähh, unsere Kurgäste sind ja so froh, sage ich Ihnen, und es geht Ihnen auch allen schon besser. Und wie gesagt, wenn wir das erst einmal flächendeckend machen, was meinen Sie, wie schnell wir keine Arbeitslosen mehr haben.

Wissen´s, und genau deswegen dürfen wir jetzt eben noch keine Fernsehreporter hierher lassen. Obwohl die Leut´ sicher später auch wieder sagen, sie hätten von alledem nichts gewußt, aber trotzdem... - Ja, und weil es doch eine Überraschung sein soll zu den nächsten Bundestagswahlen, daß bis dahin alle Arbeitslosen weg sind..."

Quelle: Deutscher Einheit(z)-Textdienst von Werner Lutz 7/02: Hartzer Käse
http://www.einheiztext.de/

LabourNet Germany Top ^